Lindt & Sprüngli
Die Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG ist ein international tätiger Schweizer Schokoladenhersteller mit Sitz in Kilchberg am Zürichsee.
Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG[1] | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
ISIN | CH0010570759 |
Gründung | 1898[1] |
Sitz | Kilchberg (ZH), Schweiz |
Leitung | Ernst Tanner (VR-Präsident) Dieter Weisskopf (Vorsitzender der Geschäftsleitung)[2] |
Mitarbeiterzahl | 14'621 (2019)[3] |
Umsatz | 4'509 Mio. CHF (2019)[3] |
Branche | Nahrungsmittel |
Website | www.lindt-spruengli.com |
Geschichte
Die Ursprünge von Lindt & Sprüngli liegen in den beiden Schokolademanufakturen von Rudolf Sprüngli in Horgen[4] und Zürich (ehemalige Werdmühle, heute Werdmühleplatz) sowie von Rodolphe Lindt in Bern. Rudolf Sprüngli Junior übernahm die Firma seines Vaters 1891. Ein Jahr später wurde die Confiserie Sprüngli als eigenes Unternehmen ausgegliedert. 1899 baute Rudolf Sprüngli die Fabrik in Kilchberg und wandelte die Firma im selben Jahr in eine Aktiengesellschaft um. Die Chocolat Sprüngli AG übernahm bald darauf die Berner Schokoladenmanufaktur von Rodolphe Lindt mitsamt dem Patent für dessen Conchierverfahren. Die Aktiengesellschaft Vereinigte Berner und Zürcher Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli war geboren. Das alte Lindt-Haus im Berner Mattenquartier ist auch heute noch mit dem Firmenlogo bemalt.[5]
In Deutschland wurde 1935 mit der Leonard Monheim AG, Berlin ein Lizenzvertrag für die Fertigung geschlossen. 1988 übernahm Lindt & Sprüngli die Fertigung dort selbst und produziert seitdem einen Grossteil der international vertriebenen Artikel in Aachen nahe dem Westbahnhof. Das Werk in Aachen fungiert als Kompetenzzentrum für Hohlfiguren.[6]
Der Börsengang von Lindt & Sprüngli legte 1986 den Grundstein für die internationale Expansion: 1989 erfolgte die Inbetriebnahme des Produktions- und Verwaltungsgebäudes in Stratham, New Hampshire, USA. Im gleichen Jahr gelangte die Lindt & Sprüngli SA in Frankreich vollständig in den Besitz des Stammhauses. 1993 wurde die langjährige Lizenznehmerin Bulgheroni SpA im italienischen Induno Olona als Lindt & Sprüngli SpA in das Unternehmen integriert.[7] Im darauf folgenden Jahr erfolgte in Österreich die Gründung der Lindt & Sprüngli (Austria) GmbH und die Integrierung der Wiener Confiserie Hofbauer in das Unternehmen. 1997 wurde die italienische Gesellschaft «Caffarel» in Turin aufgekauft sowie eine Lindt & Sprüngli Company in Sydney gegründet. Anfang 1998 folgte die Akquisition der «Ghirardelli Chocolate Company» in San Francisco, der zweitältesten amerikanischen Schokoladefabrik. Weitere Tochterfirmen finden sich in Kanada, China, Hongkong, Japan, Polen, Tschechien, Russland, Schweden, Spanien und Südafrika.[7] Im Juli 2014 gab Lindt & Sprüngli die Übernahme des traditionsreichen US-amerikanischen Süsswarenherstellers Russell Stover Candies Inc. bekannt, die bislang grösste in der Unternehmensgeschichte. Mit Russell Stover, das auch die Marke Whitman’s besitzt und in den USA einen Marktanteil bei Pralinés von 60 % hat, wurde Lindt & Sprüngli zum drittgrössten Unternehmen der Schokoladenbranche in Nordamerika und ist dort nun auch mit seinen anderen Marken flächendeckend präsent.[8] Die Produktepalette von Russel Stover war allerdings viel zu breit und deren Verkäufe zu stark saisonal geprägt. Lindt und Sprüngli versuchte, diese Abhängigkeit von Weihnachten, Valentinstag und Ostern zu verringern und hoffte so, das amerikanische Geschäft, das einen Drittel des Firmenumsatzes erzielte, zu verstetigen.[9]
Unternehmensstruktur
Seit 1994 werden alle Gruppenfirmen, darunter auch das bisherige Schweizer Stammhaus Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (Schweiz) AG, als hundertprozentige Tochterfirmen von einer internationalen Konzernleitung im Rahmen der Holding-Gesellschaft Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli Aktiengesellschaft geführt. Die Aktienmehrheit liegt gemäss Firmenangaben weiterhin in Schweizer Händen.[7]
Aktivitäten in Deutschland
Das Geschäft in Deutschland wird von der Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli GmbH in Aachen betrieben, welche am Markt unter der Marke Lindt auftritt. Sie ist eine 100%ige Tochter der Schweizer Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG. Im Jahr 2018 erwirtschafteten durchschnittlich 2759 Mitarbeiter einen Jahresumsatz von 744 Mio. Euro[10].
Produkte
Lindt & Sprüngli stellt neben einer Vielzahl von verschiedensten Tafelschokoladen auch Pralinen her. Dazu kommen saisonale Produkte wie Weihnachtsmänner oder Osterartikel. Zunehmende Bedeutung erhalten Schokoladentafeln mit hohen Kakaoanteilen (> 60 Prozent) oder exotischen Zutaten wie Pfeffer oder zerkleinerten Chilischoten oder mit Hafermilch. In diversen europäischen Ländern bietet Lindt & Sprüngli eine Schokoladen- bzw. Haselnusscreme als Brotaufstrich an.
- Werbung um 1900
- Lindor-Kugeln
- Pralinen
Lindt & Sprüngli lässt seine Produkte von keiner externen Stelle wie UTZ Certified oder Fairtrade nach Nachhaltigkeits- und Sozialkriterien zertifizieren und plant dies auch nicht.[11] Nach eigenen Angaben seien jedoch 79 % aller Kakaobohnen extern verifiziert und man arbeite seit 2005 mit einem eigenen Partner in Ghana direkt zusammen, der lückenlose Rückverfolgbarkeit ermögliche.[12][13][14][15][16]
Goldhase
Der Goldhase ist ein Hohlkörper aus Schokolade in Form eines sitzenden Hasen, der für die Osterzeit hergestellt wird. Er hat neben einer goldfarbenen Verpackung ein Glöckchen an einem meist roten Halsband. Das Produkt wurde erstmals 1952 in Deutschland verkauft[17] und wird in über 60 Ländern vertrieben.[18] Seit 2010 werden weltweit jährlich über 100 Millionen Stück verkauft.[19]
Der Goldhase wird in den Grössen 10 g, 50 g, 100 g, 200 g, 500 g und 1000 g sowie in den Sorten Vollmilch (rotes Halsband), Zartbitter (braunes Halsband), Nuss (grünes Halsband) und aus weisser Schokolade (cremefarbenes Halsband) produziert. Darüber hinaus sind verschiedene Merchandise-Artikel wie Kleidung, Geschirr, Schlüsselanhänger oder ein Goldhase als Kuscheltier erhältlich.
Lindt & Sprüngli hat den Goldhasen im Jahr 2000 in der EU und ein Jahr später in Deutschland als Marke eintragen lassen.[20] Darauf stützend ging das Unternehmen in den anschliessenden Jahren gegen ähnliche Produkte anderer Hersteller rechtlich vor. Siehe dazu den Abschnitt Rechtsstreitigkeiten.
Produktkritiken
Das Schokoladenmagazin Chclt.net vergibt an Lindt-Schokoladen Geschmacksbenotungen zwischen 71 und 90 (aus 100) Punkten und merkt eine geschmackliche «Familienähnlichkeit» an.[21] Der deutsche Schokoladenkritiker Georg Bernardini bewertet die Qualität der getesteten Lindt-Produkte zusammenfassend mit nur 2 von 6 möglichen Punkten und bemängelt die teilweise Verwendung naturidentischer Aromastoffe, lobt allerdings die «Kreativität der Produktentwickler» des Unternehmens.[22]
Rechtsstreitigkeiten
Der Oberste Gerichtshof in Wien hat am 26. März 2012 in einem insgesamt zehn Jahre dauernden Streit gegen den österreichischen Hersteller Hauswirth entschieden, dass der Goldene Schokohase mit roter Schleife, auch Goldhase genannt, in der Form nur noch von Lindt & Sprüngli in Österreich verkauft werden darf.[23] Am 24. Mai 2012 unterlag Lindt & Sprüngli am Europäischen Gerichtshof bei dem Versuch, den Goldhasen europaweit als Marke schützen zu lassen. Das Unternehmen konnte in dem seit 2004 laufenden Antragsverfahren nicht nachweisen, dass der europäische Durchschnittsverbraucher vom Äusseren des Hasen auf dessen Hersteller schliesse. Ein Schutz in der gesamten EU war daher nicht möglich.[24]
Am 28. März 2013 wies der Bundesgerichtshof in Karlsruhe eine Nichtzulassungsbeschwerde von Lindt & Sprüngli gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zurück, der zufolge die fränkische Firma Riegelein ebenfalls einen Schokoladenhasen vertreiben dürfe, der sich in Sitzposition befindet. Der deutsche Hersteller bietet seinen Hasen in einer etwas dunkleren, bronzefarbenen Folie an. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Produkten endgültig verneint.[25]
Am 18. Dezember 2012 wurde bekannt, dass Lindt & Sprüngli in einem Verfahren vor dem Landgericht Köln gegen das Unternehmen Haribo wegen der Ähnlichkeit des Schokoladenbären «Lindt-Teddy» mit den Haribo Goldbären unterlag und den Schokobären deshalb aus dem Handel nehmen muss.[26] Im April 2014 hob das Oberlandesgericht Köln jedoch das Urteil auf, sodass die Bären vorerst weiterverkauft werden dürfen.[27] Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Köln die Klage des Bonner Gummibärchenherstellers abgewiesen. Dagegen war Haribo in Revision zum Bundesgerichtshof gegangen. Diese wies der Bundesgerichtshof in Karlsruhe im September 2015 endgültig ab. Die Markenrechte des Gummibärchenherstellers Haribo werden durch den sogenannten «Lindt-Teddy» nicht verletzt, urteilten die Richter.[28]
Verschiedenes
Seit März 2006 ist Lindt & Sprüngli offizieller Partner des Imhoff-Schokoladenmuseums in Köln.
Die Anteilsscheine der Gesellschaft gehören zu den teuersten Aktien der Welt.[29] Am 3. Juni 2016 wurden die Namens-Aktien an der SIX Swiss Exchange mit 72.945,00 Schweizer Franken notiert. Laut einem Handelsblatt-Bericht aus dem Januar 2019 „kostet eine Namensaktie von Lindt und Sprüngli bis zu 80.000 Franken (71.000 Euro)“.[30]
Literatur
- Katja Hürlimann: Lindt & Sprüngli. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Katja Hürlimann: Sprüngli. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 768 f. (Digitalisat).
Dokumentarfilme
- Zartbittere Leidenschaft. Wie die Lust auf Schokolade entsteht. Reportage, Deutschland, 2005, 40 Min., Buch und Regie: Steffi Cassel, Produktion: Spiegel TV, Erstsendung: 24. November 2005 bei VOX, Inhaltsangabe und Video.
- Lindt & Sprüngli setzt auf Junge und Chinesen. Fernseh-Reportage, Schweiz, 2012, 2:18 Min., Regie: Patrizia Laeri, Produktion: Schweizer Fernsehen, Redaktion: SF Börse, Erstsendung: 21. August 2012 beim SF, Video.
- Der Schokoladenkönig und der Goldhase. Fernseh-Reportage, Schweiz, 2011, 5:40 Min., Regie: Patrizia Laeri, Produktion: Schweizer Fernsehen, Redaktion: 10vor10, Erstsendung: 21. April 2011 beim SF, Video.
Weblinks
- Website der Lindt-&-Sprüngli-Gruppe
- Website von Lindt & Sprüngli (Deutschland)
- Website von Lindt & Sprüngli (Schweiz)
- Literatur von und über Lindt & Sprüngli in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Literatur von und über Lindt & Sprüngli im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Publikationen von und über Lindt & Sprüngli im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Eintrag (Memento vom 1. Dezember 2015 im Internet Archive) im Handelsregister des Kantons Zürich, abgerufen am 23. Juli 2011.
- Veränderung in der Konzernspitze von Lindt & Sprüngli. Lindt Sprüngli AG, 3. Juni 2016, abgerufen am 5. Juni 2016.
- Geschäftsbericht 2019. (pdf) Lindt & Sprüngli, abgerufen am 24. Mai 2020.
- Die Zürcher Confiserie David Sprüngli & Sohn kaufte 1846 die ehemalige Schmiede im Schleifetobel in Horgen und richtete dort ihre erste Schokoladefabrik ein, deren anfängliches Wasserrad vom Heubach betrieben wurde. Quelle: Horgner Jahrheft 2017.
- Adrian Müller: Berns vergessene Schoggi-Geschichte. In: Der Bund. 13. Oktober 2016, ISSN 0774-6156 (derbund.ch [abgerufen am 11. Dezember 2018]).
- FAZ, 4. April 2015, S. 28.
- Lindt & Sprüngli: Firmengeschichte.
- Grossübernahme in den USA: Lindt & Sprüngli kauft die Pralinés von «Forrest Gump», NZZ.ch, 14. Juli 2014.
- Die Stärke von Lindt und Sprüngli schmilzt dahin, NZZ, 17. Januar 2018, Seite 25
- Jahresabschluss per 31. Dezember 2018, bundesanzeiger.de, abgerufen am 18. August 2020
- Ben Cooper: Sustainability Watch – Interview with Piera Waibel, Lindt & Sprungli. just-food.com vom 2. Januar 2014.
- dpa: Nachhaltig gleich fair?: Deutsche essen Schokolade für gutes Gewissen. In: Die Zeit. 6. Dezember 2018, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 29. September 2019]).
- dpa: Nachhaltig gleich fair?: Deutsche essen Schokolade für gutes Gewissen. In: Die Zeit. 6. Dezember 2018, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 29. September 2019]).
- Daniel Puntas Bernet: Mit gutem Gewissen Süsses vernaschen | NZZ. 21. März 2009, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 29. September 2019]).
- Dieter Weisskopf: Lindt geht in der Beschaffung neue Wege | NZZ. 11. September 2012, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 29. September 2019]).
- Kakaobeschaffung. 12. Februar 2019, abgerufen am 29. September 2019.
- Ein ewig junggebliebener Alter Hase. Lindt-Pressemitteilung, 16. Januar 2015.
- Der Lindt Goldhase. Lindt. Abgerufen am 25. März 2018.
- Absatz von Goldhasen von Lindt weltweit in den Jahren 2003 bis 2014 (in Millionen Stück). Statista. Abgerufen am 25. März 2018.
- Richter lehnt Monopol für Lindt-Goldhasen ab. Zeit Online, 28. März 2013, abgerufen am 25. März 2018.
- Lindt-Schokoladen im Test Chclt.net, abgerufen am 21. Februar 2021.
- Bernardini, Georg: Der Schokoladentester. Die besten Schokoladen und Pralinen der Welt. Was dahinter steckt und worauf wir gerne verzichten (Bonn 2012), S. 390–392, ISBN 978-3-00-039820-9.
- Osterhasen-Streit: Lindt gewinnt. In: Kurier. 26. März 2012, abgerufen am 2. August 2016.
- Kein Schutz für den Goldhasen. (Memento vom 15. August 2012 im Internet Archive)
- Goldhase von Lindt muss Konkurrenz dulden. welt.de, 28. März 2013.
- Lindts Schoko-Teddy sieht Haribos Goldbären zu ähnlich. In: Sueddeutsche.de. 18. Dezember 2012, abgerufen am 18. Dezember 2012.
- Schoko-Teddy sieht Goldbär nicht zu ähnlich. Handelsblatt vom 11. April 2014. Abgerufen am 20. Januar 2015.
- Lindt gewinnt Bärenstreit gegen Haribo. In: FAZ, 23. September 2015.
- Die teuersten Einzelaktien der Welt, boerse.ARD.de, 29. Februar 2016.
- Serie: Die teuersten Aktien der Welt. Lindt und Sprüngli – die Aktie hat nicht nur eine Schokoladenseite, handelsblatt.de vom 19. Januar 2019, abgerufen am 3. April 2019