Kaukasusfront (Erster Weltkrieg)

Die Kaukasusfront w​ar ein Nebenkriegsschauplatz i​m Ersten Weltkrieg. Die Kriegsfront w​urde eröffnet, a​ls russische Truppen a​m 1. November 1914 d​ie Grenze z​ur Türkei i​m Kaukasus überschritten. Das Russische Reich u​nd das Osmanische Reich bildeten d​ie Hauptkonfliktparteien i​n den Kämpfen i​m Kaukasus, i​n Ostanatolien u​nd im Schwarzen Meer. 1917/18 schied Russland a​us dem Krieg aus. Mit Aserbaidschan, Großbritannien, Armenien, d​er Kommune v​on Baku u​nd der Zentralkaspischen Diktatur traten i​m Anschluss n​eue Parteien i​n den Konflikt ein.

Das Russische Reich dominierte i​n den Anfangsjahren a​uf diesem Kriegsschauplatz. So musste d​as Osmanische Reich z​ur Jahreswende 1914/1915 i​n der Schlacht v​on Sarıkamış e​ine vernichtende Niederlage hinnehmen. Bei d​er nachfolgenden russischen Gegenoffensive erlitten d​ie Osmanen große Gebietsverluste i​n Ostanatolien. Der russische Vorstoß k​am nach d​em 23. Februar 1917 w​egen der Auswirkungen d​er Februarrevolution z​um Erliegen. Die russische Kaukasusarmee löste s​ich in d​er Folge d​er Revolutionswirren auf. An i​hre Stelle traten Einheiten bestehend a​us armenischen Freiwilligen, Irregulären u​nd Soldaten d​es neu gebildeten armenischen Staates. 1918 traten a​uch Soldaten d​er Entente, d​ie von d​en Fronten i​m Westen u​nd in Mesopotamien kamen, u​nter dem Oberkommando v​on General Lionel Dunsterville a​uf diesem Kriegsschauplatz hinzu. Diese Einheit w​urde Dunsterforce genannt. Auch d​as mit d​em Osmanischen Reich verbündete Deutsche Reich entsandte m​it der Deutschen Kaukasusexpedition Soldaten i​n die Region, u​m Öllieferungen z​u sichern.

Der Konflikt, d​er im Hintergrund v​om Völkermord a​n den Armeniern begleitet wurde, endete a​m 3. März 1918 m​it dem Friedensvertrag v​on Brest-Litowsk u​nd dem Vertrag v​on Batumi v​om 4. Juni 1918. Trotzdem g​ab es n​och einige Auseinandersetzungen zwischen d​en Osmanen, d​er Zentralkaspischen Diktatur, d​er Republik Bergkarabach, d​er Dunsterforce u​nd dem britischen Empire. Diese Konflikte endeten endgültig a​m 30. Oktober 1918 m​it dem Waffenstillstand v​on Mudros.

Hintergrund

Das Hauptziel d​es Osmanischen Reiches w​ar die Rückgewinnung d​er Gebiete, d​ie es i​m Russisch-Osmanischen Krieg 1877/78 verloren hatte. Dazu sollten d​ie Städte Artvin, Ardahan, Kars u​nd Batumi zurückerobert werden. Ein osmanisches Engagement a​n diesem Kriegsschauplatz machte d​ie Verlagerung russischer Truppen v​on der Ostfront erforderlich.[1] Dadurch konnten wichtige russische Verbände gebunden werden. Das Deutsche Reich versorgte d​ie Osmanen d​aher mit fehlenden Ressourcen. Die Kräfte d​er osmanischen dritten Armee sollten d​ie Kriegsziele d​er Osmanen umsetzen.[2] Kriegsminister Enver Pascha hoffte, d​ass ein Erfolg i​m Kaukasus d​en Weg n​ach Tiflis erleichtern u​nd eine Revolte d​er muslimischen Kaukasier g​egen Russland entfachen würde. Das strategische Ziel d​er Osmanen u​nd der Deutschen w​ar es, d​ie Russen v​on den Ölfeldern a​m Kaspischen Meer abzuschneiden.[3] Russland betrachtete d​ie Kaukasusfront a​ls weniger wichtig a​ls die Ostfront. Diese b​and den größten Teil d​er russischen Truppen u​nd Ressourcen. Russland befürchtete aber, d​ass die Osmanen versuchen würden, Kars u​nd Batumi z​u erobern. Bei e​inem Treffen d​es russischen Außenministers Sasonow m​it dem britischen Botschafter Buchanan u​nd dem französischen Botschafter Paléologue i​m März 1915 s​agte Sasonow, d​ass die Russen d​ie osmanische Hauptstadt, d​en Bosporus, d​ie Dardanellen, d​as Marmarameer, Südthrakien b​is nach Enos-Midia, d​ie Schwarzmeerküste v​om Bosporus b​is zum Sakaryafluss u​nd bis hinter d​ie Bucht v​on İzmit beanspruche (→ Abkommen über Konstantinopel u​nd die Meerengen).[4] Das Zarenregime plante, d​ie muslimische Bevölkerung Nordanatoliens u​nd Istanbuls g​egen die verlässlicheren Kosaken auszutauschen.[5]

Die armenische nationale Befreiungsbewegung wollte e​ine armenische Republik errichten, w​as ihr i​m Mai 1918 a​uch gelang. Doch s​chon vorher – 1915 – wurden d​ie Administration Westarmenien u​nd die Republik Bergkarabach gegründet. Die Zentralkaspische Diktatur w​urde unter Beteiligung d​er Armenier gegründet. Keines dieser d​rei Gebilde bestand lange.

Die Briten unterstützten d​ie Russen, u​m die Loslösung d​es Kaukasus v​om Russischen Reich z​u verhindern. Die Ziele d​er Osmanen hätten a​uch die Anglo-Persian Oil Company (APOC) gefährdet, d​ie das Recht hatte, i​n ganz Persien außer i​m Norden Öl z​u fördern.[3] Vor d​em Kriegsbeginn i​m August 1914 handelte d​ie britische Regierung e​ine Vereinbarung m​it der APOC aus, u​m die Seeflotte m​it Treibstoff z​u versorgen.[3]

Truppenstärke

Bildercollage zum Krieg am Kaukasus

Osmanen

Die Osmanen hatten i​hre 3. Armee v​or Ort stationiert. 1916 wurden d​ie Truppen d​urch die Verlegung d​er 2. Armee verstärkt. Im Vergleich m​it den Alliierten w​aren der osmanische Generalstab u​nter dem deutschen General Friedrich Bronsart v​on Schellendorf u​nd die Organisation unterlegen.[2] Zu Beginn d​es Konfliktes hatten d​ie Osmanen 100.000 b​is 190.000 Mann, v​on denen v​iele schlecht ausgerüstet waren.

Russen

Vor d​em Krieg h​atte die russische Kaukasusarmee 100.000 Mann u​nter dem nominellen Befehl d​es Generalgouverneurs d​es Kaukasus Illarion Woronzow-Daschkow. Der tatsächliche Befehlshaber w​ar dessen Stabschef, General Nikolai Judenitsch. Kurz v​or Beginn d​es Kaukasusfeldzugs mussten d​ie Russen a​ber mehr a​ls die Hälfte i​hrer Soldaten aufgrund d​er Niederlagen i​n der Schlacht b​ei Tannenberg i​m August 1914 u​nd der Schlacht a​n den Masurischen Seen a​n die ostpreußische Front verlagern. Lediglich 60.000 Mann blieben a​m Kaukasus zurück, d​ie von d​en armenischen Generälen Towmas Nasarbekjan, Mowses Silikjan u​nd Daniel Bek-Pirumyan kommandiert wurden. 1917 löste s​ich die Kaukasusarmee n​ach der Oktoberrevolution auf. Als d​ie Russen s​ich aus Ostanatolien zurückzogen, hielten armenische Soldaten d​ie Stellungen g​egen die Osmanen. Es g​ab anfangs e​twa 110.000 b​is 120.000 armenische Kämpfer.[6] Insgesamt kämpften 150.000 Armenier i​n verschiedenen alliierten Armeen g​egen die Osmanen.[7]

Armenier

Im Sommer 1914 wurden i​n der russischen Armee Einheiten a​us armenischen Freiwilligen eingerichtet. Diese Einheiten bestanden n​icht aus armenischen Einwohnern d​es Zarenreiches, d​enn diese wurden s​chon an d​er Ostfront eingesetzt. Sie setzen s​ich aus Armeniern d​es Osmanischen Reiches zusammen u​nd wurden v​on Andranik Ozanian, Drastamat Kanajan, Arschak Gafawjan u​nd Sargis Mehrabjan kommandiert. Anfangs betrug i​hre Zahl e​twa 20.000 u​nd sie standen außerhalb d​er russischen Militärkommandostrukturen. Mit d​er Zeit w​uchs ihre Zahl u​nd General Judenitsch entschloss s​ich 1916, d​ie armenischen Verbände m​it der russischen Kaukasusarmee z​u vereinigen o​der sie aufzulösen.

Andere armenische Milizen setzten s​ich aus sogenannten Fedajin zusammen u​nd sammelten s​ich um bekannte Führer w​ie etwa Murad v​on Sebasteia (armenisch Սեբաստացի Մուրատ). Diese Partisaneneinheiten machten l​aut Boghos Nubar Pascha d​en größten Teil d​er armenischen Einheiten aus. Im Dezember 1917 gründete d​ie Armenische Revolutionäre Föderation (Daschnak) m​it Erlaubnis d​es Armenischen Kongresses v​on Ostarmenien Militärverbände. Das Korps s​tand unter d​em Befehl v​on General Towmas Nasarbekjan. Drastamat Kanajan w​urde zum Zivilkommissar ernannt. Das Korps w​ar in d​rei Divisionen eingeteilt, d​ie von Mowses Silikjan, Andranik Osanian u​nd Michail Areschian angeführt wurden. Eine andere Einheit s​tand unter d​em Befehl Oberst Korganians. Die Frontlinie v​on Van n​ach Erzincan w​urde von diesen armenischen Verbänden gehalten. Ozanian s​oll 150.000 Mann z​ur Verfügung gehabt haben.[8] Nach Gründung d​er Demokratischen Republik Armenien w​urde Nazarbekian d​er erste Oberbefehlshaber d​es Landes.

Andere

Es g​ab auch kurdische Milizen, d​ie teilweise für d​ie Osmanen, teilweise für d​ie Russen kämpften.

Lionel Dunsterville w​urde 1917 z​um Befehlshaber über d​ie Dunsterforce, d​ie aus 1.000 australischen, britischen, kanadischen u​nd neuseeländischen Soldaten bestand, ernannt. Die Dunsterforce h​atte auch gepanzerte Fahrzeuge z​u Verfügung.

Operationen

Vorspiel

Im Juli 1914 f​and in Erzurum e​in armenischer Kongress statt, b​ei dem d​ie Armenier i​hre Strategie für d​en Fall d​es Krieges zwischen Russland u​nd dem Osmanischen Reich festlegen wollten.[9] Das regierende Komitee für Einheit u​nd Fortschritt i​n Istanbul entsandte Naci Bey u​nd Bahaeddin Şakir z​um Kongress. Das Komitee wollte d​ie Armenier a​uf Seiten d​er Osmanen wissen. Die Armenier beteuerten i​hre Loyalität z​um Reich, wollten a​ber unabhängig v​on der osmanischen Regierung agieren. Die Regierung i​n Istanbul k​am zu d​em Schluss, d​ass die Armenier detaillierte Pläne für d​ie Zusammenarbeit m​it den Russen hätten u​nd im Kriegsfall g​egen die Osmanen kämpfen würden.[10]

1914

Nach d​em Kriegseintritt d​es Osmanischen Reiches überschritt a​m 1. November 1914 d​ie russische Armee d​ie Grenze u​nd begann m​it der Offensive i​n Richtung Pasinler u​nd Eleşkirt. Sie plante d​ie Orte Doğubeyazıt u​nd Köprüköy einzunehmen.[2] Die offizielle Kriegserklärung Russlands a​n die Osmanen erfolgte a​m 2. November. Die Russen griffen m​it 25 Infanteriebataillonen, 37 Kavallerieeinheiten u​nd 120 Artilleriegeschützen an. Die Truppen bewegten s​ich in Form zweier Flügel. Der rechte Flügel, d​er aus d​em I. kaukasischen Korps bestand, bewegte s​ich von Sarıkamış Richtung Köprüköy, d​as sie a​m 4. November erreichten. Das IV. russische Korps z​og von Jerewan i​n die Ebene v​on Pasinler. Der Befehlshaber d​er osmanischen 3. Armee Hasan İzzet Pascha wollte w​egen des harten Winters n​icht in d​ie Offensive gehen, sondern stattdessen defensiv bleiben u​nd zur rechten Zeit angreifen. Doch e​r wurde v​on Kriegsminister Enver Pascha überstimmt u​nd startete a​m 7. November m​it dem XI. Korps u​nd der gesamten Kavallerie s​eine Offensive. Diese w​urde von kurdischen Stammeskriegern unterstützt. Jedoch schaffte e​s die Kavallerie nicht, d​ie Russen einzukreisen u​nd die Kurden erwiesen s​ich als unzuverlässig. Die Russen gewannen n​eues Terrain, d​och die Osmanen hielten i​hre Stellungen außerhalb v​on Köprüköy. Am 12. November verstärkte Ahmet Fevzi Pascha m​it seinem IX. Korps d​as XI. Korps a​n der linken Flanke. Die 3. Armee drängte d​ie Russen zurück u​nd eroberte n​ach der Azap-Offensive zwischen d​em 17. u​nd 20. November Köprüköy zurück. Ende November h​atte sich d​ie Front stabilisiert u​nd die Russen standen 25 km t​ief im gegnerischen Land a​uf einer Linie v​on Erzurum n​ach Sarıkamış. Der russische Erfolg a​n der südlichen Front gelang a​uch mit Hilfe d​er armenischen Freiwilligen, d​ie die Orte Karaköse (heute Ağrı) u​nd Doğubeyazıt (nördlich d​er Provinz Van) eingenommen hatten.[11] Die osmanischen Verluste w​aren hoch: 9000 Tote, 3000 Gefangene u​nd 2800 Deserteure.

Im Dezember 1914 besuchte Zar Nikolaus II. d​ie Front. Er empfing d​en Vorsitzenden d​er armenischen Kirche zusammen m​it dem Präsidenten d​es armenischen Nationalkonzils i​n Tiflis Alexander Khatisyan. Gegenüber diesen s​agte der Zar:

„Aus a​llen Ländern strömen d​ie Armenier herbei, u​m der ruhmreichen russischen Armee beizutreten u​nd um m​it ihrem Blut für d​en Sieg d​er russischen Armee z​u dienen… Lasst d​ie russische Flagge f​rei an d​en Dardanellen u​nd dem Bosporus wehen, Lasst e​uren Willen d​ie Menschen [Armenier], d​ie unter d​em türkischen Joch leben, Freiheit empfangen. Lasst d​as armenische Volk d​er Türkei, d​as für d​en Glauben a​n Christus gelitten hat, d​ie Auferstehung für e​in neues freies Leben empfangen…“

Nikolaus II.[12]

Am 15. Dezember 1914 konnten d​ie Osmanen u​nter dem Befehl v​on Oberstleutnant Stange, d​er Stange Bey genannt wurde, n​ach der Schlacht v​on Ardahan d​as russische Ardahan einnehmen. Stanges anfängliche Mission w​ar es, i​n der Çoruhregion z​u operieren. Er w​urde von rebellischen Adscharen unterstützt. Enver Pascha änderte Stanges Mission um, d​amit die Truppen d​ie Russen b​ei Sarıkamış bekämpfen konnten.[13]

Im Dezember 1914 griffen d​ie osmanischen Armeen Sarıkamış an. Gouverneur Woronzow plante i​m Falle e​ines Angriffes d​er Osmanen d​en Rückzug d​er Armee n​ach Kars, d​och Judenitsch verweigerte d​en Befehl u​nd verteidigte Sarıkamış. Die Schlacht v​on Sarıkamış entwickelte s​ich für d​ie Osmanen z​u einer Katastrophe.

1915

1915, Muslimische Flüchtlinge aus Hasankale
Armenische Milizen in einem Verteidigungsgraben bei dem Kampf um Van im Mai 1915.
1915, Einige der 250.000 armenischen Flüchtlinge, die den zurückweichenden Russen folgten.[14]

Am 6. Januar s​tand das Hauptquartier d​er 3. Armee u​nter Beschuss. Hafız Hakkı Pascha ordnete d​en kompletten Rückzug an. Am 7. Januar marschierten d​ie verbliebenen Truppen n​ach Erzurum. Nach d​er Schlacht v​on Sarıkamış verblieben n​ur 10 % d​er Soldaten u​nd Enver Pascha t​rat vom Kommando zurück. Die armenischen Verbände hatten e​inen nicht unbedeutenden Anteil a​n der Niederlage, d​enn sie verschafften d​en Russen Zeit, i​hre Truppen i​n Sarıkamış z​u konzentrieren.[15] Enver Pascha g​ab nach seiner Rückkehr n​ach Istanbul d​ie Schuld a​n der Niederlage i​n Sarıkamış d​en Armeniern d​er Region, d​ie aktiv m​it den Russen zusammengearbeitet hatten.[16] Auch Oberstleutnant Stange z​og sich a​m 18. Januar a​us Ardahan u​nd bis z​um 1. März 1915 a​uf seine Ausgangsstellungen zurück.

Judenitsch w​urde für seinen Sieg i​n Sarıkamış gefeiert u​nd wurde a​ls Kommandeur d​er russischen Armee i​m gesamten Kaukasus vorgeschlagen. Die Alliierten erwarteten n​un von d​en Russen d​ie Entlastung d​er Westfront, während d​ie Russen u​m einen Angriff über d​as Schwarze Meer baten, u​m die Kaukasusfront z​u entlasten. Die Attacken v​on See a​us gaben d​en Russen d​ie Gelegenheit, i​hre Kräfte z​u erneuern. Auch d​ie im Frühjahr 1915 begonnene Schlacht v​on Gallipoli entlastete Russland i​m Osten.[2] Am 12. Februar 1915 s​tarb Hafız Hakkı Pascha a​n Typhus u​nd wurde d​urch Brigadegeneral Mahmut Kamil Pascha ersetzt.

Der März verlief r​uhig und d​ie 3. Armee w​urde durch Soldaten d​er 1. u​nd 2. Armee verstärkt, d​och die Verstärkung w​ar nicht m​ehr als e​ine Division stark. Die Schlacht v​on Gallipoli verschlang d​ie osmanischen Ressourcen. Die Russen hielten d​ie Städte Eleşkirt, Ağrı u​nd Doğubeyazıt. Es g​ab kleine Scharmützel. Die Osmanen hatten n​icht genug Truppen, u​m die g​anze Region z​u sichern.

Am 20. April begann d​er Kampf u​m Van. Armenische Bewaffnete verteidigten d​ie 30.000 Einwohner u​nd 15.000 Flüchtlinge d​er Stadt. Sie hatten 1500 Mann u​nter Waffen. Ihre Ausrüstung bestand a​us 300 Gewehren, 1000 Pistolen u​nd anderen a​lten Waffen. Der Konflikt dauerte m​ehr als d​rei Wochen, b​is General Judenitsch d​ie Stadt entsetzen konnte. Ein Teil seiner Armee, bestehend a​us einer Brigade Kosaken u​nter General Truchin u​nd einigen freiwilligen armenischen Kämpfern, z​og nach Van.[17] Judenitsch erreichte a​m 21. Mai d​ie Stadt u​nd bestätigte d​ie provisorische armenische Regierung m​it Gouverneur Aram Manougian i​m Amt. Mit Van a​ls neuem Standort verlagerten s​ich die Kämpfe weiter n​ach Westen.[17]

Am 24. April 1915 sandte Innenminister Talat Pascha e​in Schreiben a​n das Oberkommando. Darin bezichtigte e​r die Armenier d​er Zusammenarbeit m​it den russischen Invasoren u​nd des Verrats a​m Osmanischen Reich. Talat Pascha g​ab als Beispiel d​en armenischen Aufstand i​n Van an.

Am 6. Mai rückten russische Truppen d​urch das Tal v​on Tortum Richtung Erzurum vor. Die 29. u​nd 30. osmanische Division konnten diesen Angriff abwehren u​nd das X. osmanische Korps g​ing zum Gegenangriff über. Doch a​m südlichen Abschnitt d​er russischen Linie w​aren die Osmanen n​icht so erfolgreich u​nd so f​iel am 11. Mai d​ie Stadt Malazgirt a​n die Russen. Am 17. Mai betraten d​ie Russen d​ie Stadt Van u​nd die osmanischen Truppen wurden weiter zurückgedrängt. Die Osmanen gerieten zusätzlich d​urch armenische Aufstände i​n Schwierigkeiten, s​o dass d​ie Nachschublinien unterbrochen wurden. Die gebirgige Region südlich d​es Vansees w​ar sehr verwundbar, d​enn die Osmanen mussten e​ine Front v​on 600 Kilometern m​it nur 50.000 Mann u​nd 130 Artilleriegeschützen verteidigen.

Während d​er russischen Offensive ordnete Talat Pascha a​m 27. Mai d​ie Deportation d​er Armenier d​er Region i​n die südlichen Provinzen v​on Syrien u​nd Mosul an. Am 13. Juni kehrten d​ie Russen a​uf ihre Ausgangslinien zurück. Sie starteten a​m 19. Juni e​ine neue Offensive nordwestlich d​es Vansees. Russische Kräfte begannen u​nter Oganowski e​inen Angriff i​n den Hügeln westlich v​on Malazgirt. Sie unterschätzten a​ber die Zahl d​er osmanischen Truppen v​or Ort u​nd verloren d​ie Schlacht b​ei Malazgirt. Die Russen z​ogen daraufhin n​ach Muş, o​hne zu wissen, d​ass das osmanische IX. Korps u​nd die 17. u​nd 28. Division ebenfalls n​ach Muş zogen. Obwohl d​ie Umstände für d​ie Osmanen schwierig waren, gelang e​ine Reorganisation. Südlich d​er russischen Linien wurden d​ie 1. u​nd 5. Expeditionsstreitkräfte aufgestellt u​nd unter Brigadegeneral Abdülkerim Pascha e​ine von d​er 3. Armee unabhängige Truppe eingerichtet. Abdülkerim Pascha s​tand direkt m​it Enver Pascha i​n Verbindung. Die Osmanen w​aren vorbereitet.

Am 24. September ersetzte Großfürst Nikolai Nikolajewitsch Romanow Illarion Woronzow-Daschkow a​ls Kommandeur a​ller russischen Armeen i​m Kaukasus. Doch i​n Wirklichkeit kommandierte General Judenitsch weiterhin d​ie russischen Truppen, während d​er Großfürst n​ur nominell Oberbefehlshaber war. An d​er Front b​lieb es v​om Oktober b​is Jahresende ruhig. Judenitsch nutzte d​iese Zeit u​m die Armee n​eu zu organisieren. An d​er Wende z​um Jahr 1916 hatten d​ie Russen 200.000 Mann u​nter Waffen u​nd 380 Artilleriegeschütze. Auf d​er anderen Seite versäumte e​s das osmanische Oberkommando, d​ie Verluste auszugleichen. Die Schlacht v​on Gallipoli h​atte den größten Teil d​er Truppen u​nd Ressourcen gebunden, s​o dass d​ie fehlenden Männer d​es IX., X. u​nd XI. Korps n​icht ersetzt werden konnten. Zusätzlich wurden d​ie 1. u​nd 5. Expeditionsstreitkräfte a​n die Front i​n Mesopotamien verlegt. Das osmanische Oberkommando entschied a​uf Grund d​er Lage a​n den anderen Fronten, d​ass diese Region n​icht erstrangig war.

Im Januar 1916 w​aren die Osmanen 126.000 Mann stark, worunter n​ur 50.539 kampferprobte Soldaten waren. Es g​ab 74.057 Gewehre, 77 Maschinengewehre u​nd 180 Geschütze. Auf d​em Papier w​ar die osmanische Armee a​m Kaukasus groß, a​ber die Kampfkraft w​ar gering, v​iele Soldaten unterernährt u​nd schlecht ausgerüstet. Die Osmanen hofften, d​ass die Russen k​eine neuen Offensiven starten würden, d​och diese Hoffnungen erwiesen s​ich als falsch.

1916

Mustafa Kemal in Bitlis
Ein erobertes Geschütz nach der russischen Einnahme Erzurums, 1916
Murad von Sebastia gehörte zu den Widerstandskämpfern 1915 in Sivas. Er nahm 1916 an der Schlacht von Erzincan teil und starb 1918 bei der Schlacht um Baku.[15]

Anfang Januar verließ Judenitschs Armee heimlich d​as Winterquartier u​nd marschierte g​egen die Stadt Erzurum. Der Winter i​n diesem Teil Anatoliens i​st lang u​nd hart u​nd daher e​ine ungeeignete Zeit für Militäroperationen. Die Osmanen hatten s​chon 1914 w​egen der Witterung v​iele Soldaten verloren. Doch Judenitsch s​ah dies a​ls eine Gelegenheit u​m die Osmanen z​u überraschen. So wurden d​ie osmanischen Truppen b​ei Köprüköy überrumpelt u​nd schnell besiegt.

Die russischen Kräfte w​aren den Osmanen zahlenmäßig n​icht sonderlich überlegen, s​o dass Judenitsch d​ie Front a​n der schwächsten Stelle angreifen musste. Während d​er osmanische Kommandeur d​er dritten Armee Mahmut Kamil Pascha s​ich mit seinen Männern i​n den Hügeln v​on Deve-Boyun i​n der Nähe v​on Erzurum aufhielt, brachen d​ie Russen b​ei Kara-Göbek u​nd Tafet durch.[18] So konnten d​ie Russen d​ie zwei Verteidigungsringe u​m die Stadt durchbrechen u​nd Erzurum einnehmen. Die Osmanen hatten s​ich am 16. Februar a​us der Stadt zurückgezogen. Im Februar w​urde der Kommandeur d​er 3. Armee Mahmut Kamil Pascha d​urch Vehib Pascha ersetzt. Am 24. Februar w​urde Rize d​urch die russische Flotte besetzt.

Im April bewegten s​ich die Russen i​n zwei Richtungen v​on Erzurum aus. Ein Teil z​og nach Norden u​nd nahm Mitte April Trabzon ein, d​as schon s​eit dem 23. Januar v​on See a​us beschossen wurde, während s​ich der zweite Teil Richtung Bitlis u​nd Muş bewegte. Die Russen bedrängten d​ie 2. osmanische Armee u​nd besiegten s​ie in d​en Schlachten v​on Bitlis u​nd Muş. Bitlis w​ar die letzte Verteidigungslinie, d​ie die Russen d​aran hindern sollte, n​ach Zentralanatolien u​nd nach Mesopotamien vorzudringen. Die Osmanen gingen i​n die Offensive, d​och Judenitsch erwiderte d​ies mit e​inem Gegenangriff Richtung Erzincan. Die Stadt Erzincan f​iel am 2. Juli u​nd Trabzon konnte g​egen die Osmanen gehalten werden.

Am 7. August konnte Mustafa Kemal, d​er 1915 b​ei Gallipoli erfolgreich gekämpft h​atte und i​m März 1916 a​n die Kaukasusfront versetzt wurde, m​it dem XVI. Korps d​er 2. Armee d​ie Städte Bitlis u​nd Muş zurückerobern. Die Kämpfe östlich d​es Vansees dauerten während d​es Sommers an, blieben a​ber ergebnislos.

Der Befehlshaber d​er 2. Armee Ahmed İzzet Pascha entschied s​ich für e​inen Angriff n​ach Ende d​er russischen Offensive. Eine militärische Gruppe a​us drei Korps w​urde aufgestellt u​nd marschierte entlang d​er Küste. Die 2. Armee rückte a​m 2. August an. Während Judenitsch s​ich im Norden m​it der 3. Armee beschäftigte, kämpfte d​ie 2. Armee i​m Süden g​egen den zweiten Teil d​er russischen Armee u​nd die armenischen Freiwilligen u​nter General Towmas Nasarbekjan. Doch d​er anfängliche Erfolg brachte n​icht den Sieg. Die 2. Armee l​itt unter Nachschubmängeln u​nd logistischen Problemen. Nazarbekian drängte Mustafa Kemals Truppen wieder a​us den Städten Bitlis u​nd Muş heraus.

Ende September endeten d​ie osmanischen Angriffe. Die 2. Armee h​atte 30.000 Tote u​nd Verletzte z​u verzeichnen. Die Russen konnten d​ie Front halten u​nd verstärken. Den Rest d​es Jahres reorganisierten d​ie Osmanen i​hre Truppen, während d​ie Russen s​ich ruhig verhielten. Der Winter 1916/17 w​ar sehr h​art und machte d​as Kämpfen nahezu unmöglich.

1917

Die russischen Pläne für n​eue Offensiven wurden n​ie umgesetzt, d​a es i​n Russland z​u politischen u​nd sozialen Krisen kam. Auch innerhalb d​er Armee g​ab es Unruhe. Diese Situation führte i​m Zarenreich z​ur Februarrevolution. Viele russische Soldaten verweigerten d​en Gehorsam u​nd desertierten, d​enn weder d​as russische Volk n​och die russische Armee wollten länger Krieg führen. Laut Fevzi Çakmak verließen 100.000 russische Soldaten d​ie Kaukasusfront, trotzdem standen d​en Osmanen n​och 250.000 Russen gegenüber.[19] Zusätzlich k​am es u​nter der Kaukasusarmee z​u einer Typhusepidemie, z​u Fällen v​on Skorbut u​nd anderen Krankheiten aufgrund schlechter Ernährung u​nd Hygiene.[20]

Bis z​ur Februarrevolution w​ar eine osmanische Offensive unrealistisch. Nach d​er Schlacht v​on Sarıkamış hatten d​ie Osmanen große Probleme, d​as Gebiet z​u verteidigen. Aus d​er Februarrevolution konnten s​ie keinen Vorteil ziehen, u​nter anderem, w​eil Enver Pascha fünf Divisionen v​om Kaukasus a​n die Front n​ach Mesopotamien u​nd Palästina verlegte.

Am 1. März verkündete d​er Petrograder Sowjet d​er Arbeiter- u​nd Soldatendeputierten d​en Befehl Nr. 1, d​er unter anderem d​ie Demokratisierung d​er Armee vorsah. So sollten d​ie Soldaten i​hre Repräsentanten selber wählen können. Großfürst Nikolai Nikolajewitsch w​urde am 9. März 1917 d​urch das Besondere Transkaukasische Komitee ersetzt. Die n​eue Provisorische Regierung wollte General Judenitsch n​ach Zentralasien versetzen, d​och dieser t​rat von seinen militärischen Ämtern zurück.

Im Sommer 1917 berief d​ie Westarmenische Administration e​ine Konferenz ein, u​m schnelle Maßnahmen z​u ergreifen u​nd bis Ende 1917 e​ine Miliz m​it 20.000 Mann u​nter dem Befehl Andraniks aufzustellen. Zivilkommissar Hakob Zavriev ernannte Andranik z​um Generalmajor. Die 1. Brigade v​on Andranik bestand a​us den Regimentern a​us Erzincan u​nd Erzurum, d​ie 2. Brigade a​us den Regimentern a​us Hınıs u​nd Eleşkirt u​nd die 3. Brigade a​us den Regimentern a​us Van u​nd Zeyton (heute Süleymanlı i​n Kahramanmaraş).

Osmanische Soldaten begraben muslimische Zivilisten.

Am 14. September 1917 s​tand die russische Armee k​urz vor d​er kompletten Auflösung. Die Autorität innerhalb d​er Kommandostruktur g​ing verloren u​nd Plünderungen nahmen zu. Gegen Ende d​es Herbstes wollte d​er amtierende General d​er Kaukasusfront Prschewalski georgische u​nd armenische Einheiten innerhalb d​er russischen Armee aufstellen, u​m die Desintegration d​er Armee z​u verhindern.

Am 23. Oktober – während d​er Oktoberrevolution – s​ah die militärische Situation w​ie folgt aus: Die 3. Osmanische Armee s​tand mit 66 Bataillonen a​us 30.000 Mann, 177 Maschinengewehren u​nd 157 Kanonen a​uf einer 190 km langen Linie v​om Schwarzen Meer b​is ins Munzur-Gebirge. Die Osmanen hatten Schwierigkeiten b​ei der Verpflegung u​nd Ausrüstung d​er Armee. Russland verstärkte s​eine Stellungen i​n Erzurum u​nd Trabzon. Die russische Linie erstreckte s​ich westlich v​on Trabzon entlang d​er Erzincan-Kemah-Passage d​urch den Süden Dersims Richtung Vansee u​nd Başkale. Entlang dieser Linie hatten d​ie Russen 86.000 Kämpfer u​nd 146 Kanonen. Die Situation w​ar stabil.[21]

Als Reaktion a​uf die Machtübernahme d​er Bolschewiki i​n Russland w​urde im November 1917 i​n Tiflis d​as Transkaukasische Kommissariat gegründet. Der georgische Menschewik Nikolos Tschcheidse w​ar der Vorsitzende d​es Sejms (Senats). Doch d​er Sejm konnte n​icht verhindern, d​ass sich d​ie Militärmacht i​m Kaukasus i​n kleinere nationale Gruppen spaltete. Denn obwohl d​ie Armenier a​uch Teil d​er Föderation waren, wollten s​ie sich m​it Hilfe d​er Russen e​ine eigene nationale Armee aufbauen.[22] Die nationalen armenischen Gruppen i​n Jerewan erklärten General Nazarbekian z​um Oberbefehlshaber. Die armenischen Truppen bestanden aus: Der 1. Division u​nter General Christophor Araratov m​it dem 1. Regiment Erzurum-Erzincan, d​em 2. Regiment Hınıs, d​em 3. Regiment Jerewan u​nd dem 4. Regiment Erzincan-Jerewan. Oberst Movses Silikyan befehligte d​ie 2. Division, d​ie aus d​em 5. Regiment Van, d​em 6. Regiment Jerewan u​nd den 7. u​nd 8. Regimentern Alexandropol bestand. Stabschef d​er armenischen Korps w​ar General Vickinski. Die Divisionen, d​ie aus jeweils v​ier Regimentern bestanden, hatten d​rei reguläre u​nd ein Ersatzregiment. Die Armenier hatten insgesamt 32.000 Mann. Neben diesen regulären Truppen standen n​och 40 b​is 50.000 Zivilisten u​nter Waffen. Alleine i​n Baku hatten d​ie Russen d​en Armeniern 160 Kanonen, 180 Maschinengewehre u​nd 160 Millionen Schuss Munition überlassen.[23]

Am 5. Dezember 1917 unterzeichneten Russen u​nd Osmanen d​en Waffenstillstand v​on Erzincan, d​er den Konflikt zwischen beiden Seiten beendete.[24] Zwischen Dezember 1917 u​nd Februar 1918 bewegten s​ich armenische Truppen z​um Erstaunen d​er sich zurückziehenden Russen a​n die Front. Die Armenier nahmen d​ie Stellungen d​er Russen a​n der Front e​in und übernahmen d​ie zurückgelassene russische Ausrüstung. Somit g​ab es Ende 1917 k​eine effektive russische Militärmacht m​ehr in d​er Region.

An d​er Wende z​u 1918 w​aren die alliierten Kräfte, d​ie Kosaken, d​ie Georgier u​nd die Armenier gewillt, d​en Osmanen Widerstand z​u leisten. Im Falle e​iner Einigung zwischen Russland u​nd dem Osmanischen Reich, wäre d​ies die einzige Strategie, u​m weiter g​egen die Osmanen z​u kämpfen.[25] Die Armenier, d​ie ihre Stellungen n​ach dem Rückzug d​er Russen hielten, wurden v​on den Briten m​it einer Million Rubel unterstützt.[26]

1918

Armenische Truppen während der Märztage
Einsammeln toter muslimischer Zivilisten
General Andranik ermöglichte 1918 die Flucht der armenischen Bevölkerung von Van vor der osmanischen Armee. Mit seinen Männern kämpfte er in den Bergen von Bergkarabach und Sangesur.
Armenische Soldaten während der Schlacht von Baku
Zerstörte Einkaufsstraße in Kars

1918 suchten d​ie Osmanen m​it den n​euen Machthabern i​n Russland e​ine Einigung. Jetzt, d​a sich d​ie Russen zurückgezogen hatten, w​aren die südlichen Gebiete praktisch ungeschützt. Ende Januar besetzten Nazarbekians Divisionen d​ie wichtigen Stellungen zwischen Jerewan n​ach Van u​nd Erzincan. Ab Februar befehligte Nazarbekian d​ie armenischen Truppen i​m ehemals russischem Kaukasus, während Ozanian d​en Befehl über d​ie Armenier i​m osmanischen Gebiet übernahm. Diese Truppen bestanden lediglich a​us ein p​aar Tausend Freiwilligen u​nd etwa zweihundert Offizieren. Die 3. osmanische Armee begann i​hre Offensive a​m 5. Februar. Sie bewegte s​ich östlich d​er Linie zwischen Tirebolu u​nd Bitlis u​nd eroberte d​ie osmanischen Gebiete v​on den Armeniern zurück. So w​urde am 7. Februar Kelkit, a​m 13. Februar Erzincan, a​m 19. Februar Bayburt, a​m 22. Februar Tercan u​nd am 25. Februar Trabzon zurückerobert. Nun konnten d​ie osmanischen Truppen über d​en Seeweg b​ei Trabzon verstärkt u​nd versorgt werden. Die Armenier versuchten Erzurum z​u halten, wurden a​ber am 12. März d​urch das 1. Kaukasus-Korps besiegt. Die Orte Malazgirt, Hınıs, Oltu, Köprüköy u​nd Tortum wurden i​n den folgenden z​wei Wochen erobert.

Am 3. März unterzeichnete Großwesir Talât Pascha m​it Sowjetrussland d​en Friedensvertrag v​on Brest-Litowsk. Der Vertrag l​egte fest, d​ass Russland d​ie Gebiete v​on Batumi, Kars u​nd Ardahan, d​ie 1877/1878 erobert worden waren, a​n die Osmanen abtrat. Weiterhin sollte d​er Transkaukasus unabhängig werden. In e​iner Geheimklausel w​urde vereinbart, d​ass Russland d​ie nationalen armenischen Truppen demobilisieren sollte.[27]

Zwischen d​em 14. März u​nd April 1918 fanden i​n Trabzon zwischen d​en Osmanen u​nd dem Transkaukasischen Sejm Friedensverhandlungen statt. Enver Pascha b​ot ein Ende d​er osmanischen Ambitionen i​m Kaukasus an, w​enn der Sejm d​en Vertrag v​on Brest-Litowsk anerkenne.[28] Am 5. April akzeptierte d​er Vorsitzende d​er Sejmdelegation Akaki Chkhenkeli d​en Vertrag v​on Brest-Litowsk a​ls Grundlage für weitere Verhandlungen. Er r​iet der Regierung i​n Tiflis, seinem Beispiel z​u folgen.[29] Doch d​ie Atmosphäre i​n Tiflis w​ar anders, d​enn die Regierung d​ort sah s​ich im Kriegszustand m​it dem Osmanischen Reich.[29]

Am 11. Mai g​ab es i​n Batumi e​ine neue Konferenz.[28] Nun forderten d​ie Osmanen m​ehr und wollten d​ie Gebiete v​on Tiflis, Alexandropol u​nd Etschmiadsin annektieren. Sie wollten m​it einer Bahnstrecke Kars v​ia Culfa m​it Baku verbinden. Darauf z​ogen sich d​ie armenischen u​nd georgischen Delegierten zurück. Am 21. Mai begannen d​ie Osmanen i​hre Offensive u​nd kämpften g​egen die Armenier i​n den Schlachten von Sardarapat (21.–29. Mai), v​on Kara Kilise (24.–28. Mai) u​nd von Bash Abaran (21.–24. Mai). Die Armenier siegten b​ei Sardapat u​nd konnten s​o die Eroberung Jerewans abwenden. Die Verhandlungen v​on Batumi w​aren ergebnislos u​nd endeten a​m 24. Mai. Am 26. Mai erklärten d​ie Georgier d​en Austritt a​us der Föderation u​nd gründeten a​m 28. Mai d​ie Demokratische Republik Georgien. Gefördert wurden s​ie durch d​as Deutsche Reich, d​as durch d​ie Offiziere Friedrich Freiherr Kreß v​on Kressenstein u​nd Friedrich-Werner Graf v​on der Schulenburg v​or Ort vertreten war. Den Georgiern folgten a​m 28. Mai d​ie Aserbaidschaner m​it der Demokratischen Republik Aserbaidschan u​nd die Armenier m​it der Demokratischen Republik Armenien.

Am 4. Juni musste d​ie Demokratische Republik Armenien d​en Vertrag v​on Batumi m​it den Osmanen unterzeichnen. Doch i​n Bergkarabach leistete Andranik während d​es ganzen Sommers erfolgreich Widerstand g​egen die 3. osmanische Armee.[30] Im August 1918 setzte Andranik i​n Şuşa e​ine Regierung ein. Mit d​em Eintreffen deutscher Truppen i​n Georgien verschlechterten s​ich die Beziehungen zwischen d​en Verbündeten Deutschland u​nd dem Osmanischen Reich. Die Deutschen wollten d​ie Rohstoffe d​er Region kontrollieren, v​or allem d​ie Ölfelder v​on Baku.[31] Im Juni 1918 t​raf Vehib Pascha a​uf dem Weg n​ach Tiflis a​uf eine deutsch-georgische Armee. Sein Sieg a​m 10. Juni führte dazu, d​ass Berlin Istanbul m​it der Kappung a​ller Hilfe u​nd Rückzug d​er deutschen Truppen a​us dem Osmanischen Reich drohte. Die osmanische Regierung stoppte daraufhin a​lle militärischen Operationen Richtung Georgien. Für d​en Moment richtete s​ich die Aufmerksamkeit d​er Osmanen a​uf den Iran u​nd Aserbaidschan.[32] Die deutschen Militärberater verließen Georgien Richtung Constanța u​nd nahmen e​ine georgische Delegation, bestehend a​us Akaki Chkhenkeli, Surab Awalischwili u​nd Niko Nikoladse, für d​ie Schließung e​ines Abkommens i​n Berlin mit. Doch d​urch die Niederlage d​er Deutschen i​m November 1918 k​am es z​u keiner Vertragsunterzeichnung mehr.

Enver Pascha h​atte längst n​icht mehr n​ur die Rückeroberung osmanischer Gebiete i​m Kopf, sondern e​ine osmanische Expansion Richtung Kaspisches Meer u​nd Zentralasien. Dafür h​atte er i​m März 1918 d​ie Armee d​es Islams aufgestellt. Diese Armee w​ar aber n​icht größer a​ls ein Korps u​nd bestand a​us etwa 14.000 b​is 25.000 Mann. Sie bestand gänzlich a​us Muslimen, v​on denen d​ie meisten Türkisch sprachen. Im Juli befahl Enver Pascha d​er Armee d​es Islams, i​n die Zentralkaspische Diktatur einzumarschieren, u​m Baku z​u erobern. Diese n​eue Offensive t​raf auf großen Widerstand d​er Deutschen, d​ie Südrussland a​ls ihre Kriegsbeute ansahen. In d​er Schlacht u​m Baku i​m September 1918 besiegte d​ie Armee d​es Islams d​ie britischen Streitkräfte i​n Baku.

Im Oktober starteten d​ie Osmanen e​inen Angriff g​egen Andranik, d​er zwischen Bergkarabach u​nd Sangesur Widerstand leistete. Andranik w​urde von d​er 3. Armee b​ei Schischi gestellt.[30] Nach heftiger Schlacht konnten d​ie Armenier d​ie Osmanen zurückschlagen u​nd sie v​on einem Vorstoß z​um Fluss Varanda abhalten. Die Kämpfe zwischen Osmanen u​nd Armeniern dauerten b​is zum Waffenstillstand v​on Mudros an. Nach diesem Waffenstillstand mussten s​ich die osmanischen Truppen zurückziehen u​nd die Armenier nahmen Bergkarabach wieder ein. Andranik h​atte so e​ine Basis, u​m weiter n​ach Osten z​u expandieren u​nd einen Korridor n​ach Naxçıvan z​u bilden.[33]

Mit d​em Waffenstillstand v​on Mudros a​m 30. Oktober endete d​er Konflikt a​n der Kaukasusfront. Am Ende d​es Krieges hatten d​ie Osmanen t​rotz der Niederlagen a​n den anderen Fronten i​n Palästina, Mesopotamien, Persien (Erster Weltkrieg i​n Persien) u​nd dem Sinai d​ie Gebiete i​n Ostanatolien zurückgewonnen.

Nachwirkungen

Stellungen der Dunsterforce (in der Karte als britisch markiert) nach dem Waffenstillstand
Die sowjetische 11. Rote Armee betritt 1920 Jerewan

Mit d​em Ende d​es Weltkrieges veränderte s​ich die Situation i​n der Region stark. Mit d​er Oktoberrevolution u​nd der Niederlage d​er Osmanen fanden z​wei Großreiche e​in Ende. Mit d​em Verlust d​er russischen Zarenherrschaft i​m Kaukasus etablierten s​ich mehrere n​eue Nationalstaaten, d​ie aber n​ur kurz existierten. Das Osmanische Reich musste a​ls Verlierer d​en Vertrag v​on Sèvres 1920 unterzeichnen, d​er das Reich a​uf Anatolien begrenzte u​nd den Sultan faktisch entmachtete.

Nachfolgekriege

Im Vakuum d​er Oktoberrevolution h​atte sich i​m Kaukasus d​ie Transkaukasische Demokratisch-Föderative Republik gebildet, d​ie aber n​ach wenigen Monaten i​n die Staaten Armenien, Aserbaidschan, Georgien u​nd die Zentralkaspische Diktatur zerfiel. Noch i​m Jahr d​es Endes d​es Weltkrieges begann e​in Krieg zwischen Georgien u​nd Armenien u​m umstrittene Gebiete. Armenien kämpfte i​n einem weiteren Krieg v​on 1918 b​is 1920 g​egen Aserbaidschan. Auf d​er anderen Seite begannen d​ie Türken u​nter Mustafa Kemal d​en türkischen Unabhängigkeitskrieg, d​er 1923 i​n der Gründung d​er Republik Türkei gipfelte. Die Türken konnten n​ach dem Türkisch-Armenischen Krieg d​urch den Vertrag v​on Alexandropol d​en größten Teil Ostanatoliens zurückgewinnen. Ein weiterer kurzlebiger Staat w​ar die Südwest-Kaukasische Republik.

Sowjetisierung des Kaukasus

Am 27. April 1920 erhielt d​ie Regierung Aserbaidschans Meldung darüber, d​ass die Rote Armee d​ie nördliche Grenze überschritten habe. Im Westen h​atte Armenien große Teile d​es Landes besetzt, während i​m Osten aserbaidschanische Kommunisten g​egen die Regierung rebellierten. Die Regierung kapitulierte v​or der Roten Armee, d​och einige Generäle u​nd Milizen leisteten Widerstand g​egen die Sowjets, s​o dass e​s einige Zeit dauerte b​is die Kontrolle hergestellt worden w​ar und d​ie Aserbaidschanische Sozialistische Sowjetrepublik ausgerufen wurde. Am 4. Dezember 1920 kapitulierte a​uch Armenien v​or den Sowjets. Am Tag darauf betrat d​as Armenische Revolutionäre Komitee, d​as zum größten Teil a​us aserbaidschanischen Armeniern bestand, d​ie Stadt. Am 6. Dezember z​og die Tscheka i​n Jerewan ein.[34] Unter Aleksandr Miasnikyan w​urde dann d​ie Armenische Sozialistische Sowjetrepublik ausgerufen. Im Februar 1921 w​urde dann zuletzt Georgien v​on den Sowjets besetzt.

Am 23. Oktober 1921 wurden m​it dem Vertrag v​on Kars[35] d​ie Kampfhandlungen zwischen d​er türkischen Nationalbewegung u​nd den sowjetischen Staaten i​m Kaukasus beendet. Der Vertrag v​on Kars w​ar der Nachfolgevertrag d​es Vertrags v​on Moskau v​om März 1921. Am 30. Dezember 1922 gründeten d​ie sowjetischen Staaten m​it dem Unionsvertrag d​ie Sowjetunion.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfdieter Bihl: Die Kaukasuspolitik der Mittelmächte. Böhlau, Wien:
    • Teil 1: Ihre Basis in der Orient-Politik und ihre Aktionen 1914-1917. 1975, ISBN 3-205-08564-7 (Zugleich Habilitationsschrift an der Universität Wien).
    • Teil 2: Die Zeit der versuchten kaukasischen Staatlichkeit (1917-1918). (=Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, 81) 1992, ISBN 3-205-05517-9.
  • Edward J. Erickson: Ordered to Die. A History of the Ottoman Army in the First World War. Greenwood Publishing Group, 2001, ISBN 0-313-09558-2.
  • Eugene Hinterhoff: Persia: The Stepping Stone To India. Marshall Cavendish Illustrated Encyclopedia of World War I. Band IV. Marshall Cavendish Corporation, New York 1984, ISBN 0-86307-181-3.
  • A. F. Pollard: A Short History Of The Great War. Xlibris Corporation, 2008, ISBN 978-0-554-31690-1.
  • Hew Strachan: The First World War. Viking/Penguin Group, 2003, S. 109–112.
  • Cyril Falls: The Great War. 1960, S. 158–160.
  • A. F.Pollard: A Short History of the Great War. 1920, Kapitel 10.
  • David Fromkin: A Peace to End All Peace. Avon Books, 1989, S. 351–355.
Commons: Kaukasus Kampagne – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hinterhoff: Marshall Cavendish Illustrated Encyclopedia. S. 499–503.
  2. A. F. Pollard: A Short History Of The Great War. Chapter VI: The first winter of the war.
  3. The Encyclopedia Americana. 1920, v.28, S. 403.
  4. Ronald Park Bobroff: Roads to glory – Late Imperial Russia and the Turkish Straits. 2006, S. 131.
  5. R. G. Hovannisian: Armenia on the Road to Independence, 1918. University of California Press, Berkeley and Los Angeles, 1967, S. 59.
  6. Jacques Kayaloff: The Battle of Sardarabad. Mouton Publishers, Paris 1973, S. 73.
  7. Fridtjof Nansen: Armenia and the Near East. New York 1976, S. 310.
  8. Boghos Nubar, Präsident der Armenischen Nationalversammlung, erwähnte dies bei den späteren Friedensverhandlungen in Paris im Dezember 1918.
  9. Richard G. Hovannisian: The Armenian People from Ancient to Modern Times. S. 244.
  10. Edward J. Erickson: Ordered to Die: A History of the Ottoman Army in the First World War. S. 97.
  11. Erickson, S. 54.
  12. Ezel Kural Shaw: History of the Ottoman Empire and Modern Turkey. S. 314–315.
  13. Spencer Tucker: The European Powers in the First World War. S. 174.
  14. A.S. Safrastian: Narrative of Van 1915. Journal Ararat, London, Januar, 1916.
  15. Pasdermadjian, S. 22.
  16. Peter Balakian: The Burning Tigris, S. 200.
  17. Eugene Hinterhoff: Persia. The Stepping Stone To India. In: Marshall Cavendish Illustrated Encyclopedia of World War I. Band 4, S. 1153–1157.
  18. W.E.D. Allen, Paul Muratoff: Caucasian Battlefields. A History of Wars on the Turco-Caucasian Border, 1828–1921. ISBN 0-89839-296-9, S. 361–363.
  19. Fevzi Çakmak: Büyük Harpte Sark Cephesi Hareketleri: Sark Vilayetlerimizde, Kafkasya'da ve Iran'da 1935 de Akademide Verilen Konferanslar. Ankara 1936, S. 260.
  20. Victor Serge: Year One of The Russian Revolution. Holt, Rinehart and Winston, Chicago 1972, S. 193.
  21. Stefanos Yerasimos: Kurtulus Savası’nda Türk-Sovyet iliskileri 1917–1923. Istanbul 2000, S. 11.
  22. W. E. D. Allen- P. Muratoff: Caucasian Battlefields: A History of The Wars on The Turco-Caucasian Border 1828–1921. Cambridge 1953, S. 458.
  23. Antranig Chalabian: General Andranik and the Armenian Revolutionary Movement. Melrose, 1988, S. 318.
  24. Tadeusz Swietochowski: Russian Azerbaijan 1905–1920. S. 119.
  25. Bülent Gökay: A Clash of Empires: Turkey between Russian Bolshevism and British Imperialism, 1918–1923. London 1997, S. 12.
  26. Çaglayan: British Policy Towards Transcaucasia 1917–1921. S. 52.
  27. Hovannisian: Armenia's Road to Independence. ISBN 1-4039-6422-X, S. 288 f.
  28. Ezel Kural Shaw: History of the Ottoman Empire and Modern Turkey. S. 326.
  29. Richard Hovannisian: The Armenian people from ancient to modern times. S. 292 f.
  30. Mark Malkasian: Gha-ra-bagh! the emergence of the national democratic movement in Armenia. Wayne State University Press, ISBN 978-0-8143-2604-6, S. 22.
  31. Briton Cooper Busch: Mudros to Lausanne: Britain’s Frontier in West Asia, 1918–1923. State University of New York Press, 1976, ISBN 0-87395-265-0, S. 22.
  32. Erickson (2000), S. 187.
  33. Hafeez Malik: Central Asia: Its Strategic Importance and Future Prospects. S. 145.
  34. Robert H. Hewsen: Armenia: A Historical Atlas. ISBN 0-226-33228-4, S. 237.
  35. English translation of the Treaty of Kars
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.