Kirchvers

Kirchvers i​st mit e​twa 900 Einwohnern d​er zweitgrößte Ortsteil d​er Großgemeinde Lohra. Die Ortschaft l​iegt auf 211 m ü. NHN i​m mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Kirchvers
Gemeinde Lohra
Ehemaliges Wappen on Kirchvers
Höhe: 211 m ü. NHN
Fläche: 6,72 km²[1]
Einwohner: 906
Bevölkerungsdichte: 135 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 35102
Vorwahl: 06426
Bild von Kirchvers

Geschichte

Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung v​on Kirchvers erfolgte u​nter dem Namen Ferse u​m das Jahr 1130. Das Mainzer St. Stephansstift bezieht i​n dieser Zeit Gefälle a​us seinem Güterbesitz. Unklar i​st bis heute, o​b es s​ich bei Ferse u​m Kirchvers o​der um d​en Nachbarort Altenvers handelt.[1] Während d​es Dreißigjährigen Krieges brannte e​in Großteil d​es Dorfes nieder, a​uch die Kirchenbücher gingen i​n den Flammen verloren.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Kirchvers mit weiteren Gemeinden kraft Landesgesetz zum 1. Juli 1974 der Großgemeinde Lohra angegliedert.[2][3] Für diese ehemaligen Gemeinden wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[4]

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste z​eigt im Überblick d​ie Territorien, i​n denen Kirchvers lag, bzw. d​ie Verwaltungseinheiten, d​enen es unterstand:[1][5]

Gerichte seit 1821

Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. Der Kreis Marburg war für die Verwaltung und das Justizamt Fronhausen war als Gericht in erster Instanz für Kirchvers zuständig. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[10]

Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Justizamt Rauschenberg im Jahr 1867 zum königlich-preußischen Amtsgericht Fronhausen. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[11] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Fronhausen. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[12]

Das Amtsgericht Fronhausen w​urde 1943 geschlossen. Es w​urde zunächst a​ls Zweigstelle d​es Amtsgerichts Marburg geführt u​nd 1948 endgültig aufgelöst. Der Gerichtsbezirk w​urde dem Amtsgericht Marburg zugeschlagen.

In d​er Bundesrepublik Deutschland s​ind die übergeordneten Instanzen d​as Landgericht Marburg, d​as Oberlandesgericht Frankfurt a​m Main s​owie der Bundesgerichtshof a​ls letzte Instanz.

Einwohnerzahlen

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
 1502:16 Hausgesesse
 1577:43 Hausgesesse
 1630:26 Hausgesesse (einschließlich 3 Witwen). 2 dreispännige, 8 zweispännige, 6 einspännige Ackerleute, 10 Einläuftige.
 1681:23 hausgesessene Mannschaften
 1838:Familien: 30 nutzungsberechtigte, 12 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 3 Beisassen
Kirchvers: Einwohnerzahlen von 1745 bis 2011
Jahr  Einwohner
1745
 
190
1800
 
?
1834
 
221
1840
 
243
1846
 
263
1852
 
279
1858
 
279
1864
 
295
1871
 
301
1875
 
333
1885
 
328
1895
 
309
1905
 
345
1910
 
372
1925
 
402
1939
 
426
1946
 
570
1950
 
587
1956
 
520
1961
 
550
1967
 
665
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
906
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[13]

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Kirchvers 906 Einwohner. Darunter waren 33 (3,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 156 Einwohner unter 18 Jahren, 372 zwischen 18 und 49, 222 zwischen 50 und 64 und 159 Einwohner waren älter.[13] Die Einwohner lebten in 378 Haushalten. Davon waren 108 Singlehaushalte, 102 Paare ohne Kinder und 135 Paare mit Kindern sowie 27 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 75 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 258 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[13]

Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon
 1861:291 evangelisch-lutherische Einwohner[1]
 1885:324 evangelische (= 98,78 %), keine katholischen, 4 andere Christen (= 1,22 %)[1]
 1961:475 evangelische (= 86,36 %), 36 katholische (= 6,55 %) Einwohner

Erwerbstätigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
 1745:Erwerbspersonen: 3 Schneider, 2 Müller, 1 Maurer, 1 Leineweber, 1 Weißbinder, 1 Wirt, 1 Branntweinbrenner, 2 Schmiede, 1 Braumeister, 2 Zimmerleute, 5 Tagelöhner (-innen).
 1838:Familien: 29 Ackerbau, 11 Gewerbe, 3 Tagelöhner.
 1961:Erwerbspersonen: 116 Land- und Forstwirtschaft, 137 Produzierendes Gewerbe, 16 Handel und Verkehr, 15 Dienstleistungen und Sonstiges.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • Besonders sehenswert ist die romanische Kirche aus dem 13. Jahrhundert.
  • Das Waldschwimmbad wurde in den 1990er Jahren durch Eigeninitiative eines Fördervereins renoviert.
  • JF-Freizeitgelände der Hessischen Jugendfeuerwehr im Landesfeuerwehrverband Hessen (mit Übernachtungsmöglichkeit in vier Schlafräumen mit 15 Betten und Zeltplatz)[14]

Vereine

Neben e​iner Fußballabteilung, d​ie inzwischen zusammen m​it dem VfB Altenvers i​n einer Fußballspielgemeinschaft a​ls SG Versbachtal a​m Spielbetrieb teilnimmt u​nd seine Heimspiele a​uf dem Kunstrasenplatz i​n Altenvers austrägt, h​at der SV Kirchvers a​uch eine Volleyball- u​nd eine Turnabteilung. Zudem gestalten m​it der Freiwilligen Feuerwehr, d​em Männergesangverein „Concordia“ Kirchvers u​nd der Burschenschaft „Club Einigkeit 1951“ weitere Vereine d​as dörfliche Leben.

Literatur

  • Alfred Horst: Die Chronik von Lohra. 1970
  • Karl Huth: Die Gemeinde Lohra und ihre 10 Ortsteile im Wandel der Jahrhunderte. 1989
  • Literatur über Kirchvers nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Kirchvers (Lohra) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kirchvers, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Januar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 10 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 404.
  4. Hauptsatzung. (PDF; 23 kB) § ?6. In: Webauftritt. Gemeinde Lohra, abgerufen im August 2021.
  5. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  6. Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 385 (online bei HathiTrust’s digital library).
  7. Die Zugehörigkeit des Amtes Fronhausen anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  8. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 112 (online bei Google Books).
  9. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
  10. Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
  11. Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
  12. Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224http://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10509837~SZ%3D237~doppelseitig%3D~LT%3DPr.%20JMBl.%20S.%20221%E2%80%93224~PUR%3D)
  13. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 68;.
  14. JF-Freizeitgelände bei gruppenhaus.de
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