Lammersdorf
Lammersdorf ist ein Ortsteil von Simmerath in der Städteregion Aachen in Nordrhein-Westfalen. Mit seinen 2422 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2012) ist Lammersdorf die zweitgrößte Ortschaft in der Gemeinde Simmerath. Der westliche Teil von Lammersdorf wird durch die Vennbahntrasse vom übrigen Ort staatsrechtlich getrennt, da der Bahnkörper, mit dem ehemaligen Bahnhof, belgisches Staatsgebiet ist und zur belgischen Gemeinde Raeren zählt. Somit ist dieser Teil von deutschem Boden nur mittels Grenzübertritt aus erreichbar und gehört zu den wenigen deutschen Exklaven. Das Gebiet der Exklave erstreckt sich von Lammersdorf zwischen der Grenze zu Belgien und der Vennbahn bis nach Roetgen.
Lammersdorf Gemeinde Simmerath | ||
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Höhe: | 539 (505–583) m ü. NHN | |
Fläche: | 16,42 km² | |
Einwohner: | 2422 (31. Dez. 2012)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 148 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Januar 1972 | |
Postleitzahl: | 52152 | |
Vorwahl: | 02473 | |
Lage von Lammersdorf in Nordrhein-Westfalen | ||
Lammersdorf, Kirche |
Geschichte
Bis Ende 1971 gehörte Lammersdorf als eigenständige Gemeinde zum ebenfalls aufgelösten Kreis Monschau (siehe Aachen-Gesetz). Am 1. Januar 1972 wurde Lammersdorf nach Simmerath eingemeindet.[2]
Der Eifelort „Lammersdorf“, der in früheren Jahren den Beinamen „Am Fusse des Hohen Venns“ trug, wurde nachweislich im Jahr 1361 erstmals in einer Urkunde als „Lamberscheyt“ erwähnt[3] und gehört somit zu den ältesten Dörfern des Monschauer Landes. Die Entwicklung der kleinen Gemeinde verlief zunächst ähnlich wie bei den meisten Dörfern der Nordeifel. Bis zur Eroberung des Linken Rheinufers durch die französischen Revolutionstruppen (1794) gehörte Lammersdorf zum Herzogtum Jülich und wurde 1798 als Teil des Rur-Départements Sitz einer Mairie. Nach der Niederlage Frankreichs kam der Eifelort 1815 zum Königreich Preußen und wurde 1816 Sitz einer Bürgermeisterei. 1850 wurde diese Bürgermeisterei aufgelöst und die Gemeinde Lammersdorf der Bürgermeisterei Simmerath zugeordnet.[4]
Noch bis etwa 1900 reichte das moorige Venngebiet, unterbrochen von urwaldähnlichen Eichen- und Buchenwäldern bis unmittelbar an den Ortskern. Dieser bestand aus einigen stattlichen Bauernhöfen und einer kleinen, um 1700 erbauten Kirche. Der karge Boden gab kaum mehr her als das Gras, auf dem die Kühe weiden konnten. Die Schweine wurden zur Mast in die umliegenden Eichenwälder getrieben. Das harte Leben der Bauern und Handwerker zeichnete sich durch eine starke Bindung an die katholische Kirche aus.
Mit der Ansiedlung der Firma Otto Junker GmbH im Jahr 1924 wurde vieles anders. Immer mehr Menschen kamen nach Lammersdorf, um hier Arbeit und eine neue Heimat zu finden. Um 1960 erreichte die Industrieöfen- und Maschinenbaufirma Junker mit rund 1200 Beschäftigten ihren Höchststand. So stieg mit der Expansion des Unternehmens auch die Einwohnerzahl. Wo viele Menschen leben, floriert auch das Geschäftsleben. Um 1955 gab es in Lammersdorf mehr als 50 Geschäfte und Handwerksbetriebe.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Lammersdorf zum Aufmarschgebiet für die Kämpfe im Hürtgenwald. Mehr als 300 Bewohner, die sich der Evakuierung widersetzt hatten und in ihren Häusern geblieben waren, mussten den Granatenbeschuss durch die deutsche Wehrmacht und die fast sechsmonatige Besatzung durch alliierte Truppen aushalten. Man schätzt, dass zwischen 4000 und 6000 Granaten auf Lammersdorf abgeschossen wurden. Mit Beginn der 1950er Jahre brach auch für Lammersdorf und seine Bewohner eine neue, bessere Zeit an.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges plante Belgien, die durch die Vennbahn entstandene Exklave zu annektieren, ließ diese Pläne aber im April 1949 wieder fallen.[5]
Der Deutsch-Belgische Grenzvertrag von 1956 regelte letztmals unter anderem die Rückgabe bestimmter Teilgebiete im Bereich des heutigen Ortes Lammersdorf. Dies erfolgte am 28. August 1958 (BGBl. II S. 262).
In der Zeit des Kalten Krieges war Lammersdorf einer der Senderstandorte des NATO-Kommunikationssystems ACE High.
Zum Ende des Jahres 1961 kehrte ein Mitarbeiter der Firma Otto Junker von einem Montageeinsatz aus Indien zurück, der sich dort mit den Pocken infiziert hatte, was zunächst nicht erkannt wurde. Am 4. Februar 1962 erklärte die Weltgesundheitsorganisation den Landkreis zum Internationalen Infektionsgebiet. In der Firma Junker untersuchte Constantin Orfanos möglicherweise infizierte Mitarbeiter, die Behandlung erfolgte durch den später dafür ausgezeichneten Günter Stüttgen im Simmerather St.-Brigida-Krankenhaus. Im später als extrem mild bezeichneten Verlauf der Epidemie verstarb eine Person, weitere 37 erkrankten schwer oder mittelschwer und mehr als 700 wurden unter Quarantäne gestellt. Erst am 5. April 1962 konnten die letzten fünf Patienten als geheilt entlassen werden.[6]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauernmuseum Lammersdorf
Die Idee, in Lammersdorf/Eifel ein Heimatmuseum gründen, entstand 1983, als der Lammersdorfer Lehrer und Heimatfreund H. Jürgen Siebertz auf den Gedanken kam, möglichst viele noch erhaltene bäuerliche Gerätschaften zusammenzutragen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Innerhalb weniger Monate kamen hunderte Exponate zusammen, die vorerst Aufnahme in einem Keller und einem Lagerschuppen fanden. Ein Jahr später war es dann so weit: Am 23. September 1984 wurde das Bauernmuseum im Rahmen eines Dorffestes eröffnet.
Der Verein für Heimatgeschichte und Dorfkultur Lammersdorf e.V. ist der Betreiber des Museums. Viele ehrenamtliche Mitarbeiter und Helfer haben über viele Jahre dieses alte Eifeler Bauernhaus und die dort ausgestellten Exponate restauriert und instand gehalten. Unterhalten und finanziert wird dieses Museum durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Eintrittsgeldern und Veranstaltungen wie beispielsweise durch das alljährliche Kindertheater kurz vor Weihnachten. Die Ausstattung des Museums ist so gestaltet, als ob die Bewohner erst eben das Haus verlassen hätten, um ihrer täglichen Arbeit nach zu gehen.
Bauwerke
- Fernsehsender Monschau, auch Fernmeldeturm Lammersdorf, Fernsehsendeantenne abgebaut
- Katholische Pfarrkirche St. Johann Baptist
Veranstaltungen
- alljährliche Highland Games Nordeifel
Tourismus und Naherholung
- Durch den Ort führt der Vennbahn Rad- und Wanderweg zwischen Aachen und Ulflingen in Luxemburg,[7]
Verkehr
Die AVV-Buslinien 68 des BVR Busverkehr Rheinland sowie 86 und SB 86 des Rurtalbus verbinden Lammersdorf mit Simmerath, Vossenack und Düren. In den Nächten vor Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen sorgt eine Nachtbuslinie der ASEAG für Verbindungen aus Richtung Aachen.
Ansässige Unternehmen
Größter Arbeitgeber in der Gemeinde Simmerath ist die Firma Otto Junker GmbH mit Stammsitz in Lammersdorf.
Schulen
Lammersdorf verfügt über eine Grundschule direkt im Ort. Schülern mit Gymnasial-, Realschul- oder Hauptschulempfehlung steht die Sekundarschule Nordeifel in Simmerath zur Verfügung.
Ehrenbürger
- Nikolaus Jansen (1880–1965), römisch-katholischer Prälat und Politiker
Literatur
- H. Jürgen Siebertz: Die Geschichte der Volksschule Lammersdorf. Helios-Verlag, Aachen 2012, ISBN 978-3-86933-086-0.
- H. Jürgen Siebertz: Höhe 554 – Die Kämpfe an der ersten Westwall-Linie im Abschnitt Roetgen–Lammersdorf und um den Paustenbacher Berg Herbst 1944. Helios-Verlag, Aachen 2010, ISBN 978-3-86933-036-5.
- H. Jürgen Siebertz, Bernd Läufer: Das war Lammersdorf, Band 2: Die 1930er und 1940er Jahre. Helios-Verlag, Aachen 2009, ISBN 978-3-86933-011-2.
- H. Jürgen Siebertz, Bernd Läufer: Das war Lammersdorf, Band 1: Von den Anfängen bis in die 1920er Jahre. Helios-Verlag, Aachen 2008, ISBN 978-3-938208-81-6.
- H. Jürgen Siebertz: Die Blütezeit – Industrie, Handwerk und Geschäftsleben in Lammersdorf/Eifel. Helios-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-60-1.
- H. Jürgen Siebertz: Alles in Butter – Die 50er Jahre in Lammersdorf/Eifel. Helios-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-46-5.
- H. Jürgen Siebertz: Schwellmänn, Trevvel und Makkei – Die Nachkriegsjahre in Lammersdorf/Eifel. Helios-Verlag, Aachen 2006, ISBN 3-938208-25-2.
- H. Jürgen Siebertz: Rette sich – wer kann! Der 2. Weltkrieg in Lammersdorf/Eifel – Eine Dokumentation. Helios-Verlag, Aachen 2005, ISBN 3-938208-08-2.
- H. Jürgen Siebertz: Die Pocken, Chronologie einer Katastrophe im Monschauer Land 1962. Dokumentation. Helios-Verlag, Aachen 2011, ISBN 978-3-86933-065-5.
- H. Jürgen Siebertz: Der 2. Weltkrieg in Rollesbroich und die Jahre danach. Dokumentation, Helios-Verlag, Aachen 2013, ISBN 978-3-86933-100-3.
- Bernd Läufer: Nachrichten der merkwürdigsten Begebenheiten – Chronik der Gemeinden Lammersdorf, Zweifall und Mulartshütte 1813 bis 1851. Helios-Verlag, Aachen 2006, ISBN 3-938208-29-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Einwohnerzahlen der Gemeinde Simmerath (Hauptwohnung) bei www.simmerath.de
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 309.
- Lammersdorf auf der Website des Geschichtsvereins Monschauer Land (mit weiteren Literaturangaben), gesehen am 15. April 2021
- [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=http://www.archive.nrw.de/Kommunalarchive/KommunalarchiveQ-T/S/Simmerath/InformationenUndService/AllgemeineInformationen/Verwaltungszugehoerigkeit.html Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: [http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/http://www.archive.nrw.de/Kommunalarchive/KommunalarchiveQ-T/S/Simmerath/InformationenUndService/AllgemeineInformationen/Verwaltungszugehoerigkeit.html Archive in NRW – Verwaltungszugehörigkeit Gemeinde Simmerath]
- Bettina Blank: Die westdeutschen Länder und die Entstehung der Bundesrepublik, München 1995, S. 220 (online)
- Steffen Kopetzky: Epidemie in der Eifel: Die Attacke der gefährlichen Pocken. In: Spiegel Online. 26. März 2020, abgerufen am 26. März 2020.
- Radtour auf der Vennbahn-Route: Drei Tage, drei Länder. In: Spiegel Online. 19. Juni 2015 (spiegel.de [abgerufen am 14. März 2018]).