Klitoris
Die Klitoris (lateinisch clitoris, Genitiv: clitoridis; von altgriechisch κλειτορίς kleitorís, ‚kleiner Hügel‘),[1] deutsch auch Kitzler, ist ein aus Schwellkörpergewebe gebildeter Teil des weiblichen Genitals. Er besteht aus zwei Schenkeln (crus clitoridis), die sich zur Körpervorderseite hin vereinigen. Nur ein kleiner Teil des Kitzlers ist außen sichtbar. Diese von der Klitorisvorhaut (praeputium clitoridis) umschlossene Eichel der Klitoris (Glans clitoridis) ist der empfindlichste Teil dieses Organs. Die gesamte Klitoris spielt für die sexuelle Erregung und den Orgasmus der Frau eine wichtige Rolle.
Eingebettet in die großen Schamlippen bilden die Klitorisvorhaut und die Eichel der Klitoris zusammen mit den kleinen Schamlippen, der Öffnung der Harnröhre (Urethra) und dem Vorhof der Scheide (Vagina) die weibliche Vulva.
Anatomie und Funktion
Embryologie
Entwicklungsgeschichtlich gehen Klitoris und Penis aus dem Genitalhöcker hervor.[2][3][4]
Die Entwicklung der äußeren Genitalien nimmt ihren Anfang in einer sexuell indifferenten Phase, sodass erst ab der zwölften Woche die gewebliche Differenzierung der beiden Geschlechter vollständig ist. Bei beiden Geschlechtern entstehen in der indifferenten Phase zunächst:
- Genitalhöcker: Tuberculum genitale; ventral von der Kloakenmembran (Sinus urogenitalis)
- Genital- oder Urethralfalten; beidseits der Kloakenmembran
- Genitalwülste oder Labioskrotalwülste; lateral der Genitalfalten
Die Differenzierung zum weiblichen Genital ist durch die Rückbildung des Ductus mesonephricus („Wolffsche Gang“) und der Beibehaltung des Ductus paramesonephricus („Müllersche Gang“) charakterisiert, woraus die Tuba uterina, der Uterus und ein Teil der (distalen) Vagina entstehen. Der Sinus urogenitalis bildet mit den Genitalwülsten und dem Genitalhöcker die äußeren Genitalien (unterster (proximaler) Teil der Vagina, Vestibulum vaginae, Labia majora et minora) sowie die Klitoris. Der Genitalhöcker wächst bei beiden Geschlechtern zunächst in die Länge und wird somit zur Klitoris bzw. Penis. Es bildet sich aus dem Genitalhöcker die Klitoris. Der Sinus urogenitalis bleibt als Vestibulum vaginae offen und die beiden Genitalfalten bilden die kleinen Schamlippen (kleine Vulvalippen), Labia minora. Die Genitalwülste vergrößern sich und bilden die großen Schamlippen (große Vulvalippen), Labia majora. Zwischen den Genitalfalten liegt zunächst die Urogenitalmembran, die das spätere Ostium urogenitale noch verschließt. Diese reißt ungefähr eine Woche, nachdem das Septum urorectale mit der Kloakenmembran verwachsen ist, ein und gibt das Ostium frei.
Anatomie
Die Klitoris besteht aus zwei am Sitzbeinausschnitt, Arcus ischiadicus, befestigten Schwellkörperschenkeln, Crura clitoridis (Singular: Crus clitoridis), die sich unter dem Arcus pubis zum Schaft, Corpus clitoridis, vereinen.[5]
Das freie Ende ist zur Klitoriseichel, Glans clitoridis, erweitert, diese ist von der Klitorisvorhaut (-haube), Praeputium clitoridis, bedeckt. Durch ein Band, das Ligamentum suspensorium clitoridis, ist die Klitoris am Unterrand der Symphyse befestigt. Der Schwellkörper im Schaftbereich, Corpus cavernosum clitoridis, ist ein paarig angelegtes Organ von schwammartiger, kavernöser Beschaffenheit, welches sich in Richtung der Symphyse zum Corpus clitoridis bis hin zur Klitoriseichel vereinigt. Die zwei parallelen Schwellkörper des Schaftes sind durch eine faserige kollagene Hülle, die Tunica albuginea, umgeben; diese Hülle vereinigt sich in Richtung zur Glans clitoridis mit der Klitorisvorhaut.
Die beiden auslaufenden kleinen Schamlippen (kleine Vulvalippen) formen die paarigen Frenula clitoridis und bilden eine medial verlaufende Weichteilfalte an der Unterseite der Klitoris. Sie verläuft also von der kranialen Vereinigungsstelle der beiden kleinen Schamlippen (kleine Vulvalippen) zur Glans clitoridis.
Die Glans clitoridis ist der Glans penis eher analog, nicht strenggenommen homolog. Wichtig bei der genauen Betrachtung ist zu wissen, dass die Glans clitoridis das vordere Ende des Corpus clitoridis ist, der den Corpora cavernosa penis entspricht, während sich die Glans penis, Corpus spongiosum (penis), am oberen Ende des Harnröhrenschwellkörpers, Corpus cavernosum urethrae, befindet.[6]
Glans und Crura enthalten beide kavernöses Gewebe und sind von einer festen Tunica albuginea umgeben. Dem männlichen Corpus spongiosum entsprechen die Vorhofschwellkörper, Bulbi vestibuli, die zweigeteilt auf jeder Seite des urethralen und vaginalen Ausgangs sitzen. Diese Schwellkörpersysteme haben bei Frauen sehr unterschiedliche Ausmaße.[7]
Die arterielle Versorgung erfolgt über Äste der Arteria pudenda interna: die Arteria profunda clitoridis zieht zu den Klitorisschenkeln und die Arteria dorsalis clitoridis zur Klitoriseichel. Die Vena dorsalis clitoridis führt das Blut der gesamten Klitoris in den Venenplexus um die Harnblase ab.
Die Lymphe fließt über die Lymphknoten in der Leiste ab.[8][9] Während die Lymphe der Vulva in die Nodi lymphatici Nll. inguinales superficiales abfließen, werden die Lymphe der vorderen Klitorisanteile mit dem Corpus und Glans clitoridis ind Nll. inguinales profundi und Nll. iliaci interni drainiert.
Schwellkörpersystem der Klitoris
Die Klitorisschwellkörper (Corpora cavernosa) sind erektiles Gewebe, welches aus glatten Muskelzellen und Bindegewebe besteht. Die beiden Klitorisschenkel (Crura clitoridis) enthalten jeweils einen Schwellkörper (das Corpus cavernosum clitoridis dextrum (rechte Seite) bzw. sinistrum (links)). Diese Schwellkörper füllen sich mit Blut während der Klitoriserektion.[10] Ferner befinden sich unter der Schleimhaut des Scheidenvorhofes (Vestibulum vaginae) die Vorhofschwellkörper (Bulbi vestibuli). Dieses dichte Venengeflecht steht mit dem kavernösen Gewebe der Klitoris in Verbindung. Durch das Ligamentum suspensorium clitoridis ist die Klitoris am Unterrand der Symphyse aufgehängt.
Die beiden paarig angelegten Corpora cavernosa clitoridis vereinigen sich auf ihrem Weg zur Symphyse zum Corpus clitoridis und schließlich zur Glans clitoridis. Die Tunica albuginea umgibt die beiden Schwellkörperschenkel zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung ihrer Form, es handelt sich um eine Bindegewebsschicht aus faserreichem[12] Bindegewebe, das über die Corpora cavernosum clitoridis zur Glans clitoridis in das Praeputium clitoridis ausläuft.[13]
Das parasympathische Nervensystem als efferenter Teil des vegetativen Reflexbogens führt durch sensible Afferenzen etwa der Mechanorezeptoren an den erogenen genitalen Zonen der Klitoris oder im vorderen vaginalen Bereich zu einer Vasokongestion der Schwellkörpergewebe. Das sympathische Nervensystem als Efferenz erhöht den Tonus der glatten Muskulatur bzw. bewirkt deren Kontraktion.[14][15]
Schwellkörpersystem des Scheidenvorhofs
Die Bulbi vestibuli liegen als dichte Venengeflechte hufeisenförmig dem Vestibulum vaginae auf und stehen mit dem kavernösen Gewebe der Klitoris in Zusammenhang.[16][17] Während die Klitoris sich gänzlich und damit anders als beim Penis des Mannes aus den Corpora cavernosa ableitet, bildet sich aus dem Corpus spongiosum bei der Frau der Vorhofschwellkörper, Bulbus vestibularis und das Schwellkörpergewebe um die Harnröhre, Urethra. Beim Mann entwickelt sich aus dem Corpus spongiosum zum einen der Harnröhrenschwellkörper, Corpus spongiosum penis, aber auch die Eichel des Mannes, der Eichelschwellkörper, Corpus spongiosum glandis der eine Fortsetzung des Corpus spongiosum penis ist.
Das weibliche Schwellkörpersystem, welches sich aus dem Corpus spongiosum entwickelt, setzt sich, so legen einige anatomisch-histologische Untersuchungen nahe, zwischen der Scheidenvorderwand und der Blase als eine Zwischenschicht fort, es ist die sogenannte Halban-Faszie.[18][19] Sie gliedert sich in zwei Anteile, das proximale Septum vesicovaginale, einen Bindegewebsraum, zwischen dem Trigonum vesica der Harnblase dorsal und dem vorderen, ventralen Teil der Vagina ausspannt. Nach ventral oder distal, von der Blase und der Vagina kommend, setzt er sich dann als Septum uretrovaginale zwischen der weiblichen Harnröhre und Vagina bzw. in den Scheidenvorhof, Vestibulum vaginae, fort.
Entwicklungsgeschichtlich sind die Schwellkörpersysteme in der Halban-Faszie dem Harnröhrenschwellkörper, Corpus spongiosum penis, der die Harnröhre im männlichen Penis umhüllt homolog.[20] Die Schwellkörpersysteme in der Halban-Faszie sollen zwei der weiblichen intravaginalen erogenen Zonen ausmachen, dabei handelt es sich aber weniger um exakt lokalisierbare Punkte, sondern vielmehr um Zonen der embryonalen Derivate des Corpus spongiosum:
- die Gräfenberg-Zone (umgangssprachlich, aber fachlich unkorrekt G-Punkt) im vorderen vaginalen Drittel[21][22]
- die AFE-Zone (umgangssprachlich, aber fachlich unkorrekt A-Punkt) im Bereich des vorderen Gebärmutterhalsgewölbes, Fornix cervicalis anterior (engl. Anterior Fornix Erogenous Zone abgekürzt AFE-zone)[23]
Schwellkörpersysteme und topografische Beziehung zur Beckenbodenmuskulatur
Das muskulofasziale Bindegewebssystem des weiblichen Beckenbodens weist Durchgänge für den Enddarm, die Harn- und Geschlechtsorgane auf und steht topografisch in enger Beziehung zu den oben genannten Schwellkörpersystemen. Von innen nach außen wird der Beckenboden unterteilt in:
- Diaphragma pelvis: hinterer Beckenbodenteil, Musculus coccygeus sowie beidseits vom Musculus levator ani (mit seinen drei Anteilen Musculus puborectalis, Musculus pubococcygeus und Musculus iliococcygeus), durchbrochen vom Mastdarm[24][25]
- Diaphragma urogenitale: vorderer Beckenbodenteil, gebildet von Musculus transversus perinei profundus und superficialis (und ihren Faszien), Durchtritt der Harnröhre, bei der Frau auch der Scheide
- Schwellkörper- und Schließmuskelschicht: Musculus ischiocavernosus, Musculus bulbospongiosus; Musculus sphincter ani externus[26]
Die stärkste und umfangreichste dieser drei Muskel- und Faszienschichten[27] ist das Diaphragma pelvis, es ist die innerste, trichterförmige Schicht des Beckenbodens. Das Diaphragma pelvis weist eine längsgerichtete, von dorsal nach ventral verlaufende Lücke, den Levatorenschlitz, für die Mündungen bzw. Eingängen zu den Harn- und Geschlechtsorganen auf. Das Diaphragma urogenitale erstreckt sich von der Schambeinfuge, der Symphyse und den beiden Schambeinästen bis zu den Sitzbeinhöckern und bedeckt den Levatorenschlitz teilweise von unten unvollständig. Das Diaphragma urogenitale weist ebenfalls eine Öffnung für Harnröhre und der Vagina auf. Die Fasern rund um die Durchtrittsstelle für die Harnröhre bilden den äußeren Harnröhrensphinkter, Musculus urethralis einige Muskelfasern strahlen hiervon auch in die Vaginalwand ein. Die äußere Schließmuskelschicht, also die äußere Beckenbodenmuskulatur besteht aus mehreren einzelnen Muskeln und ihren dazugehörigen Faszien. Zu nennen sind die paarig angelegte Schwellkörpermuskel, Musculus bulbospongiosus und der ringförmige äußere Afterschließmuskel, Musculus sphincter ani externus. Bei der Frau bilden diese beiden eine achtförmige Muskelschlinge um Scheide und Analkanal.
Die Muskel des M. sphincter ani, M. bulbospongiosus und des M. transversus perinei superficialis bilden die unterste, am weitesten kaudal liegend Schicht des Beckenbodens. Hingegen stehen die M. sphincter ani externus und Fasern des M. bulbospongiosus eine Form einer liegenden Acht um das Rektum und den Introitus vaginae, sie stehen damit in Verbindung zu Schwellkörpersystem des Scheidenvorhofs, Vestibulum vaginae.[28] Somit liegt das im vorderen Scheidendrittel die Harnröhre umgebende Schwellgewebe, paraurethrale Venengeflecht, in dem auch die Skene-Drüse, Glandula paraurethralis eingebettet liegt sowie die Schwellkörper der kleinen Labien, die Bulbi vestibuli, unter dem Musculus bulbospongiosus und dem Diaphragma urogenitale.[29] Das eigentliche Schwellkörpersystem der Klitoris, das Corpus clitoridis und die beidseits seitlich liegenden Crura clitoridis liegen unter dem M. ischiocavernosus.
Klitorishypertrophie
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q52.6 | Fehlbildungen der Klitoris |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Unter dem Einfluss männlicher Geschlechtshormone (Androgene) bildet sich bei männlichen Feten der Penis. Eine übermäßige Androgenproduktion führt auch bei weiblichen Feten zum stärkeren Wachstum des Genitalhöckers, sodass an sich die Klitoris penisartig ausstülpt (eine Klitorishypertrophie). Auch im Zusammenhang mit dem Fraser-Syndrom kann die Klitoris abnorm vergrößert sein. Diese Störung kommt allerdings äußerst selten vor.
Es kann auch später im Leben zu einer Vergrößerung der Klitoris kommen. Die Hauptursache dafür sind hormonelle Störungen wie das polyzystische Ovarialsyndrom.
Eine genaue Diagnose von ärztlicher Seite auf Basis objektiver Kriterien wird oft nicht getroffen. Stattdessen entscheidet oftmals eher der subjektive Eindruck einer als zu groß empfundenen Klitoris.[30] Sollte eine deutlich vergrößerte Klitoris für die Betroffene ein körperliches und/oder vornehmlich ästhetisches Problem darstellen, so kann bei nachweislich eigenständig empfundenem und geäußertem Leidensdruck heute auch eine chirurgische Verkleinerung durchgeführt werden, vergleichbar zur Labioplastik. Für diesen Eingriff liegt in der Regel jedoch keine medizinische Notwendigkeit vor.
Auch in Fällen von Intersexualität kann unter den gleichen Voraussetzungen eine chirurgische Korrektur angebracht sein. Intersexuelle Aktivisten fordern daher, eine derartige Operation erst dann durchzuführen, wenn der intersexuelle Mensch die Operation aus eigenem Willen möchte und ihr zustimmen kann.
Klitoris und Geschlechtsverkehr
Beim Geschlechtsverkehr und der damit verbundenen sexuellen Erregung tritt eine Kongestion am Scheidenvorhof auf, da sich hierbei die Bulbi vestibuli um den Scheidenvorhof, Vestibulum vaginae, herum verengen und sich die kleinen Schamlippen (kleinen Vulvalippen), Labia minora, dem eingeführten Penis annähern.[31] Synergistisch auf diese Einengung wirken zusätzlich die Musculi bulbospongiosi.
Ferner stehen die Bulbi vestibuli mit dem von vielen Hohlräumen durchzogenen (kavernösen) Gewebe der Klitoris in Verbindung. Ihr venöser Abstrom wird durch den Druck im arteriellen System behindert und ein Druckanstieg in den Schwellkörpern ist die Folge. Dennoch bleibt auch bei der kongestiven Blutfüllung des Corpus cavernosum clitoridis die Abknickung zwischen den beiden Crura clitoridis und dem Corpus clitoridis erhalten. Biomechanisch nimmt man bei der Penetration durch den Penis an, dass sich der Zug an den kleinen, inneren Schamlippen (innere Vulvalippen) auf die von ihnen zur Klitoris ziehenden Frenula clitoridis überträgt. Hierdurch soll sich die Klitoriseichel, Glans clitoridis, dem penetrierenden Penis nähern und durch Friktionsbewegung die gemeinsame sexuelle Erregung bei der Kopulation verstärken.[32][33][34]
Innervation
Die gesamte Klitoris ist stark mit Nervenendungen ausgestattet. Das ganze System ist besonders berührungsempfindlich und empfänglich für sexuelle Reize. Durch Stimulation der Klitoris gelangen die meisten Frauen zum Orgasmus. Insbesondere die Klitoriseichel, in der sich die Nervenstränge der zwei Schenkel treffen, ist hochempfindlich. Winkelmann (1959)[35] fand in seinen histologischen Untersuchungen, dass die Klitoris neben den Fingerkuppen der am dichtesten innervierte Teil der Körperoberfläche des Menschen ist. Dies gilt auch für andere Säugetiere, so zeigte sich im Tiermodell, dass der Nervus dorsalis clitoridis doppelt so viele Nervenfasern enthält wie der Nervus dorsalis penis.[36]
Die Klitoris besitzt bis zu ca. 8000 Nerven und Sinneszellen, etwa die Mechanorezeptoren der Vater-Pacini-Körperchen (auch Corpusculum lamellosum oder Genitalnervenkörperchen) für das Vibrationsempfinden und die Meissner-Körperchen für die Berührungsempfindung.[37] Die Klitorisvorhaut schützt die empfindliche Klitoriseichel.
Aber nicht nur die Anzahl der innervierenden Nerven an der Glans clitoridis ist höher als bei dem männlichen Penis, auch liegt die vibratorische Wahrnehmungsschwelle der Klitoris niedriger als die an der Glans penis. Damit gehört die Klitoris zu den für äußere, taktile Reize empfindlichsten Körperzonen. Dabei steigen mit zunehmendem Alter der Frau die Empfindungsschwellen etwas an.[38] – Bei der Entwicklung weiblicher Orgasmen wirken mindestens sechs nervale Bahnen im orgasmischen Reflexbogen-System. Pudentale-, Pelvine-, Hypogastrische-, Intercostal- und Vagus- (Nervi splanchnici pelvici) Nerven bilden dabei das Hauptinnervationssystem. Es gibt auch mindestens zwei Oxytocin-Signalwege, während Oxytocin als Neurotransmitter und als Hormon getrennt wirkt. Bei ausgedehnten Orgasmen und ESR-Orgasmen wird mehr als ein „Orgasmus-Reflexbogenpfad“ aktiviert und löst einen erweiterten Orgasmus aus, während viele andere zur Bildung von EO- oder ESR-Orgasmen beitragen.[38]
Verlauf der sensiblen Informationen
Die sensiblen, zumeist taktilen nervalen Informationen (Oberflächensensibilität[39]) der Klitoris werden aus einem extensiven Netzwerk um die Tunica albuginea des Klitoriskörpers, Corpus clitoridis, übertragen, mit einer nervenfreien Zone in der „12-Uhr-Position“.[40] Die meisten sensorischen Informationen aus der Klitoris werden vom bilateralen dorsalen Klitorisnerv, Nervus dorsalis clitoridis, übertragen. Der Nervus dorsalis clitoridis ist ein Endast des Nervus pudendus aus dem Plexus sacralis (S1–S4); er versorgt sensibel die weibliche Klitoris. Die Nerven kommen als Bestandteil des Nervus pudendus im Alcock-Kanal auf einer geschützten Bahn durch das Diaphragma urogenitale an der unteren Klitoris.
Der Nervus pudendus allgemein gesehen – im Speziellen der Nervus dorsalis clitoridis – hat eine wichtige Funktion im Bereich der klitoral-vulvären Afferenz wie auch für die Sphinkteren- und die circumvaginal-muskulären Efferenzen.[41][42]
- Ruffini-Körperchen, vor allem im Bereich Labia minora und der Klitorisvorhaut (-haube), Praeputium clitoridis;[43] Dehnungsrezeptor, d. h. reagieren auf Druck und horizontale Dehnung.
- Meissner-Körperchen; d. h. reagieren auf Druckveränderungen, schnell adaptierende (RA) Mechanorezeptoren, nur durch Veränderung der Reizstärke aktiviert, Tastrezeptor
- Vater-Pacini-Körperchen wurden im Ligamentum suspensorium clitoridis und im Corpus clitoridis, nicht aber im Glans clitoridis selbst identifiziert;[44] reagieren auf Beschleunigungen, schnell adaptierenden Rezeptoren, Vibrationsrezeptor
- Vier schematisch dargestellte Formen von freien Nervenendigungen[45]
In der klitoralen Region sind drei Typen von exterozeptiven Nervenendigungen, sogenannten Sinneszellen zu finden. Sie befinden sich aber nicht nur in der eigentlichen Klitoris, sondern auch in den kleinen Schamlippen (kleine Vulvalippen), Labia minora und im periurethralen Bindegewebe der Harnröhrenmündung, Meatus urethrae. Die oberste Hautschicht enthält sogenannte freie Nervenendigungen. Sie leiten vor allem Schmerzwahrnehmungen weiter. Die von ihnen aufgenommenen Impulse werden durch sehr dünne Nervenfasern über periphere somatische Nerven und über das sakrale Rückenmark mit der geringen Geschwindigkeit von 1–2 m/Sek. übertragen.
Die sogenannten Genitalnervenkörperchen oder mukokutanen Nervenendigungen (nach Winkelmann 1959), zumeist Meissner-Körperchen und Vater-Pacini-Körperchen bzw. der kleineren Variante der Krause-Körperchen[46] befinden sich unter der Hautschicht. Diese Meissner-Körperchen liegen nahe der Hautoberfläche, im Bereich der Hautpapillen, sie erfassen Berührung und Vibration auf einer eng umschriebenen Fläche mit hoher Präzision; dabei reagieren sie sofort, blenden aber den Informationsfluss aus, wenn der Reiz länger besteht. Vater-Pacini-Körperchen sind dagegen tief im Bindegewebe der Papillarkörper lokalisiert und erfassen Berührung und Vibration auf einer größeren Fläche, ohne sie genau lokalisierbar zu machen, sie adaptieren zügig, d. h. sie reagieren nur am Beginn und am Ende des Reizes.
Die Eichel der Klitoris, Glans clitoridis, zeigte in verschiedenen histologischen Untersuchungen einen dichten Besatz mit kutanen korpuskulären Rezeptoren. Hingegen fehlen dort die Vater-Pacini-Körperchen gänzlich.[47] In dieser immunhistochemisch und histologischen Studie von Cheryl Shih (2013) zeigte sich in den Gewebeproben des klitoralen Organs massenhaft korpuskuläre Rezeptoren mit variabler Anordnung in der subepithelialen Schicht. Eine zweite Art von Rezeptoren, eben die Vater-Pacini-Körperchen, kamen im Ligamentum suspensorium clitoridis vor, aber nicht in der Glans selbst.
Physiologie
Das sympathische und das parasympathische Nervensystem wirken synergetisch, d. h. beide Systeme sind aktiv und ergänzen sich zur optimalen Regulation der innervierten Zielorgane. Während das sympathische Nervensystem eine klitorale Erektion eher verhindert, bildet der parasympathische Anteil des autonomen Nervensystems einen von mehreren wichtigen erregenden Schaltkreisen, die zur Vasokongestion des klitoralen (und der übrigen) Schwellkörper führen. Ob die sexuelle Erregung nun durch direkt physische Stimulation der Geschlechtsorgane oder psychischen Vorstellungen aus weiteren Sinnesorganen (Pheromone, takilen Reizen, visuellen Eindrücken etc.) ausgelöst wird oder durch den Gedanken an eine Person – die erregenden Nervenfasern in der Klitoris reagieren so, dass sie so genannte pro-erektile neuronale Neurotransmitter freisetzen. Zu ihnen gehören Stickstoffmonoxid (NO), Acetylcholin u. a. m.
Man nimmt an, dass die zunehmende Durchblutung von Vulva und Vagina im Verlauf der sexuellen Erregung vor allem durch den Gasotransmitter Stickstoffmonoxid, „NO“[48][49] oder (in Kombination) mit dem vasoaktives intestinales Peptid (VIP) vermittelt wird.[50] Die Bedeutung von „NO“ für die Vasokongestion des vulvären, bulbären und klitoralen Schwellkörpergewebes wird unter anderem durch die Entdeckung der NO-Synthase im menschlichen Schwellkörpergewebe bestätigt.[51]
Adrenerge und cholinerge Nervenbahnen führen zur Scheidenwand und zur Klitoris, die sie innervieren. Letztere wird nach immunhistochemischen Untersuchungen zusätzlich von zahlreichen nicht-cholinerge, nicht-adrenerge Neurotransmitter („NANC“) („non-adrenergic noncholinergic Neurotransmittern“) wie z. B. das vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP), peptide histidine methionineamide (PHM) Neuropeptid Y (NPY), Calcitonin gene-related peptid (CGRP), Substanz P und eben dem Stickoxid (NO) beeinflusst.[52]
Bei der Erektion der Klitoris spielt neben entsprechenden sinnlichen Wahrnehmungen, das heißt einer Aktivierung entsprechender Nervenareale (Afferenzen zu Gebieten im Großhirn, im Hypothalamus und im sakralen Rückenmark (Parasympathikus)) durch Sinnesreize, in der Folge die Aktivierung der Endothelzellen in den Blutgefäßen der Klitoris eine wichtige Rolle. Über die Aktivierung der endothelialen Stickstoffmonoxid-Synthase wird der Botenstoff Stickstoffmonoxid („NO“) im entsprechenden Gefäßabschnitt freigesetzt. Dieses Stickstoffmonoxid (NO) führt dann über die Aktivierung der Guanylylzyklase zur vermehrten Bildung von cyclischem Guanosinmonophosphat („cGMP“). Es erfolgt eine Entspannung der glatten Muskulatur der Arteriolen. Durch die dann erfolgende Blutgefäßerweiterung in den Arteriolen füllen sich die klitoralen Schwellkörper mit Blut (Vasokongestion).[53]
Talgdrüsen, Smegma und Pheromone
Die Klitoris ist mit verschiedenen Drüsen ausgestattet, vor allem im Bereich der Frenulae clitoridis am unteren Teil der Klitoriseichel.[54] Es sind dies Talgdrüsen und apokrine Schweißdrüsen (siehe auch Vomeronasales Organ (VNO) und Wirbeltierpheromone), welche das Smegma clitoridis bilden.
Man findet um die Klitoris (periklitoral) herum auf der Ebene des Vestibulum vaginae zahlreiche Mündungsöffnungen der Glandulae vestibulares minores, die ein schleimiges, alkalisches Sekret abgeben und in ihrem Aufbau den Glandulae vestibulares majores ähneln.[55] Das Smegma clitoridis ist ein Talgdrüsensekretgemisch, genauer aus den Tyson-Drüsen (ektopische Talgdrüsen, also Talgdrüsen, die nicht an Haarfollikel oder einem Haarbalg münden) einer Form der freien Talgdrüsen, die sich in den Hautfalten zwischen äußeren und inneren Schamlippen (innere Vulvalippen) sowie um das Praeputium clitoridis herum befinden. Gerade durch diese Hautfalten, die eng aufeinander liegen, werden Wärmeabgabe, Verdunstung von Flüssigkeit und Abtransport des abgeschilferten Epithels behindert; so kann ein feuchtwarmes, vorwiegend anaerobes Milieu mit einem neutralen bis leicht alkalischen pH-Wert entstehen.
Es setzt sich aus Zelldetritus des abgestorbenen und abgeschilferten Oberflächenepithels, Fettsäuren, Steroidderivaten (z. B. Cholesterinestern), Proteinen und Bakterien zusammen. Wie überall im und am menschlichen Organismus gibt es eine spezifische und typische mikrobielle Standortflora, so z. B. die Hefen der Gattung Malassezia und das zu den Mykobakterien zählende Mycobacterium smegmatis, auch „Smegmabakterium“ genannt.
Die Rolle der Klitoris für die sexuelle Erregung
Bei Frauen äußert sich die komplexe sexuelle Reaktion in den Beckenorganen letztlich mit einer Vasokongestion, die dann in der Folge zu einer Lubrikation in der Vagina als Vorbereitung auf die Einführung, die Penetration des Penis führt. Diese Lubrikation beruht auf der Absonderung eines Exsudats, welches zusammen mit einer allgemeinen genitalen Kongestion zur Plateauphase führt, die dem eigentlichen Orgasmus vorausgeht. Die vaginale Vasokongestion und in deren Folge die Lubrikation wie auch die Klitoriserektion hängen von einem erhöhten Blutfluss in den weiblichen Beckenorganen ab. Hier spielen u. a. auch die α1-Adrenozeptorsubtypen, wie sie in fast allen kavernösen Geweben von Wirbeltieren zu finden sind, eine große Rolle.[56][57][58]
„Klitoraler“ und „vaginaler“ Orgasmus
Früher unterschied man bei der Frau zwischen dem „vaginalen“ Orgasmus, der ausschließlich durch vaginale Stimulation, also durch Eindringen mit dem Penis in die Scheide, mit eingeführtem Finger oder mit einem Vibrator (oder anderen Gegenständen), erreicht werde, und dem „klitoralen“ Orgasmus, der ausschließlich durch Stimulation der Klitoriseichel, Glans clitoridis, erreicht werde. Viele Untersuchungen, beispielsweise die von Kinsey, weisen darauf hin, dass ein beachtlicher Anteil der Frauen nur dann zum Orgasmus kommen kann, wenn die Klitoris (mit-)stimuliert wird. (Siehe hierzu auch den aktuellen Stand der Forschung.)
Die Bedeutung des Abstandes zwischen Klitoris und Meatus urethralis (clitoral-urinary meatus distance, CUMD)
Die Psychoanalytikerin Marie Bonaparte, auch unter dem Pseudonym A. E. Narjani bekannt, untersuchte in einer Studie aus dem Jahre 1924[59] bei insgesamt 43 Frauen die Distanz zwischen Klitoris und Meatus urethrae, auch als clitoral-urinary meatus distance (CUMD) bezeichnet, und befragte anschließend die Probandinnen zu ihren sexuellen Erlebnissen. Bezugspunkt ihrer Messungen war die Vereinigungsstelle der paarigen Frenula clitoridis zu dem im Introitus vaginae liegenden Meatus urethrae externus. Es zeigte sich für die Untersucherin bei ihren Auswertungen, dass es eine Korrelation zwischen dem CUMD und der Orgasmusfähigkeit gäbe.
Anders formuliert, je näher die Klitoris zur Harnröhrenmündung lag, desto häufiger erlebten die betroffenen Frauen einen Orgasmus. Die Frauen, deren Klitoris näher an der Harnröhrenmündung läge, so die Hypothese, hätten häufiger einen Orgasmus als Frauen, bei denen dieser Abstand größer sei. Nach Untersuchungen von K. Warren und E. A. Lloyd (2011) werden diese Ergebnisse aber eher funktionell interpretiert.[60] Demnach wäre es beim Vaginalverkehr wichtig, dass es zu einer cohabituellen Annäherung zwischen dem Introitus vaginae und der Klitoris käme.[61][62]
Empfindlichkeit
Die Empfindlichkeit der Klitoriseichel für direkte Stimulierung ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Frauen sind so empfindlich, dass sie eine direkte Stimulierung erst nach längerem Vorspiel und auch dann ein nur ganz zartes Streicheln, oder auch gar nicht ertragen oder nur bei Verwendung von Gleitgel. Bei anderen Frauen hingegen wird die sexuelle Begegnung erst durch die intensive reibende Berührung der Klitoris zum vollständigen Genuss. Was gerade „gut“ ist, kann auch von Situation zu Situation unterschiedlich sein und sich auch während einer sexuellen Begegnung mehrfach ändern. Da die Klitoris, wie oben beschrieben, mit dem umgebenden Gewebe eng verbunden ist, sind verschiedene indirekte Stimulationsformen gängige Praxis.
In sehr seltenen Fällen kann eine als zu gering erlebte Empfindlichkeit der Klitoris auf eine zu große Klitorisvorhaut zurückgeführt werden. Demgegenüber lässt sich ein vergleichbares Phänomen weit häufiger auf Unkenntnis über die Anatomie oder die Existenz von Schamgrenzen zurückführen, die eine selbstbestimmte Sexualität verhindern.[63]
Bei einer Penetration überträgt sich der Zug auf die kleinen Schamlippen (kleine Vulvalippen) und über diese auf die Kitzlerbändchen (Frenulae clitoridis) und auf die Klitoris. Hierdurch kommt die Klitoriseichel dem eindringenden Penis näher. Durch reibende Bewegungen wird über spezielle Sinneszellen, die Mechanorezeptoren, die sexuelle Erregung verstärkt.
Als Cunnilingus bezeichnet man eine Form des Oralverkehrs, bei der die Klitoris, die Schamlippen oder der Scheideneingang mit der Zunge und den Lippen stimuliert werden.
Vergleichende funktionelle Anatomie der Säugetiere
Säugetiere zeigen zwei wesentliche Formen der Ovulation, so evolutionierte sich die Koitus-induzierte Ovulation wahrscheinlich als Erstes. Daraus entstand, als Anpassung an neue Faktoren, dann später die abgeleitete Eigenschaft der zyklischen oder spontanen Ovulation. Bei Säugetieren, die eine Koitus-induzierte Ovulation zeigen (engl. coitus-induced ovulation), spielen neben der Wirkung neuronaler olfaktorischer (Wirbeltierpheromone) und emotionaler Reize auch neuroendokrine Systeme eine Rolle. Sie sind an der spontanen und reflexinduzierten Ovulation beteiligt, hierzu zählen das hypothalamisch-hypophysäre-gonadokinetische System und die neurohormonalen Wege für coitomimetische Stimuli. Die Übersetzung der vaginal-clitoralen Stimulation in gonadomimetische humorale Botschaften, die vom Hypothalamus bzw. der hinteren Hypophyse zur Freisetzung von luteinisierendem Hormon (LH) und Prolaktin führen, sind komplex und noch nicht ausreichend beschrieben. Der weibliche Orgasmus spielt bei der Koitus-induzierten Ovulation eine direkte reproduktive Rolle. Als unterstützender Reflex hilft er den Eisprung zu induzieren. Bei vergleichend-anatomischen Studien der weiblichen Genitalien zeigte sich, dass mit der Entwicklung des spontanen Eisprungs auch die Klitoris ihre anatomische Position veränderte. Denn bei den Säugetieren, die einen Orgasmus für ihre Reproduktion benötigen, liegt das Sexualorgan in der Nähe oder sogar weit im weiblichen Sexualkanal.[64]
Bedeutung in der Wissenschaftsgeschichte
Die wissenschaftliche Erstbeschreibung der Klitoris durch den Anatomen Realdo Colombo aus Padua im Jahre 1559 ist ein häufig untersuchtes Beispiel der Medizin- und Sexualforschungsgeschichte. In seinem anatomischen Werk de re anatomica beanspruchte Colombo für sich, die Klitoris als „Platz der weiblichen Lust“ entdeckt zu haben. Man wird, „wenn man sie berührt, bemerken, dass sie ein bisschen härter und länglich wird, so sehr, dass sie sich als eine Art männliches Glied erweist“.[65] Später entwickelte sich aus Colombos Beschreibung ein Prioritätsstreit, da Gabriele Falloppio – Colombos Nachfolger in Padua – beanspruchte, der wirkliche Entdecker der Klitoris zu sein.
Die „Entdeckung“ der Klitoris in der Renaissance ist aus wissenschaftshistorischer Perspektive in vielfacher Hinsicht ein interessantes Phänomen. Selbstverständlich hatten Frauen auch schon vor Colombo die Klitoris entdeckt, und natürlich wurden auch vor Colombo Männer auf die Klitoris und ihre sexuelle Funktion hingewiesen. Dass die Klitoris in der anatomischen Beschreibung des Menschen vor Colombo dennoch nicht vorkam, ist eine Illustration für die Tatsache, dass die anatomische Beschreibung des Menschen in der Regel eine anatomische Beschreibung des männlichen Körpers war.
Ende des 18. Jahrhunderts widmeten sich die männlichen Anatomen der physiologischen Funktion der Klitoris vorwiegend mündlich.[66] Zuweilen wurde unterstellt, erst Denis Diderot habe in Die indiskreten Kleinode 1748 oder im Artikel Jouissance der Enzyklopädie 1765 die lustspendende Funktion der Klitoris offen und schriftlich dargestellt.[66] Die Rolle der Klitoris für das weibliche Begehren wurde bereits 1724 in populären Schriften unter anderem des Arztes und Sozialreformers Bernard de Mandeville beschrieben.[66]
Der Wissenschaftshistoriker Thomas Laqueur weist jedoch darauf hin, dass diese Einschätzung der Klitoris der gängigen antiken anatomischen Theorie über Sexualorgane widersprach.[67] Unter dem Einfluss von Galenos wurden Vagina und Penis nicht als zwei grundsätzlich verschiedene Organe wahrgenommen. Vielmehr ging man davon aus, dass die Vagina ein nach innen gestülpter Penis sei und die weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane in ihrer Struktur analog seien. In diese Theorie passte die Klitoris nicht, die von Colombo ebenso als eine Art Penis beschrieben wurde.
Im Jahre 1844 veröffentlichte Georg Ludwig Kobelt eine sehr detaillierte anatomische Beschreibung der Klitoris, einschließlich ihrer tieferliegenden Struktur, etwa der „Kobelt’sche Venenplexus“[68][69] und ihrer Funktion.[70]
Im Jahre 1887 erschien die Klitoris in Gray's Anatomy, einem Anatomie-Standardwerk. Hier war die Klitoris noch in ihrer Originalgröße abgebildet. Bereits 1901 war sie nur noch als kleine Vorwölbung dargestellt, 1913 verschwand sie völlig aus Gray's Anatomy.[71]
1998 publizierte die australische Urologin Helen O’Connell ihre Untersuchungsergebnisse über die weitverzweigte tieferliegende Struktur der Klitoris.[72][73][74][75]
Im Jahre 2004 erschien im TV-Sender Arte ein vielbeachteter Bericht über die Forschungen von Kobelt und Nachfolgern mit dem Titel Klitoris, die schöne Unbekannte.[76]
Klitoridektomie
Mit Klitoridektomie wird die teilweise oder vollständige operative Entfernung der Klitoris bezeichnet. Aus kulturellen Gründen[77] durchgeführt, wird dieser Eingriff außerhalb der praktizierenden Gemeinschaften heute häufig unter dem Begriff „Weibliche Genitalverstümmelung“ (engl. Female genital mutilation FGM) zusammengefasst.[78] Daneben existiert die medizinische Indikation bei einem Klitoriskarzinom.[79][80][81]
Siehe auch
- Aphallie
- Clitoria ternatea, eine Pflanze, deren Blüte an eine Klitoris erinnert
- Klitorisadhäsion
- Klitorispiercing
- Klitorisplastik
- Vaginale Selbstuntersuchung
Literatur
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Filme
- Klitoris – Die schöne Unbekannte. Komplett-Media (September 2007), ISBN 978-3-8312-9488-6, © ARTE Frankreich 2002. Ein Film von Stefan Firmin und Michele Dominici im Auftrag von ARTE.
- Klitoris – Die schöne Unbekannte. Arte-Dokumentation auf youtube: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7, abgerufen am 28. Dezember 2011
- Die Klitoris - Animated Documentary, Ein animierter Kurzfilm von Lori-Malépart Traversy.
Weblinks
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Einzelnachweise
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- Georg Ludwig Kobelt: Die männlichen und weiblichen Wollust-Organe des Menschen und einiger Säugetiere in anatomisch-physiologischer Beziehung. Freiburg 1844.
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- Nancy Scheper-Hughes: Virgin territory. The male discovery of the clitoris. In: Medical Anthropology Quarterly. 1991, Nr. 5, S. 25–28.
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