Weipoltshausen (Lohra)
Weipoltshausen ist ein Ortsteil der Großgemeinde Lohra im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der Ort hat rund 550 Einwohner und liegt auf 216 m ü. NHN (Ortsmitte).
Weipoltshausen Gemeinde Lohra | |
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Höhe: | 216 (213–270) m ü. NHN |
Fläche: | 4,3 km²[1] |
Einwohner: | 546 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 127 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 35102 |
Vorwahl: | 06426 |
Geschichte
Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Weipoltshausen erfolgte unter dem Namen Wipaldeshusen im zwischen 1200 und 1220 entstandenen Lehensverzeichnis des Kanonissenstiftes Wetter, das dort fünf zu Mannlehen ausgelegte Hufen besaß.[1]
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Weipoltshausen mit weiteren Gemeinden kraft Landesgesetz zum 1. Juli 1974 der Großgemeinde Lohra angegliedert.[3][4] Für diese ehemaligen Gemeinden wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[5]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Weipoltshausen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Lohra (Gericht Lohra bestand aus den Orten Lohra, Nanzhausen, Willershausen, Rodenhausen, Seelbach, Rollshausen, Altenvers, Raimarshausen, Weiboldshausen, Kirchvers, Oberwalgern, Holzhausen, Stedebach und Damm)[7]
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Gericht Lohra[8]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Gericht Lohra
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Gericht Lohra
- ab 1686: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Fronhausen, Gericht Lohra
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Fronhausen, Gericht Lohra[9]
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Lohra
- ab 1815: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Amt Fronhausen, Gericht Lohra
- ab 1821: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Marburg (Trennung von Justiz (Justizamt Fronhausen) und Verwaltung)[10]
- ab 1848: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Marburg
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- am 1. Juli 1974 wurde Weipoltshausen als Ortsteil der neu gebildeten Gemeinde Lohra eingegliedert.
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. Der Kreis Marburg war für die Verwaltung und das Justizamt Fronhausen war als Gericht in erster Instanz für Weipoltshausen zuständig. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[11]
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Justizamt Rauschenberg 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Fronhausen. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[12] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Fronhausen. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[13]
Das Amtsgericht Fronhausen wurde 1943 geschlossen. Es wurde zunächst als Zweigstelle des Amtsgerichts Marburg geführt und 1948 endgültig aufgelöst. Der Gerichtsbezirk wurde dem Amtsgericht Marburg zugeschlagen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1502: | 11 Männer |
• 1577: | 27 Hausgesesse |
• 1630: | 23 Hausgesesse (7 zweispännige, 13 einspännige Ackerleute) |
• 1681: | 16 hausgesessene Mannschaften |
• 1747: | 28 Haushalte |
• 1838: | 160 Einwohner (Familien: 22 nutzungsberechtigte, 6 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger) |
Weipoltshausen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 145 | |||
1840 | 174 | |||
1846 | 170 | |||
1852 | 171 | |||
1858 | 173 | |||
1864 | 184 | |||
1871 | 195 | |||
1875 | 216 | |||
1885 | 217 | |||
1895 | 189 | |||
1905 | 202 | |||
1910 | 229 | |||
1925 | 265 | |||
1939 | 273 | |||
1946 | 358 | |||
1950 | 341 | |||
1956 | 329 | |||
1961 | 335 | |||
1967 | 353 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 546 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Weipoltshausen 546 Einwohner. Darunter waren 9 (1,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 90 Einwohner unter 18 Jahren, 231 zwischen 18 und 49, 126 zwischen 50 und 64 und 99 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 246 Haushalten. Davon waren 75 Singlehaushalte, 7 Paare ohne Kinder und 33 Paare mit Kindern sowie 18 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 45 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 171 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[2]
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | 173 evangelisch-lutherische, ein evangelisch-reformierter Einwohner |
• 1885: | 217 evangelische (= 100 %) Einwohner |
• 1961: | 300 evangelische (= 89,55 %), 23 katholische (= 6,87 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1838: | Familien: 24 Ackerbau, 3 Gewerbe, 1 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 82 Land- und Forstwirtschaft, 94 Produzierendes Gewerbe, 12 Handel und Verkehr, 6 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Sehenswürdigkeiten
- die Kirche von Weipoltshausen, die vermutlich im 16. Jahrhundert gebaut wurde.
- südlich des Dorfs befindet sich der Aussichtspunkt 10 Dörfer Blick
Vereine
Das dörfliche Leben in Weipoltshausen zeichnet sich vor allem durch eine rege Tätigkeit verschiedener Vereine aus. Neben der Freiwilligen Feuerwehr existiert der 1920 gegründete TSV Weipoltshausen, der sowohl über eine Fußball- als auch über eine Gymnastikabteilung verfügt, zudem gibt es einen gemischten Chor, den Chor Cantelo, die Aktiven Bürger Weipoltshausen, einen Verschönerungsverein und den Kultur- und Heimatverein.
Literatur
- Alfred Horst: Die Chronik von Lohra. 1970
- Karl Huth: Die Gemeinde Lohra und ihre 10 Ortsteile im Wandel der Jahrhunderte. 1989
Weblinks
- Ortsteil Weipoltshausen In: Webauftritt der Gemeinde Lohra.
- Weipoltshausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Weipoltshausen im Lohra-Wiki.
Einzelnachweise
- Weipoltshausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 21. Oktober 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 68 .
- Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 10 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 404.
- Hauptsatzung. (PDF; 23 kB) § ?6. In: Webauftritt. Gemeinde Lohra, abgerufen im August 2021.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 385 (online bei HathiTrust’s digital library).
- Die Zugehörigkeit des Amtes Fronhausen anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 112 f. (online bei Google Books).
- Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
- Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )