Maria Magdalena
Über Maria Magdalena[1][2] oder Maria von Magdala wird im Neuen Testament berichtet. Die Evangelisten erwähnen sie als Begleiterin Jesu und Zeugin der Auferstehung. Ihr Beiname verweist auf den Ort Magdala am See Genezareth im Heiligen Land.
In den Evangelien des Neuen Testaments
Nach den Evangelien trieb Jesus ihr sieben Dämonen aus (Lk 8,2 ; Mk 16,9 ). Maria Magdalena gehörte zu den Frauen, die Christus nachfolgten und mit für seinen und der Jünger Unterhalt sorgten (Lk 8,3 ). Diese Frauen folgten ihrem Herrn nach Jerusalem und sahen bei der Kreuzigung von weitem zu (Mt 27,55f ), halfen beim Begräbnis (Mt 27,61 ; Mk 15,47 ) und entdeckten am Ostermorgen das leere Grab (Mk 16,1–5 , Joh 20,1 ). Nachdem Maria Magdalena hiervon den Jüngern berichtet hatte, begegnete ihr als erster der Auferstandene und trug ihr die Auferstehungsbotschaft an die Jünger auf (Joh 20,11–18 ).
Außerbiblische Überlieferungen
Philippusevangelium
In dem in Nag Hammadi gefundenen Philippusevangelium wird Maria Magdalena in zwei Versen namentlich genannt, in Vers 32 und Vers 55.
„Drei (Frauen) hatten ständig Umgang mit dem Herrn: seine Mutter Maria, ,seine‘ Schwester und Magdalena, die ,seine Gefährtin‘ genannt wird. Denn ,Maria‘, so heißt seine Schwester; und seine Mutter heißt so; und seine Gefährtin heißt so.“
Der Vers 55 ist im Original an mehreren Stellen fragmentiert und aus differenzierenden Lesungen von Buchstaben ergeben sich verschiedene Ergänzungsvorschläge und Interpretationen. Hier zunächst eine moderne Lesart:
„Die Sophia, die genannt wird: die Unfruchtbare, sie ist die Mutter der Engel. Und die Gefährtin [des Erlösers] ist Maria Magdalena. Der [Erlöser liebte] sie mehr als [alle] Jünger und er küsste sie [oft] auf ihren [Mund].“
Man beachte, dass unter anderem das Wort „Mund“ im Original nicht überliefert ist, sondern nur eine rekonstruierte Ergänzung. Zum Vergleich die Lesung des amerikanischen Koptologen Wesley W. Isenberg:
„Die Weisheit, [di]e die Unfruchtbare genann[t] wird, sie ist die Mutt[er der Eng]el und [die] Gefährtin des Hei[lands]. – der Hei[land lieb]te [Ma]ria Mag[da]lena mehr.“
In dieser Lesart ist die Gefährtin des Heilands folglich nicht Maria Magdalena, sondern Sophia. Als mögliche Varianten für das fehlende Wort nach „und er küsste sie“ schlägt Isenberg des Weiteren „Fuß“, „Wange“ und „Stirn“ vor. Da im Original an dieser Stelle ein Loch im Papyrus besteht, lässt sich philologisch nach derzeitigem Wissen keine dieser Varianten belegen oder widerlegen. Alle Interpretationen der verlorenen Fragmente von Vers 55 sind daher spekulativ. Die erste Variante „küsste sie [oft] auf den [Mund]“ wurde durch Dan Browns Roman Sakrileg sehr bekannt, doch handelt es sich dabei auch nur um eine spekulative Rekonstruktion, nicht um eine wissenschaftlich gesicherte Darstellung.
Thomasevangelium
Im Thomasevangelium (Vers 114) wird überliefert, dass Simon Petrus „Mariham“ (Maria Magdalena) aus der Mitte der Jünger fortschicken wollte, denn „Frauen sind des Lebens nicht würdig“. Jesus soll daraufhin geantwortet haben: „Seht, ich werde sie männlich machen, so dass sie ein lebendiger Geist wird, wie auch ihr Männer! Denn jede Frau, wenn sie sich männlich macht, geht ins Himmelreich ein.“ (Logion 114)
Gnosis
In der Gnosis wird überliefert, dass Maria Magdalena die Gefährtin Jesu gewesen sei. Das gnostische Evangelium der Maria, das auf die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts datiert wird, ist möglicherweise nach ihr benannt.
Pistis Sophia
In der koptisch-gnostischen Pistis Sophia hat Maria Magdalena einen überragenden Part als Auslegerin von Texten und als Fragestellerin inne: Von 48 Auslegungen entfallen auf sie 22, von 57 Fragen 43. Der Zweitplatzierte, Johannes, hat neun Gesprächsanteile (zwei Auslegungen und sieben Fragen). Hierzu muss betont werden, dass die Gesprächsanteile in dieser Schrift mit dem Grad der Geisterfülltheit in Verbindung stehen – umso bemerkenswerter die Dominanz dieser Frau in einer androzentrisch geprägten Gesellschaft.
Besonders in drei Kapiteln sagt der Erlöser bedeutende Dinge über sie:[6]
- „Du bist begnadet vor allen Frauen auf Erden, weil du die höchste Fülle und höchste Vollendung sein wirst“. (Kap. 19)
- „Du bist begnadet in Fülle, du bist die allselige Vollheit, die von allen Geschlechtern selig gepriesen wird“. (Kap. 34)
- „Doch Maria Magdalena und Johannes, der Jungfräuliche, werden alle meine Jünger und alle Menschen, die die Mysterien vom Unaussprechlichen empfangen, überragen. Und sie werden zu meiner Rechten und zu meiner Linken sein. Und ich bin sie und sie sind ich.“ (Kap. 96).
Die Ehrenbezeichnungen Maria Magdalenas in der Pistis Sophia sind im Einzelnen:
Geist-Erfüllte | siebenmal (Kap. 87, 114, 116, 118, 120, 122, 130) |
Begnadete | fünfmal (17, 34, 59, 73, 74) |
Erbin des Lichtreichs | zweimal (61, 62) |
Reine | zweimal (87, 130) |
All-Begnadete | zweimal (114) |
Allselige Vollheit | zweimal (96) |
In Fülle Begnadete | einmal (34) |
Vor allen Frauen Begnadete | einmal (19) |
Höchste Fülle und höchste Vollendung | einmal (19) |
Erleuchterin | einmal (25) |
Lichtreine | einmal (116) |
Manichäismus
Auch im Manichäismus erhielt Maria Magdalena eine herausragende Position gegenüber den anderen Jüngern. Sie wird als „Geist der Weisheit“ und sogar als „Netzewerferin“ bezeichnet, die die anderen Jünger, die sich verirrt hatten, wieder einfing.[7] In einer Dichtung aus dem 3. Jahrhundert, die im manichäischen Psalmenbuch aus dem 4./5. Jahrhundert in koptischer Sprache überliefert ist, wird sie als die einzige Getreue Jesu geschildert. Maria begegnet darin Jesu in der Situation des Johannesevangeliums, die nach der dortigen Auferstehung spielt.[8] Die Jünger sind wieder Fischer geworden und Maria soll sie zurückbringen. Jesus, der Meister, rechnet mit deren Weigerung und rät Maria als letztes Mittel Simon Petrus an eine geheime Unterredung zu erinnern. Darin sagte er indirekt zu Petrus, dass er niemanden habe, dem er vertrauen könnte.
Jesus:
„Sage ihm: Gedenke dessen, was ich zwischen mir
und dir auf dem Ölberg gesagt habe:
‚Ich habe etwas, was zu sagen ist,
aber niemanden, dem ich es sagen könnte.’“
Maria:
„Rabbi, o mein Meister,
ich werde deinem Gebot dienen
in der Freude meines ganzen Herzens.Ich werde meinem Herzen keine Ruhe,
meinen Augen keinen Schlaf
und (auch) meinen Füßen keine Ruhe geben,
bis ich die Schafe in den Pferch gebracht habe.“
Die manichäische Versammlung:
„Ruhm sei Mariammê,
denn sie hat auf ihren Meister gehört.“[9]
Maria Magdalena, die auch in zentralasiatischer Tradition als Myrophore, also Salbenträgerin, bekannt ist, kann als Idealtyp einer manichäischen Electa betrachtet werden. Im manichäischen Psalmenbuch wird ihr sogar ein Psalm (Sar 24) zugeschrieben, in dem sie als „Hymnenliebhaberin“ bezeichnet wird und für verschiedene Gestalten der „Lichtwelt“ musiziert.[10]
Mittelalterliche Überlieferungen
Einflussreich für die Westkirche war die Erzählung in der Legenda aurea, dem bekanntesten und am weitesten verbreiteten religiösen Volksbuch des Spätmittelalters. Gemäß dieser Überlieferung in Südfrankreich wurde Maria Magdalena mit Maria des Kleophas, Martha von Bethanien und Lazarus von Juden auf einem segellosen Schiff ausgesetzt, landete in dem französischen Fischerdorf Saintes-Maries-de-la-Mer bei Marseille und missionierte in der Provence.[11] Verehrt wird dort auch eine Dienerin, die mit den drei Marien gekommen sein soll, die schwarze Sarah, eine Patronin der Roma und Sinti. Die letzten 30 Jahre ihres Lebens soll Maria Magdalena als Einsiedlerin in einer Höhle im Massif de la Sainte-Baume verbracht haben. Nach anderer christlicher Überlieferung begleitete Maria Magdalena einige Jahre nach der Auferstehung Christi den Apostel Johannes und Maria, Jesu Mutter, nach Ephesus und starb auch dort.
Kirchliche Bedeutung der Maria von Magdala
Ursprung
Weil Maria Magdalena als die Erste genannt ist, die dem Auferstandenen begegnete und von ihm eingesetzt wurde, die Botschaft seiner Auferstehung seinen Jüngern zu verkünden (Joh 20,11–18 ), wurde sie schon in der Alten Kirche als Apostelgleiche verehrt. Im 3. Jahrhundert begründete Hippolyt von Rom die ehrenvolle Bezeichnung Apostola apostolorum – „Apostelin der Apostel“[12], die von den Theologen Hrabanus Maurus und Thomas von Aquin aufgegriffen wurde.[13] Der Vatikan hat auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus die Rolle der heiligen Maria Magdalena am 10. Juni 2016 erneut aufgewertet und sie liturgisch den Aposteln gleichgestellt.[14] Der bisherige „gebotene Gedenktag“ am 22. Juli wurde in der katholischen Kirche in ein „Fest“ umgewandelt.[15]
Gleichsetzung mit der fußwaschenden Sünderin
Papst Gregor I. setzte im Jahr 591 (darin Hippolytus folgend) in einer Predigt Maria von Magdala mit der anonymen Sünderin gleich, die Jesus die Füße wusch (Lk 7,36–50 ). Diese Identifikation wurde Teil der katholischen Tradition um Maria Magdalena.
Diese Überlieferung bzw. Zuschreibung ist allerdings zumindest unklar. Die Tradition kennt auch die Gleichsetzung der fußwaschenden Frau mit Maria von Bethanien, der Schwester von Martha von Bethanien und Lazarus. Die bei Johannes (Joh 12,1–8 ) berichtete Fußwaschung wird dort ausdrücklich mit dieser verknüpft; die Berichte in Matthäus 26 sowie Markus 14 sind Parallelen dazu (sie erwähnen Betanien als Ort und die Diskussion über die Verschwendung der teuren Salbe, aber keine Sünderin). Anders ist der Schwerpunkt bei Lukas (Lk 7,36–50 ), bei dem die Frau als Sünderin bezeichnet wird und Jesus über Sündenvergebung spricht. Exegeten diskutieren darüber, ob es sich bei Lukas um ein anderes Ereignis handelt.
Später deutete man die Bezeichnung „Sünderin“, die nun zur Überlieferungstradition der Maria Magdalena gehörte, als „Prostituierte“. Noch bis 1996 gab es in Irland Magdalenenheime, eine von römisch-katholischen Ordensschwestern geleitete Organisation zur Aufnahme „gefallener Mädchen und Frauen“. Im Mittelalter vermischte man des Weiteren Motive der Legende der Maria von Ägypten mit denen der Maria Magdalena.
Im liturgischen Kalender der katholischen Kirche von 1969[16] wird festgehalten, dass sich das Fest der heiligen Maria Magdalena am 22. Juli auf jene Person bezieht, der Jesus nach seiner Auferstehung erschienen ist und nicht um die Schwester der heiligen Martha oder um die Sünderin, die Jesus die Füße wusch.
Verehrung
Der Gedenktag der hl. Maria Magdalena ist der 22. Juli (römisch-katholisch, orthodox, anglikanisch, evangelisch, altkatholisch). Für die römisch-katholische Kirche wurde der Gedenktag mit einem Dekret vom 3. Juni 2016 in den Rang eines Festes im Calendarium Romanum Generale erhoben.[17] In der Kirchengeschichte kam dem Fest bei Kanonikerorden in längster Zeit bereits dieser Stellenwert zu.[18] Die Heilige ist Schutzpatronin der Frauen, der Verführten, der reuigen Sünderinnen, der Schüler, Studenten und Gefangenen sowie der Winzer, Weinhändler, Handschuhmacher und Friseure. Maria Magdalena ist die Patronin der im 13. Jahrhundert gegründeten Ordensgemeinschaft der Magdalenerinnen. Außerdem ist sie die Patronin der spanischen Stadt Viana und der italienischen Stadt Cavareno. Sie wird gegen Gewitter, Ungeziefer und Augenleiden angerufen.
Zwei Kirchen in Frankreich, Ste-Marie-Madeleine in Vézelay und Ste-Marie-Madeleine in Saint-Maximin-la-Sainte-Baume, beanspruchen jeweils Reliquien der heiligen Maria Magdalena zu besitzen.
Feministische Religionsforschung
Die neuere feministische Forschung hat in dem Film Jesus und die verschwundenen Frauen einen Versuch unternommen, die Geschichte Maria Magdalenas darzustellen.[19] Es handelt sich um eine Dokumentation, für die Wissenschaftler aus drei Universitäten zusammenarbeiteten: Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Wien und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Dabei werden vier biblische Frauen vorgestellt, deren Existenz im Laufe der Verschriftlichung der Kirchengeschichte verfälscht worden oder verschwunden sei. Es sind die Geschichten von Maria Magdalena, Phoibe, Junia und Lydia. Gezeigt wird unter anderem das Evangelium der Maria in koptischer Sprache, das – nach seiner Restaurierung – im Ägyptischen Museum Berlin ausgestellt ist. Da in diesem Text selbst jedoch nur allgemein von „Maria“ die Rede ist, ist diese Zuordnung unsicher.[20]
Bauernregeln
Bauernregeln für den Magdalenentag:
- Regnet’s am St.-Magdalen-Tag, folgt gewiss mehr Regen nach
- An Magdalena regnet’s gern, weil sie weinte um den Herrn
Christliche Ikonographie
In der Kunstgeschichte gibt es neben der Darstellung Maria Magdalenas als Sünderin weitere Darstellungen, etwa am Grab (Noli me tangere), die Füße Jesu salbend, als Büßerin, unter dem Kreuz. Ihre ikonografischen Heiligenattribute sind Salbentiegel, Geißel und ein Schädel.[21] Entsprechend der Tradition, Maria Magdalena mit der Sünderin, die Jesus die Füße salbt, gleichzusetzen, wird sie immer wieder mit wallendem, offenem Haar dargestellt. Bei Kreuzesdarstellungen ist Maria Magdalena seit dem 15. Jahrhundert oft als eine sehr emotionale Frau dargestellt, die ihrer Verzweiflung offen Ausdruck gibt (siehe z. B. Grünewald oder altniederländische Maler), im Gegensatz zu dem ruhigeren, gefassteren Schmerz oder der Ohnmacht der Mutter Maria. Magdalena ist dabei auch oft an einer relativ kostbaren Kleidung, nicht selten in recht fröhlichen Farben (Gelb, Rot), zu erkennen, während die Mutter Maria dabei normalerweise in zurückhaltendes Blau oder Dunkelblau gekleidet ist. Das Thema der Maria Magdalena als Büßerin war besonders im 17. Jahrhundert beliebt, sie befindet sich dabei in der Einöde oder in einer Höhle, manchmal auch in einem dunklen Raum; dazu gehören neben einer Bibel und dem Schädel auch noch andere Vanitassymbole, wie Sanduhr, flackernde Kerze, Schmuck etc. Sie selber ist dann meist ärmlich gekleidet, oder halb unbekleidet. Dabei diente seit der Renaissance die Thematik von Maria Magdalena als Sünderin oder Prostituierte auch immer wieder zum Vorwand für unverhohlen erotische Darstellungen schöner Frauen, nicht selten mit entblößten Brüsten (z. B. Tizian) oder als Halbakt (selten sogar als Akt).
- Abtei Chanteuges, Chapelle Ste.-Anne, Levitation Maria Magdalenas, 12. Jahrhundert
- Fra Angelico: Die Drei Marien am Grabe Christi,
um 1437–46, Fresko - Carlo Crivelli: Maria Magdalena (Detail),
um 1476, Ölgemälde - Saint-Junien, Maria Magdalena, Skulptur, 15. Jh.
- Giovanni Bellini: Madonna mit Kind und zwei Heiligen (Detail),
um 1490, Ölgemälde - Die heilige Maria Magdalena in einem Fresko der Kirche St. Jakob in St. Ulrich in Gröden – Brixner Schule 15. Jahrhundert
- Levitation Maria Magdalenas, aus der Schedelschen Weltchronik,
vor 1493, Stich - Tizian: Büßende Maria Magdalena,
um 1533, Ölgemälde - Caravaggio: Büßende Magdalena, 1594-96, Ölgemälde. Galeria Doria Pamphili, Rom
- Artemisia Gentileschi: Maria Magdalena in Ekstase, 1611 oder 1613-20. Privatsammlung
- Georges de La Tour: Magdalena mit der rauchenden Flamme (mit Schädel), ca. 1640, Ölgemälde. Los Angeles
- Luca Giordano: Büßende Magdalena (mit Schädel), 1660–1665. Madrid, Prado
- José Antolínez: Verzückung der hl. Magdalena,
um 1660–1670, Ölgemälde - Pedro de Mena: Maria Magdalena,
1664, Skulptur - Darstellung mit Totenkopf in St. Marien Burlo, ca. 1700
- Anthony Frederick Augustus Sandys: Maria Magdalena,
1858–60, Ölgemälde - Maria Magdalena mit Salbgefäss in einem Feld des Stadtwappens von Zella-Mehlis
Musik
Die Geschichte der Maria Magdalena wurde immer wieder vertont. Aus dem Mittelalter stammt eine Historia Mariae Magdalenae aus dem Antiphonar des St. Georgs-Klosters der Prager Burg (gregorianischer Gesang).[22]
Seit der Renaissance entstanden Motetten Maria Magdalene, die normalerweise für Ostersonntag bestimmt waren, beispielsweise von Komponisten wie Jacobus Clemens non Papa,[23] Pierre de Manchicourt,[24][25] Andrea Gabrieli,[26] Francisco Guerrero, Michael Praetorius (in Musarum Sioniarum, 1607). Der lateinische Text schildert die Begebenheiten am Ostermorgen, als Maria Magdalena und „die andere Maria“ (altera Maria) bei Sonnenaufgang das leere Grab finden und einen Engel, der ihnen die Auferstehung Jesu verkündigt; die Motette endet mit einem „Alleluia“.[27] Auch Palestrina schrieb eine fünfstimmige Motette Beatae Mariae Magdalenae (in: Liber Primus … Motettorum..., Rom 1569), die allerdings einen ganz anderen Text hat, als die zuvor genannten Motetten.
Maria Magdalena sind auch einige Mess-Kompositionen gewidmet: die Motette von Guerrero diente beispielsweise Alonso Lobo (1555–1617) als Vorlage für seine Missa Maria Magdalene (in: Liber primus missarum, 1602),[28] und auch Giovanni Felice Sances komponierte eine Missa Sanctae Maria Magdalenae für Stimmen und Instrumente.[29][30] Moderneren Datums ist die Missa Sanctae Mariae Magdalenae von William Lloyd Webber.
Marc-Antoine Charpentier hat vier Werke komponiert:
- Magdalena lugens voce sola cum simphonia, Hitchcock-Verzeichnis H.343 (1686–1687)
- Pour Marie Madeleine „Sola vivebat in antris Magdalena lugens“, H.373 (Datum unbekannt)
- Magdalena lugens, H.388 (Datum unbekannt)
- Dialogus inter Magdalena et Jesum 2 vocibus Canto e Alto cum organo, H.423 (Datum unbekannt)
Maria Magdalena ist auch Titelfigur einiger Oratorien, wie in Antonio Caldaras Maddalena ai piedi di Cristo (um 1698) oder in Johann Adolph Hasses Sanctus Petrus et Sancta Maria Magdalena.[31] In Georg Friedrich Händels Oratorium La Resurrezione (uraufgeführt 1708 in Rom) sowie in Jan Dismas Zelenkas Oratorium I Penitenti al Sepolcro del Redentore (von 1736) hat die Figur Maria Magdalena eine der tragenden Rollen. In Johann Sebastian Bachs Oster-Oratorium Kommt, eilet und laufet BWV 249 ist die Alt-Partie eine Verkörperung der Maria Magdalena.[32] Sie hat eine Arie mit folgendem Text:
„Saget, saget mir geschwinde, saget, wo ich Jesum finde, welchen meine Seele liebt! Komm doch, komm, umfasse mich, denn mein Herz ist ohne Dich ganz verwaiset und betrübt.“
Jules Massenet verarbeitete den Stoff 1873 in seinem Oratorium Marie-Magdeleine und Henning Frederichs schuf 1985 das Oratorium Passionserzählung der Maria Magdalena.
Auch in der Popmusik wurden manchmal Anspielungen auf die Figur der Maria Magdalena gemacht, insbesondere in dem von Sandra gesungenen Song (I’ll Never Be) Maria Magdalena aus dem Jahr 1985. Im Gegensatz zur Gefährtin Jesu, die nach allgemeinem Verständnis ihr Leben als Prostituierte aufgab und bereute und zu einer heiligen Frau wurde, wird im Lied eine Frau geschildert, die ein Leben in völliger sexueller Freiheit wünscht und propagiert. Im Eurovision Song Contest 1999 in Jerusalem hieß Kroatiens Beitrag Marija Magdalena.
Belletristik
1843 publizierte Friedrich Hebbel seine Maria Magdalena, ein Drama in drei Akten.
1981 behauptete das pseudowissenschaftliche Werk Der Heilige Gral und seine Erben von Henry Lincoln, Michael Baigent und Richard Leigh, Maria Magdalena sei mit Jesus verheiratet gewesen und nach Gallien gegangen, wo von ihrem gemeinsamen Kind die Dynastie der Merowinger abstammen soll. Maria Magdalena wird darin auch mit dem Heiligen Gral in Verbindung gebracht, wobei der Ausdruck „San Greal“ als „Sang Real“ (okzitanisch für „königliches Blut“) gedeutet wird. Die Thematik wird später von den Esoterik-Autoren Louis Pauwels und Jacques Bergier aufgegriffen sowie in Peter Berlings fünfbändigem Gralszyklus und später in Dan Browns Roman Sakrileg thematisiert.
Luise Rinser zeichnet in ihrem Roman Mirjam ein sehr feministisches Bild Maria Magdalenas. Das Buch erzählt die Geschichte Jesu aus der Sicht der Protagonistin. Dasselbe gilt für das Buch Maria Magdalena von Marianne Fredriksson.
Nikos Kazantzakis greift in seinem Roman Die letzte Versuchung Christi die Legende einer Liebesbeziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena indirekt auf: Jesus wird in Versuchung geführt, seine Mission als Sohn Gottes und Erlöser aufzugeben und stattdessen ein bürgerliches Ehe- und Familienleben mit Maria zu beginnen.
Patrick Roths Erzählung Mulholland Drive: Magdalena am Grab (2002) inszeniert die Magdalena-Erzählung des Johannesevangeliums als Schauspielprobe in einem leerstehenden Haus auf Mulholland Drive in Los Angeles. Während der Jungregisseur und seine Schauspielerin die Osterszene zeilengenau nachstellen, entdeckt sich ihnen ein übersprungener Vers des Evangelisten, der das Geheimnis der Beziehung zwischen Mensch und Gott birgt.
Weitere Werke
- José Manuel Cova Maza: Miriam de Magdala (Novela). Roman, 1911 (Digitalisat im Internet Archive).
- George H. Eisenhart: Mary of Magdala. Roman, 1919 (Digitalisat im Internet Archive).
- Paul Heyse: Maria von Magdala. Drama in fünf Akten, 1901/03 (Digitalisat im Internet Archive).[34]
- Michèle Roberts: Die Freundin des Herrn. Roman (Originaltitel: The Wild Girl, 1984; auch erschienen unter dem Titel The Secret Gospel of Mary Magdalene). Übersetzung aus dem Englischen von Sieglinde Körnstke. Droemersche Verlagsanstalt Knaur, München 1986, ISBN 978-3-426-08055-9.
- Edgar Saltus: Mary of Magdala. A chronicle. Roman, 1891 (Digitalisat im Internet Archive).
Verfilmungen
- Maria Magdalena, Regie: Garth Davis, 2018 (Trailer bei YouTube, abgerufen am 18. August 2019).[35][36]
- Maria aus Magdala – Von der Liebe berührt, 2013 (ohne Angaben zu Regisseur und Schauspielern; online bei YouTube, abgerufen am 18. August 2019).
- Ihr Name war Maria, TV-Film in zwei Teilen, Regie: Giacomo Campiotti, 2012.
- Mary, Regie: Abel Ferrara, 2005.
Literatur
- Margarita Arminger: Maria Magdalena. Die verbotene Göttin des Christentums. Nikol, Hamburg 2010, ISBN 978-3-86820-054-6.
- Andrea Verena Glang-Tossing: Maria Magdalena in der Literatur um 1900. Weiblichkeitskonstruktion und literarische Lebensreform. Akademie Verlag, Berlin 2013 (Voransicht bei Google Books).
- Dick Harrison: Verräter, Hure, Gralshüter: Judas Iskariot, Maria Magdalena, Pontius Pilatus, Josef von Arimathäa – Geschichten und Legenden, Patmos-Verlag, 2007, ISBN 978-3491725157.
- Urban Holzmeister: Die Magdalenenfrage in der kirchlichen Überlieferung. (1–2). In: Zeitschrift für katholische Theologie. 46, 1922, ISSN 0044-2895, S. 402–422, und S. 556–584.
- Marga Janßen: Maria Magdalene in der abendländischen Kunst. Dissertation. Freiburg 1961.
- Jean-Yves Leloup: Evangelium der Maria Magdalena. Die spirituellen Geheimnisse der Gefährtin Jesu. (Originaltitel: L’Évangile de Marie. Myriam de Magdala, 1997). Aus dem Französischen von Wolfgang Höhn. München 2004, ISBN 978-3453700925
- Ingrid Maisch: Maria Magdalena. Zwischen Verachtung und Verehrung. Das Bild einer Frau im Spiegel der Jahrhunderte. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1996, ISBN 3-451-23971-X.
- Christa Mulack: Maria Magdalena. Apostelin der Apostel – die Frau, die das All kennt. Pomaska-Brand, Schalksmühle 2007, ISBN 978-3-935937-50-4.
- Reinhard Nordsieck: Maria Magdalena, die Frau an Jesu Seite. Zur Frage nach der Identität der Maria Magdalena, der „großen Sünderin“ und der Maria aus Bethanien und ihrer historischen Bedeutung. 2. Auflage. Lit, Münster 2006, ISBN 3-8258-5289-X.
- Silke Petersen: „Zerstört die Werke der Weiblichkeit!“ Maria Magdalena, Salome und andere Jüngerinnen Jesu in christlich-gnostischen Schriften. Brill, Leiden u. a. 1999, ISBN 90-04-11449-1, (Nag Hammadi and Manichaean Studies 48).
- Silke Petersen: Maria aus Magdala. Die Jüngerin, die Jesus liebte (= Biblische Gestalten, Band 23). Evang. Verl.-Anst., Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02840-5.
- Renate Schmid: Maria Magdalena in gnostischen Schriften. Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen, München 1990, ISBN 3-921513-93-6.
- Andrea Taschl-Erber: Maria von Magdala – erste Apostolin? Joh 20,1-18: Tradition und Relecture. Herder, Freiburg/Basel/Wien 2007, ISBN 978-3-451-29660-4 (zugl. Univ. Wien, Diss. 2006).
- Christoph Wrembek: Die sogenannte Magdalenerin. Überarbeitete Neuausgabe. Bonifatius, Paderborn 2013, ISBN 978-3-89710-512-6.
Weblinks
- Literatur von und über Maria Magdalena im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- www.heiligenlexikon.de: ausführliche Biografie mit Bildern
- Silke Petersen: Maria aus Magdala. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Bayern 2 – Radio Wissen: Maria Magdalena – Apostolin der Apostel?: https://www.br.de/radio/bayern2/wissen/radiowissen/maria-magdalena130.html
- http://www.mariam-geht-fort.de: Presse- und Leserstimmen zur Erzählung Mariam geht fort von Lena Naumann
- Youtube-Video: Palestrina: Motette Beatae Mariae Magdalenae (Liber primus motettorum, 1569), gesungen von The Sixteen, Harry Christophers (Mit Notentext). Gehört am 2. April 2018.
Anmerkungen
- hebräisch מרים המגדלית
- griechisch Μαρία Μαγδαληνή.
- Nag Hammadi Deutsch, Hans-Martin Schenke, Hans-Gebhard Bethge, Ursula Ulrike Kaiser (Hrsg.), 2001, S. 196
Die spitze Klammer steht für eine interpretierende Ergänzung; „<seine> Schwester“ ist die Verbesserung eines Schreibfehlers, im Original heißt es „,ihre‘ Schwester“. - Nag Hammadi Deutsch, Hrsg. v. Hans-Martin Schenke, Hans-Gebhard Bethge, Ursula Ulrike Kaiser, 2001 S. 199. Dies ist die moderne Lesart, vergleiche auch Renate Schmid: Maria Magdalena in gnostischen Schriften, München 1990, S. 30
- Isenberg, Wesley W./Layton, Bentley, 1989: The Gospel According to Philip. In: Bentley Layton(ed): Nag Hammadi Codex II, 2–7
- Alle Zählungen und Zitate in diesem Abschnitt erfolgten nach folgender Übersetzung der Pistis Sophia: * [Valentinus]: Das Evangelium der Pistis Sophia, Bad Teinach-Zavelstein 1987, ISBN 3-925072-03-9.
- Peter Nagel: Codex apocryphus gnosticus Novi Testamenti. Band 1: Evangelien und Apostelgeschichten aus den Schriften von Nag Hammadi und verwandten Kodizes. Koptisch und deutsch. Tübingen 2014, S. 311–319.
- Siegfried G. Richter. Untersuchungen zu Form und Inhalt einer Gruppe der Herakleides-Psalmen (PsB 187,1–36). In: G. Wießner, H.-J. Klimkeit (Hrsg.): Studia Manichaica. II. Internationaler Kongreß zum Manichäismus, 6.–10. August 1989, St. Augustin/Bonn (= Studies in Oriental Religions. Band 23). Wiesbaden 1992, S. 248–265.
- Übersetzung nach Siegfried G. Richter. Die Herakleides-Psalmen (Corpus Fontium Manichaeorum. Series Coptica 1. Liber Psalmorum pars 2 fasc. 2). Brepols: Turnhout 1998, 124 Seiten.
- Jessica Kristionat: Zwischen Selbstverständlichkeit und Schweigen. Die Rolle der Frau im frühen Manichäismus. Heidelberg 2013, S. 237–272.
- Bart D. Ehrman: Peter, Paul, and Mary Magdalene. The Followers of Jesus in History and Legend, Oxford 2006, S. 184.
- Julian R. Backes: „Apostola Apostolorum“. Beobachtungen zum Magdalenenproprium des Breviarium Praemonstratense. In: Analecta Praemonstratensia. 90, 2014 [erschienen 2015], ISSN 0517-6735, S. 287–290, hier 287f.
- Rhabanus Maurus: De vita beatae Mariae Magdalenae, c. CCVII; Thomas von Aquin: In Ioannem Evangelistam expositio, c. XX, L. III, 6. vatican.va: Documents, "Apostolorum Apostola" (PDF), abgerufen am 13. Aporiul 2020.
- Liturgie: Maria Magdalena wird den Aposteln gleichgestellt. Radio Vatikan, 10. Juni 2016, abgerufen am 14. Januar 2021.
- Vatikan wertet Rolle der Maria Magdalena auf - religion.ORF.at. In: religion.ORF.at. 10. Juni 2016 (orf.at [abgerufen am 2. April 2018]).
- Calendarium Romanum. Libreria Editrice Vaticana, 1969, S. 131.
- Decreto della Congregazione per il Culto Divino e la Disciplina dei Sacramenti: la celebrazione di Santa Maria Maddalena elevata al grado di festa nel Calendario Romano Generale. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 10. Juni 2016, abgerufen am 10. Juni 2016 (italienisch).
- Julian R. Backes: „Apostola Apostolorum“. Beobachtungen zum Magdalenenproprium des Breviarium Praemonstratense. In: Analecta Praemonstratensia. 90, 2014 [erschienen 2015], ISSN 0517-6735, S. 287–290, hier 290.
- Jesus und die verschwundenen Frauen. Eine Spurensuche, bei YouTube
- Vgl. auch Silke Petersen: Maria aus Magdala. In: WiBiLex Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet. September 2011, abgerufen am 11. April 2020.
- vgl. kirchensite.de
- CD Historiae – The Officies of St. Lawrence's and Mary Magdalen's mit der Schola Hungarica, László Dobszay, von Hungaroton 1998. Auf Youtube: Hymnus aus Historia Mariae Magdalenae, gesehen am 29. März 2018.
- im Internet, gesehen am 29. März 2018.
- Pierre De Manchicourt - Huelgas Ensemble, Paul Van Nevel – „Maria Magdalene“ auf Missa Veni Sancte Spiritus • Motets • Chansons bei Discogs
- Youtube: Manchicourt: Maria Magdalene, Huelgas Ensemble, P. v. Nevel, gesehen am 29. März 2018.
- Maria Magdalene von Andrea Gabrieli bei IMSLP, gesehen am 29. März 2018.
- Textbuch zur CD: Sacred music by Alonso Lobo, mit Tallis Scholars unter Peter Phillips, gimell 1997, S. 18–19
- Von beiden existiert eine CD-Einspielung mit den Tallis Scholars unter Peter Phillips von 1997
- Sances' Missa Sanctae Maria Magdalenae auf CPDL, gesehen am 29. März 2018.
- Einspielung des Crucifixus mit dem Ensemble Arpeggiata unter Christina Pluhar auf Youtube: Sances „Crucifixus“, gesehen am 29. März 2018.
- Notenmaterial auf IMSLP, gesehen am 29. März 2018.
- Siehe das Textbuch zur CD: J. S. Bach – Osteroratorium, Barbara Schlick, James Taylor, Peter Kooy u. a., Collegum Vocale, Philippe Herreweghe, erschienen bei Harmonia mundi, 1995/2003, S. 14–18
- Textbuch zur CD: J. S. Bach – Osteroratorium, Barbara Schlick, James Taylor, Peter Kooy u. a., Collegum Vocale, Philippe Herreweghe, erschienen bei Harmonia mundi, 1995/2003, S. 14–18
- Die Aufführung von Paul Heyses Drama Maria von Magdala war im deutschsprachigen Raum zunächst untersagt; siehe hierzu Maria von Magdala. Von Paul Heyse. Zur Erstaufführung in Österreich und Kleine Theaterplaudereien in: Wiener Hausfrauen-Zeitung 1903, S. 166 f. (Digitalisat bei ANNO).
- Evelyn Finger: Maria Magdalena – Die Frau des Heilands. In: Die Zeit № 12/2018 vom 14. März 2018.
- Filmexperte empfiehlt anlaufenden Kinofilm „Maria Magdalena“ – „Ganz im Geiste der Bibel“. Beitrag auf Domradio.de vom 12. März 2018.