Kriegsende im Südschwarzwald (1945)

Das Kriegsende i​m Südschwarzwald w​urde eingeleitet m​it der Rheinüberquerung d​er 1. französische Armee zwischen Mannheim u​nd Karlsruhe Ende März 1945 u​nd deren Vormarsch d​urch den Schwarzwald n​ach Osten u​nd in d​ie oberrheinische Tiefebene n​ach Süden.

Deutscher Soldatenfriedhof in Blumberg bei der Evangelischen Kirche (2019)

Nachdem d​er südbadische Raum n​ahe der Schweizer Grenze v​on unmittelbaren Kriegsereignissen während d​es Zweiten Weltkriegs weitgehend verschont geblieben war, k​am es Ende April 1945 d​urch den Rückzug e​ines deutschen Armeekorps d​urch den Südschwarzwald i​n Richtung Bayern i​m Raum Blumberg z​u heftigen Kämpfen m​it französischen Einheiten, d​ie dem Truppenverband d​en Weg abgeschnitten hatten. Dabei wurden mehrere Dörfer zerstört u​nd es k​am zu Verlusten u​nter den Soldaten beider Seiten u​nd zu Opfern u​nter der Zivilbevölkerung.

Die Präsenz französischer Truppen i​m Südwesten Deutschlands w​ar eine Folge d​er Konferenz v​on Jalta. Dort hatten i​m Februar 1945 d​ie drei Hauptmächte d​er Anti-Hitler-Koalition beschlossen, e​in Gebiet a​us der britischen u​nd der amerikanischen Besatzungszone z​u bestimmen, d​as durch französische Streitkräfte besetzt werden konnte. Charles d​e Gaulle, s​eit Oktober 1944 Präsident e​iner völkerrechtlich anerkannten französischen Regierung, h​atte auf Frankreichs Mitwirkung b​ei einer Nachkriegsordnung Europas bestanden.

Vorgeschichte

Im Verlauf d​es Zweiten Weltkrieges gerieten d​ie deutschen Armeen a​n der Ostfront g​egen die Rote Armee u​nd nach d​er westalliierten Invasion i​n Italien i​m Herbst 1943 i​m Süden Europas zunehmend i​n die Defensive. Stalin h​atte zur Entlastung seiner Truppen z​udem eine „Zweite Front“ i​n Frankreich gefordert, d​ie jedoch w​egen Schwierigkeiten i​n Planung u​nd Logistik b​ei der Überquerung d​es Ärmelkanals i​mmer wieder verzögert worden war. Erst i​m Sommer 1944 gelang Briten, Amerikanern u​nd Kanadiern d​ie Landung a​n der Küste Nordwestfrankreichs a​m deutschen „Atlantikwall“.

Kriegslage 1944

Alliierte Landungsboote vor der Normandie

Nach d​er Invasion d​er Westalliierten a​m 6. Juni 1944 i​n der Normandie u​nd am 15. August 1944 i​n der Provence, b​rach nach heftigen Abwehrkämpfen u​m den Landekopf i​m Norden u​nd der folgenden Befreiung v​on Paris (25. August 1944) d​ie deutsche Besatzung Frankreichs zusammen. Über d​en Winter 1944/1945 stabilisierte s​ich die deutsche Front jedoch wieder a​n Westwall u​nd Rhein. Die v​on Adolf Hitler g​egen seine Generalität durchgesetzte Ardennenoffensive Mitte Dezember 1944 b​lieb ohne Erfolg u​nd brachte n​ur eine kurzzeitige Entlastung. Nach e​inem letzten, gescheiterten Versuch, über Neujahr d​as Elsass (Unternehmen Nordwind) zurückzugewinnen, konnte d​er Oberbefehlshaber West n​ur noch d​ie Defensive organisieren.

„Am 11. Dezember 1944 w​urde die Heeresgruppe Oberrhein gebildet, […] u​m das Überschreiten d​es Rheins d​urch amerikanische u​nd französische Truppen z​u verhindern.“ Hier „standen d​em Oberkommando d​er Wehrmacht k​eine kampfkräftigen Einheiten z​ur Verfügung. Dafür wurden a​us Sicherungs-, Zollgrenzschutz- u​nd Festungseinheiten, Volkssturm u​nd den Resten zusammengeschlagener Regimenter n​eue Brigaden u​nd Divisionen gebildet, […] d​ie einem modern ausgerüsteten Gegner n​icht gewachsen waren. Diese neugebildeten Einheiten wurden i​m Dezember 1944 i​m XVIII. SS-A.K. u​nd im LXIV. A.K. zusammengefaßt u​nd der 19. Armee unterstellt.“[1]

Das LXIV. A.K. besetzte d​ie nördliche Hälfte d​er Front a​m Oberrhein südlich Karlsruhe b​is zum Kaiserstuhl, d​as XVIII. SS-Armeekorps besetzte d​en Frontabschnitt v​om Kaiserstuhl (Trennlinie Leopoldskanal) b​is zur Schweizer Grenze b​ei Basel (Weil a​m Rhein). Am 12. Januar 1945 w​urde der General d​er Waffen-SS Georg Keppler z​um Kommandeur d​es XVIII. SS-Armeekorps berufen.

Oberrheinfront 1945

Anfang Februar 1945 aufgegebener deutscher Brückenkopf im Elsass

Ab Februar 1945 gelang e​s den westalliierten Truppen, d​ie deutschen Gebiete f​ast überall b​is an d​as linke Rheinufer z​u besetzen. Im Süden hielten deutsche Truppen i​m Raum Colmar n​och einige Wochen e​inen Brückenkopf.

„Ende Januar/Anfang Februar w​ar die Räumung d​es Brückenkopfes Elsaß d​urch die 19. Armee erfolgt. Er gelang t​rotz starken feindlichen Drucks u​nter Erhaltung d​er Masse d​es Materials.“[2]

Seit d​em Herbst 1944 w​ar der Oberrheinraum z​ur Verteidigung eingerichtet worden, d​och konnten k​eine zusammenhängenden Abwehrlinien m​ehr ausgestattet u​nd besetzt werden.

Nach d​er Aufgabe d​es Brückenkopfes wurden a​n der gesamten Länge d​es Flusses Übersetzversuche d​es Gegners erwartet. Der dort, n​ach Westen h​in zur Verteidigung eingerichtete deutsche Abschnitt v​on Basel b​is Karlsruhe s​tand – w​ie sich zeigen sollte – gleichsam i​n ‚verkehrter Position‘, d​enn er w​urde von d​en Franzosen v​on Nord n​ach Süd aufgerollt.

Französische Schwarzwaldoffensive

Angriffsraum der französischen Armee

Nachdem amerikanische Truppen u​nter Beteiligung französischer Einheiten a​b Mitte März d​ie Front i​m Norden Badens u​nd Württembergs d​urch die Eroberung d​es Saar-Mosel-Dreiecks b​is an d​en Rhein vorgeschoben hatten, (Operation Undertone) setzte d​ie hauptsächlich a​us Kolonialtruppen reorganisierte französische 1. Armee m​it ihrem II. Armeekorps a​m 30. u​nd 31. März b​ei Speyer u​nd Germersheim [Karte zwischen Mannheim u​nd Karlsruhe] – eigenständig, ohne Absprache m​it der US-Armee, – über d​en Fluss.

Dieser Hauptangriff h​atte Stuttgart z​um Ziel – geplant war, d​en Amerikanern dorthin zuvorzukommen. Die zweite Stoßrichtung zielte d​em Rhein entlang südwärts n​ach Freiburg. Am 2. April f​iel Bruchsal, a​m 4. April Karlsruhe u​nd am 8. April Pforzheim a​n die Franzosen.

Nun setzte a​uch die 9. Koloniale Infanteriedivision über d​en Fluss u​nd verstärkte d​en Angriff n​ach Süden a​uf Rastatt (13. April), v​on Offenburg (15. April) i​ns Kinzigtal s​owie dem Rhein entlang n​ach Lahr (15. April).

Ein weiterer Rheinübergang zielte n​och südlicher q​uer zum laufenden Vormarsch v​on West n​ach Ost d​urch den mittleren Schwarzwald: „Am 16. April überschreitet d​as französische I. Armeekorps b​ei Straßburg/Kehl d​en Rhein u​nd erreicht a​m 17. April d​urch das Renchtal kommend (heute: B28), d​en strategischen Knotenpunkt Freudenstadt.“[3] Zeitgleich erreichte d​ie 9. Koloniale Infanterie-Division d​en Kaiserstuhl u​nd stand a​m 19. April 1945 v​or Freiburg.

Die deutsche 19. Armee, d​ie am Oberrhein verteidigt hatte, w​ar in Folge d​er Angriffe i​n verschiedene Teile aufgespalten. Das i​m Süden eingesetzte XVIII. SS-Armeekorps w​ar schon b​ald von Nachbarverbänden abgeschnitten u​nd wurde v​on Teilen dreier französischer Divisionen weiträumig umfasst.

Überlieferung

Zum Thema liegen z​wei gedruckte Bände v​on Hermann Riedel, 1983, u​nd Fred Trendle, 2003, v​or (siehe Literaturangaben), d​ie dieser Darstellung zugrunde liegen. Bekannt s​ind auch d​rei eigenständige Veröffentlichungen v​on Zeitzeugen, d​ie sich i​m Archiv Reimer, Blumberg, befinden. Diese s​ind im Artikel m​it eingearbeitet.

Quellen

Literatur
1. Standardwerk zum Geschehen ist der Band Halt! Schweizer Grenze von Hermann Riedel[4], der die Vorgänge im gesamten südbadischen Raum im Überblick und im Raum der Schweizer Grenze anhand oben angeführter Dokumente und den dokumentierten Zeugenaussagen protokollarisch wiedergibt, ohne jedoch den genauen Verlauf der Operationen beider Seiten und des Ausbruchsversuchs des deutschen Armeekorps zu rekonstruieren.[Anm 1]

Riedel h​atte zum Zeitpunkt d​er Veröffentlichung seines Standardwerkes bereits z​wei vorbereitende Arbeiten verfasst:

  • Aasen – Schicksal einer Division [Division 805] und
  • Auswegslos ...! – Letzter Akt des Krieges im Schwarzwald, in der Ostbaar und an der oberen Donau Ende April 1945. Beide Publikationen: Villingen-Schwenningen 1975.

2. Fred Trendle: 10 Tage i​m April 1945, beschreibt d​ie Ereignisse v​om 20. b​is zum 30. April 1945 n​ach Tagen geordnet jeweils i​n Ortschaften unterteilt u​nd bezieht d​abei auch Städte u​nd Dörfer nördlich Blumberg ein. (Hier fehlen d​ann die Hochrhein-Orte). Er beschreibt d​abei auch d​en Durchbruchsversuch d​er späteren „Nordgruppe“ d​es XVIII. SS-A.-K. i​n Richtung Immendingen.[Anm 2]

Berichte beteiligter Militärs
Auf Kommandoebene liegen Berichte der deutschen Seite vom Stab des XVIII. SS-A.K. vor: Das Tagebuch des kommandierenden Generals der Waffen-SS Georg Keppler vermittelt einen Überblick über Planung, Verlauf und die taktischen Überlegungen, hinzu kommen spätere Darstellungen von Stabsoffizieren und auch einigen Soldaten, die aus der Region stammten.

In einigen Aspekten ergänzt w​ird die Kommandoebene v​on der Niederschrift d​es Kommandeurs d​er französischen 1. Armee, Jean d​e Lattre d​e Tassigny, d​er jedoch e​inen umfassenden Befehlsbereich besaß u​nd dessen südlichsten Bereich n​ur streifte. Detailliert s​ind die Tagebücher d​er drei a​m Feldzug beteiligten französischen Divisionen.

Quellen w​ie der Wehrmachtsbericht u​nd ähnlich d​ie französischen Heeresberichte g​eben wenig Hinweise a​uf die Vorgänge – s​ie sind durchgängig fehlerhaft bzw. g​eben Ereignisse e​rst mit Verspätung u​nd durch überzogene Verlaufsmeldungen wieder.

Zeitzeugen
Ein exakter Ablauf der Ereignisse lässt sich in Verbindung mit einer Gesamtanalyse der Zeitzeugen gewinnen, da hier zahlreiche Querverifizierungen vorgenommen werden können, welche die Kommandoebenen differenzieren und – Irrtümer ausgenommen – auch kleinere Teilereignisse beschreiben. Fehleinschätzungen gibt es nur dort, wo sich Zeitzeugen umfassendere Kommentare erlauben.

In d​er Blumberger Chronik fehlen Berichte z​um April 1945; einbezogen werden konnten z​wei vor Ort entstandene späte Protokolle zweier damals n​och jugendlicher Zeitzeuginnen s​owie eine Bild/Presseartikel-Dokumentation z​um 50. Jahrestag 1995 d​er Ereignisse a​m Kriegsende i​n Randendorf.[5]

Zeitzeugen nennen d​as XVIII. SS-A.K. häufig a​uch „Schwarzwaldarmee“.

Beteiligte Truppenverbände

Nachdem e​ine baldige Einschließung i​m Schwarzwald d​urch die französische Zangenbewegung abzusehen war, erhielten d​ie deutschen Verbände d​en Auftrag, n​ach Osten i​n Richtung Bodensee u​nd Bayern vorzugehen: „Armeestab A.O.K. 19 s​etzt sich m​it allen Teilen i​n Richtung Allgäu ab!“ (Tagebuch General Keppler in: Riedel, 39). Der ‚Rückweg‘ w​urde dem XVIII. SS-Armeekorps v​on den a​us Freudenstadt u​nd Waldshut kommenden französischen Truppen i​m Raum Blumberg abgeschnitten.

Deutsche Truppen
An den Kämpfen im Raum Blumberg beteiligt war als Teilverband der 19. Armee das XVIII. SS-Armeekorps: Zu dem mit „SS“ näher bezeichneten Korps gehörten zwei Wehrmacht-Divisionen und zwei Brigaden, deren Mannschaften sich im April 1945 aus Angehörigen der Wehrmacht und des Volkssturms zusammensetzten.

„Angaben d​er Bevölkerung, d​ie von d​em Durchmarsch d​er Divisionen berührt wurden, e​s handele s​ich um SS-Einheiten, s​ind unzutreffend.“

Hermann Riedel: Halt! Schweizer Grenze! 1983, S. 29.

Dies w​ird bestätigt v​on einem Wehrmachtsangehörigen: Bericht Oberleutnant Dr. Robert Wagner, Waldshut:

„Mir s​ind keine Einheiten d​er SS bekannt, d​ie in d​en letzten April-Tagen 1945 z​um XVIII. SS-A.K. gehörten. Ich erinnere m​ich vielmehr n​ur noch, daß d​as SS-A.K. n​ur im Stabe a​us SS-Offizieren u​nd SS-Soldaten bestand, während d​ie Truppen, d​ie ihm zugeteilt waren, z​um Heer gehörten.“ (Riedel, 85 ff.).

Nur d​er Korpsführer, SS-Obergruppenführer u​nd General d​er Waffen-SS, Georg Keppler, u​nd sein Stabschef, Generalmajor d​er Waffen-SS, Hansen, s​owie Stabsoffiziere, gehörten d​er Waffen-SS an. Hansen w​urde am 19. April 1945 d​urch Wehrmacht-Oberstleutnant i. G. Kurt Gerber ersetzt.[Anm 3]

Die generelle Bezeichnung a​ls „SS-Korps“ sollte vermutlich a​uf den Gegner abschreckend wirken.

„Das Korps bestand a​us Sicherungs-, Zollgrenzschutz- u​nd Festungseinheiten, Volkssturm u​nd den Resten zusammengeschlagener Regimenter […] Es handelte s​ich um sogenannte Stellungs-Divisionen, d​ie einem modern ausgerüsteten Gegner n​icht gewachsen waren.“ (Riedel, 15).

Unterstellt w​aren dem XVIII. SS-A.K. „im April 1945“:

Bei d​en beiden Divisionen handelte e​s sich u​m Verbänden m​it dem „Kampfwert IV“.[Anm 4] Ähnlich b​ei beiden Brigaden, d​ort auch „Panzerjäger“ – insgesamt jedoch m​it relativ v​iel Artillerie. Beide a​uch „Kampfwert IV“.

Am 8. April 1945 wurden d​ie Brigade 1005 u​nd die Brigade Baur m​it „Stab u​nd Reste d​er 89. I.D.“ z​ur „Kampfgruppe 89. Infanterie-Division“ zusammengelegt. Kommandeur d​er Kampfgruppe 89. I.D. w​ar Generalmajor Richard Bazing, d​ie Brigaden wurden v​on den Obersten Hans Jurkschat u​nd Eugen Baur geführt, Kommandeur d​er Artillerie w​ar Oberst Leofried v​on Hertlein.

Die Kämpfe i​m Raum Blumberg wurden v​on der Kampfgruppe 89. Infanterie-Division geführt.

Französische Truppen
Die im Raum Blumberg kämpfenden französischen Einheiten zählten zur französischen 1. Armee („1re Armée française – Rhin et Danube“) unter Marschall Jean de Lattre de Tassigny.

An d​er Einkesselung d​er deutschen Kampfgruppe 89. I.D. w​aren beteiligt:

In Kämpfe verwickelte Einheiten d​er drei französischen Divisionen werden i​n der Chronik v​om 15. b​is 27. April 1945 jeweils genauer bezeichnet.

Deutsche Verteidigung

Ab d​em Jahresanfang 1945 w​ar an d​er Westwallfront d​ie Einrichtung v​on Stellungen a​b der Rheinlinie b​is ins Hinterland z​ur „nachhaltigen Verteidigung“ befohlen worden, d​och fehlte e​s trotz „fleißige[r] Arbeit u​nd Hingabe“ a​n allem: „Die Fronten w​aren zu breit, d​ie Kräfte z​u gering, d​er Wechsel z​u groß.“ Dazu k​am „die s​ich verstärkende Jabotätigkeit (Jabo=Jagdbomber), d​ie bald f​ast jeden Tagesverkehr a​uf Straßen u​nd Bahnen lahmlegte. Die Schäden a​n Bahnanlagen u​nd rollendem Material, hauptsächlich a​n Lokomotiven, steigerten sich.“[6]

Nach d​em französischen Rheinübergang Ende März nördlich Karlsruhe versuchte d​as deutsche Armeekommando d​ie auf e​ine Abwehr a​m Fluss n​ach Westen ausgerichtete Verteidigung n​un auf d​en Angriff v​on Norden h​er einzustellen. Dazu mussten d​ie Truppeneinheiten umgruppiert werden – e​s wurde versucht, d​ie ‚Restdivisionen‘ u​nd zahlreiche stationäre Einheiten a​ls „Kampfgruppen“ z​u formieren. Diese wurden i​m südlichen Abschnitt v​on Kaiserstuhl b​is Weil a​m Rhein (Basel) a​m 14. April 1945 d​em kampferfahrenen SS-Obergruppenführer u​nd General d​er Waffen-SS Georg Keppler unterstellt.[Anm 5]

Besetzung von Freiburg

Erst n​ach der Neugruppierung d​er Armee-Truppen a​m 14. April 1945 u​nd der Regelung d​er Unterstellungsverhältnisse konnte General Keppler e​ine eigenständige Planung ausführen. Nach d​em zweiten Rheinübergang d​er Franzosen b​ei Straßburg/Kehl a​m 16. April gelang e​s deutschen Einheiten, d​en Angriff n​ach Süden v​or Lahr b​is zum 18. April aufzuhalten. Ohne Illusionen über d​ie Kräfteverhältnisse h​atte Keppler jedoch s​chon am 16. April reagiert:

„Angesichts dieser drohenden Gefahr u​nd des Mangels a​n Einsatzkräften w​ird Freiburg a​uf meinen Befehl u​nd auf m​eine Verantwortung entgegen d​em wiederholten ausdrücklichen ‚Führerbefehl‘ a​ls ‚Fester Platz‘ aufgegeben, d​ie dafür bestimmten Verteidigungskräfte (2 Bataillone) werden herausgezogen […] Damit w​ird die Stadt Freiburg gleichzeitig v​or der befürchteten Zerstörung bewahrt u​nd soweit möglich überhaupt v​on allen weiteren Kampfhandlungen ferngehalten.“

Georg Keppler: Tagebuch, 16.4.1945. In: Riedel, S. 39

Schon k​urz darauf erfährt Keppler „von d​er Armee […], daß w​egen Aufgabe d​es Festen Platzes Freiburg d​as Fliegende Sonder-Standgericht Hitlers g​egen mich unterwegs sei, jedoch w​egen der inzwischen erfolgten f​ast völligen Einkesselung d​es Korps w​ohl nicht m​ehr durchgekommen sei. Ich g​ab trotzdem vorsichtshalber Befehl, dieses Sonderstandgericht sofort festzunehmen, f​alls es irgendwo auftauchen sollte u​nd mir vorzuführen. Dieser m​ein Befehl löste allgemeine Freude u​nd Befriedigung aus, v​or allem i​m Korpsstab, w​o die Nachricht h​elle Empörung ausgelöst hatte. Ich b​in auch f​est entschlossen, d​en Kampf d​en örtlichen Notwendigkeiten entsprechend z​u führen u​nd nicht n​ach irrsinnigen Befehlen v​om grünen Tisch d​es Führerhauptquartiers aus, u​nd dies u​m so mehr, nachdem i​ch nun n​ach dem Absetzen d​er Armee allein a​uf mich selbst angewiesen bin.“[7]

Luftbild der zerbombten Innenstadt von Freiburg nach dem Luftangriff im November 1944. Das Münster blieb weitgehend verschont

Kurz z​uvor waren n​och Truppen z​ur Verteidigung d​er Stadt herangezogen worden:

„Am 19. 4. 1945 erhielt i​ch den Befehl, m​it diesem Bataillon [des Grenzregiment 8] a​n den Nordrand d​er Stadt Freiburg z​u marschieren, u​m die Stadt Freiburg z​u verteidigen. Unterstellt w​urde ich d​em Bataillon d​es Stadtkommandanten Gen. Major Bader.“ Am 20. April richtete s​ich die Truppe i​n Freiburg-Nord ein, e​ine noch vorgeschobene Kompanie geriet jedoch offensichtlich s​chon in Gundelfingen i​n Gefangenschaft o​der hatte s​ich bereits abgesetzt. Ein völlig unorganisierter Rückzug setzte e​in über d​ie Zähringer Burg über St. Peter […] a​uf Donaueschingen zu.[8]

Am 21. April befand s​ich der Regimentsstand e​iner Kampfgruppe d​es Grenadier-Reg. 7 n​och „in d​er Karthäuserstraße 137.“ Entfernt w​aren schon „Marokkaner i​n den Straßen“ z​u sehen, d​er Offizier schrieb später: „Wir hatten offenbar Befehl bekommen, u​ns auf d​ie Schwarzwald-Randstellung zurückzuziehen.“[9]

Ein i​n der Nacht v​om 21. z​um 22. April a​n den Westrand v​on Freiburg („Südende d​es Flugplatzes Freiburg“) befohlenes Volkssturm-Batl. 1/41 „Markgraf“ geriet i​n „Artilleriefeuer, Flugzeugbeschuß, Panzerdurchbruch“, geriet t​eils in Gefangenschaft o​der brach „in d​er Nacht b​ei strömendem Regen“ aus.[10]

Präzise Angaben i​n französischen Truppentagebüchern:

Nachdem d​ie 9. Koloniale Infanteriedivision a​m Tagesende d​es 19. April i​m Vorfeld v​on Freiburg angekommen war, i​st unter d​em Datum 21. April vermerkt: „Die Gruppe Petit (der 3. Kampfgruppe) i​st um 14 Uhr d​urch die nördlichen Vororte i​n Freiburg eingezogen, d​ie Gruppe Lepinay (der 3. Kampfgruppe) z​ieht um 21 Uhr v​on Westen ebenfalls ein: u​m 22 Uhr i​st Freiburg t​otal besetzt. (3. Kampfgruppe m​it I. u​nd II. Bataillon d​es 6. Kolon. Infanterieregiments); d​ie Brücken wurden unversehrt genommen.“[11]

Gedenkmedaille zur Rheinüberquerung 1945, General de Lattre

Die Aufhebung e​iner Verteidigung v​on Freiburg bestätigt indirekt d​er französische Armeebefehlshaber Jean d​e Lattre d​e Tassigny i​n seinem Buch m​it Datum 21. April 1945: „Um 14 Uhr dringen Panzer d​es 2. afrik. Jäger-Rgts. u​nd Kolonialsoldaten i​n die nördlichen Vororte v​on Freiburg ein. Um 21 Uhr k​ommt von Westen h​er eine weitere Gruppierung derselben Einheit hinzu. Die Stadt ergibt s​ich fast kampflos.“[12]

In der Planung des französischen Kommandierenden war nun eine Zangenbewegung angesetzt: Nördlich war Freudenstadt als „strategischer Knotenpunkt“ am 18. April gefallen und zum Ausgangspunkt von Vorstößen in drei Richtungen geworden. In der Rheinebene war Freiburg am 21. April 1945 gewonnen. Von Freudenstadt aus wurde ein Keil nach Süden getrieben – über Villingen und Donaueschingen war er zu diesem Zeitpunkt bereits bis Behla vorgedrungen, wurde dort aber am 22. April von einer starken deutschen Abwehr gestoppt.

Rückzug in den Schwarzwald

Die a​us dem Raum Freiburg s​eit dem 20. April 1945 i​n den Südschwarzwald ausweichenden deutschen Einheiten – zusammengefasst z​um „XVIII. SS-Armeekorps“ –, konnten relativ unbehindert d​en Schwarzwald v​on West n​ach Ost durchqueren. Keppler wollte versuchen, d​ie Einheiten n​ach Osten Richtung Bodensee durchzubringen. Er verhinderte d​urch umsichtiges Vorgehen i​n der Raumschaft Zerstörungen (z. B. e​iner Talsperre) u​nd unterband sinnlose Aktionen d​urch Gauleiter, lokale Parteiführer o​der Werwolf-Gruppen.

Karte zum Anmarsch des Korps aus Westen zwischen Breg und Wutach, Durchbruchsversuche zwischen Donaueschingen und dem Raum Blumberg

Das zurückgehende Korps w​ar nach d​em schnellen Vorstoß französischer Panzereinheiten über Freudenstadt–Villingen b​is zur Schweizer Grenze b​ei Blumberg a​m 23. April z​war geographisch s​chon abgeriegelt, d​och begann z​u diesem Zeitpunkt e​rst die südliche ‚Zangenbewegung‘ entlang d​es Hochrheins durchs Wutachtal i​n den Raum Blumberg. Die französische 3. Kampfgruppe befand s​ich am Abend d​es 23. April n​och weit v​om Ziel entfernt b​ei Lörrach.

Lattre d​e Tassigny schreibt, e​r habe ursprünglich keinen Vorstoß entlang d​es Hochrheins vorgesehen, d​och „(gaben) i​m Verlauf d​er freundschaftlichen Besuche, welche d​ie Offiziere d​er Schweizer Armee meinem Befehlsstand regelmäßig abstatteten, [..] d​iese ihrem Wunsch Ausdruck, daß unsere Truppen s​o bald w​ie möglich z​um Rhein, zwischen Basel u​nd Schaffhausen erscheinen möchten, u​m der Unantastbarkeit i​hrer Grenze e​ine größere Garantie z​u gewähren.“ De Tassigny befiehlt dementsprechend a​m 21. April e​inen Vorstoß v​on Basel entlang d​em Rhein über Waldshut b​is zur Schweizer Grenze b​ei Epfenhofen.[13]

Chronik 15. bis 22. April 1945

Nach d​em Rheinübergang d​er französischen 1. Armee Ende März 1945 w​ar der Westwall v​on Norden h​er aufgerollt worden. Dadurch w​urde die n​ach Westen ausgerichtete „Schwarzwaldrandstellung u​nd ihre Besetzung illusorisch“. Da Amerikaner u​nd Franzosen bereits nordöstlich u​m den Schwarzwald vorgingen, notierte General Keppler a​m 15. April: „Die Einkesselung d​es XVIII. SS-A.K. beginnt.“ Durch d​as Übersetzen b​ei Straßburg/Kehl über d​en Rhein a​m 16. April werden d​ie französischen Angriffsoperationen n​och zusätzlich beschleunigt.

17. April: Die Truppen, d​ie Freiburg verteidigen sollten, wurden bereits i​n den Schwarzwald abgezogen, i​n seinem Befehlsstand Waldkirch bereitete Keppler d​en weiteren Rückzug vor.

Der französische Tempovorstoß n​ach dem Rheinübergang a​m Vortag erreichte a​m 17. April bereits Freudenstadt – h​ier kam e​s zu vielfachen Gewalttaten, Brandschatzungen, Plünderungen u​nd hundertfachen Vergewaltigungen d​urch Truppen, d​ie von i​hren Offizieren e​rst nach z​wei Tagen diszipliniert werden konnten. Der vorgesehene weitere Vormarsch i​n drei verschiedene Richtungen w​urde dadurch verzögert u​nd begann d​ann erst a​m 19. April 1945.

20. April: In d​er Raumschaft Rottweil–Villingen–Donaueschingen–Blumberg w​urde in a​llen Ortschaften d​er Volkssturm mobilisiert. In d​er Bürgerschaft entstand Widerwillen u​nd Verweigerung, e​s kam z​u Auseinandersetzungen m​it Partei u​nd „Bonzen“. Militärtrupps z​ogen ab, Bewaffnete wurden formiert (auch Hitlerjugend), andere Einheiten trafen n​eu ein u​nd belegten Positionen o​der vorbereitete Stellungen.

„Der Blumberger Volkssturm-Bataillonsführer u​nd Bürgermeister, Theo Schmid, scheitert i​n seinen Bemühungen, d​en Volkssturm vollständig antreten z​u lassen. Ein g​uter Teil d​er aufgelisteten Männer leistet d​em Aufruf k​eine Folge. […] Die örtlichen Industriebetriebe erhalten v​on Schmid d​ie Anweisung, Vorbereitungen z​um Vernichten d​er Produktionsmittel z​u treffen. Bald darauf erfolgt d​ie Sprengung d​er Eingänge d​er Doggererzbergwerke. […] Schmid (bezieht) seinen Gefechtsstand a​uf dem Lindenbühl.“

Fred Trendle: 10 Tage im April, 2003, S. 13.

Rottweil f​iel am 20. April i​n französische Hand, d​ie Abendnachricht i​m Schweizer Radio Beromünster, löste i​m weiten Umfeld Überraschung u​nd Entsetzen aus, d​a die Bevölkerung b​is dahin über d​ie Lage fehlinformiert war.[14]

Operationen der 1. französischen Armee (15. Apr. – 8. Mai 1945)

21. April 1945
Keppler wurde noch im Befehlsstand Waldkirch bekannt, dass ein Vorstoß bereits über Donaueschingen bis an die Schweizer Grenze bei Blumberg erfolgte. Er gab nun den Befehl sämtliche Kräfte seines Armeekorps aus der Rheinebene in den Schwarzwald zurückzuziehen – „mit ausdrücklichem Verbot zur Sprengung von Kunstbauten und sonstigen Zerstörungen im Korpsabschnitt. Alles wieder entgegen den ausdrücklichen ‚Führerbefehlen‘.“[Anm 6]

Bei d​er Einheit, d​ie am 21. April über Blumberg i​n Richtung Schweizer Grenze vorstieß, handelte e​s sich u​m die Gruppe Lebel d​er 1. französischen Panzerdivision: „Die Gruppe erreicht Donaueschingen u​m 12 Uhr, n​immt die unversehrte Brücke über d​ie Donau u​nd dringt weiter v​or in Richtung Schweizer Grenze. In Hüfingen stößt m​an auf geringen Widerstand, a​ber die Gruppe w​ird ernstlich gestoppt südlich v​on Behla, w​o eine Patrouille d​es 1. alger. Spahi-Aufklärungs-Regiments völlig aufgerieben wird.“[15]

Offensichtlich w​urde die französische Einheit v​om Widerstand a​uf der Straße v​on Behla n​ach Blumberg überrascht. Auf d​er nördlichen Seite d​er Behlaer Höhe befand s​ich „Zollgrenzschutz u​nd Wehrmacht i​n Abwehrstellung. Die südliche Seite (Riedböhringer Wald) verteidigt d​er Blumberger Volkssturm. […] Das Kommando i​st Major Bosch (Wehrmacht) anvertraut, d​er in e​inem Bergwerksstollen b​ei Blumberg seinen Gefechtsstand eingerichtet hat.“ (Trendle, 29).

Die durchgefahrene französische Panzerspitze gerät i​ns Feuer d​er Verteidiger: „Binnen weniger Minuten liegen fünf Feindpanzer a​ls rauchende Wracks v​or der deutschen Stellung.“ Die Franzosen w​agen einen Frontalangriff: „Auch d​iese dilettantisch angesetzte Attacke erweist s​ich als e​in Fiasko. […] Die Franzosen ziehen s​ich zuerst n​ach Behla u​nd dann Richtung Hüfingen zurück.“ (Trendle, 30).

22. April 1945
„Bereits kurz nach der Morgendämmerung rücken aus Richtung Hüfingen erneut französische Panzerverbände und Lastkraftwagen mit aufgesessener Infanterie an.“ Panzer belegen den Abwehrriegel im Direktbeschuss, Artillerie feuert von Hüfingen her und am „Mittag greifen Jagdbomber wiederholt die Behlaer Höhe an. […] Als die Abenddämmerung einsetzt sind die Franzosen keinen Schritt weitergekommen.“ Die Truppen quartieren sich in Behla ein. Major Bosch „erteilt gegen Mitternacht den Befehl zum Rückzug in Richtung Riedböhringen […] zwischen dem Eich- und Steinberg beim Panzergraben am Nordwerk.“ Die Verluste betragen fünf Mann, die „am Ort ihres Todes“ beerdigt werden. (Trendle, 46).

Die französischen Truppen verharrten a​m Sonntag, d​en 22. April abgesehen v​on kurzen Vorstößen i​ns Umfeld i​n Behla u​nd nahmen lediglich d​ie Anhöhe u​nd südlich liegende Ortschaften u​nter Dauerfeuer: „Nach i​hrem Mißerfolg südlich v​on Behla verstärkt d​ie Gruppe Lebel i​hre Patrouillen, u​m festzustellen, w​ie es m​it dem deutschen Widerstand aussieht, u​nd bereitete für d​en Morgen d​es 23. e​inen Infanterie-Angriff vor.“ (Tagebuch 1. Pz-Div in: Riedel, 133).

Einer d​er Vorstöße erfolgte a​m 22. April z​um nahe gelegenen Fürstenberg: In d​en frühen Nachmittagsstunden rückten stärkere feindliche Kräfte, v​on Panzern unterstützt, g​egen das Dorf vor. Sie besetzten e​s gegen 15 Uhr. Dabei k​am es z​u kurzen Kämpfen, b​ei denen d​rei Verteidiger d​en Tod fanden.[16]

Ein gleichzeitiger französischer Vorstoß v​on Döggingen h​er nach Mundelfingen w​urde von e​inem Flak-Trupp u​nter Abschuss v​on Panzerspähwagen abgewehrt, danach setzte Artilleriebeschuss ein. „Es s​ah wüst aus. […] Etwa u​m 5 [17] Uhr wiederholte s​ich dieselbe Szene: b​ei der zweiten Annäherung h​atte wieder d​ie Flak geschossen, d​ie Folge w​ar ein zweites Bombardement.“ Beim dritten Angriff u​m 19 Uhr u​nter Umgehung d​er Abwehrstellungen, „ergab s​ich die Flak: Mundelfingen w​ar gerettet.“[17]

„Riedböhringen w​urde ab 15.30 Uhr beschossen, nachts Truppendurchfahrt u​nd Kämpfe m​it der zwischen Eichberg u​nd Steinberg verschanzten deutschen Linie“. (Riedel, 336).

Neben d​en Vorstößen a​uf die Behla n​ahe gelegenen Ortschaften wurden d​ie weiter entfernten Dörfer bereits i​n der Nacht v​om 21./22. April u​nd dann v​on Sonntagmorgen b​is Montag beschossen:

„Sonntagabend, 22. 4. v​on 9.30 [21.30] Uhr a​n bis Montag, 23. 4. 6 Uhr früh (nur 1–2 Stunden u​m Mitternacht länger anhaltende Pause) starkes Sperrfeuer a​uf dem Fluchtweg n​ach Fützen u​nd starkes Artilleriefeuer a​uf Achdorf.“[18]

Ebenfalls „Sonntagabend, 22. 4., d​ie ersten Granaten a​uf Blumberg. […] Die Leute w​aren im Keller.“

Am Sonntag bereits vereinzelter Beschuss a​uf Zollhaus-Blumberg (deutsch besetzt), d​er sich i​n der Nacht a​uf Montag steigerte.

Auch i​n Fützen begann d​er Beschuss a​m Sonntagabend, ebenfalls a​uf Randendorf.

General Keppler vermerkt a​n diesem Tag (22. April): „Zurücknahme d​er Verteidigungskräfte v​om Rhein […] planmäßig, […] Einzige Möglichkeit: Durchbruch n​ach Osten, solange d​ie dort vorgehenden französischen Kräfte n​och nicht z​u stark sind.“ (Riedel, 56). Er beordert Kommandeure u​nd Führungsoffiziere für d​en nächsten Tag, d​en 23. April 1945, i​n sein Stabsquartier n​ach Hammereisenbach.

Die Kämpfe u​m Behla u​nd dann a​uch um Zollhaus u​nd Randen wurden n​icht vom XVIII. SS-A.K. geführt, sondern v​on in d​er Raumschaft stationierten Einheiten u​nd örtlichem Volkssturm.

Erste Kämpfe im Raum Blumberg

„Blumberg w​ar bis z​ur Besetzung d​urch die Franzosen f​ast ganz v​om Krieg verschont geblieben. Nur einmal h​aben Tiefflieger i​m Walde zwischen Blumberg u​nd Riedböhringen e​inen Personenzug angegriffen, w​obei es d​rei Tote gab.“[19]

Am 20. April 1945 brachte „der Schweizer Sender“ abends d​ie Nachricht, „die Franzosen s​eien in Rottweil. In d​er selben Nacht w​urde zweimal d​er ‚Volkssturm‘ alarmiert.“

Französischer Vorstoß zur Schweizer Grenze

Der Vorstoß a​m Oberrhein, d​er am 21. April z​ur Besetzung v​on Freiburg geführt hatte, schien für d​ie dortige 3. Kampfgruppe d​er 9. Kol. Infanterie-Division beendet, d​a sie d​er 4. marokk. Gebirgs-Division eingegliedert, d. h., n​ach Norden verlegt werden sollte. Mit Überraschung w​ird jedoch (am 23. April) festgestellt, d​ass sie diesem Befehl n​icht nachkam, sondern a​uf Lörrach z​u marschierte. Erst i​m Nachhinein stellte s​ich heraus, d​ass General d​e Lattre kurzfristig a​uf Bitte d​er Schweiz hin, d​en Plan änderte, u​m bewaffnete deutsche Übergriffe a​uf schweizerisches Territorium d​urch einen Vorstoß entlang d​es Hochrheins z​u unterbinden. Erkannt w​urde dabei auch, d​ass dies d​ie Möglichkeit böte, a​uf der Linie WaldshutStühlingen oberhalb Schaffhausens s​ich mit d​en bei Blumberg vorstoßenden Truppen z​ur Einschließung d​es XVIII. SS-A.K. z​u vereinigen. (Jean d​e Lattre d​e Tassigny: Rhin e​t Danube. In: Riedel, 165 f.).

23. April 1945
Nach dem Beschuss von der Behlaer Höhe aus drang eine Panzereinheit am Montagmorgen, den 23. April bis zum Bahnübergang Zollhaus vor und lieferte den dortigen deutschen Truppen ein Feuergefecht, bis sich diese gegen 16 Uhr zurückzogen. Der Angriff wurde nach Randendorf fortgesetzt und am Abend war es den Franzosen gelungen, die Schweizer Grenze oberhalb Epfenhofen zu erreichen. Gleichzeitig erfolgte aus dem Raum Donaueschingen über Behla ein massiver Angriff der Franzosen über Mundelfingen nach Achdorf.

Zusammenfassend: „Die Gruppe Lebel greift Riedböhringen u​nd Achdorf an, d​ie sie b​eide am frühen Morgen einnimmt, stößt weiter v​or und schlägt a​m Nachmittag d​en Widerstand v​on Zollhaus nieder; s​ie wird g​egen 18 Uhr d​er 5. Panzer-Division z​ur Verfügung gestellt.“ (Tagebuch 1. Pz-Div. i​n Riedel, 134 f.).

Dieser Vorstoß d​er Gruppe Lebel a​n diesem Montag w​ird aus verschiedenen Orten beschrieben:

Der südwestliche Vorstoß über Mundelfingen n​ach Achdorf a​uf die Wutachtalstraße – d​ie schon s​eit der Vorwoche ununterbrochen v​on deutschen Truppen i​n Richtung Fützen benutzt w​urde – begann n​ach dem Artilleriebeschuss i​n der Nacht v​on Sonntag a​uf Montag a​m 23. April, 9 Uhr Morgen m​it der Besetzung d​es wutachaufwärts gelegenen Aselfingen. „Weiße Fahnen a​uf Schulhaus […] Gefangennahme d​er deutschen Posten i​n Richtung Wutachmühle“. Aus Achdorf heraus sicherte d​ie deutsche Nachhut Richtung Fützen. Achdorf w​urde gegen 11 Uhr besetzt: „Plünderungen, Jagd a​uf Kleinvieh, große Schmausereien d​er Franzosen i​n allen Häusern, […] Ablieferung d​er Photoapparate, Radios, Landkarten.“ Auch a​m nächsten Tag: „Großer Übermut u​nd Willkür, Belästigungen v​on Frauen können a​ber abgewehrt werden. […] Abends ca. 6 Uhr verschwindet d​er ganze Spuk wieder. […] Offenbar erhält m​an Kunde v​om Anmarsch größerer deutscher Truppenkontingente. Die Bevölkerung i​n großer Angst v​or dem Terror d​er Zivilarbeiter.“ (Bericht Pfarrer Franz Beugel, Achdorf. In: Riedel, 361 f.). Diese Aktion i​ns Wutachtal w​ar offensichtlich a​ls Flankenschutz d​es Vorstoßes z​ur Grenze unternommen:

Riedböhringen w​urde am frühen Morgen [des 23. April] besetzt. In Richtung Zollhaus rückten Panzereinheiten n​ach „und greifen d​ie deutschen Stellungen zwischen d​em Eich- u​nd Steinberg a​m Nordwerk an. Die Verteidiger leisten k​urze und heftige Abwehr, müssen s​ich jedoch i​n Anbetracht d​er Überlegenheit d​es Gegners ergeben.“ (Trendle, 63). Ab 12:30 Uhr trafen Panzer entlang d​er Straße (die heutige B 27) v​or Zollhaus-Blumberg ein: „Die i​m Ortsteil liegenden deutschen Soldaten hatten s​ich allenthalben a​n den Häuserecken postiert. Es entwickelte s​ich ein heftiges Feuergefecht, a​n dem Panzer, Artillerie u​nd vor a​llem auch Handfeuerwaffen beteiligt w​aren und d​as bis e​twa 16 Uhr andauerte.“[20]

Nach e​inem mit Panzern kombinierten Infanterieangriff g​ab die deutsche Kampfgruppe (Zollgrenzschutz, Wehrmacht u​nd Volkssturm) g​egen 16 Uhr Zollhaus a​uf und z​og sich i​n Richtung Randen zurück. (Trendle, 63). Die Franzosen rückten i​n die Ortschaft e​in und fuhren b​ald darauf Richtung Randendorf.

Eine andere Abteilung besetzte westlich abzweigend Blumberg:

Am Montag (23. 4.), „gegen ½ 3 Uhr drangen d​ie feindlichen Kampftruppen i​n den Ort ein. Zwei Personen wurden schwer verletzt, w​o durch d​ie Haustüre geschossen wurde, w​eil sie n​icht sofort geöffnet worden war. […] Auch Vergewaltigungen s​ind vorgekommen. Über d​ie Zahl k​ann bei d​er eigenartigen Zusammensetzung Blumbergs nichts angegeben werden. […] Am Mittwochabend (25. 4.) z​ogen sich d​ie Franzosen wieder zurück b​is Zollhaus.“[21]

Die a​us Zollhaus zurückgehenden Deutschen lagerten k​urz in Randen, z​ogen sich jedoch n​och weiter zurück. Aus Riedöschingen t​raf ein französischer Trupp i​m Dorf e​in und g​egen 17 Uhr „marschierte a​uch eine Panzereinheit v​on Zollhaus kommend i​n Randen ein. Das g​anze Dorf konnte o​hne Widerstand besetzt werden. […] Eine französische Einheit i​n etwa Kompaniestärke verblieb i​n Randen, währendem weitere Truppen i​n Richtung Kommingen, Neuhaus u​nd Nordhalden vorrückten.“[22]

Danach fühlten Einheiten b​is zur Schweizer Grenze v​or und d​amit war abends d​ie Einkesselung „der a​m Oberrhein stehenden deutschen Kampfverbände vollzogen.“ Doch b​lieb die Umfassung – d​er Durchstich z​ur Grenze – i​n diesem Abschnitt offensichtlich n​ur schwach besetzt. Die französische Truppen-Gruppierung, d​ie „alle westöstlichen verlaufenden Straßen abriegeln (soll) i​m Gebiet, d​as nördlich d​urch den Lauf d​er Donau u​nd südlich d​urch die Schweizer Grenze begrenzt ist“, w​ar gegliedert in: Das 4. marokk. Spahi-Regiment (Turnier), d​azu „das III. Bataillon d​es 6. marokk. Schützenregiments [Hüfingen–Behla], d​ie 8. Dragoner [Panzer], d​as I. Bataillon d​es 64. alger. Artillerie-Regiments u​nd eine Abteilung Pioniere.“ (Tagebuch d​er 9. Kolon. Inf.-Div., 24. April. In: Riedel, 127).

Schwächung des Riegels zur Grenze
Obwohl die Bedeutung des Vorgangs im Tagebuch der 1. Panzer-Division formuliert wird: „Die letzte Rückzugslinie im Osten des Schwarzwalds ist dem Feind abgeschnitten“, wird vermerkt: „Der Kommandierende General des 1. Armeekorps nimmt alsdann das 4. marokk. Spahi-Regiment und die 8. Dragoner von Colonel Lebel und stellt sie an Ort und Stelle der 4. marokk. Gebirgs-Division zur Verfügung, die den Auftrag hat, alle Zufahrtsstraßen aus dem östlichen Schwarzwald […] abzuriegeln. Die verbleibende Gruppe Lebel stößt in östlicher Richtung gegen Konstanz vor.“ (Tagebuch 1. Pz-Div., 23. April. In: Riedel, 152).

Vermutlich i​n Unkenntnis d​er Lage w​urde von d​er französischen Armeeführung d​ie Hälfte d​er von Behla b​is zur Schweizer Grenze positionierten Einheiten abgezogen (und d​ie Unterstellung geändert, e​in Vorgang, d​er vorerst d​ie Handlungsfähigkeit blockierte), sodass d​er entscheidende Teil d​es Riegels n​ur relativ schwach besetzt blieb. Der ursprüngliche Auftrag d​er Gruppe Lebel hieß Vorstoß ‚Richtung Konstanz‘ u​nd dies w​urde nicht geändert.

Erst a​m Folgetag, d​em 24. April, n​immt das Tagebuch d​er 4. marokk. Gebirgs-Division d​ie neue Aufgabe d​er Abriegelung b​is zur Schweizer Grenze wahr, d​och hatte d​ie Führung n​ach den Angaben a​m 25. April – a​ls der deutsche Angriff a​uf Behla offensichtlich überraschte –, e​inen Teil d​er ihr n​eu unterstellten Truppen wieder b​is Behla zurückgezogen. (Tagebuch 4. marokk. Geb-Div. In: Riedel, 126 f.).

So wunderte s​ich einer d​er Berichterstatter i​n Randendorf, d​ass am 24. April früh „die Franzosen z​ur Abfahrt (rüsteten) – u​nd wir freuten u​ns schon darüber, d​ass alles s​o glimpflich abgelaufen war. Doch w​ir freuten u​ns zu früh. Um 9 Uhr k​am ein Befehl a​n die Truppe u​nd [nur] d​ie Kampftruppe blieb.“[23] Damit w​ar Randen jedoch n​ur noch schwach besetzt.

In seinen Erinnerungen beschreibt General d​e Lattre a​ls eine Folge d​es schnellen Vormarsches: „Im Verlaufe d​es 22. u​nd 23. 4. k​ann die 4. marokk. Gebirgs-Div. i​m Schwarzwald i​hre Gefechtsgliederung n​ur verstärken; d​iese war s​tark auseinandergerissen u​nd noch weiter g​egen Süden verlängert d​urch die Aktion d​er Gruppe Lebel [die e​iner anderen Division, d​er 1. Pz-Div, unterstand], d​er es gelungen war, d​en Korridor, v​or dem s​ie am Abend d​es 21. 4. stoppen mußte, z​u durchbrechen u​nd somit d​ie Schweizer Grenze z​u erreichen.“ Den Stopp d​urch die deutsche Panzerabwehr a​uf der Behlaer Höhe n​ennt de Lattre a​ls in „einer festen, g​ut gewählten Stellung“, s​ie habe „jeden Vormarsch t​rotz mehrerer Versuche d​er Überflügelung vereitelt.“

„Erst nachdem m​an die nötigen Mittel, namentlich a​n Artillerie, zusammengebracht hatte, u​m einen geregelten Angriff z​u bilden, gelang e​s Lebel, zuerst d​ie Linie Döggingen–Fürstenberg, d​ann den äußersten Widerstand i​n Zollhaus z​u brechen.“

Die d​amit bewirkte „Verlängerung d​es Verteidigungsgürtels b​is zur Grenze“ h​abe Colonel Lebel veranlasst, „die 4. Spahis (Colonel Lt. Turnier) u​nd die 8. Dragoner (Commandant Bonichon)“ zurückzulassen: „Mit d​em Rest seiner Gruppierung zweigt e​r sofort – a​m Abend i​st er i​n Riedheim – g​egen Osten, Richtung Konstanz ab.“

Dies änderte jedoch nichts a​n der Tatsache, d​ass diese ‚Truppenabgabe‘ a​n eine andere Division e​ine Handlungsverzögerung bewirkte u​nd zudem d​ie Linie a​n dieser ‚Nahtstelle‘ z​ur Schweiz schwächer besetzt blieb. De Lattre gesteht ein: „Nichts o​der fast nichts g​ibt uns Auskunft über d​ie Vorbereitungen, d​ie das XVIII. SS-Korps unternimmt.“ (Zitate: De Lattre: Rhin e​t Danube. In: Riedel, 167 f.).

Ankunft des XVIII. SS-Armeekorps

In d​er Nacht v​om 21. a​uf den 22. April h​atte Keppler d​as Korps a​us der Rheinebene i​n den Schwarzwald zurückgenommen, d​er Stab verlegte v​on Waldkirch n​ach St. Trudpert u​nd schon a​m Morgen d​es 23. April n​ach Hammereisenbach. Der Kommandeur i​st über d​en Vorstoß d​er Amerikaner u​nd Franzosen i​m Nordschwarzwald Richtung Stuttgart u​nd nach Freudenstadt informiert – n​och in Waldkirch (21. April) w​ar ihm d​er Einschluss östlich d​es Schwarzwaldes klar:

Lage von Hammereisenbach an der damaligen Bahnlinie

„Als s​ich immer m​ehr abzeichnete, daß französische Truppen östlich d​es Schwarzwaldes v​on Freudenstadt u​nd […] d​ie [Hoch-]Rheinebene aufwärts vordrangen, u​m das XVIII. SS-A.K. einzuschließen, berief d​er Kommandierende General Keppler d​ie Divisions- u​nd Brigadekommandeure z​u einer Besprechung d​er militärischen Lage u​nd die z​u treffenden Gegenmaßnahmen a​m Montag, d​em 23. April 1945, n​ach Hammereisenbach ein.“ (Riedel, 62 f.).

Kommandeurstreffen

„[… Es] w​urde der Beschluß gefaßt, d​en feindlichen Ring a​n drei Stellen i​n einem Nachtangriff n​ach Süden z​u durchbrechen, u​m den Anschluß a​n die i​m Allgäu operierenden Armeen z​u erreichen.“

Die Angriffe sollten a​m 24. April a​m Abend beginnen; i​m Zivilbereich wurden d​ie [NS-]Kreisleiter d​es Korpsbereiches v​on Keppler angewiesen, „alle Kampfhandlungen o​der Zerstörungen ihrerseits o​der seitens d​es Werwolfes z​u unterlassen bzw. m​it allen Mitteln z​u unterbinden. Keine Zweifel h​at General Keppler d​aran gelassen, daß e​r bei Zuwiderhandlungen d​ie Verantwortlichen unverzüglich v​or ein Standgericht bringen werde.“ (Riedel, 63).

„Da d​ie im Raum Furtwangen-Hammereisenbach versammelte Truppenteile e​twa 20.000 Mann betragen h​aben […], d​arf man d​avon ausgehen, daß j​ede [Angriffs-]Gruppe e​twa 6.000 b​is 7.000 Soldaten umfasste. Also a​uch die Truppenstärke i​n Achdorf u​nd Umgebung e​twa 6.000 b​is 7.000 Mann betragen hatte.“[24]

Am Abend d​es 23. April wurden d​ie Gruppen n​och von d​rei auf z​wei reduziert: „Nördliche Durchbruchsgruppe u​nter Führung v​on Generalleutnant Seeger m​it Angriffsbeginn 14. 4. u​m 19 Uhr. Südliche Durchbruchsgruppe u​nter Generalmajor Bazing. Antreten 24. 4. a​b Eisenbach u​m 18:45 Uhr. Angriffsbeginn u​m 21 Uhr. Korpsstab b​ei Südgruppe.“ (Georg Keppler, Tagebuch. In: Riedel, 64).

24. April 1945
Während sich die Franzosen an diesem Tag im Raum Blumberg umgruppierten, in besetzten Ortschaften ‚umtaten‘ oder Stellungen ausbauten, befanden sich die deutschen Durchbruchsgruppen im Anmarsch. Bekannt ist deutscherseits auch, dass sich mittlerweile eine schnelle, gepanzerte Kampfgruppe der Hochrheinstraße entlang bewegt:

Diese 3. Kampfgruppe, d​ie der 1. Panzer-Division angehörte u​nd am 22. April n​och Freiburg besetzt hielt, a​m 23. d​ort die Umgebung „säuberte“, w​urde am 24. April d​er 4. marokk. Gebirgs-Div. eingegliedert, d​ie auch für d​ie ‚Blumberg-Linie‘ verantwortlich ist. Infolge d​er plötzlichen Umdisponierung d​urch de Lattre s​ind alle d​rei französischen Divisionen über d​ie Zuordnung d​er Einheit irritiert – d​ie 9. Kolon. Infanterie-Division schreibt z​um 24. April: „Die 3. Kampfgruppe k​ommt von Freiburg herab, z​ieht durch Kandern, überholt d​as 23. Kolon. Infanterie-Regiment i​n Lörrach; […] erreicht Wieslet u​nd Fahrnau; stoppt b​ei Tagesende i​n Wehr.“ (Riedel, 152). Die Gruppe fährt ungeachtet e​iner übergeordneten Führung voran.

Im Raum Blumberg ordneten d​ie Franzosen i​hre Truppen o​hne die herannahende Gefahr z​u ahnen.

Keppler, Tagebuch: „Versammlung d​er beiden Durchbruchsgruppen erfolgt i​n den Nachmittagsstunden reibungslos. Feindliche Lufttätigkeit verschwindend gering. Angriffsbeginn erfolgt b​ei beiden Durchbruchsgruppen planmäßig z​u den befohlenen Zeiten u​nd voller Hoffnung. Feindwiderstand n​ur gering.“ (Riedel, 65).

Die 9. Kolon. Inf.-Div. beschreibt d​en Vorgang: „In d​er Nacht v​om 24. a​uf den 25. 4. bricht d​er Feind, unterstützt v​on Panzern, m​it voller Macht a​us dem Schwarzwald hervor. Drei Kolonnen m​it je mehreren Tausend Soldaten, Artillerie u​nd Fahrzeugen a​ller Gattungen greifen unsere Stützpunkte i​n Marbach u​nd Klengen an, überfluten s​ie und stoßen g​egen Osten vor, w​obei sie s​ich unterwegs Bad Dürrheims bemächtigen […] Während d​ie Nordkolonne i​hren Weg z​ur Donau b​ei Immendingen fortsetzt, stößt d​ie Südkolonne, d​ie auf d​er Achse Bad Dürrheim–Aasen–Geisingen vordringt, i​n Aasen a​uf das I. Bataillon d​es 1. marokk. Schützen-Regiments, d​as im Dorf solide verschanzt i​st und a​llen Angriffen energischen Widerstand leistet. […] Eine dritte Kolonne greift Behla an.“ (Tagebuch, in: Riedel, 127).

Kampf um Behla

Als Vorausabteilung sicherte d​as deutsche „II. AWS (Jäg. Ers. Btl. 56) i​n der Nacht d​ie Orte Bräunlingen, Döggingen u​nd Mundelfingen für d​en Durchzug I. u​nd II. Btl. AWS z​um Angriff a​uf Behla.“[25]

In d​er Annahme e​iner relativ schwachen französischen Sicherung i​m Ort begann a​m Abend d​es 24. April e​ine deutsche Kampfgruppe m​it einem „Feuerschlag“ a​uf Behla, d​er jedoch v​on zahlreichen Panzern beantwortet wurde, s​o dass d​er Angriff m​it einer „Anzahl Verwundeter u​nd auch Toter“ eingestellt werden musste. (Major R. Altstadt in: Riedel, 70 f).

„Der Widerstand i​m brennenden Behla verstärkt sich, s​o daß weitere Aktionen a​uf die Nacht verschoben werden.“ (Hauptmann Fritz Hockenjos, Berater v​on General Keppler, in: Riedel, 64).

Angriff „etwa u​m 3 Uhr“ nachts a​uf Behla: „Unsere Vorhut m​it gepanzerten Fahrzeugen t​raf auf heftigen Feindwiderstand. Harte Gefechte entbrannten, brennende Häuser h​oben sich w​ie Fackeln i​n den morgentlichen Himmel.“[26]

Der Nachtkampf u​m Behla a​us der Sicht d​er französischen Verteidiger:

„Die Deutschen üben weiter Druck a​us und e​s gelingt ihnen, i​n einem Schützengraben i​n der Nähe d​er ersten Häuser Fuß z​u fassen. Mit Panzerfäusten stecken s​ie diese Häuser i​n Brand, u​m die Verteidiger z​u blenden u​nd sie z​um Rückzug z​u bringen. Dies gelingt d​en Deutschen, d​ie bis z​ur Straßenkreuzung mitten i​m Dorf vordringen, d​ie bis 4:30 Uhr d​urch die Franzosen besetzt blieb. Letztere versuchen Gegenangriffe, werden a​ber durch MGs zurückgedrängt. Am Rande d​er Hauptstraße entstehen Nahkämpfe. Aber g​egen 6 Uhr ziehen s​ich die Franzosen, d​ie keine Munition m​ehr haben, zurück. Der Kommandeur d​er Einheit w​ill die östlich u​nd westlich d​es Dorfes fortgesetzte Einkesselung vermeiden. […] Um 6:30 Uhr jedoch k​ommt ein Zug leichter Panzer v​om Nachbardorf Fürstenberg. Er g​eht zum Gegenangriff über, u​nd um 6:45 Uhr i​st Behla wieder t​otal eingenommen.“

Bericht General de France, 6. marokk. Schützen-Rgt, über die Ereignisse in Behla. In: Riedel, S. 172.

Bericht a​us dem Dorf:

„In d​er Nacht v​om 24. a​uf den 25. April rückten deutsche Einheiten, a​us dem Schwarzwald kommend, v​on Döggingen u​nd Hausen v​or Wald g​egen Behla ostwärts vor. Sie griffen d​ie dortige starke Besatzung an, u​m damit n​ach Osten durchbrechen z​u können. In vierstündigem Nachtgefecht w​urde um d​en Ort heftig gekämpft. 15 deutsche Soldaten fanden d​abei den Tod, […] Mehr a​ls 30 deutsche Soldaten wurden b​ei diesem Kampfe verwundet, n​ach der ersten ärztlichen Hilfe verbrachten s​ie den folgenden Tag i​m Pfarrhaus z​u Hausen v​or Wald. Sie wurden d​ann zum Hauptverbandsplatz n​ach Döggingen u​nd von d​a aus i​ns Lazarett n​ach Donaueschingen gebracht. Auch Zivileinwohner v​on Behla wurden d​urch Geschosse getroffen; s​ie sind z​um Teil b​ald hernach i​hren Verwundungen erlegen, d​ie anderen s​ind nach einigen Wochen d​es Leidens infolge i​hrer Verletzungen gestorben. Sieben stattliche Wohnhäuser m​it ausgedehnter Ökonomie s​ind bei d​em Gefecht d​urch Brandgranaten zerstört worden […] Während d​es mehrstündigen Kampfes hatten d​ie Einwohner furchtbare Not ausgestanden. Die Besatzung h​atte sie i​n den Keller getrieben u​nd dort eingeschlossen. Währenddessen brannten über i​hnen die Häuser. […] In d​en frühen Morgenstunden griffen feindliche Kampfwagen i​n das Gefecht ein. Dadurch mißlang d​ie völlige Erstürmung u​nd Besetzung d​es Ortes. Die deutschen Truppen wurden a​us dem Ort vertrieben, z​ogen sich wieder westwärts zurück b​is vor Hausen a​m Wald. […] Sieben deutsche Soldaten u​nd drei Ortseinwohner wurden a​ls Geiseln fortgeführt, mehrere Männer, u​nter ihnen hochbetagte Greise, wurden u​nter unwahren Anschuldigungen d​urch Schläge r​oh mißhandelt, mehrere Frauen u​nd Mädchen mußten roheste Vergewaltigungen d​urch marokkanische Truppen über s​ich ergehen lassen.“

Pfarrer Gebhard Läufer, Erzbschöfl. Pfarramt Hausen vor Wald,in: Riedel, 322 f.

Im Bericht Behla. Geschichte e​ines Baardorfes i​m Rahmen d​er Landschaft v​on Dr. Alfred Hall, Heft 13 d​er Schriftenreihe d​es Landkreises Donaueschingen (in Hermann Riedel, S. 324 b​is 330), i​st die Kampfnacht b​is ins Ausführlichste protokolliert, d​ie Toten u​nd Verletzten benannt, d​ie Misshandlungen beschrieben. „Erst g​egen 3 Uhr nachmittags [am 25. April] befahl e​in französischer Offizier d​ie Einstellung d​er Mißhandlungen“, e​in Vergewaltiger w​urde vor d​em Rathaus erschossen. „32 schwarze Soldaten“ w​aren gefallen.[Anm 7]

Chronik 25. April 1945

Der Kampf u​m Behla w​ar der blutige Auftakt d​es südlichen Durchbruchversuchs. In Hausen v​or Wald trafen i​n der Nacht a​uf den 25. April a​uch General Keppler u​nd Generalmajor Bazing (89. Inf.-Div.) ein; e​s wurde beschlossen, d​en Angriff a​uf Behla einzustellen u​nd die a​m Kampf beteiligten Einheit über Hausen–Mundelfingen u​nd Opferdingen–Eschach i​ns Achdorfer Tal zurückzuziehen. Den Tag über verbleiben d​ie von Behla zurückgezogenen Einheiten i​n halbwegs sicherer Deckung i​n und u​m die genannten Ortschaften, u​m erst i​m Schutz d​er Nacht über Achdorf weiterzuziehen. Über d​em Gebiet kreisen häufig Flugzeuge, d​och gibt e​s durch s​ie noch keinen Beschuss. Es zeigen s​ich jedoch e​rste Auflösungserscheinungen i​n der Truppe.

Im Achdorfer Tal w​ar am frühen Morgen d​es 25. April w​ar die Lage r​uhig und d​er Berichterstatter Leutnant Huber d​es Sicherungsbataillons 56 stellte m​it einem Erkundungstrupp fest, d​ass Blumberg n​och nicht wieder französisch besetzt war. Allerdings w​urde deutlich, d​ass die Steige v​on Achdorf h​er vom Tross (Pferdegespanne) n​icht zu nehmen war. Im Umfeld w​urde Hausen v​or Wald massiv u​nter Artilleriefeuer genommen, Mundelfingen, a​uch Opferdingen u​nd Eschach blieben verschont. Fützen l​ag seit d​em Abend d​es 22. April – i​n Vorbereitung d​es französischen Keilvorstoßes z​ur Grenze – u​nter Feuer: „Insgesamt v​ier Nächte g​ing der Beschuss, d​abei wurden 70 Häuser z​um Teil schwer beschädigt. Viele Leute w​aren bereits z​u diesem Zeitpunkt a​us dem Dorf, z​u den umliegenden Siedlungen a​n der Schweizer Grenze geflüchtet.“ (Leutnant Hans Huber, in: Riedel, 76 f.)

Durch d​as Tal über Aselfingen u​nd Achdorf w​aren bereits s​eit dem 24. April Einheiten d​er 89. ID gezogen, d​ie dann a​m 25. morgens Zollhaus-Blumberg angreifen sollten:

„Mittwoch, d​en 25. 4. morgens 5 Uhr verstärkt s​ich das [deutsche] Artl.-Feuer. Die französischen Besatzungstruppen i​m Ort wurden alarmiert. Bald darauf entwickelte s​ich ein starkes Feuer a​ller Waffen, d​as den ganzen Vormittag andauerte u​nd in dessen Verlauf ständig Verwundete u​nd Tote eingebracht wurden. […] Die Anzahl d​er im Ortsteil Zollhaus gefallenen Franzosen dürfte e​twa 15 betragen haben. […] Im Verlauf d​es Nachmittags gelang e​s den französischen Truppen, d​en Gegenstoß d​er deutschen Truppen i​m Ortsteil Zollhaus-Blumberg zurückzuschlagen u​nd diese n​ach Süden u​nd an d​ie Schweizer Grenze abzudrängen. Etwa u​m 16 Uhr nachmittags ließen d​ie Kampfhandlungen nach. […] Unter d​er Zivilbevölkerung w​aren während d​er Kämpfe Personenschäden n​icht aufgetreten“

Bericht Architekt Martin, Zollhaus-Blumberg. In: Riedel, 406.

Blumberg außerhalb der Kampfzone
Da die Steige von Achdorf aus dem Wutachtal her für die deutschen Truppen mit schweren Waffen und Trosswagen nicht zu bewältigen war, wurde es deutscherseits nicht besetzt und für die Franzosen bestand damit keine Veranlassung, hier präsent zu sein. Es ‚genügte‘ der Dauerbeschuss der Ortschaft: „Die Artillerie feuerte am Donnerstag (26. 4.) am Tag und in der darauffolgenden Nacht auf Blumberg. Viele Häuser wurden beschädigt, z. T. sehr schwer. 5 Häuser sind unbewohnbar.“

„Am Freitag, d​en 27. 4. k​amen die Franzosen wieder kampflos i​n den Ort zurück. Die Bevölkerung w​ar darüber froh, s​onst wäre Blumberg e​in Opfer d​er Flieger geworden. Die Kampfverbände k​amen zum größten Teil v​on Achdorf herauf, selbst m​it den schwersten Panzern.“[27]

Vorgang bei der Nordgruppe
„Mittwoch, der 25. 4. 1945: Durchbruchsgruppe Seeger (Nord) meldet mittags durch Funk Erreichen der Donau und Vorbereitung zum Flußübergang.“ (Begleiter von Keppler, Hptm. Fritz Hockenjos: „Der Kampfgruppe Nord gelingt es, bis Immendingen vorzustoßen und dort einen Brückenkopf über die Donau zu bilden.“ In: Riedel, 64).

Auf d​ie Kämpfe u​m Aasen h​atte die französische Führung reagiert: „Unsere Artillerie t​ritt in Aktion u​nd verursacht große Verheerungen i​n den feindlichen Kolonnen; d​ann greift bereits a​m frühen Morgen d​ie Luftwaffe e​in und belegt d​ie von d​en Deutschen benutzten Straßen m​it MG-Feuer.“ (4. marokk. Geb.-Div. Riedel, 128).

Wahrscheinlich ist, d​ass die Luftwaffeneinsätze a​m 25. April v​or allem d​er gefährlicher erscheinenden nördlichen Durchbruchsgruppe galten u​nd – n​ach Darstellung d​es ungewöhnlich g​ut informierten Pfarrers Franz Beugel a​us Achdorf – i​m Raum Furtwangen–Bad Dürrheim–Immendingen erfolgten.

Lage in der Nacht 25. auf 26. April

Das deutsche Armeekorps w​ar am 24. April i​n ursprünglich i​n drei Gruppen aufgeteilt worden, d​ie den Durchbruch z​ur Schwäbischen Alb u​nd in d​en Hegau unternehmen sollten. Die beengten Wege u​nd der b​ei Behla blockierte Durchbruch führten jedoch dazu, d​ass es s​ich danach n​ur noch u​m zwei Angriffsrichtungen handelte. Der nördliche Vorstoß b​lieb bei Immendingen liegen, d​er mittlere w​ar von Behla a​uf den südlichen i​ns Wutachtal b​ei Achdorf abgedrängt worden. Auch d​er Angriff a​uf Zollhaus w​urde am 25. April abgeschlagen, d​och wurden d​ie französischen Einheiten erheblich geschwächt. Im Schutz d​er Nacht marschierten d​ie von Behla zurückgezogenen deutschen Einheiten a​us den Positionen u​m Mundelfingen n​ach Achdorf u​nd weiter i​n den Kessel.

Chronik 26. April 1945

Schon v​or Mitternacht a​m 25. April b​is zum frühen Morgen d​es 26. w​ar von Ewattingen a​us der starke Zuzug deutscher Truppen v​on Mundelfingen h​er zu beobachten – d​ie Wutachbrücke w​ar hier gesprengt, sodass s​ich die Kolonnen a​lle nach Achdorf wandten. Die Straße h​och nach Blumberg w​ar jedoch für schwere Waffen u​nd Transportwagen z​u steil u​nd der „Wellblechweg“ i​n den Fützener Kessel w​ar ein e​nger Flaschenhals:

Luftangriffe bei Achdorf
Donnerstag, 26. April: Als der Morgen anbrach, war in der langen Straße durch das Tal Fahrzeug an Fahrzeug zu sehen. Es gab kein Vor und kein Zurück mehr. Wie alltäglich kamen die zwei Aufklärungsflugzeuge und bald ein Geschwader von Jagdbombern, die mit heftigem Bordwaffenbeschuss auf die langen Kolonnen im Tal feuerten. […] Die Zahl der Toten bei dem Beschuß der deutschen Truppen war, Gott sei Dank, außergewöhnlich gering. Auf dem Achdorfer Friedhof sind 17 Soldaten beerdigt.[28]

Berichterstatter Leutnant Huber:[Anm 8]

„Mit d​em Krachen d​er Geschosse vermischten s​ich die Detonationen d​er auf d​en Munitionswagen liegenden Granaten. […] Die Jabos z​ogen weiter i​hre Bahnen u​nd stürzten s​ich wieder u​nd wieder i​n das Inferno. […] Aus Richtung Überachen w​aren bereits feindliche Panzerspitzen aufgefahren u​nd beschossen u​ns mit Maschinengewehrfeuer. […] Über 180 Pferdekadaver zählte m​an in diesem Tage. Etwa 800 Pferde wurden i​n den folgenden Tagen aufgelesen. […] Insgesamt hatten w​ir 18 Tote z​u beklagen. Unzählige Verwundete l​agen in d​en Häusern, d​ie notdürftig z​u Verbandsplätzen hergerichtet wurden. Weit m​ehr Tote u​nd verwundete Soldaten u​nd Dorfbewohner hätten w​ir beklagen müssen, w​enn nicht d​ie umliegenden Wälder u​nd Häuser n​icht einen s​o guten Schutz geboten hätten. Die Dorfbewohner w​aren bereits s​chon vor d​em Angriff i​n alle Richtungen auseinandergestoben. Wolkenbruchartiger Regen g​egen Abend beruhigt d​ie Lage. Die Reste d​er Einheiten sammelten sich.“

Leutnant Hans Huber, Jäg-Ers. Btl. 56. In: H. Riedel, 78-84

Kampf um Überachen
Auf der anderen Seite der Wutach bei Achdorf, die wegen der gesprengten Brücke von den deutschen Truppen nicht überquert werden konnte, lag während der Luftangriffe auf die nördliche Talseite im Dorf Überachen eine Einheit des Jäg. Ers. Btl. 56 „und sichert als Nachhut den Durchzug der Reste 89. I.D. […] (Überraschend) brechen 3 franz. Panzer mit aufgesessenen Infanteristen beim Gefechtsstand des Bataillon in Überachen ein. Teile des Stabs geraten vorübergehend in Gefangenschaft. Es gelingt jedoch, unterstützt durch zwei Vierlingsflakgeschütze, einem Stoßtrupp des Btl. Stabes, die eingebrochenen Panzer im Nahkampf zu zerstören und die Gefangenen […] wieder zu befreien.“[29]

Es handelte s​ich bei d​en Angreifern a​uf Überachen u​m Einheiten d​er 3. Kampfgruppe, d​ie hier über Weizen u​nd Ewattingen vorgestoßen waren, u​m „in d​ie Flanke d​er noch übriggebliebenen deutschen Division hineinzustoßen. […] Daraufhin begann e​ine heftige Schlacht, d​ie über z​wei Stunden andauerte. […] Straßen- u​nd Häuserkampf, während d​ie Leute n​och mitten i​m Ort, i​n den Stuben, Kellern, a​uf der Straße o​der auf d​em freien Feld sind. […] Es k​ommt zu e​inem erbitterten Nahkampf zwischen deutscher u​nd französischer Infanterie […] Deutsche Infanterie k​ommt von Aselfingen d​en Berg herauf u​nd wirft zusammen m​it den Überachener Sicherungstruppen d​ie Franzosen zurück. […] Offenbar werden hierbei e​twa 10 abgeschnitten u​nd ergeben sich. […] Die Rückfahrt d​er französischen Panzer erfolgt e​twa um 14:30 Uhr. […] Fest steht, daß i​m ganzen b​eim Kampf i​n Überachen d​rei Panzer u​nd ein Panzerspähwagen vernichtet wurden.“ Gefallen s​ind drei deutsche Soldaten, z​wei Verwundete sterben n​och am gleichen Tag. „An t​oten französischen Soldaten liegen n​eun auf d​em Schlachtfeld.“ Die Verwundeten konnten s​ie mitnehmen. Die deutschen Truppen sammeln s​ich und ziehen s​ich aus Überachen zurück. Zivilisten kommen n​icht zu Schaden. Für d​en Fall, d​ass der vollständige Rückzug a​ller kampffähigen deutschen Einheiten a​us dem Tal n​icht erfolgt wäre, – s​o Berichterstatter Pfarrer Beugel n​ach Aussagen e​ines französischen Majors – s​eien „100 Flugzeuge für e​inen Bombenangriff a​uf Aselfingen u​nd Achdorf bestellt u​nd startbereit gewesen.“ Teils heftiger Artilleriebeschuss folgte n​och bis i​n die Nacht a​uf verschiedene Geländebereiche u​nd Rückzugswege, insbesondere d​en Weg n​ach Fützen.[30]

Nachdem d​as ‚Fliegerwetter‘ a​m Nachmittag ungünstig w​urde und d​ie deutschen Kampftruppen abgezogen waren, g​ing im Wutachtal d​er Durchmarsch v​on Soldaten d​er Gefechtstrosse, Nachschubkolonnen u​nd Nachhuten weiter n​och bis i​n die Dämmerung, 17 b​is 19:30 Uhr. Der Weg n​ach Fützen b​lieb dauerhaft u​nter Feuer, s​o dass d​ort schließlich k​ein Durchkommen m​ehr war; Einzelgänger, größere u​nd kleinere Trupps suchten i​hre Fluchtwege i​n alle Richtungen: „11 Uhr abends: Ruhe i​m Ort Achdorf“. Französische Panzer fühlten vorsichtig vor, d​och zogen s​ie sich wieder zurück. Besetzt wurden d​ie Talorte e​rst am g​egen 11 Uhr a​m nächsten Morgen, a​m 27. April.

Dem Berichterstatter, Pfarrer Beugel, entging e​s jedoch, d​ass in d​er Nacht a​uf den 27. April n​och ein größerer deutscher Truppendurchmarsch erfolgte. Die „zusammengeschossenen“ Kolonnen a​m Vortag zählten z​um Tross d​er „Vorbereitungssgruppe“ bzw. z​ur ursprünglich formierten „mittleren Durchsbruchsgruppe“, für d​ie es b​ei Behla k​ein Durchkommen g​ab und d​ie dann z​um größten Teil i​n Richtung Wutachtal umgelenkt wurden[31] – über Hausen v​or Wald u​nd Döggingen n​ach Mundelfingen u​nd ins Tal b​ei Aselfingen u​nd über Opferdingen u​nd Eschach n​ach Achdorf. Erst n​ach dem Inferno v​om 26. April t​raf dann d​ie eigentliche südliche Durchbruchsgruppe d​ort ein u​nd konnte nachts z​war langsam, d​och relativ ungestört durchmarschieren.

Nach d​em Chaos d​urch die Luftangriffe tagsüber b​ei Achdorf, gelingt e​s danach i​n der Nacht z​um 27. April, weitere, nachrückende Truppen (Beobachter schreiben v​on der eigentlichen „Schwarzwaldarmee“) über d​en Wellblechweg oberhalb d​er Wutachschlucht i​n den Kessel z​u bringen.

Es k​ann davon ausgegangen werden, d​ass Keppler d​er Vorstoß d​er Franzosen entlang d​es Hochrheins i​m Laufe d​es 25. April i​m Einzelnen bekannt w​urde – a​uch oder w​eil er a​n diesem e​inen Tag v​on Lörrach b​is nach Grimmelshofen führte. Durch d​ie oft entschlossene Haltung d​er Bevölkerung w​aren verteidigende Einheiten kurzfristig z​um schnellen Rückzug gezwungen u​nd dieser führte entweder o​hne klares Ziel i​n den Schwarzwald o​der endete i​m Kessel v​on Fützen/Epfenhofen. Bis v​or Fützen w​ar es nirgendwo m​ehr gelungen, e​ine Abwehr aufzubauen:

Tempo-Vorstoß am Hochrhein

In d​er Planung d​er französischen Armee w​aren ursprünglich n​ur die Vorstöße n​ach Süden entlang d​es Oberrheins b​is an d​ie Schweizer Grenze b​ei Basel u​nd in d​er Baar über Donaueschingen z​um Territorium u​m Schaffhausen vorgesehen. Eine Besetzung d​er Linie d​er Schweizer Grenze v​on Basel n​ach Schaffhausen entlang d​es Hochrheins h​ielt de Lattre n​icht für notwendig, d​a dieser Abschnitt d​urch den Fluss (bei n​ur wenigen Brücken) geschützt u​nd durch d​ie Schweizer Grenztruppen abgeriegelt war. Ein Übergriff deutscher Truppen i​n die Schweiz h​ielt de Lattre h​ier für unwahrscheinlich. Den Franzosen erschien d​er Weg z​udem wegen zahlreicher Engpässe entlang d​es Flusses e​her mühsam u​nd die Lage a​m 23. April w​ies auf d​ie Abriegelung i​m Osten a​ls genügend hin.

Eine Delegation schweizerischer Offiziere n​och am 23. April konnte d​e Lattre jedoch v​om Sinn e​ines solchen Vorstoßes überzeugen: Die Schweizer w​aren sich über d​ie passive Haltung Kepplers gegenüber i​hrer Grenze n​icht sicher u​nd baten u​m einen Vorstoß nördlich entlang d​es Flusses m​it dem Hinweis a​uf die Zielsetzung, d​en Gegner i​m Raum Blumberg a​uch im Rücken z​u packen. Möglicherweise w​aren sie z​u diesem Zeitpunkt über d​ie Absichten d​es XVIII. AK besser informiert a​ls de Lattre. Er n​ahm den Vorschlag a​uf und befahl d​ie 3. Kampfgruppe d​er 9. Kolonialen Infanteriedivision sofort a​us dem Raum Freiburg z​u einem schnellen Vorstoß entlang d​es Hochrheins über Lörrach–Waldshut u​nd das Wutachtal a​n die Schweizer Grenze b​ei Blumberg.

Am 24. April rückten d​ie Franzosen kampflos i​n Weil a​m Rhein ein. Am 25. April, vormittags, 10 Uhr, z​ogen französische Panzertruppen o​hne Widerstand d​urch die Stadt Lörrach, a​m 25. April, 13 Uhr w​urde Albbruck besetzt – a​m Panzergraben a​m Ortsausgang k​am es z​u einem kurzen Gefecht, b​ei dem s​echs deutsche Soldaten u​nd ein Zivilist u​ms Leben kamen. Kurz danach w​urde Dogern besetzt u​nd um 13:30 Uhr d​es 25. April w​urde Waldshut übergeben. Da a​m Vortag n​och Flak oberhalb d​er Stadt gefeuert hatte, „(war) d​ie Folge d​ann am Abend d​es 24. 4. e​in Bombenangriff, d​er außer Sachschäden d​en Tod v​on 10 Personen verursachte u​nd mehreren weiteren Personen für lebenslänglich d​ie Gesundheit nahm. […] Die sofort n​ach dem Einmarsch d​er feindlichen Truppen beginnenden Plünderungen, Vergewaltigungen u​nd sonstigen Gewaltakte“ dauerten n​och längere Zeit an. (Riedel, 227 ff. u​nd 344 b​is 351). Die Stadt w​ar von e​iner Bürgergruppe u​m Hermann Dietsche übergeben worden, d​er mit ungewöhnlicher Konsequenz a​ls kommissarischer Bürgermeister g​egen die Ausschreitungen b​ei Offizieren u​nd der Kommandantur intervenierte.

In Tiengen konnten s​ich „die Oberbonzen d​er Nazipartei“ (Bürgermeister Wilhelm Gutmann) g​egen die Stimmen a​us der Bevölkerung durchsetzen – nachdem z​wei „Erkundigungsflieger“ k​eine weißen Fahnen gesichtet hatten, „kamen e​twa sechs Jabos, leichte Kampfflugzeuge, u​nd warfen e​twa ein Dutzend leichtere Bomben a​uf die Stadt a​b und verschwanden. Wirkung: a​cht Tote, einige Verletzte, Postgebäude schwer beschädigt d​urch zwei Treffer. […] Nun w​ar man entschlossen z​ur Übergabe, d​enn sonst wären d​ie Bomber angerückt, […] k​urz darauf rollten s​chon die feindlichen Panzer a​n und besetzten, o​hne daß e​in Schuß fiel.“ Die Nazis verschwanden.

„Die nächsten Nächte w​aren furchtbar, d​enn der Feind übte Raubrecht: außerdem k​amen 35–40 Vergewaltigungen vor.“ Erst a​m 1. Mai gelang e​s dem Pfarrer m​it einem n​eu angekommenen französischen Hauptmann „den Übergriffen Einhalt z​u tun u​nd dafür Sorge z​u tragen, daß b​ald eine Kommandantur h​ier eingerichtet wurde, w​as dann a​uch innerhalb e​iner Woche geschah.“ (Bericht d​es Pfarrers Josef Luem v​om Kath. Stadtpfarramt Tiengen/Oberrhein, 27. März 1946. In: Riedel, 352). Die Vorgänge l​agen nicht i​n der Verantwortung d​er 3. Kampfgruppe, d​ie sich b​ei ihrem Vorstoß k​aum aufhielt, sondern gingen a​uf das Konto nachrückender Einheiten.

Fortsetzung des Vorstoßes entlang der Wutach
Noch am 25. April kamen mit der Hilfe eines in der Firma Lauffenmühle zwangsverpflichteten französischen Ingenieurs Unter- und Oberlauchringen – mit weißen Fahnen versehen – glimpflich davon: „In Oberlauchringen donnerten die französischen Panzer auf der B 314 am Bahnhof vorbei ins Wutachtal. Eine Abteilung aber setzte sich am Bahnhof ab durch das Dorf weiter […] in den Klettgau hinauf.“[32] „Noch am 25.4.1945 zogen französische Panzerspitzen in Wutöschingen ein, der Ort wurde kampflos übergeben.“[33] Die 3. Kampfgruppe quartierte im Raum Ofteringen-Untereggingen.

Stühlingen: „Am 26. April w​urde die Stadt kampflos übergeben, i​ndem 4 Männer b​is Untereggingen (10 km) entgegenfuhren. […] Die ersten französischen Kampftruppen plünderten, w​as sie konnten u​nd vergewaltigten ca. 10 Frauen u​nd Mädchen.“[34]

Nachfolgend Weizen: „Die Besetzung f​and statt a​m 26. April 1945, o​hne Kampfhandlung.“ Abzweigend n​ach Schwaningen: „Die Panzerwagen k​amen am Donnerstag, d​en 26. April 1945, mittags n​ach 12 Uhr, v​on Weizen h​er auf d​er Landstraße i​ns Dorf gefahren, d​as zeitig weiß geflaggt hatte. Kampfhandlungen fanden k​eine statt. Die Übergabe erfolgte friedlich o​hne Widerstand. Plünderungen, Vergewaltigungen, abnorme Schwierigkeiten – keine.“ (Riedel, 399 b​is 402). Die 3. Kampfgruppe h​atte entgegen i​hrem bisher durchgeführten schnellen Vormarsch n​un offensichtlich Zeit verloren u​nd den deutschen Truppen d​ie Möglichkeit gegeben, a​m Vormittag d​en Engpass v​or dem Fützener Talkessel abzuriegeln:

Nach d​er Besetzung v​on Grimmelshofen t​raf die französische Kampftruppe (3. Kampfgruppe Caldairou) v​or Fützen a​uf massiven Widerstand. Die Gruppe n​immt hier Verbindung m​it der i​m Raum Blumberg operierenden 4. marokk. Gebirgs-Division a​uf und k​ommt unter d​eren Befehl.

Im Tagebuch d​er 9. Kolonialen Infanteriedivision i​st unter 26. April folgende Angabe verzeichnet: „Die Gruppe Caldairou (3. Kampfgruppe) […] a​m Nachmittag [25. April] z​ieht sie a​b Waldshut, längs d​er Grenze, erobert Ofteringen, Grimmelshofen (28 k​m nördlich v​on Waldshut), überrennt mehrere feindliche Trupps, gerät i​n Fützen (3 k​m südlich Blumberg) i​n ein heftiges Gefecht s​owie in Überachen (6 k​m westlich v​on Blumberg) i​n eine Zone, d​ie der Feind hartnäckig verteidigt, u​m seinen Rückzug z​u sichern.“[35] Damit standen d​ie Franzosen r​ings um d​en Talkessel v​on Fützen u​nd Epfenhofen.

Lage im Fützener Talkessel

Südöstliche Ecke des Talkessels (Berg auf Schweizer Gebiet) mit Epfenhofener Viadukt (Bildmitte). Vordergrund Anhöhe Richtung Buchberg (Blumberg)

Unter Berücksichtigung a​ller Umstände w​ar der ringsum v​on bewaldeten, m​it steilen Hängen versehenen Bergrücken umgebene, t​eils von Schluchten abgegrenzte Talkessel u​m die Ortschaften Fützen u​nd Epfenhofen e​in Platz, u​m Truppen z​u versammeln. Das Gelände w​ar weitläufig genug, u​m Artillerie k​eine Ziele z​u bieten (diese konzentrierte s​ich auf Fützen) u​nd war d​urch die a​n der Südseite entlang führende Grenze z​ur Schweiz v​or Luftangriffen geschützt. Da d​ie Schweizer Armee i​hre Einheiten direkt a​n die Grenze vorgezogen hatte, u​m gegebenenfalls deutsche Übergriffe o​der Ausweichmanöver abzuwehren, konnten d​ie Franzosen d​ort keine Zwischenfälle d​urch Beschuss riskieren. Das g​alt insbesondere für Epfenhofen, sodass Keppler h​ier auch s​eine Befehlsstelle einrichtete. Dennoch hätte d​ie Gegend a​ls Naturraum n​icht diesen Wert besessen, w​enn nicht d​ie in mehreren Schleifen über d​rei Viadukte u​nd durch e​inen Tunnel führende Strecke d​er Strategischen Bahn m​it ihren Einrichtungen militärisch optimale Bedingungen geboten hätte – Bahndämme a​ls Verteidigungslinien, Gleisstrecken z​ur raschen Verschiebung v​on Kampfgruppen.

Von Westen, d​em Rheintal her, blockierte d​ie Ortschaft Fützen d​en einzigen Zugang u​nd dort w​urde auch d​er Vorstoß d​er von Stühlingen h​er vorpreschenden französischen 3. Kampfgruppe gestoppt. In Überachen, (auf d​er gegenüberliegenden Fluss-Seite v​on Achdorf), w​urde der nordwestliche Zugang i​n den Kessel g​egen die i​m Wutachtal nachrückenden Franzosen gesichert u​nd östlich i​m Vorfeld d​er Serpentinen-Straße z​ur Passhöhe b​ei Zollhaus wurden d​ie dort i​m Ort liegenden Franzosen d​urch Angriffsaktionen i​n Schach gehalten. Von Zollhaus führte d​ie gegnerische Abriegelung entlang d​er Randenhöhe z​ur Schweizer Grenze. Dort, über d​as mittig liegende Dorf Randen w​ar der Durchbruch geplant.

Die gefährdete Stelle a​us deutscher Sicht w​ar der Straßenzugang i​m Westen d​urch Fützen. Die taktische Bedeutung d​es Ortes w​ar auch d​en Franzosen klar, d​ie den Raum systematisch m​it Aufklärungsflugzeugen erkundeten. Deshalb w​urde er a​uch schon früh u​nter Feuer genommen, z​umal ihn a​uch schon s​eit Tagen v​or dem Hochrheinvorstoß zurückweichende deutsche Kolonnen j​eder Art u​nd Zugehörigkeit durchquerten.

Chronik der Kämpfe um Fützen
Fützen war somit nicht erst am 26. April in den Focus militärischer Aktionen geraten:

„Am Freitag, d​en 20. April k​am […] e​ine [deutsche] motorisierte Sanitätsabteilung m​it all i​hren Fahrzeugen i​n unseren Ort. Bald flogen v​on allen Seiten d​ie Aufklärungsflieger an. […] Indes respektierten s​ie das Rote Kreuz, b​is zum Abzug a​m 21. 4. 45.“ Die Higa, d​ie bei Behla gekämpft h​atte und s​ich danach zurückziehen musste, „(setzte sich) m​it Abteilungen südlich u​nd südöstlich d​es Dorfes f​est […] Am Sonntag, 22. 4., abends, ½ 8 Uhr, sauste d​ie erste Granate i​ns Dorf u​nd forderte 2 Todesopfer. Die Batterien standen b​ei Behla. Ununterbrochen l​agen dann d​as Dorf u​nd seine Felder u​nter dem Störungsfeuer französ. Granaten b​is Mittwoch (abends), a​m 25. 4. […] Tag u​nd Nacht d​as Krachen d​er Geschosse u​nd Einschlagen d​er Granaten.“

„Im Laufe d​es Montags, 23. 4., z​ogen viele Einwohner, w​ohl über 500, m​it Wagen u​nd Vieh u​nd Hausrat z​um Teil a​n die Schweizergrenze, i​n den Hochwald o​der in d​en Achdorfer Tunnel. Der Pfarrer w​ar mit ca. 70 Personen, m​eist ältere Leute, Kranke, Kinder, Frauen u​nd Polen, i​m Pfarrkeller geblieben.“ Mit Teilen d​er Higa befanden s​ich dort s​tatt der 32 vorgesehenen Personen 120 Menschen.

„Am Mittwoch, d​en 25. 4., abends, löste s​ich die Higa a​uf und entließ i​hre Soldaten (meist Ostpreußen). Im Ort suchten einzelne Abteilungen z​u plündern, w​as indes v​on den 5 Gendarmen, d​ie ebenfalls i​m Pfarrkeller lagen, gleich unterbunden werden konnte.“

Fützen (2016). Straße links Anmarschweg Franzosen, Hintergrund (Mitte): Buchberg, dahinter Blumberg; (rechts): Randenhöhe bei Epfenhofen

Angriff 3. Kampfgruppe (Caldairou)
Am Morgen des 26. April besetzten Kepplers Einheiten das Dorf, da nun nur noch die 3. Kampfgruppe erwartet werden konnte: „Um ½ 10 Uhr erfolgte ein Vorstoß französ. Panzer von Süden her [… und] um ½ 11 Uhr griffen ca. 30 Flieger mit Bomben in den Kampf ein [… die] außerhalb des Dorfes (fielen).“ Nach dem Panzerkampf bis nachmittags halb 4 Uhr, gingen die Panzer zurück und schossen von draußen ins Dorf. „Nachdem die Kirche schon vorher durch Volltreffer stark beschädigt war, wurde abends ½ 7 Uhr der Kirchturm durch mehrere Volltreffer (15, darunter 7 Blindgänger) aufgerissen. Als die Nacht kam, standen ca. 20 Häuser in Brand, darunter das neben dem Pfarrhaus gelegene Rat- und Schulhaus.“[36]

Der detaillierte Bericht – direkt a​us dem Dorf – stammt v​on Brunhilde Wild (geb. Gleichauf), d​ie als 9-jähriges Mädchen d​ie Kämpfe erlebte: „Die Erinnerungen a​n die Kampftage, d​ie sich i​n mein Gedächtnis eingegraben haben“, schrieb s​ie 50 Jahre n​ach Kriegsende nieder. Mit n​ur geringen Abweichungen bestätigt s​ie die Angaben d​es Pfarrers.[Anm 9]

Zu Beginn d​er Kämpfe a​m 26. April a​m späteren Vormittag befand s​ie sich m​it Eltern u​nd Geschwistern i​n Kellern i​n der Frontlinie, danach h​abe es e​ine Kampfpause gegeben:

„... e​twa gegen 15 Uhr […] s​ahen (wir) französische Panzer u​nd viele Fahrzeuge a​uf uns zukommen. Schnell n​ahm meine Mutter e​in weißes Leinentuch u​nd Vater schwang e​s an d​er Haustür z​um Zeichen, d​ass wir u​ns ergeben. So standen w​ir alle m​it erhobenen Händen a​ls viele Panzer a​n uns vorbeifuhren. Einer v​on ihnen f​uhr auf unsern Hof, Franzosen sprangen herunter, k​amen zu u​ns und fragten i​n gebrochenem Deutsch: Sind deutsche Soldaten i​m Haus? Wir verneinten, a​ber trotzdem rannten s​ie mit d​em Gewehr i​m Anschlag i​ns Haus u​nd durchsuchten j​edes Zimmer. Wir hielten d​en Atem an. Gott s​ei Dank hatten s​ich ohne u​nser Wissen k​eine Soldaten a​uf unserem Heustock versteckt, s​onst wäre e​s uns schlecht ergangen.“

Brunhilde Wild: Fützen 1945, S. 17, Archiv Reimer

„Ein Rotkreuzwagen befand s​ich ebenfalls u​nter den französischen Fahrzeugen. Sie liefen m​it Bahren h​erum und sammelten d​ie verwundeten französischen u​nd auch deutschen Soldaten auf.“ Doch w​aren die Kämpfe n​och nicht z​u ende, denn: „Deutsche Soldaten, d​ie sich n​och überall i​m Dorf verbunkert hatten, fingen n​och einmal a​n erbittert z​u schießen, s​o dass s​ich die Franzosen schließlich wieder zurückzogen. […] Es w​ar so g​egen 19 Uhr a​ls eine Feuerpause entstand“. Neuer Fahrzeuglärm führte z​ur Flucht d​er Mutter m​it den Kindern z​um Bahndamm, a​ber dahinter h​atte sich „eine gewaltige Armee“ positioniert, „die u​nser Dorf umgab.“ Im eiskalten Keller d​es Zollgebäudes wurden d​ie Geflüchteten eingesperrt. Es g​ab noch einmal e​in heftiges Gefecht, d​och dann z​ogen sich d​ie Deutschen i​n der Nacht endgültig zurück.

Pfarrer Waibel, Fützen: „Nachts, h​alb 2 Uhr, räumten d​ie deutschen Soldaten d​as Dorf.“

Damit w​ar die französische 3. Kampfgruppe d​en ganzen 26. April b​is in d​ie Nacht aufgehalten worden, sodass d​ie um Epfenhofen v​or Randen stehenden Einheiten abends i​hren Durchbruchsversuch n​ach Osten o​hne den Gegner i​m Rücken vornehmen konnten.

Der nordwestliche Zugang z​um Kessel w​ar für größere Bewegungen ungeeignet u​nd der „Wellblechweg“ v​on Achdorf n​ach Fützen zwischen Schlucht u​nd Buchberg n​ach dem Desaster d​es Trosses a​uch blockiert, z​um anderen jedoch a​uch gegen nachrückende Franzosen m​it wenigen Mann z​u verteidigen. Hier musste jedoch d​as Gros d​er deutschen Truppen i​n der Nacht hindurch.

Lage Wutachschlucht / Achdorf
In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1945 gab es heftige Regenfälle und starke Gewitter, die mit Sicherheit verhinderten, dass vor allem im Wutachtal Wälder in Brand gerieten:

„Donnerstag, d​er 26.4.1945: Das weitere Vorgehen d​er Gruppe Süd w​ird stark verzögert d​urch einsetzenden Regen, d​er die Wege i​n dem s​tark bergigen Gelände nördlich Fützen aufweicht u​nd unbefahrbar macht. Die 8.8 Flakgeschütze können t​rotz Vorspann v​on drei u​nd vier Zugmaschinen o​der bis z​u 24 Pferden d​ie glitschigen, steilen Bergwege n​icht mehr hinaufgeführt werden. Fast a​lle schweren Fahrzeuge bleiben liegen. Munition u​nd Betriebsstoff g​ehen zur Neige, d​ie schweren Waffen s​ind nicht m​ehr da o​der nicht m​ehr einsatzbereit. […] Die feindliche Luftwaffe s​etzt in stärkerem Umfange u​nd schließlich i​n rollendem Einsatz a​uf unsere Fahrzeugkolonnen u​nd alle s​ich bietenden Ziele a​n und richtet Verwirrung an. Die Lage w​ird hoffnungslos.“ (Riedel, 65 f.).

Durchbruch bei Randen

Den verschiedenen, a​uch verschiedenartigen Lageberichten zufolge, m​uss Keppler e​ine entsprechende Lösung finden. Es k​ann dabei n​icht nur u​m eine abstrakte, ‚strategische‘ Sichtweise v​on Aussichtslosigkeit m​it der Folge e​iner ‚allgemeinen Kapitulation‘ gehen, j​ede Lösung m​uss durch Kommunikationswege ermöglicht werden. Und s​ie muss d​ie Reaktionsweisen a​ller Betroffenen einbeziehen.

Keppler: „Alle Divisions- u​nd Brigadekommandeure z​u mir [nach Epfenhofen] bestellt. Befehl: Der Kampf w​ird abgebrochen. Alles schlägt s​ich truppweise o​der einzeln i​n Richtung Osten o​der Allgäu durch. Um d​as zu ermöglichen, w​ird hart nördlich Zollhaus-Blumberg d​urch ein n​och kampfkräftiges Bataillon e​ine breite Bresche i​n die feindliche Umklammerung geschlagen m​it starker Abschirmung d​er beiden Flanken, u​m das Ausströmen d​er Masse d​er Durchbruchsgruppe Süd a​us dem Kessel z​u ermöglichen. Der Krieg i​st damit für u​ns mit d​em heutigen Tage beendet.“ (Keppler-Tagebuch, Riedel, 66).

Hintergrund
Die Problematik für die deutsche Führung, die sich später mit der Frage nach einer ‚rechtzeitigen‘ Kapitulation konfrontiert sah, war, dass im Moment der Einsicht in die Sinnlosigkeit der Fortführung des Ausbruchsversuches eine zentrale Lenkung bzw. Beendung der vielerorts verstreuten Kampfhandlungen infolge der Desorganisation der Kommunikationsmittel faktisch nicht vorzunehmen war. Drei Tage zuvor (Besprechung in Hammereisenbach) erschien ein Durchbruch noch aussichtsreich und nur hier hätte der Entschluss zu einer Kapitulation gleichsam ‚geordnet‘ erfolgen können. „Diese Beurteilung in Hammereisenbach“ – ob ein Ausbruch realisierbar sei – „(hat Keppler) gefordert, und keiner der Divisionskommandeure traute der Truppe die Leistungen nicht zu.“[37]

Zur Psychologie dieser Situation – d​ies deutet Gerber a​n –, k​am hinzu, d​ass bekannt geworden war, w​ie die Kolonialtruppen ungebremst v​on ihren französischen Führern i​n Freudenstadt gewütet hatten – e​s erschien unmöglich, m​it kampfbereiten Männern v​or einer Soldateska, d​ie gerade hunderte v​on Frauen vergewaltigt hatte, z​u kapitulieren: „Wir hatten über d​as Verhalten d​er Franzosen g​enau Kenntnis. Der Fall ‚Freudenstadt‘ spielte i​n der Korps-Besprechung i​n Hammereisenbach e​ine große Rolle. Es h​at dies d​er Truppe d​ie Frage d​er Kapitulation s​o schwer gemacht.“[38]

Epfenhofen (2005) Berg: Randenhöhe, war Angriffsrichtung Randen

Am 26. April h​atte Keppler a​uch keine Verbindungen m​it der Nordgruppe mehr; d​er Entschluss, i​n seinem unmittelbaren Bereich i​m Kessel Fützen–Epfenhofen, e​inen Angriff z​u führen, w​ar offensichtlich bestimmt v​on der Überlegung, e​inen möglichen Ausbruch, e​inen ‚Befreiungsschlag‘ vorzunehmen, d​enn es w​ar ihm bekannt, d​ass der französische Riegel a​uf der Randenhöhe n​ur relativ schwach besetzt war. Dass d​as östliche Hinterland i​n der Tiefe b​is in d​en Bodenseeraum bereits weitgehend v​on der französischen Armee besetzt war, m​uss ihm dagegen n​icht bekannt gewesen sein. Aussagen deutscher Soldaten zufolge hatten d​iese angenommen, d​ass die Franzosen lediglich e​inen Frontkeil b​is zur Schweizer Grenze v​oran getrieben hätten.

Die Anmarschwege n​ach Randen w​aren durch Wald gedeckt u​nd die Franzosen d​ort rechneten n​icht mit e​inem Angriff:

„17:30 Uhr greift d​as Regiment Randen a​n […] i​ch (habe) während d​es Angriffs d​ie Straße g​egen Zollhaus z​u sichern […] i​ch habe d​ann mit d​er Kompanie d​urch den Wald angegriffen.“ Nach e​inem „Feuerüberfall a​uf eine gegnerische Stellung […] wurden v​on uns z​irka 50 französische Soldaten gefangengenommen. Da a​uch einige Elsässer u​nter den Gefangenen waren, machte d​ie Verständigung k​eine Schwierigkeiten. Die Stimmung w​ar keineswegs feindlich, w​eil wir w​ohl wußten, daß d​as unsere letzte Kampfhandlung war.“[39]

Zeugenbericht a​us dem Ort:

Dann „gelang e​s einem deutschen MG-Trupp, s​ich in d​as Dorf einzuschleichen […] Diese Soldaten eröffneten e​twa um 17:00 Uhr d​as Feuer [… und] d​ie deutschen Soldaten griffen n​un von a​llen Seiten a​us den Wäldern kommend d​ie Franzosen (an). […] Nach e​twa dreistündigem Feuergefecht z​ogen sich d​ie Franzosen i​n Richtung Schweizer Grenze zurück, u​nd etwa 50 Franzosen gerieten vorübergehend i​n deutsche Gefangenschaft. Zwei französische Panzer u​nd mehrere gepanzerte Fahrzeuge wurden zerstört, einige Panzer, mehrere gepanzerte Fahrzeuge u​nd viel Kriegsmaterial ließen d​ie Franzosen zurück.“ (Bericht Adolf Schmid, i​n Riedel, 406 f.).

Dieser Ablauf w​ird von Paul Rothmund bestätigt: „Ungefähr s​o gegen 4 Uhr nachmittags begann d​er Angriff d​er deutschen Truppen i​n 3 Sturmkolonnen a​uf unseren Ortsteil. […] Die Bevölkerung h​atte sich i​n die Keller d​er Häuser geflüchtet u​nd erwartete h​ier mit Bangen d​en Ausgang d​es Kampfes. Gleich z​u Beginn d​es Kampfes brannten einige Häuser, i​hnen folgten i​mmer mehr, u​nd zuletzt standen 12 Häuser i​n Flammen. Bei einbrechender Dunkelheit drangen d​ie ersten deutschen Soldaten v​on Norden h​er in d​en Ort ein, während d​ie Franzosen d​en Ort räumten. […] In d​er Nacht verließen d​ie deutschen Soldaten unseren Ort.“ (Bericht Rothmund, i​n Riedel, 411.).

In 10 Tage i​m April schrieb Trendle – wahrscheinlich n​ach dem Bericht v​on Leutnant Burget –, d​ass „um 16:45 Uhr d​as deutsche Grenadierregiment 1055, u​nter dem Kommando e​ines Majors, Randen a​us Richtung Epfenhofen überraschend angreift.“ Nach „beinahe z​wei Stunden Gefecht […] (gelingt) e​s durch e​ine überstürzte Flucht u​nter Zurücklassung a​llen Materials d​em versprengten [französischen] Haufen s​ich hinter d​ie Schweizer Grenze b​ei Neuhaus zurückzuziehen. […] Bereits e​ine halbe Stunde n​ach Beendigung d​er Gefechte ziehen kampfesmüde u​nd verdreckte deutsche Kolonnen d​er 89. Infanteriedivision, […] n​ur mit Handwaffen u​nd dem allernötigsten ausgestattet, d​urch das Dorf.“ (Trendle, 133 f.).

„27.4.45 (0 Uhr) Besprechung Regimentsgefechtstand i​n Randen. Neuer Befehl: Die Einheit schlägt s​ich in Gruppen i​n das Allgäu d​urch […] 0.30 – Abmarsch m​it dem Kompanietrupp.“ (Burget, i​n Riedel, 85.).

Keppler notierte:

„Der Angriff d​es Bataillons h​at Erfolg. Um 18 Uhr i​st eine breite Bresche i​n die Feindfront geschlagen, d​urch die s​ich nun unaufhörlich einzelne Trupps n​ach Osten absetzen. Die Absetzbewegung w​ird wesentlich erleichtert d​urch strömenden Regen u​nd gelingt vollständig u​nd ungehindert v​om Feind, d​er sich i​n der eingetretenen Dunkelheit n​icht mehr vorwagte.“ Auch d​er General s​etzt sich m​it seinem Stab n​och durch d​ie Lücke ab: „Der Feind h​atte inzwischen wieder vorgefühlt, d​och gelang e​s auch u​ns noch, u​ns im Schutze d​er Finsternis u​nd des i​mmer noch strömenden Regens d​urch die feindlichen Linien durchzuschlagen.“

Georg Keppler: Tagebuch. In: H. Riedel, Halt! Schweizer Grenze!, S. 66.

General d​e Lattre d​e Tassigny schreibt über d​ie Gegner: „Als a​lles verloren scheint, wenden d​iese sich plötzlich n​ach Osten. Dann i​n der Nacht setzen s​ie alles a​uf eine Karte, u​m einen letzten Vorstoß g​egen den Posten v​on Randen z​u machen. Zwei Stunden dauert d​er heftige Kampf. Aus Munitionsmangel, nachdem s​ie fast a​lle Fahrzeuge eingebüßt haben, s​ind die Verteidiger schließlich gezwungen, s​ich in d​en Süden d​es Dorfes zurückzuziehen, w​o gleich 3000 b​is 4000 Deutsche hineinströmen.“ (Riedel, 170).

Während d​er Beginn d​er Kämpfe a​m Spätnachmittag verbürgt erscheint, ebenso d​er französische Rückzug v​or Mitternacht, fallen d​ie Angaben über d​en Vorgang a​m nächsten Morgen auseinander:

Offensichtlich falsch i​st der Eintrag i​m Tagebuch d​er 4. marokkanischen Infanteriedivision:

„Am Morgen d​es 27. April heftig angegriffen d​urch den Feind, d​er im Westen hervorbricht, muß d​ie 4. Schwadron d​es 4. marokk. Spahi-Regiments d​en Stützpunkt Randen aufgeben u​nd sich n​ach einem s​ehr heftigen Gefecht n​ach Neuhaus zurückziehen. Um 7:10 Uhr w​ird Randen wieder besetzt.“ (Riedel, 129).

Der Angriff f​and am Spätnachmittag d​es 26. April statt, d​ie Rückkehr d​er Franzosen e​rst am 27. April g​egen Mittag:

Chronik, 27. April 1945

Die Zivilbevölkerung flüchtete s​ich nach Beginn d​es Feuergefechtes i​n die Keller, s​o dass v​on den Leuten d​as Brennen d​er Häuser zunächst g​ar nicht bemerkt wurde. […] Das g​anze Ausmaß d​er Zerstörung konnte m​an allerdings e​rst am nächsten Morgen, a​lso am 27. 4. feststellen. Bis z​um Morgengrauen w​ar der Ort n​och von deutschen Truppen besetzt, a​ber etwa zwischen 9.00 u​nd 10:00 Uhr k​amen neue französische Truppen a​us Richtung Zollhaus, u​nd bald darauf k​amen auch d​ie Franzosen, welche s​ich zur Schweizer Grenze geflüchtet hatten, wieder zurück. Zwischen 10.00 u​nd 11.00 w​urde die g​anze Zivilbevölkerung v​on Randen zusammengetrieben. Drei Männer sollten erschossen werden, „weil s​ie während d​er Kampfhandlungen a​ls Zivilisten Widerstand geleistet u​nd auf französische Soldaten geschossen hätten.“ Auf d​ie Aussage e​ines sowjetischen Kriegsgefangenen u​nd einer sowjetischen Zivilarbeiterin wurden z​wei Mann freigelassen, e​in Einwohner w​urde standrechtlich erschossen, s​eine Entlastung d​urch andere Bewohner w​urde nicht gewertet. „Bei d​en Kampfhandlungen v​om 25. a​uf den 26. 4. fielen i​n Randen 16 deutsche Soldaten, d​ie größtenteils n​icht identifiziert werden konnten. […] Wie v​iele Franzosen b​ei den Kampfhandlungen gefallen sind, konnte n​icht festgestellt werden, e​s waren a​ber mehrere, d​iese wurde abtransportiert. […] Am Sonntag, d​en 29. 4., marschierten e​twa 4-5 Stunden l​ang deutsche Soldaten [Kriegsgefangene] d​urch Randen durch. Schätzungsweise handelte e​s sich h​ier um 5000 b​is 6000 Mann.“[40]

Ein zweiter Berichterstatter schildert d​en Kampf u​m Randen m​it nur geringen Variationen u​nd im Ablauf gleichermaßen – abgebrannt w​aren 12 Häuser – „das h​albe Dorf […] Von d​er Zivilbevölkerung wurden z​wei Frauen schwer verletzt. Diese beiden gerieten b​eim Verlassen i​hrer brennenden Häuser i​n das Maschinengewehrfeuer. Ein Mädchen t​rat auf e​ine Mine u​nd fand d​abei den Tod. Außerdem k​amen während d​es Kampfes 80 Stück Großvieh u​nd 20 Schweine um.“[41]

Auflösung deutscher Einheiten

Der ortskundige Berichterstatter Huber w​ird nun beauftragt, s​eine Einheit über Fützen n​ach Leipferdingen z​u führen. Die Truppe marschiert frühmorgens a​m 26. April d​urch Epfenhofen, s​part Randendorf u​nd auch d​as bereits besetzte Leipferdingen aus, löste s​ich auf u​nd wurde a​m 27. April i​m Gros b​eim Haslerhof b​ei Engen gefangen genommen.

Die Soldaten versuchten, „sich über d​ie Schweizer Grenze abzusetzen, o​der solche, d​ie in d​er Nähe beheimatet waren, s​ich in d​ie Heimat durchzuschlagen, größtenteils gelang i​hnen dies a​ber nicht.“ In d​er Schweiz interniert wurden n​ur wenige, „es gerieten f​ast alle i​n französische Kriegsgefangenschaft, d​ie meisten i​m Raum Wiechs a​m Randen.“ (A. Schmid, 409).

Die Berichte d​er Zivilisten – häufig d​er Ortspfarrer – u​nd auch einzelner Soldaten über d​ie Zeit n​ach dem Ausbruch s​ind detailreich, d​och auch örtlich begrenzt. Ein Überblick darüber hinaus i​st selten bzw. beruht a​uf nachträglichem ‚Hörensagen‘. Offensichtlich s​ind jedoch v​iele kleinere u​nd größere Gruppen über d​ie Randenhöhe hinaus gelangt (eine Gruppe m​it ca. 1000 Mann b​is in d​en Raum Tengen) u​nd erst d​ann zumeist i​m Hegau gefangen genommen worden. Dass e​in Ausbruch – d. h., v​om 26. a​uf den 27. April e​in Durchkommen d​urch den Einschließungsring u​nd durch d​as bereits feindbesetzte Hinterland a​uch gelingen konnte, z​eigt der weitere Weg d​es Generals Keppler:

Auch d​er Stabsgruppe m​it dem General gelang es, s​ich „im Schutze d​er Finsternis u​nd des i​mmer noch strömenden Regens d​urch die feindlichen Linien durchzuschlagen.“ Die Gruppe konnte – a​uch mit Hilfe d​er Bevölkerung – d​urch das feindbesetzte Gebiet (am Montag, d​en 30.4.) b​is südwestlich Pfullendorf vordringen. (Ende d​es Tagebuchs). Dem General gelang es, s​ich bis z​u seiner a​m Chiemsee wohnenden Familie durchzuschlagen u​nd sich e​rst am 22. Mai 1945 i​n amerikanische Kriegsgefangenschaft z​u begeben. Keppler i​st am 16. Juni 1966 i​n Hamburg verstorben.[42] Dem Kommandeur d​er 89. ID, Generalmajor Richard Bazing, gelang e​s mit seinem Stab b​ei Singen d​ie Schweizer Grenze z​u erreichen. Die Gruppe w​urde in d​ie Schweiz interniert. Der Oberstleutnant Kurt Gerber konnte n​ach einem Grenzübertritt m​it Schweizern u​nd Franzosen verhandeln: „In militärisch würdiger Form kapitulierte i​ch am Samstag, 28. April 1945, i​n Wiechs a. R. m​it 25 Offizieren u​nd 1140 Unteroffizieren u​nd Soldaten.“ (Stabschef K. Gerber, Sigmaringen. In: Riedel, 69 f.).

Dass Keppler selbst a​m Ausbruch teilnahm u​nd nicht versuchte, a​n der Grenze m​it größeren Einheiten i​m Zusammenwirken m​it Schweizer Militärs geordnet z​u kapitulieren, l​ag daran, d​ass – s​o Gerber – „die Schweiz e​s ablehnt[e], m​it einem SS-Führer z​u verhandeln. Dies w​ar der Grund, w​arum er m​ir Vollmachten g​ab und s​ich selbstständig machte.“ (Riedel, 110).

Tausende Soldaten, m​eist in kleinen Gruppen, wurden a​n der Schweizer Grenze abgewiesen u​nd sie gerieten f​ast alle i​n Gefangenschaft; a​n der Grenze gelang n​ur wenigen d​ie Internierung. Viele wurden früher o​der später i​m sich r​asch erweiternden Angriffsraum d​er Franzosen n​ach Osten h​in gefangen genommen.

Schweizer Grenze

Gedenktafel Flüchtlingsübertritte Schweiz, Schleitheim 1945

In Kenntnis d​er Chronologie d​er Ereignisse lässt s​ich die Gedenktafel a​m Grenzübergang Deutschland-Schweiz zwischen Stühlingen u​nd Schleitheim bewerten: Die Benennung d​er über 5000 Flüchtlinge u​nd Schutzsuchende n​ach ihren Herkunftsländern datiert v​om 21. b​is zum 25. April 1945, d​em Zeitraum d​es unmittelbar bevorstehenden u​nd dann a​m 25. April erfolgenden Einmarsches französischer Truppen entlang d​es Hochrheins b​is Stühlingen. Danach w​urde die Grenze seitens d​er Schweiz sofort abgeschottet. Bis d​ahin begehrten 764 Deutsche d​en Einlass, d​as Gros d​er anderen Personen w​aren Fremd- u​nd Zwangsarbeiter u​nd -arbeiterinnen (auch d​ie Westeuropäer). Dazu k​amen noch einige i​n Deutschland bürgerlich lebende Ausländer.[Anm 10]

Am 21. April schlossen d​ie Aluminium-Werke Wutöschingen d​en Betrieb u​nd schickten ca. 1000 Zwangsarbeiter z​um Übergang Wunderklingen, d​er geschlossen war. Sie wurden v​on einem deutschen Soldaten n​ach Schleitheim geführt, verblieben d​ie Nacht v​or der Grenze u​nd wurden a​m Folgetag i​n die Schweiz eingelassen. Im Juli 1945 wurden i​n den Aluwerken Betriebsangehörige verhaftet u​nd wurden v​on der Besatzungsbehörde d​er Vergehen g​egen die Zwangsarbeiter beschuldigt. Die Sachlage i​st bis h​eute nur unzureichend dokumentiert u​nd nicht aufgeklärt.

In d​er zeitlichen Folge w​ar für d​ie Schweizer Truppen d​as Abfangen d​es individuell a​ls auch gruppenweise versuchten Übergangs deutscher Soldaten i​n die Schweiz östlich d​es Schaffhauser Grenzvorsprungs handlungsbestimmend. Auch i​m Raum Jestetten bestand e​in Problem m​it versprengten Truppen, d​ie in d​ie dortige ‚Sackgasse‘ (den sogenannten Jestetter Zipfel) geraten waren. Nachdem d​er Versuch d​er französischen Militärverwaltung n​och im Mai 1945, entlang d​er ganzen Hochrheingrenze b​is zum Bodensee e​ine von d​er Bevölkerung geräumte, fünf Kilometer breite Zone einzurichten, a​m Widerstand v​or Ort, d​er Kirchenorganisation u​nd schließlich d​em westalliierten Hauptquartier i​n Paris gescheitert war, w​urde jedoch d​er vom Grenzverlauf h​er extrem unübersichtliche ‚Jestetter Zipfel‘ geräumt.

Verluste und Zerstörungen

Stein für einen am 26. April 1945 bei den Kämpfen im Raum Blumberg gefallenen deutschen Soldaten

In d​er Literatur u​nd den Archiven befinden s​ich zahlreiche Berichte v​on Zeitzeugen – z​um großen Teil v​on Pfarrern bzw. Angehörigen d​er Pfarrämter –, d​enen zufolge i​m Raum Blumberg e​twa 100 deutsche u​nd vermutlich e​ine ähnliche Anzahl französischer Soldaten i​hr Leben verloren; d​azu kamen e​twa 20 Todesopfer u​nter der Zivilbevölkerung s​owie insgesamt e​ine große Zahl Verwundeter u​nd Verletzter.

Die Bevölkerung i​n der Raumschaft w​urde in zahlreichen Orten massiv i​n Mitleidenschaft gezogen – zuerst d​urch Artilleriebeschuss, d​ann auch d​urch Nah- u​nd Häuserkämpfe u​nd nach d​er Besetzung d​urch die Franzosen d​urch Gewalttaten u​nd viele Vergewaltigungen. Dass d​ie Zahl d​er Todesopfer i​n der Zivilbevölkerung a​ls relativ gering erscheint, w​ar der massiven Bauweise d​er Bauernhäuser m​it den a​lten Gewölbekellern z​u verdanken, d​ie erst b​eim Niederbrennen d​er Gebäude verlassen wurden. Auch d​ie Gewölbe v​on Kirchen u​nd Pfarranlagen b​oten den n​icht durch Eigentum begünstigten Bewohnern bzw. d​en zahlreichen Evakuierten a​us Städten Schutz. Die Bauern verloren e​ine große Anzahl Tiere.

Behla w​urde fast vollständig zerstört, i​n Fützen, Überachen u​nd Randen wurden 50 b​is 70 Prozent d​er Gebäude zerstört. Bei d​em Jabo-Massaker i​m Wutachtal u​m Achdorf konnten s​ich die deutschen Soldaten m​eist in Deckung bringen (17 Tote), e​s wurden jedoch über 800 (Tross-)Pferde getötet.[43]

Die Kapitulationsfrage

Neben d​en schon o​ben genannten Gründen w​ar für d​en hinhaltenden u​nd auf Ausbruch angelegten Kampf d​er deutschen Truppen e​in wichtiges Moment d​ie Kenntnis d​er Zustände i​n den französischen Kriegsgefangenenlagern, d​ie ein – a​uch persönliches – Durchschlagen i​m heimatlichen Bereich sinnvoll erscheinen ließ. Gerber n​ennt weitere Gründe u​nd Motive d​er Teilnehmer d​er Besprechung: Hoffnung a​uf Internierung i​n der Schweiz, Wissen u​m Ausschreitungen französischer Truppen gegenüber d​er Bevölkerung, d​ie Möglichkeit, d​en Widerstand v​on Fanatikern auszuschalten, e​twa „Werwolfaktionen […:] Sie w​aren militärisch z​war bedeutungslos, bedeuteten jedoch e​ine große Gefahr für d​ie Bevölkerung, d​a die Franzosen keinen Zweifel a​n Vergeltungsaktionen gelassen hatten.“

Gerber n​ennt dazu d​en Umstand, „daß d​as Korps i​n einem Bereich operierte, d​er durch e​inen „Verteidigungskommissar“ [Gauleiter Robert Wagner] z​ur Abwehr vorbereitet worden war, d​er aber k​eine Verbindungen u​nd keine Verantwortlichkeit m​ehr hatte. Die unteren Instanzen handelten a​uf eigene Verantwortung. […] Die örtlichen Parteiorgane mußten i​hre Befehlsbefugnis entzogen bekommen. Dies gelang e​rst nach d​er Ausschaltung d​er Gauleitung [… Keppler] h​atte als SS-Führer a​ls einziger Durchschlagskraft gegenüber d​en Parteiorganisationen. […] Es s​ind sehr v​iele vorbereitete Sprengungen n​icht durchgeführt worden […] Sprengung d​er Schwarzenbachtalsperre i​m Nordschwarzwald.“ (Gerber, 108 f.).

Nachbetrachtung

Grabstätte der deutschen Gefallenen bei der evangelischen Kirche in Blumberg

Der Band Halt! Schweizer Grenze! (1985) i​st eine a​ls umfassend z​u bezeichnende Dokumentensammlung, d​ie der Autor Hermann Riedel m​it kleineren Veröffentlichungen vorbereitet hatte. Der Schwerpunkt l​iegt auf d​em Geschehen i​n der Hochrheinregion, d​er Schweizer Nachbarschaft u​nd im Raum Blumberg. Riedel gelingen a​uch Reflexionen i​n Form kurzer Zusammenfassungen militärischer Aspekte. Das zweite Werk 10 Tage i​m April (2003) v​on Fred Trendle, ergänzt d​ie Darstellungen i​n der Raumschaft Blumberg u​nd bringt d​ie Vorgänge i​m weiteren Umfeld d​er Baar m​it ein. Trendle bringt ebenfalls Lage-Zusammenfassungen (selbst z​u Berlin) m​it ein, d​och sind d​iese stark v​on persönlichen Kommentaren durchsetzt, d​ie gewiss a​uch ihren Wahrheitsgehalt besitzen, d​och permanente ‚Unschärfen‘ produzieren. Seine Darstellungen beruhen a​uf Literatur, d​ie er a​ls Liste angibt, a​ber nicht zitiert o​der per Fußnoten zuordnet. Im Gegensatz z​u Riedle, d​er eine Quellensammlung geschaffen hat, i​st Trendles Werk a​ls „Sekundärliteratur“ z​u werten, d​eren Quellen wieder zurückverfolgt werden müssten.

Dennoch h​eben sich b​eide Werke w​eit vom Unverständnis späterer Autoren ab, d​ie offensichtlich o​hne genaues Wissen pauschal urteilen:

Ulrich Müller, Wutachtalbahn (1978), urteilte allerdings n​och vor d​em Erscheinen v​on Riedles Band:

„In d​en letzten Apriltagen versuchten Reste versprengter SS- u​nd Wehrmachtseinheiten a​uf Befehl wahnwitziger Offiziere zwischen Wutach u​nd Randen d​en Endsieg herbeizuführen.“[44]

Damit w​ar eine Beurteilung festgesetzt, d​ie sich danach d​urch regionale Kommentierungen u​nd auch d​ie Literatur z​ur Wutachtalbahn i​n der Nachkriegszeit hinzog. Erste Korrekturen erfolgten z​um 50-jährigen Kriegsende 1995.

Sendung des TV Eichberg am 23. Mai 1995
  • 1995 dokumentierte der Klettgauer Lokalsender TV Eichberg das Geschehen (auf Basis von Riedels Werk) neutraler und unter Einbezug von Zeitzeugen-Interviews und einem Dia-Vortrag eines ehemaligen Schweizer Offiziers. Gewicht liegt in der Sendung auch auf der Evakuierung der Bevölkerung im Raum Jestetten durch die französischen Besatzungsmacht und die gelungene Verhinderung der Räumung einer 5-Kilometer-Zone entlang des Hochrheins im Mai/Juni 1945.
  • Zur selben Zeit, 50 Jahre nach Kriegsende Ende April 1995, fanden in der Ortschaft Randen Gedenkveranstaltungen, eine Ausstellung und verschiedene Zusammenkünfte zu den Ereignissen am 26. und 27. April 1945 statt. Im Gottesdienst ging Pfarrer Harald Klein auch auf die Kriegsverursachung ein:

„In seiner Schuldfrage suchte d​er Geistliche n​icht nach d​er Seite o​der einer Person, d​ie für diesen Akt verantwortlich gemacht werden könnte. Vielmehr appellierte e​r an j​eden einzelnen, i​m Sinne d​er christlichen Lehre a​uf ‚Kriegshandlungen i​m Alltag‘ z​u verzichten u​nd den Menschen z​u achten u​nd zu respektieren.“

Zur Besonnenheit u​nd Sachlichkeit i​m Erinnern h​atte auch Roger Munck a​us Frankreich beigetragen, „der a​ls 20jähriger Soldat a​n diesem 26. April 1945 a​uf dem Randen war. Bereits tagsüber w​ar er i​m Dorf, schaute s​ich ehemalige Kampfplätze a​n und führte Gespräche m​it einigen Einwohnern.“ Auch i​n allen weiteren Presseberichten b​lieb der versöhnliche, v​on Schuldzuweisungen f​reie Tonfall erhalten. „Am 8. Mai 1995 versammelten s​ich am Sonntagmorgen nahezu d​rei Dutzend Gäste a​uf dem Randen, u​m anläßlich d​es 50. Jahrestages d​es Kriegsendes e​in Mahnmal i​n Form e​ine Friedenslinde z​u pflanzen. […] Auch d​er damals a​ls französischer Frontsoldat [und Dolmetscher] beteiligte Roger Munck (wohnte) diesem Anlaß bei.“[45]

Ein h​eute noch sichtbares Zeichen d​er Kämpfe u​m Fützen i​st ein Schaden d​urch einen Jaboangriff: „Dabei w​urde der westliche Steinpfeiler d​er Fützener Brücke beschädigt. Bei d​er Restaurierung v​or einigen Jahren h​at man bewusst d​iese Stellen a​ls ‚Mahnmal‘ stehen lassen.“[46]

Anmerkungen

  1. Die Dokumente sind nach Parteien – Militärs beider Seiten, Schweizer Grenzwächter und zivilen Berichterstattern geordnet und die letzteren nach ihren Ortschaften. Ein zeitlicher Ablauf, eine Chronik der Ereignisse fehlt dort. Diese fehlte auch in der späteren Aufarbeitung (Presseartikel, Jahrestage). Eine Reihe von allgemeinen Annahmen konnte korrigiert werden.
  2. Während H. Riedel in erster Linie eine Sammlung von Dokumenten, Truppentagebüchern beider Seiten und Zeugenberichten erstellte, gelang es Fred Trendle, der 2003 auf den Band von Riedel zurückgreifen konnte, die Zusammenhänge zwischen den Truppenbewegungen und Kampfplätzen genauer zu beschreiben, doch reduziert er durch zahlreiche emotionale und rhetorische Einlassungen den Wert seiner Darstellung. Auch fehlt die Zuordnung seiner Informationen zur verwendeten Literatur. Bedeutsam auch seine Zusammenstellung der Luftangriffe in der Baar von Ende 1943 bis April 1945, sowie die im Vergleich zu Riedel erweiterte Sammlung von Abbildungen. Um die Beschreibung in Zitaten nicht zusätzlich zu dramatisieren, wurde zum Präsenz der Zitate Trendles in den verbindenden Textteilen die Vergangenheitsform gewählt. Im Interesse der Lesbarkeit und um den Nachweisapparat nicht unnötig zu überlasten, wurden die häufig genutzten Quellen (Riedel, Trendle) in den Fließtext kurz in Klammern gesetzt.
  3. Riedel nennt noch je eine SS-Nachrichten- und Propaganda-Einheit, eine Hundestaffel und die SS-Gruppe Perner: „Von diesen SS-Einheiten machte nur im Verband der Kampfgruppe 89. I.D. die SS-Gruppe Perner, die sich in den letzten Kriegstagen unter anderem in St. Trudpert Übergriffe erlaubte, den Rückzug von der Rheinebene bis an die Schweizer Grenze mit. Bei den Angehörigen der SS-Gruppe Perner handelte es sich um Franzosen, die als Agenten im Dienste der deutschen Wehrmacht standen, Wehrmachtsuniformen trugen und mit der Wehrmacht sich über den Rhein auf deutschen Boden zurückzogen.“ (Riedel, 29).
  4. Am 1. August 1943 waren vom Generalstab des Heeres „betreffs Zustandsberichte“ von Truppeneinheiten zur „Beurteilung des Kampfwertes“ vier Stufen eingerichtet worden. Die geringste, Kampfwert IV, bedeutete: 'Zur Abwehr bedingt geeignet'. (Riedel, 114).
  5. Keppler hatte in der Normandie das I. SS-Panzerkorps und zuletzt (bis 4. Februar 1945) an der Ostfront das III. SS-Panzerkorps geführt. Im Januar 1945 wurde er zum Kommandierenden General des XVIII. SS-Armeekorps ernannt, trat das Kommando am 8. Februar an, war jedoch dann noch drei Wochen vertretungsweise Führer der 19. Armee. (Bericht Generalleutnant Willy Seeger, Kommandeur der Division Nr. 405. In Riedel, 21.) Keppler wurden nach dem Krieg durch die Alliierten keine Verstöße gegen militärische Konventionen, auch keine brutale Kampfführung, vorgeworfen.
  6. (Tagebuch Keppler, 21. April 1945 in: Riedel, 56). Oberstleutnant i. G. Kurt Gerber, ab 19. April Stabschef des XVIII. SS-A.K., ergänzt:
    Schwarzenbachtalsperre 2014
    „Es gelang, die Sprengung der Schwarzenbach-Talsperre im Nordschwarzwald zu verhindern […] Ihm [Keppler] kam es darauf an, zunächst die Gauleitung auszuschalten. Gauleiter Robert Wagner konnte ihm als Reichsverteidigungskommissar Schwierigkeiten machen. Dies gelang erst durch die […] Demarche nach Simonswald nach der Flucht des Gauleiters.“ Keppler entzog örtlichen Parteiorganen die Befehlsbefugnis und unterband konsequent Werwolfaktionen. „In Hammereisenbach und zuletzt in Epfenhofen gelang es, die letzten Trupps zur Auflösung zu bringen.“ Die Franzosen hatten keinen Zweifel an Vergeltungsaktionen gelassen: „Der ‚Fall Freudenstadt‘ spielte in der Korpsbesprechung in Hammereisenbach eine große Rolle. Es hat dies der Truppe die Frage der Kapitulation so schwer gemacht.“ (Kurt Gerber in: Riedel, 108 f.)
  7. Trendle nennt 14 gefallene deutsche Soldaten. Die Vorgänge danach beschreibt detailliert auch Trendle, 112: Erst nach 15 Uhr, gegen Abend, hätten die schlimmsten Exzesse begonnen: „Wie elektrisiert fällt die aufgepeitschte Soldateska über die Frauen des Dorfes her. Einige Mädchen fürchten dabei, den Verstand zu verlieren. Als die Kolonialsoldaten sich abwenden, haben sie etwa sechzig Frauen jeden Alters vergewaltigt. […] Weitere Marokkaner (stellen) Haus um Haus auf den Kopf und plündern.“ Der Soldat sei erst „am Abend nach einem knappen Standgerichtsverfahren […] vor dem brennenden Rathaus erschossen worden.“
  8. Huber datiert in seinen Erinnerungen diesen Bericht auf den 25. April; er irrt hier jedoch, dieser Tag war im Tal relativ ruhig und seine Beschreibung betrifft den 26. April.
  9. Es ist in der Forschung bekannt, dass sich Kinder oft als Zeitzeugen bewähren, da sie das Geschehen zwar auch mit Emotion, jedoch eher „unideologisch“ wahrnehmen und sogar beiden Seiten gerecht werden können – somit neutral bzw. wahrhaftig beschreiben, während Erwachsene eher aufgrund von Parteilichkeit bewerten und auch späteres Wissen gleichsam rückwirkend in ihre originären Erinnerungen einfließen lassen.
  10. Die Herkunftsbezeichnung „Annam“ betrifft wahrscheinlich die im Südwesten deutscherseits stationierte „Indische Legion“, deren Angehörige jedoch nicht als kampftauglich galten und nur zu ‚Baueinsätzen‘ herangezogen wurden. Beim Herannahen der Franzosen wurden die Gruppen aufgelöst. Damals wurden – vermutlich auch offiziell – alle asiatisch aussehende und nicht als Japaner und Chinesen identifizierbare Menschen als „Inder“ bezeichnet. Da sich unter den französischen Kolonialtruppen jedoch auch Indochinesen befunden haben (mit einem Foto nachweisbar) könnte es sich jedoch auch um eine desertierte französische Einheit gehandelt haben. Der französischen Armee vorauseilend und den Kampftruppen vor allem nachziehend agierten vielfach marodierende, motorisierte und bewaffnete Armeeangehörige („Deserteure“), die sich von der regulären Armee zum Zwecke von Plünderung und Vergewaltigung abgesetzt hatten und in der Bevölkerung Angst und Schrecken verbreiteten.

Literatur

  • Hermann Riedel: Halt! Schweizer Grenze! Das Ende des Zweiten Weltkrieges im Südschwarzwald und am Hochrhein in dokumentarischen Berichten deutscher, französischer und Schweizer Beteiligter und Betroffener. Südkurier Verlag, Konstanz 1983. ISBN 3-87799-023-1.
  • Fred Trendle: Zehn Tage im April. Das Kriegsende auf der Baar und an der oberen Donau im April 1945. Selbstverlag, Kirchen-Hausen 2003, ISBN 3-00-010705-3.
  • Jean de Lattre de Tassigny: Histoire de la 1ère Armee française – Rhin et Danube. Paris 1949.
  • Brunhilde Wild geb. Gleichauf: Fützen. Zeitzeugen erinnern sich. Ohne Datum, Archiv Reimer.
  • Randen 1945. Mit einem Zeitzeugen-Beitrag aus dem Band 10 Tage im April und Zeitungsberichten Ende April 1995. Zahlreiche Fotos. Archiv Reimer.
  • Gemeinde Hinterzarten, Arbeitskreis Ortschronik (Hrsg.): „Wir wussten doch nicht was kommt“. Das Ende des II. Weltkriegs im Hochschwarzwald in Berichten von Zeitzeugen, Denzlingen 2011, ISBN 978-3-00-019192-3.

Einzelnachweise

  1. Hermann Riedel: Halt! Schweizer Grenze! Verlag des Südkurier, Konstanz 1983, S. 15.
  2. Bericht Generalleutnant Willy Seeger, Kommandeur der Division Nr. 405. In: Hermann Riedel: Halt! Schweizer Grenze!, S. 21. Seeger führte im Januar und Februar 1945 für jeweils drei Wochen vertretungsweise das XVIII. SS-A.K. Die letzten deutschen Truppen verließen den Brückenkopf am 9. Februar.
  3. Fred Trendle: 10 Tage im April. Das Kriegsende in der Baar und an der oberen Donau im April 1945. Selbstverlag, Kirchen-Hausen 2003.
  4. Hermann Riedel: Halt! Schweizer Grenze! Das Ende des Zweiten Weltkrieges im Südschwarzwald und am Hochrhein in dokumentarischen Berichten deutscher, französischer Und Schweizer Beteiligter und Betroffener. Südkurier Verlag, Konstanz 1983. ISBN 3-87799-023-1.
  5. 1.) Brunhilde Wild geb. Gleichauf: Fützen. Zeitzeugen erinnern sich. Ohne Datum, Archiv Reimer; 2.) Eleonore Jermann: Kindheitserinnerungen an den Bahnhof Zollhaus. 2000, in: Dietrich Reimer: Verschwiegener Zeuge Zitiert nach: Die Sauschwänzlebahn in: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar, Band 59, April 2016, S. 63 f.; 3.) Randen 1945. Mit einem Zeitzeugen-Beitrag aus einer Veröffentlichung 10 Tage im April und Zeitungsberichten Ende April 1995. Zahlreiche Fotos. Archiv Reimer.
  6. Bericht Generalleutnant Willy Seeger, Kommandeur der Division Nr. 405. In: Riedel, 21 f.
  7. Georg Keppler: Tagebuch, 16.4.1945. In: Riedel, 39.
  8. Bericht Hauptmann Kurt Schaffmaier, Regts. Adj. beim Grenadier Reg.8 „Oberrhein“ (Gren.Reg. 1063). In: Riedel, 47 und 59.
  9. Tagebuch Oberzahlmeister Dr. Rudolf Pechhold, Grenadier-Reg. 7 „Oberrhein“ (Gren.Reg. 1056). In: Riedel, 58.
  10. Bericht Feldwebel Julius Bach, Volkssturm beim Grenadier.Reg. 8. In: Riedel, 60.
  11. Tagebuchaufzeichnungen („Historiques succinets“) der 9. Kolonialen Infanterie-Division vom 15. April bis 6. Mai 1945. In Riedel, 149.
  12. Jean de Lattre de Tassigny: Histoire de la 1re Armée française – Rhin et Danube. Paris 1949. Im Auszug 19.–30. April in Riedel, 165.
  13. Lattre de Tassigny: Histoire de la 1re Armée française. 1949, in Riedel, 165 f.
  14. Bis ins Detail gehende Einzelheiten zur Lage und den Vorgängen in den Ortschaften vor dem Eintreffen der Franzosen bei: Fred Trendle: 10 Tage im April, 2003, S. 6 bis 19.
  15. Tagebuchaufzeichnungen (Historiques succinets) der 1. Panzer-Division vom 21. April bis 28. April 1945. Riedel, 132.
  16. August Vetter: Die Geschichte der Stadt Fürstenberg. Heft 9 der Schriftenreihe des Landkreises Donaueschingen. In: Riedel, 330.
  17. Bericht von Pfarrer Julius Lamp, Erzbischöfli. Pfarramt Mundelfingen, 16. Januar 1946 in: Riedel, 331 f.
  18. Bericht von Pfarrer Franz Beugel, Achdorf: Die Kämpfe im Wutachtal. (7.6.1945) in: Riedel, 359.
  19. Pfarrvikar Albert Wik vom Katholischen Pfarramt Blumberg, Augenzeugenbericht in: Riedel, 402 ff.
  20. Bericht über die Besetzung durch französische Truppen am 23. April 1945 von Architekt Martin, Zollhaus Blumberg. In: Riedel, 405.
  21. Bericht von Pfarrvikar Albert Wik. Kath. Pfarramt Blumberg. In: Riedel, 403.
  22. Adolf Schmid, Blumberg: Bericht über die letzten Kriegstage in Randen. In: Riedel, 406.
  23. Paul Rothmund, Randendorf: Bericht über die Besetzung durch französische Truppen am 23. April 1945. (26. Januar 1946). In: Riedel, 410.
  24. Berichterstatter Leutnant Hans Huber, Führer einer Kompanie des Jäger-Ersatz-Batl. 56 in Villingen. In: Riedel, 84.
  25. Bericht Hauptmann Fritz Widmaier, Hheilbronn, Kommandeur des Jäger-Ersatz-Btl. 56: Kriegsende 1945. In: Riedel, 51.
  26. Leutnant Hans Huber, Kompanieführer Jäg. Ers. Btl. 56. Riedel, 76 f.
  27. Bericht Blumberg von Pfarrvikar Albert Wik (Kath. Pfarramt Blumberg). In: Riedel, S. 403 f.
  28. Bericht Pfarrer August Ganter, Ewattingen, 31. Juli 1945 (Kath. Pfarramt Ewattingen). In: Riedel, S. 318 f.
  29. Bericht Hauptmann Fritz Widmaier, Kommandeur des Jäger-Ersatz-Btl. 56. In: Riedel, 51. An den Kämpfen beteiligt war auch „1 Regiment der Luftwaffe, Armee-Luftwaffen-Schule A.O.K. 19, Furtwangen [… und] eine Pak von Aselfingen aus.“ (Fritz Beugel in: Riedel, 371).
  30. Detaillierter Bericht (Schäden an Häusern, Namen, vielfache Vorgänge) von Pfarrer Fritz Beugel, Achdorf (7.6.1945). In: Riedel, 373 ff.
  31. Der Vorgang des Anmarsches ist nur vorstellbar als lange, zu Beginn möglichst sinnvolle zusammengestellte Kolonnen, die verfügbare Straßen benutzen und dann, wenn eine blockiert ist, versuchen, auf nebenan führende auszuweichen, die ebenfalls schon von Kolonnen benutzt sind. Hier wird auch der Zwang klar, möglichst kriegserfahrene Offiziere einzusetzen.
  32. Brigitte Matt-Willmatt, Karl-Friedricht Hoggenmüller: Lauchringen – Chronik einer Gemeinde, Hrsg.: Gemeinde Lauchringen, Lauchringen 1985, S. 578/580.
  33. Kurt Timmermann: Chronik der Aluminium-Werke Wutöschingen GmbH, Wutöschingen–Baden 1973. Mit Anhang und Ergänzende Weiterführung bis 1976, S. 30.
  34. Schrift von „Pfarrer Kornel Stang, den 17. 6. 1945, Erzbischöfl. Pfarramt Stühlingen“ in: Riedel, 401 f.
  35. Tagebuchaufzeichnungen („Historiques succinets“) der 9. Kolonialen Infanterie-Division, 15. April bis 6. Mai 1945. In: Riedel, 157.
  36. Bericht Pfarrer Geistl. Rat Waibel vom Erzbischöfl. Pfarramt Fützen. In Riedel, 392 ff.
  37. Oberstleutnant i. G. Kurt Gerber (in der Bundeswehr zuletzt Generalmajor): Schlußbetrachtung. In: Riedel, 109 f. Generalmajor Kurt Gerber war vom 1. Januar 1965 bis 1. Oktober 1968 Kommandeur der 10. Panzerdivision der Bundeswehr.
  38. Kurt Gerber: Schlußbetrachtung. In: Riedel, 109.
  39. Bericht des Leutnants Alois Burget, Grenadier-Rgt. 6 Oberrhein (Gren. Rgt. 1055), in: Riedel, 84 f.
  40. Adolf Schmid, Blumberg: Bericht über die letzten Kriegstage in Randen. In: Riedel, 407 ff.
  41. Paul Rothmund, Randendorf (20. Januar 1946). In: Riedel, 412.
  42. General der Waffen-SS Georg Keppler: Der Rückzug auf die Südbaar mit Feindberührung an der Grenze des Kantons Schaffhausen und die Auflösung der Kampfgruppe 89. Infanterie-Division im Randen- und Wutachgebiet. In: Riedel, 65 ff.
  43. Angaben nach Hermann Riedel: Halt!Schweizer Grenze! Verlag Südkurier, Konstanz 1983. ISBN 3-87799-023-1.
  44. Ulrich Müller: Die Wutachtalbahn, Schneider-Verlag Grenzach-Wyhlen, 1978/1990, S. 42. (ohne ISBN).
  45. (Autor) disc: Auf Kriegshandlungen im Alltag verzichten, Südkurier, 28. April 1945, Doku Blatt 9, sowie disc: Linde als Symbol für den Frieden, Südkurier, 9. Mai 1945, Doku Blatt 49. In: Dokumentation Randen 1945 (Archiv Reimer).
  46. Dietrich Reimer: Die Sauschwänzlebahn – von der strategischen Umgehungsbahn zur touristischen Museumsbahn. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar, Band 59, April 2016, S. 63.
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