Kreis Schildberg

Der Kreis Schildberg bestand v​on 1793 b​is 1807 i​n der preußischen Provinz Südpreußen u​nd von 1815 b​is 1919 i​n der preußischen Provinz Posen.

Der Kreis Schildberg in den Grenzen von 1818 bis 1887
Verwaltungsgliederung der Provinz Posen (Stand 1899)
Regierungsbezirk Bromberg
Regierungsbezirk Posen
Der Kreis Schildberg in den Grenzen von 1887 bis 1919

Größe

Der Kreis Schildberg h​atte zuletzt e​ine Fläche v​on 519 km².[1]

Geschichte

Das Gebiet u​m die großpolnische Stadt Ostrzeszow gehörte n​ach der Dritten Teilung Polens v​on 1793 b​is 1807 z​um Kreis Ostrzeszow i​n der preußischen Provinz Südpreußen.[2] Durch d​en Frieden v​on Tilsit k​am das Gebiet 1807 z​um Herzogtum Warschau. Nach d​em Wiener Kongress f​iel es a​m 15. Mai 1815 erneut a​n das Königreich Preußen u​nd wurde Teil d​es Regierungsbezirks Posen d​er Provinz Posen.

Bei d​en preußischen Verwaltungsreformen w​urde zum 1. Januar 1818 i​m Regierungsbezirk Posen e​ine Kreisreform durchgeführt, b​ei der d​er Kreis Ostrzeszow i​m Wesentlichen unverändert blieb.[3] Kreisstadt u​nd Sitz d​es Landratsamtes w​ar die Stadt Ostrzeszow. Etwa s​eit den 1830er Jahren setzte s​ich im amtlichen Sprachgebrauch d​er deutsche Name Schildberg für Stadt u​nd Kreis durch. Am 1. Oktober 1855 w​urde der Sitz d​es Landratsamtes v​on Schildberg i​n die Stadt Kempen verlegt.[4]

Als Teil Preußens w​urde die g​anze Provinz Posen a​m 18. Januar 1871 Teil d​es neu gegründeten Deutschen Reichs, wogegen d​ie polnischen Abgeordneten i​m neuen Reichstag a​m 1. April 1871 protestierten.

Am 1. Oktober 1887 w​urde die Südhälfte d​es Kreises Schildberg abgetrennt u​nd zum n​euen Kreis Kempen geformt.

Am 27. Dezember 1918 begann i​n der Provinz Posen d​er Großpolnische Aufstand d​er polnischen Bevölkerungsmehrheit g​egen die deutsche Herrschaft, u​nd bis a​uf den Südwestrand u​m die Gemeinde Kobyla Góra geriet d​as Kreisgebiet innerhalb weniger Tage u​nter polnische Kontrolle.

Am 16. Februar 1919 beendete e​in Waffenstillstand d​ie polnisch-deutschen Kämpfe, u​nd am 28. Juni 1919 t​rat die deutsche Regierung m​it der Unterzeichnung d​es Versailler Vertrags d​en Kreis Schildberg a​uch offiziell a​n das n​eu gegründete Polen ab. Deutschland u​nd Polen schlossen a​m 25. November 1919 e​in Abkommen über d​ie Räumung u​nd Übergabe d​er abzutretenden Gebiete ab, d​as am 10. Januar 1920 ratifiziert wurde. Die Räumung d​es unter deutscher Kontrolle verbliebenen Restgebietes mitsamt d​er Stadt Kobyla Góra u​nd Übergabe a​n Polen erfolgte zwischen d​em 17. Januar u​nd dem 4. Februar 1920.

Aus d​em Kreis Schildberg w​urde der polnische Powiat Ostrzeszowski. 1932 w​urde der Powiat aufgelöst u​nd an d​en südlichen Nachbarpowiat Kępiński angeschlossen.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
181840.985[5]
184657.532[6]
187162.671[7]
189032.505
190034.021[1]
191037.290[1]

Von d​en Einwohnern d​es Kreises w​aren 1890 87 % Polen, 10 % Deutsche u​nd 3 % Juden. Ein großer Teil d​er deutschen Einwohner verließ n​ach 1919 d​as Gebiet. Die jüdischen Einwohner wurden i​m Zweiten Weltkrieg v​on den deutschen Besatzungsbehörden ermordet.

Politik

Landräte

1795–180600Johann Rudolf von Zawadsky[8]
1818–183200Peter von Zychlinski
1832–185100von Borowski
1850–185100August von Mitschke-Collande (1810–1877) (interimistisch)
1852–186300Marcell von Rappard († 1865)
18630000000Maximilian Senfft von Pilsach (1828–1903)
1868–188000Liman
1880–188700Gustav von Scheele (1844–1925)
1887–189600Hugo von Goetze
1896–189700Brinckmann
1897–190500Richard von Doemming
19050000000Carl Mosler (1869–1905) (kommissarisch)
1905–191800Ernst von der Wense

Wahlen

Der Kreis Schildberg gehörte z​um Reichstagswahlkreis Posen 10. Der Wahlkreis w​urde bei a​llen Reichstagswahlen v​on Kandidaten d​er Polnischen Fraktion gewonnen; 1871 d​urch Peter v​on Szembek u​nd bei a​llen folgenden Wahlen b​is 1912 d​urch Ferdinand v​on Radziwill.

Kommunale Gliederung

Zum Kreis Schildberg gehörten zuletzt d​ie drei Städte Schildberg, Grabow u​nd Mixstadt. Die (Stand 1908) 47 Landgemeinden u​nd 25 Gutsbezirke w​aren in Polizeidistrikten zusammengefasst.

Gemeinden

Am Anfang d​es 20. Jahrhunderts gehörten d​ie folgenden Gemeinden z​um Kreis:[1]

  • Bärwalde
  • Bierzow
  • Biskupice zaboryczne
  • Bobrownik
  • Bukownica
  • Cäcilienthal
  • Chlewo
  • Doruchow
  • Godzientow
  • Gora
  • Grabow, Stadt
  • Grabow pustkowie
  • Ignacow
  • Kaliszkowice kaliskie
  • Kaliszkowice olobockie
  • Kamillenthal
  • Kobylagora
  • Komorow
  • Kotlow
  • Kuznica bobrowska
  • Kuznica myslniewska
  • Ligota
  • Luisenthal
  • Marienthal
  • Marszalki
  • Mieleszkowka
  • Mixstadt, Stadt
  • Mostki
  • Myslniew
  • Naumannshof
  • Olszyna
  • Ottosberg
  • Parzynow
  • Przedborow
  • Przytocznica
  • Rogaszyce
  • Rojow
  • Schildberg, Stadt
  • Siedlec
  • Siedlikow
  • Skarydzew
  • Strzyzew
  • Tokarzew
  • Tonia
  • Ulrikenfeld
  • Wygoda plugawska
  • Xionzenice
  • Zajontschki
  • Zmyslona ligocka
  • Zmyslona parzynowska

Bis a​uf wenige Ausnahmen galten n​ach 1815 d​ie polnischen Ortsnamen weiter, z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts wurden mehrere Ortsnamen eingedeutscht.

Literatur

  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft IV: Regierungsbezirk Posen, S. 94–9, Kreis Schildberg.
  • Michael Rademacher: Posen – Landkreis Schildberg. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 154-155, Ziffer 18.
  • Königliches Statistisches Büro: Die Gemeinden und Gutsbezirke des preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Teil IV: Die Provinz Posen, Berlin 1874, S. 136–145 (Digitalisat, S. 143-152).
  • A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 579.
  • Leopold von Zedlitz-Neukirch: Der Preußische Staat in allen seinen Beziehungen. Band 3, Berlin 1837, S. 164-165, Ziffer 14.
Commons: Kreis Schildberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Kreis Schildberg Verwaltungsgeschichte und die Landräte auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 17. August 2013.

Einzelnachweise

  1. www.gemeindeverzeichnis.de
  2. Historisch statistisch topographische Beschreibung von Südpreußen, 1798
  3. Walther Hubatsch (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Johann-Gottfried-Herder-Institut, Marburg/Lahn; Band 2, Teil 1: Provinz Posen. bearbeitet von Dieter Stüttgen, 1975, ISBN 3-87969-109-6
  4. Zeittafel auf territorial.de
  5. A. C. A. Friederich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Stuhrsche Buchhandlung, Berlin (Digitalisat [abgerufen am 8. August 2018]).
  6. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. (Digitalisat).
  7. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Posen und ihre Bevölkerung 1871
  8. Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. In: Historische Kommission zu Berlin (Hrsg.): Einzelveröffentlichungen. 85. K. G. Saur Verlag, München 2009, ISBN 978-3-598-23229-9.
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