Nanz-Willershausen
Nanz-Willershausen ist ein Ortsteil der Großgemeinde Lohra im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Nanz-Willershausen Gemeinde Lohra | |
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Höhe: | 257 m ü. NHN |
Fläche: | 3,44 km²[1] |
Einwohner: | 246 (Mai 2011) |
Bevölkerungsdichte: | 72 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 35102 |
Vorwahl: | 06462 |
Willershausen |
Geographie
Nanz-Willershausen besteht aus den Siedlungsplätzen Nanzhausen und Willershausen sowie den Einzelgehöft Wüsteburg nahe der Bundesstraße 255. Der Ortsteil hat derzeit rund 280 Einwohner und liegt auf 257 m ü. NHN (Gemeindeverwaltung) am Quelllauf des Walgerbaches (Willershausen) bzw. am Quelllauf eines nordöstlichen Salzböde-Nebenflusses (Nanzhausen) im Naturraum Salzbödetal.
Geschichte
Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen
Schon seit dem 17. Jahrhundert bildeten die Ortschaften Nanzhausen und Willershausen faktisch eine Gemeinde, wurden aber bis ins 20. Jahrhundert einzeln aufgeführt. Willershausen wird bekanntermaßen erstmals in der Zeit von 1200 bis 1220 als Willicheshausen in einer Urkunde des Kanonissenstifts Wetter erwähnt, das hier ein Mannlehen von einer Hufe besaß. Die erste bekannte Erwähnung Nanzhausens als de Nadelshusen in der „Analecta Hassiaca III“ stammt aus dem Jahr 1339. Die ebenfalls zu Nanz-Willershausen gehörige Gehöftgruppe Wüsteburg wurde vermutlich im 19. Jahrhundert als Straßenwirtschaft errichtet.[1]
Gebietsreform
Zum 31. Dezember 1971 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbständige Gemeinde Nanz-Willershausen zusammen mit den Gemeinden Damm und Rodenhausen auf freiwilliger Basis in die Gemeinde Lohra angegliedert.[2] Für die so entstandenen Ortsteile wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[3]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Nanzhausen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[4][1]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Lohra (Gericht Lohra bestand aus den Orten Lohra, Nanzhausen, Willershausen, Rodenhausen, Seelbach, Rollshausen, Altenvers, Raimarshausen, Weiboldshausen, Kirchvers, Oberwalgern, Holzhausen, Stedebach und Damm)[5]
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Gericht Lohra[6]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Gericht Lohra
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Gericht Lohra
- ab 1686: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Fronhausen, Gericht Lohra
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Fronhausen, Gericht Lohra[7]
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Lohra
- ab 1815: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Amt Fronhausen, Gericht Lohra
- ab 1821: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Marburg[8]
- ab 1848: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Marburg
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- am 31. Dezember 1971 wurde Nanz-Willershausen als Ortsteil der neu gebildeten Gemeinde Lohra eingegliedert.
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. Der Kreis Marburg war für die Verwaltung und das Justizamt Fronhausen war als Gericht in erster Instanz für Nanzhausen und Willershausen zuständig. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[9]
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Justizamt Rauschenberg 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Fronhausen. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[10] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Fronhausen. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[11]
Das Amtsgericht Fronhausen wurde 1943 geschlossen. Es wurde zunächst als Zweigstelle des Amtsgerichts Marburg geführt und 1948 endgültig aufgelöst. Der Gerichtsbezirk wurde dem Amtsgericht Marburg zugeschlagen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1577: | 12 Hausgesesse (Nur Willershausen) |
• 1630: | 13 Hausgesesse (1 dreispännige, 9 zweispännige Ackerleute, 3 Einläuftige) |
• 1681: | 11 hausgesessene Mannschaften |
• 1838: | 128 Einwohner (Familien: 12 nutzungsberechtigte, 7 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger) |
• 1885: | 147 Einwoehner (davon 102 Willershausen) |
Nanz-Willershausen: Einwohnerzahlen von 1744 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1744 | 50 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 120 | |||
1840 | 132 | |||
1846 | 142 | |||
1852 | 150 | |||
1858 | 143 | |||
1864 | 156 | |||
1871 | 145 | |||
1875 | 136 | |||
1885 | 147 | |||
1895 | 130 | |||
1905 | 120 | |||
1910 | 127 | |||
1925 | 134 | |||
1939 | 121 | |||
1946 | 196 | |||
1950 | 200 | |||
1956 | 170 | |||
1961 | 153 | |||
1967 | 196 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 246 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[12] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Nanz-Willershausen 246 Einwohner. Darunter waren 9 (3,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 48 Einwohner unter 18 Jahren, 108 zwischen 18 und 49, 45 zwischen 50 und 64 und 45 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 111 Haushalten. Davon waren 30 Singlehaushalte, 33 Paare ohne Kinder und 30 Paare mit Kindern sowie 12 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 15 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 75 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[12]
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | alle Einwohner evangelisch-lutherisch |
• 1961: | 122 evangelische (= 79,7 %), 30 römisch-katholische (= 19,0 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1744: | alle Einwohner Ackerleute |
• 1838: | Familien: 14 Ackerbau, 2 Gewerbe, 3 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 64 Land- und Forstwirtschaft, 17 Produzierendes Gewerbe, 5 Handel und Verkehr, 5 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Sehenswürdigkeiten
Besonders sehenswert an Nanz-Willershausen sind die zahlreichen Fachwerkbauten sowie die Nanzhäuser Heide als ausgewiesenes Naturdenkmal.[13]
Infrastruktur
Nanz-Willershausen verfügt über eine Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr, deren Räumlichkeiten im Dorfgemeinschaftshaus untergebracht sind.
Persönlichkeiten
- Heinrich Naumann, Heimatdichter
Literatur
- Alfred Horst: Die Chronik von Lohra. 1970
- Karl Huth: Die Gemeinde Lohra und ihre 10 Ortsteile im Wandel der Jahrhunderte. 1989
- Literatur über Nanz-Willershausen nach Stichwort In: Hessische Bibliographie
Weblinks
- Ortsteil Nanz-Willershausen. In: Webauftritt. Gemeinde Lohra
- Nanz-/Willershausen aus Lohra Wiki – Wissenswertes rund um Lohra
- Nanz-Willershausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Willershausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Nanzhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Nanz-Willershausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 21. Oktober 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 402.
- Hauptsatzung. (PDF; 23 kB) § ?6. In: Webauftritt. Gemeinde Lohra, abgerufen im August 2021.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 385 (online bei HathiTrust’s digital library).
- Die Zugehörigkeit des Amtes Fronhausen anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 112 f. (online bei Google Books).
- Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
- Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 68 .
- Faltblatt Heide Nanzhausen (PDF; 292 kB) der Agentur Naturentwicklung Marburg-Biedenkopf