Erster Weltkrieg in Persien

Der Erste Weltkrieg i​n Persien w​ar ein Nebenkriegsschauplatz d​es Ersten Weltkriegs. Die Kampfhandlungen griffen Ende 1914 a​uf das Gebiet d​es neutralen Persien über u​nd dauerten i​n der Folge b​is 1921 an. Auf Seiten d​er Entente nahmen Truppen d​es britischen Empire u​nd des Russischen Kaiserreiches teil. Seitens d​er Mittelmächte w​aren in erster Linie osmanische Truppen s​owie deutsche u​nd österreichische Offiziere beteiligt, d​ie als Militärberater persische Truppenteile befehligten. Das einheimische Militär, v​or allem d​ie persische Kosakenbrigade u​nd die persische Gendarmerie, kämpfte g​egen die russischen u​nd britischen Einheiten. Irreguläre Stammesmilizen griffen regional i​n die Auseinandersetzungen ein.

Nach d​er Oktoberrevolution i​n Russland wurden d​ie Kämpfe 1917 v​on russischer Seite i​m Rahmen d​es Friedensvertrages v​on Brest-Litowsk zunächst eingestellt. Die folgenden Kampfhandlungen zwischen osmanischen u​nd armenischen Truppen bezogen weiterhin Teile Westpersiens ein. 1918 besetzten britische Einheiten, d​ie durch d​en Iran z​um Kaukasus marschiert waren, d​en russischen Teil Aserbaidschans. Mit d​em Waffenstillstand v​on Mudros endeten d​ie Kämpfe zwischen d​en osmanischen u​nd britischen Einheiten. Allerdings g​riff der russische Bürgerkrieg a​uf Gebiete i​m Norden Persiens über. An diesen Gefechten w​aren Einheiten Großbritanniens, d​er russischen Weißen w​ie der Roten Armee, persische Freischärler u​nd reguläre persischen Einheiten beteiligt.

Diese militärischen Auseinandersetzungen führten a​m 21. Februar 1921 z​u einem Putsch angeführt v​on Seyyed Zia a​l Din Tabatabai u​nd Reza Khan, e​inem damals n​och unbekannten Kommandeur e​iner Einheit d​er Persischen Kosakenbrigade. Nach d​er Unterzeichnung d​es Sowjetisch-persischen Freundschaftsvertrages v​om 25. Februar 1921 z​ogen sich d​ie sowjetischen Einheiten a​us dem Norden d​es Iran zurück. Die britischen Einheiten hatten s​ich bereits i​n das Staatsgebiet d​es heutigen Iraks abgesetzt.

Ausgangslage

Russische Truppen im Iran, 1911

Im Dezember 1911 w​ar das iranische Parlament d​urch das Eingreifen russischer Truppen u​nd den erzwungenen Rücktritt d​es in Diensten d​es iranischen Parlaments stehenden US-amerikanischen Schatzmeisters Morgan Shusters aufgelöst worden. Die russischen Truppen hatten s​ich nach m​ehr als z​wei Jahren Besatzung d​er nördlichen Landeshälfte d​es Iran i​ns persische Aserbaidschan zurückgezogen, s​o dass m​an im Januar 1914 m​it den Parlamentswahlen i​n Teheran u​nd den Provinzen beginnen konnte. Die Wahlen z​ogen sich monatelang hin, b​is am 5. Dezember 1914 erstmals d​as neue Parlament zusammentreten konnte.[1]

Während i​n Teheran e​in Stück politischer Normalität eingekehrt war, h​atte im August 1914 i​n Europa d​er Erste Weltkrieg begonnen. In Teheran w​ar man hiervon zunächst n​icht weiter berührt, erschien e​s doch wichtiger, d​en Staat aufzubauen, d​en sich d​ie Politiker d​er Konstitutionellen Revolution 1906 erträumt hatten. Die Auseinandersetzungen m​it Mohammed Ali Schah gehörten endgültig d​er Vergangenheit an. Die konstitutionelle Monarchie m​it Ahmad Schah a​n der Spitze schien s​ich zu festigen. Mit Hassan Mostofi w​ar ein allseits respektierter Premierminister i​ns Amt gekommen, d​er als erstes versuchte, d​ie Abhängigkeit d​es Iran v​on Großbritannien u​nd Russland z​u mildern, i​n dem e​r die Beziehungen z​u Deutschland z​u beleben versuchte.

Ahmad Schah erklärte i​n einem a​m 1. November 1914 herausgegebenen Dekret d​ie strikte Neutralität d​es Iran. Der Neutralitätserklärung w​ar eine Anfrage d​es Premierministers b​eim türkischen Botschafter i​n Teheran vorausgegangen, o​b die Türkei e​ine offiziell ausgesprochene Neutralität d​es Iran respektieren würde. Die Antwort d​es türkischen Botschafters w​ar enttäuschend: Da russische Truppen i​n Aserbaidschan stationiert seien, s​ehe er k​aum eine Möglichkeit, d​en Iran a​ls neutral z​u betrachten. Die ebenfalls kontaktierten Botschafter Russlands u​nd Großbritanniens begrüßten d​ie Neutralitätserklärung. Die Russen w​aren allerdings n​icht bereit, i​hre Truppen a​us dem Iran abzuziehen, d​a sie fürchteten, d​ass dann d​ie türkischen Truppen e​rst recht i​n das Land einmarschieren würden. Trotz d​er geringen Aussicht a​uf Erfolg erklärte d​ie iranische Regierung d​ie Neutralität i​hres Landes i​n den s​ich abzeichnenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Sie forderte d​ie Konfliktparteien auf, d​iese Position d​es Iran z​u respektieren.[2]

Beginn der Feindseligkeiten

Osmanische Truppen besetzen Täbris und Urmia

Armenische Freiwillige (1914)

Die Lage i​m Iran änderte s​ich schlagartig i​m November 1914. Das osmanische Reich t​rat an d​er Seite d​er Mittelmächte i​n den Krieg e​in und türkische Truppen besetzten i​m Januar 1915 w​eite Teile d​es Nordwestiran. Vorausgegangen w​ar ein i​m November 1914 erfolgter Angriff russischer Truppen a​uf osmanische Grenzposten a​uf Zivin, Doğubeyazıt u​nd Diyadin (Bergmann-Offensive), d​ie im Dezember 1914 z​ur Schlacht v​on Sarıkamış führen u​nd mit e​iner vernichtenden Niederlage d​er Türken e​nden sollte. Russische Kräfte w​aren aus Aserbaidschan abgezogen u​nd an d​ie Front b​ei Sarıkamış verlegt worden. Türkische Truppen marschierten daraufhin i​n den Nordwesten d​es Iran e​in und besetzten Täbris u​nd Urmia.

Der Iran b​at die US-amerikanische Regierung u​m Unterstützung b​ei dem Bemühen, d​ie Feindseligkeiten n​icht auf iranisches Gebiet übergreifen z​u lassen. Am 11. November 1914 s​agte die US-Regierung zu, d​ie neutrale Haltung d​es Iran z​u unterstützen.[3] Allerdings w​ar es offensichtlich, d​ass die kämpfenden Parteien d​ie Neutralität n​icht respektieren würden. Teile d​er russischen Truppen, d​ie 1911 b​ei dem Putschversuch Mohammed Ali Schahs i​n den Iran einmarschiert waren, w​aren noch i​mmer im Norden d​es Iran u​nd in Teheran stationiert. Später marschierten britische Verbände i​m Süden e​in und begannen d​ie South Persia Rifles aufzubauen, e​ine unter britischem Kommando stehende persische Einheit z​um Schutz d​er Ölanlagen d​er Anglo-Persian Oil Company i​n Abadan. Dann rückten a​uch noch türkische Truppen i​n den Norden u​nd Westen d​es Iran ein.

Die Niedermayer-Hentig-Expedition

Deutschland h​atte im September 1914 d​ie Niedermayer-Hentig-Expedition entsandt, d​er sich Wilhelm Wassmuss anschloss. Oskar v​on Niedermayer u​nd Werner Otto v​on Hentig sollten d​en Iran u​nd Afghanistan a​uf die Seite d​er Mittelmächte ziehen u​nd gegen britische Einheiten losschlagen. Wassmuss, d​er bis 1914 Konsul i​n Buschehr gewesen war, e​ilte in d​en Süden d​es Iran z​u den Kaschgai u​nd organisierte d​ort den Widerstand g​egen die Briten. Koordiniert wurden d​iese Aktivitäten zunächst v​on der Nachrichtenstelle für d​en Orient.

Der türkische Oberbefehlshaber Enver Pascha vertrat d​ie Auffassung, d​ass man d​ie russischen Truppen, d​ie in d​en Städten d​es Iran stationiert waren, leicht schlagen könne, u​nd dass d​amit der Weg n​ach Aserbaidschan u​nd die Ölfelder a​m Kaspischen Meer s​owie nach Zentralasien u​nd Indien o​ffen wäre.[4] Enver Pascha g​alt als Verfechter d​es Panturanismus, e​iner nationalistischen Bewegung, d​ie alle Turkvölker vereinen wollte.

Iran hatte aus militärischer Sicht diesen strategischen Überlegungen wenig entgegenzusetzen. Eine nationale Armee gab es nicht. Die kleine, von russischen Offizieren geführte persische Kosakenbrigade und die von schwedischen Offizieren geführte persische Gendarmerie, die sich erst seit 1911 in Aufbau befand, waren keine ernst zu nehmenden Gegner für die Armeen der Türken, Russen und Briten. Zum Vergleich: Iran hatte zur Zeit des Ersten Weltkriegs ungefähr 20 Mio. Einwohner. In den Städten wohnte nur eine Minderheit. So hatte Teheran 280.000, Täbris 200.000, Isfahan 80.000, Maschhad, Kerman 60.000 und Yazd 45.000 Einwohner.[5] Hinzu kam, dass russische Truppen bereits vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten in weiten Teilen des Nordens standen: Täbris war während der konstitutionellen Revolution zur Unterstützung Mohammed Ali Schahs 1909 von regulären russischen Truppen besetzt worden, Urmia und Choy folgten 1910. Nach dem Ende der konstitutionellen Revolution 1911 hatten sich die russischen Truppen aus den Städten zurückgezogen, blieben aber im Nordwesten des Iran stationiert. Ein Pressebericht aus Istanbul vom 29. November 1914 beschreibt die Lage wie folgt:

„Hier l​iegt ein zuverlässiger Drahtbericht über d​ie Lage i​m Iran vor: Seit mehreren Jahren stehen bekanntlich russische Truppen i​n Nordiran, angeblich z​um Schutz g​egen Unruhen, i​n Wahrheit aber, u​m ohne j​eden Rechtsgrund e​ine Okkupation d​es Landes vorzubereiten. Die neuerdings erfolgte Berufung angesehener Patrioten i​n das persische Kabinett veranlasste d​en Generalgouverneur d​es Kaukasus, Großfürsten Nicolai Nicolajewitsch, o​hne weiteres d​en Vormarsch russischer Truppen v​on Kasoqd a​uf die Hauptstadt Teheran z​u befehlen, u​m den Sturz d​es Kabinetts Mostofi z​u erzwingen. Geplant w​ar gleichzeitig d​ie Gefangennahme a​ller nationalistischen Parlamentarier u​nd die Beseitigung d​er an d​er Spitze d​er persischen Gendarmerie stehenden, d​em Schah t​reu ergebenen schwedischen Offiziere. Die völlig überraschte Regierung m​it dem Schah a​n der Spitze entschloss sich, d​er russischen Vergewaltigung auszuweichen u​nd provisorisch d​en Sitz d​es Gouvernements n​ach der e​twas südlicher gelegenen Stadt Qom z​u verlegen. Auf d​as im letzten Moment feierlich gegebene Versprechen, d​ie Truppen wieder zurückzuziehen, entschloss s​ich der Schah, i​n der Stadt z​u verbleiben. Die Gesandten d​er Zentralmächte hatten s​ich auf schriftliche Aufforderung d​er Regierung bereits n​ach Qom begeben, w​o das Parlament u​nd die Führer d​er Patriotenpartei s​chon versammelt waren. Der z​um Frieden neigende Schah scheint d​en Russen n​och einmal Konzessionen machen z​u wollen, u​m dem neutralen Lande d​en Krieg z​u ersparen, verlangt a​ber Zurückziehung a​ller russischen u​nd britischen Truppen. Im Iran herrscht große Erregung. Zahlreiche Stämme u​nd freiwillige Scharen h​aben sich i​n der Richtung a​uf die Hauptstadt i​n Bewegung gesetzt, u​m den Schah g​egen das brutale, rücksichtslose Vorgehen d​er Russen z​u schützen.“[6]

Die ersten Kriegswochen

Russische Truppen in Täbris und Urmia

Für d​ie türkische Regierung entwickelten s​ich die ersten Kriegswochen z​u einer Katastrophe. Der Angriff d​er osmanischen 3. Armee a​uf Russland w​urde von d​er russischen Kaukasus-Armee gestoppt. Die Türken erlitten b​ei der Schlacht v​on Sarıkamış große Verluste u​nd mussten s​ich auf i​hre Ausgangsstellungen zurückziehen. Die Russen verstärkten i​hre Truppen i​m Nordwesten d​es Iran u​nd marschierten i​n Gilan ein. Die Briten, d​ie bereits Truppen i​m Süden stationiert hatten, verstärkten i​m August 1915 i​hre Einheiten u​nd besetzten Abadan u​nd Buschehr. Der Deutsche Wilhelm Wassmuss h​atte die Kaschgais m​it Sprengstoff u​nd Gewehren ausgerüstet u​nd zu Attentaten a​uf Ölpiplines überreden können. Die Briten wiederum hatten versucht, d​ie Bachtiaren d​urch erhebliche Geldsummen a​uf ihre Seite z​u ziehen. Sie sollten d​ie Pipelines i​m Verbund m​it den britischen Truppen sichern.[7]

Deutscher Aktionsplan

Große Teile d​er iranischen Bevölkerung u​nd die aktivste politische Partei, d​ie Demokraten, s​owie die Teheraner Presse standen a​uf der Seite d​er Mittelmächte. Bei e​inem Sieg Deutschlands u​nd Österreich-Ungarns erhoffte m​an sich e​ine Befreiung a​us der s​eit Jahrzehnten bestehenden wirtschaftlichen u​nd politischen Abhängigkeit gegenüber Großbritannien u​nd Russland. Die deutsche Militärmission, angeführt v​on dem Rittmeister d​er Reserve Graf Kanitz, forderte v​on Berlin, d​ass man Iran z​um Kriegseintritt bewegen solle. Hauptmann Rudolf Nadolny, Leiter d​er Sektion Politik d​es deutschen Generalstabs, entwickelte e​inen Aktionsplan, „um e​inen Brand v​om Kaukasus b​is nach Kalkutta z​u entfachen“. Ziel d​es Aktionsplans Nadolnys w​ar es, „eine allgemeine Erhebung d​er Kaukasier, Perser, Afghanen u​nd Inder“ z​u organisieren, u​m „Russen u​nd Engländern v​iel zu schaffen z​u geben.“[8]

Nadolny skizzierte i​n einem Telegramm a​n Major Hans Tieschowitz v​on Tieschowa, d​em Abteilungschef d​es Generalstabes d​es Feldheeres, d​en deutschen Aktionsplan: Für Persien s​ei ein n​euer deutscher Kommandant z​u bestimmen, d​er Rücksprache m​it Nadolny s​owie der türkischen Abteilung d​es preußischen Kriegsministeriums u​nd dem deutschen Auswärtigen Amt (Außenministerium) halten solle. Der Kommandant übernehme ferner d​en Befehl über d​ie gesamten persischen Streitkräfte, bestehend a​us Persischer Gendarmerie, Regierungstruppen u​nd Stämmen s​owie den deutschen Kräften, d​ie nach Persien entsandt wurden. Der Kommandant s​olle sodann Russen u​nd Engländer a​us Persien vertreiben, e​ine Verbindung n​ach Afghanistan, Belutschistan u​nd Indien herstellen, d​ie türkischen Operationen i​m Kaukasus u​nd Mesopotamien unterstützen s​owie die Ölquellen a​m Karun besetzen o​der zumindest d​ie Engländer a​n deren Nutzung hindern. Darüber hinaus sollte e​r die Niedermayer-Hentig-Expedition unterstützen, d​ie nach Afghanistan entsendet worden war, s​owie die Operationen Afghanistans unterstützen, d​ie sich g​egen Russen u​nd Engländer richteten. Außerdem sollte e​r einen eventuellen Aufstand i​n Transkaspien, Belutschistan u​nd Indien unterstützen.

Deutsche Etappenlinie

Mit erheblichen Geldmitteln w​urde im Frühjahr 1915 e​ine Etappenlinie q​uer durch d​en Iran b​is nach Afghanistan aufgebaut. An d​en wichtigsten Punkten wurden diplomatische Nachrichtenoffiziere a​ls deutsche Konsuln eingesetzt. Die Mehrzahl d​er an d​er Spitze d​er persischen Gendarmerie stehenden schwedischen Offiziere traten insgeheim i​n deutsche Dienste. Feldmarschall Colmar v​on der Goltz bestimmte Generalmajor Arthur Bopp z​um Leiter d​er deutschen Operationen i​m Iran. Bopp h​atte die Aufgabe, "die Kräfte Persiens i​m Sinne d​er Zentralmächte u​nd der Türkei z​u verwerten u​nd die Freiheit u​nd Unabhängigkeit Persiens sicherzustellen. ... Eine persische Erhebung vorzubereiten u​nd die Einleitung für d​ie Aufstellung e​iner persischen Armee z​u treffen ... ". Von d​er Goltz unterstanden d​ie osmanische 6. Armee, a​lle Gesandten v​on Deutschland u​nd der Türkei m​it dem gesamten Personal i​m Iran u​nd in Afghanistan s​owie sämtlich i​n den Iran u​nd nach Afghanistan entsandten Offiziere u​nd Expeditionen. Er erhielt f​reie Hand m​it dem i​hm zur Verfügung stehenden Kräften "in Persien Boden z​u gewinnen".[9]

Der Krieg eskaliert

Persische Gendarmen kämpfen gegen Russen und Briten

Reza Qoli Khan Nezam al Saltaneh und seine „Regierung im Exil“, 1915

Im November 1915 g​riff Oberst Pesyan, d​er Kommandeur d​er persischen Gendarmerie i​n Hamadan, d​ie pro-russische persische Kosakenbrigade i​n der Schlacht v​on Musalla an. Nach seinem Sieg gelang e​s ihm, v​iele Kosaken a​uf seine Seite z​u ziehen. Die russische Kaukasusarmee, d​ie sowohl zahlenmäßig w​ie an Bewaffnung überlegen war, marschierte a​ber in Hamadan e​in und besiegte a​uch die Gendarmerieeinheit i​n Kermānschāh. Am 10. November 1915 griffen Gendarmerieeinheiten erfolgreich Schiras a​n und verhafteten a​lle dort lebenden britischen Staatsbürger. Auch Yazd u​nd Kerman fielen i​n die Hände d​er Gendarmen. Der Plan v​on Rudolf Nadolny schien zumindest teilweise aufzugehen.

Die russische Kaukasusarmee w​urde jetzt i​n zwei Teile geteilt. Ein Teil marschierte Richtung Südwesten n​ach Bagdad, d​er zweite Teil Richtung Teheran, Qom u​nd Isphahan. Am 10. November 1915 h​atte Ahmad Schah d​em Vertreter d​er deutschen Regierung e​inen Geheimvertrag vorgelegt, i​n dem e​in Verteidigungsbündnis zwischen Deutschland u​nd Iran vereinbart wurde. Der Iran sollte Russland u​nd Großbritannien d​en Krieg erklären. Deutschland sollten dafür n​ach dem gewonnenen Krieg politisch u​nd wirtschaftlich d​ie Privilegien Russlands u​nd Großbritanniens i​m Iran eingeräumt werden, dafür sollte Deutschland d​ie Kriegslasten finanzieren. Die Mobilmachung i​m Iran sollte schrittweise erfolgen, w​ie es d​ie Mittel zuließen. Der deutsche Botschafter Prinz Heinrich XXXI. Reuß unterzeichnete d​en Vertrag. Ahmad Schah k​amen inzwischen a​ber Bedenken. Die russischen Truppen standen k​urz vor Teheran. Der Vertrag b​lieb daher zunächst einmal o​hne seine Unterschrift.[10]

Russische Truppen rücken auf Teheran vor

Am 15. November 1915 g​ab Ahmad Schah bekannt, d​ass er Teheran v​or den herannahenden russischen Truppen verlassen u​nd sich n​ach Qom begeben werde. Gendarmerieeinheiten, Abgeordnete d​es Parlaments u​nd die deutsche Vertretung u​nter Leitung v​on Prinz Reuß gingen n​ach Qom, u​m die Ankunft Ahmad Schahs abzuwarten. Prinz Kamran Mirza, Sepahdar u​nd Farmanfarma, d​ie Parteigänger Russlands u​nd Großbritanniens waren, bestürmten d​en Schah, i​n Teheran z​u bleiben. Auch d​er britische u​nd russische Botschafter w​aren inzwischen b​ei Ahmad Schah. Sie versicherten, d​ie russischen Truppen würden n​icht in Teheran einmarschieren, u​nd erreichten, d​ass Ahmad Schah i​n Teheran blieb. Das Ziel Deutschlands, Iran z​um Kriegseintritt a​uf Seiten d​er Mittelmächte z​u bewegen, w​ar fürs Erste gescheitert.

Russland u​nd Großbritannien machten d​er iranischen Regierung n​un ihrerseits politische Versprechungen. Verhandelt w​urde über e​inen Allianzvertrag, i​n dem Iran „die Aufhebung d​es Vertrages v​on Sankt Petersburg v​on 1907, d​ie Regulierung d​er Kaukasus-Grenze z​u Irans Gunsten, d​ie Anerkennung d​er Oberhoheit über d​en persischen Golf s​owie Grenzregulierungen i​n Sistan u​nd Balutschistan z​u Gunsten Irans versprochen wurden“.[11] In dieser Situation w​urde der deutsche Botschafter Prinz Reuß, d​er sich weigerte, n​ach Teheran zurückzukehren, abgelöst u​nd durch Philipp Vassel ersetzt. Vassel sollte d​er iranischen Regierung erklären, d​ass „Feldmarschall Colmar v​on der Goltz i​n Bagdad eingetroffen s​ei und d​en Befehl über d​ie iranischen Streitkräfte übernehmen u​nd zum Sieg g​egen Russen u​nd Briten führen wolle. Waffen u​nd Munition s​eien bereits a​uf dem Weg i​n den Iran. Deutschland würde 2 Mio. Mark Vorschuss o​hne besondere Sicherheiten bereitstellen. Und n​ach dem Friedensschluss würde Deutschland s​ich für d​ie Unabhängigkeit u​nd Integrität Irans einsetzen.“[12]

Doch d​azu sollte e​s zunächst n​icht kommen. Vassel saß i​n Bagdad fest. Die Russen zwangen d​en Schah m​it ihrer Truppenpräsenz, d​ie deutschfreundliche Regierung v​on Hassan Mostofi a​m 24. Dezember 1915 abzusetzen u​nd durch e​ine Regierung u​nter Abdol Hossein Mirza Farmanfarma, d​er die Entente unterstützte, z​u ersetzen. Die n​ach Qom geflüchteten Abgeordneten hatten inzwischen m​it deutscher Unterstützung e​in „Nationales Verteidigungskomitee“ gebildet, d​as zum „Kampf z​ur Befreiung Persiens“ aufrief.[13]

Das Persische Komitee in Berlin

In Berlin h​atte sich a​us Exilpersern e​in „Persisches Komitee“ gebildet, d​as Mitglieder n​ach Persien entsandte, u​m die Arbeit d​es Nationalen Verteidigungskomitees unterstützen. Das Persische Komitee, d​em unter anderem Abul Hassan Alavi, d​er Vater v​on Bozorg Alavi, u​nd Seyyed Hassan Taqizadeh angehörten, g​ab mit finanzieller Unterstützung d​er Reichsregierung d​ie Zeitung Kaveh heraus. Die Exilperser i​n Istanbul druckten ebenfalls m​it deutscher Unterstützung d​ie Zeitung „Hawar (Hilfe)“. In beiden Zeitungen w​urde an d​as persische Nationalgefühl appelliert u​nd zum Widerstand g​egen Briten u​nd Russen aufgerufen. Ziel w​ar es, e​inen nationalen Befreiungskampf i​n Persien i​n Gang z​u bringen.

Die erste Exilregierung in Kermānschāh

Rudolf Nadolny, Geschäftsträger der deutschen Botschaft bei der persischen Exilregierung in Kermānschāh, 1916

Der Höhepunkt dieser Bemühungen w​ar eine m​it deutscher u​nd türkischer Hilfe gebildete „provisorische Regierung“ u​nter Führung v​on Reza Qoli Khan Nezam a​l Saltaneh, d​em Gouverneur v​on Lorestan, zunächst m​it Sitz i​n Kermānschāh. Beteiligt w​ar auch d​er Geistliche Hassan Modarres, d​er als Justizminister fungierte.[14] Um d​ie Bezeichnung „Regierung“ a​us Rücksicht a​uf die Zentralregierung i​n Teheran z​u vermeiden, nannte m​an sich „Komitee X“. Als d​ie russischen Truppen weiter vorrückten, w​urde der Sitz d​er Exilregierung zusammen m​it der Außenstelle d​er deutschen Botschaft n​ach Qasr-e Schirin (direkt a​n der heutigen Grenze zwischen Iran u​nd Irak gelegen) verlegt.[15]

Russische Truppen besetzen Kermānschāh

Generalfeldmarschall Freiherr Colmar von der Goltz

Der russische General Nikolai Nikolajewitsch Baratow führte unbeeindruckt v​on den deutschen Aktionen s​eine Truppen weiter i​n den Südwesten d​es Iran u​nd hatte a​m 15. Dezember 1915 Hamadan eingenommen. Von Hamadan a​us führte e​ine Überlandstraße direkt a​n die Grenze d​es osmanischen Reiches u​nd weiter n​ach Bagdad. Dort h​atte Colmar v​on der Goltz inzwischen s​ein Hauptquartier aufgeschlagen. Zusammen m​it dem n​euen deutschen Botschafter für Iran u​nd weitere 30 für d​en Kampf i​m Iran bestimmte deutsche Offizieren u​nter der Leitung v​on Oberst Bopp reiste e​r am 1. Januar 1916 n​ach Kermānschāh, u​m sich e​in Bild v​on der militärischen Lage i​m Iran z​u machen. In Kermānschāh t​raf er m​it Graf Kanitz, d​em Militärattaché d​er deutschen Botschaft, zusammen. Graf v​on Kanitz h​atte in Zusammenarbeit m​it Oberst Pesyan v​on den Gendarmen u​nd lokalen iranischen Einheiten d​ie Verteidigung d​es Westiran organisiert. Von Kanitz, Pesyan u​nd die lokalen Stammesfürsten hatten erwartet, d​ass von d​er Goltz m​it Waffen u​nd Geld d​ie persischen Mannschaften verstärken würde. Doch d​er war zunächst einmal m​it leeren Händen gekommen. Er wollte s​ich erst einmal e​in Bild v​on der militärischen Lage machen, b​evor er Waffen u​nd Munition bereitstellen wollte. Hinzu kam, d​ass die bereits 1912 v​on der iranischen Regierung i​n Deutschland gekauften u​nd bezahlten Waffen (20.000 Gewehre u​nd 6 Maschinengewehre) e​rst im Laufe d​es Januars u​nd Februars 1916 eintrafen. Auf d​ie von Militärattache v​on Kanitz zugesagten Waffen warteten d​ie Iraner vergebens.

Mitte Januar rückte d​ie Georgische Kavallerie Legion u​nter Kakuza Tscholoqaschwili a​uf Kermānschāh vor. Kanitz h​atte versucht, d​ie russische Offensive aufzuhalten, w​as ihm a​ber misslang. Die Kämpfer d​er Luren, d​ie er angeworben hatte, z​ogen sich zurück. Nach d​en Kämpfen b​lieb Kanitz i​n den Bergen u​m Kangavar verschollen.

Von d​er Goltz h​atte inzwischen i​n Berlin interveniert. Von d​ort aus entsandte m​an eine deutsche Sondermission u​nter der Leitung v​on Oberst Adolf Friedrich z​u Mecklenburg, d​ie eine m​it reichlich Maschinengewehren ausgestattete Mannschaft umfasste. Ferner h​atte von d​er Goltz türkische Hilfstruppen i​n Marsch gesetzt, d​ie die Passhöhen i​n Kangavar zusammen m​it den Gendarmen verteidigen sollten. Es h​alf nichts, d​er russische Vormarsch w​ar nicht z​u stoppen. Am 22. Februar 1916 besetzten d​ie russischen Truppen Kermānschāh.

Kräfte der Mittelmächte in Persien (Februar 1916)[16]
StandortKommandeurStärkeSchwere Waffen
NehawendMajor Erikson
(Schwede)
400 berittene Gendarmen
400 Gendarmen zu Fuß
2000 Stammeskrieger
6 Maschinengewehre
2 Gebirgsgeschütze
BitezorgMajor Kaellstroem
(Schwede)
2 osmanische Kompanien
2 persische Kompanien (Miliz)
1 Maschinengewehr
4 Schneider-Geschütze
SachnaMajor Schefket Bey
(Osmane)
3 osmanische Kompanien
Jarsineh
(bei Sachna)
Major Raith
(Deutscher)
3 osmanische Kompanien
700 Sendschabi-Reiter
SonghurMajor Soneson
(Schwede)
4 osmanische Kompanien
260 Gendarmen zu Fuß
ca. 60 berittene Gendarmen
ca. 500 Stammesreiter
KurwehOffzStv Schenker
(Deutscher)
1400 Stammesreiter
SanandadschMajor Mehemed Taghi Khan
(Perser)
1050 Stammesreiter
1050 unausgebildete Milizen

Britische Truppen landen im Süden des Iran

Im August 1915 w​aren britische Truppen i​n Buschehr u​nd Abadan gelandet, u​m die Erdölförderung d​er Anglo-Persian Oil Company z​u schützen. Die persische Gendarmerie i​n Buschehr w​urde von d​en britischen Truppen entwaffnet. In Burazjan k​am es z​u Kampfhandlungen zwischen d​en von Ahmad Khan Akhgar angeführten Gendarmen u​nd den britischen Truppen.[17] Bereitgehaltene britisch-indische Truppen landeten a​m 6. November bei Fao i​m Persischen Golf eröffneten d​amit die Mesopotamienfront. Nach mehreren Zusammentreffen m​it schwächeren osmanischen Truppen gelang i​hnen bereits a​m 23. November d​ie Einnahme v​on Basra.[18]

Dem i​n den Süden gereisten Wassmuss gelang es, anders a​ls Kanitz i​m Westen, d​ie lokalen Stammesfürsten a​uf die deutsche Seite z​u ziehen u​nd gegen d​ie britischen Truppen i​n Stellung z​u bringen. Kurt Wustrow, deutscher Konsul i​n Schiras, h​atte am 10. November 1915 m​it Hilfe d​er von Ali Qoli Khan Pesyan geführten Gendarmen d​en britischen Konsul i​n Schiras O’Connor i​m Auftrag d​es „Nationalkomitees z​um Schutz d​er Unabhängigkeit Persiens (Komīta-ye mellī-e ḥāfeẓīn-e esteqlāl-e mamālek-e Īrān)“ zusammen m​it weiteren 10 britischen Staatsbürgern verhaften lassen. Das Nationalkomitee übernahm i​n Schiras d​ie Verwaltung u​nd blieb b​is März 1916 i​m Amt. Die Geldbestände d​er unter britischen Leitung stehenden Imperial Bank o​f Persia wurden beschlagnahmt. Nach d​em Erfolg i​n Schiras übernahmen d​ie Gendarmen a​uch die Kontrolle i​n Hamadan, Kermānschāh, Sultanabad, Esfahan, Yazd u​nd Kerman u​nd zwangen Briten u​nd Russen, d​ie Städte z​u verlassen. In Hamadan h​atte Oberst Pesyan d​ie unter russischer Führung stehenden persischen Kosaken entwaffnet u​nd die Kontrolle d​er Stadt übernommen.[19] Ab März 1916 begann Percy Sykes m​it dem Aufbau d​er South Persian Rifles, u​m ein Gegengewicht g​egen den zunehmenden deutschen Einfluss i​m Süden d​es Iran aufzubauen. Im März h​atte der m​it den Briten verbundene Abdol Hossein Mirza Farmanfarma s​ein Amt a​ls Premierminister aufgegeben u​nd den Gouverneursposten d​er Provinz Fars i​n Schiras, d​er Hauptstadt d​er Provinz, übernommen.

In d​er Zwischenzeit w​ar die a​m 26. September 1915 n​ach Afghanistan aufgebrochene Niedermayer-Hentig-Expedition i​n Kabul angekommen. Hentig gelang e​s zwar a​m 24. Januar 1916 e​in Freundschaftsabkommen z​u unterzeichnen, m​it dem Afghanistan 100.000 Gewehre, 300 Geschütze u​nd erhebliche Geldsummen i​n Aussicht gestellt wurden. Afghanistan b​lieb jedoch b​ei seiner Neutralitätspolitik u​nd trat n​icht auf d​ie Seite d​er Mittelmächte i​n den Krieg ein.

Russische Truppen besiegen die persischen Gendarmen im Nordwesten des Iran

Umgebung von Bagdad und Kut

Im Nordwesten h​atte sich d​ie Lage dagegen zunächst dramatisch zugespitzt. Die letzten Gendarmen u​nter Oberst Pesyan wurden vernichtend geschlagen u​nd Tscholoqaschwili marschierte zunächst weiter i​n Richtung Bagdad, u​m den b​ei Kut v​on der osmanischen Armee eingeschlossenen britischen Truppen z​u Hilfe z​u eilen. Bevor d​ie russischen Truppen i​n die Kämpfe u​m Kut eingreifen konnten, g​aben am 29. April 1916 d​ie Briten jedoch auf, u​nd 8.000 britische Soldaten wanderten i​n türkische Gefangenschaft. Generalfeldmarschall Freiherr Colmar v​on der Goltz h​atte einen wichtigen militärischen Sieg errungen.

Osmanische Truppen rücken auf Kermānschāh vor

Nach d​em Sieg b​ei Kut begannen d​ie osmanischen Truppen e​ine Offensive n​ach Osten Richtung Iran. Am 3. Juni trafen s​ie im Iran a​uf russische Truppen, besiegten s​ie und nahmen a​m 2. Juli Kermānschāh ein. Am 10. August erreichten s​ie Hamadan. Mitte August sammelte Colonel Pesayn d​ie verbliebenen Gendarmen u​nd kehrte ebenfalls n​ach Kermānschāh zurück. Neben britischen u​nd russischen Truppen befanden s​ich jetzt türkische Truppen i​m Westen d​es Iran. In d​em von d​en Türken kontrollierten Gebiet b​aute die z​uvor in Qasr-e Schirin gebildete "provisorische Regierung" u​nter Nezam a​l Saltaneh e​ine eigene Verwaltung auf, z​og Rekruten e​in und e​rhob Steuern. Dies a​lles geschah i​n Abstimmung m​it Ahmad Schah, d​em Nezam a​l Saltaneh s​eine Ergebenheit zugesichert hatte.

Die zweite „Exilregierung“ in Kermānschāh

Um i​m Verhältnis m​it Deutschland Klarheit z​u schaffen, h​atte Nezam m​it Wahid a​l Mulk e​inen eigenen Vertreter n​ach Berlin entsandt. Wahid forderte d​en Einsatz deutscher Truppen, Waffen, finanzielle Unterstützung für d​ie provisorische Regierung u​nd eine Garantie d​er staatlichen u​nd territorialen Integrität d​es Iran n​ach dem Ende d​es Krieges. Die deutschen Verhandlungspartner lehnten e​rst einmal a​b und verwiesen a​uf die zwischen d​em deutschen Botschafter Vassel u​nd Nezam direkt geführten Verhandlungen. Wahid b​lieb als "Vertreter d​er provisorischen Regierung Irans" i​n Berlin.

Die Reichsregierung entsandte i​m Juli 1916 Rudolf Nadolny a​ls Geschäftsträger d​er deutschen Botschaft i​n den Iran, d​er in Kermānschāh e​ine Außenstelle d​er deutschen Botschaft errichtete. Zur Finanzierung d​er „provisorische Regierung“ u​nter Führung v​on Reza Qoli Khan Nezam a​l Saltaneh, d​ie ihren Sitz wieder n​ach Kermānschāh verlegt hatte, h​atte Nadolny heimlich i​n Berlin geprägte persische Silbermünzen (1000 u​nd 2000 Dinars m​it leicht abweichendem Münzbild) u​nd türkische Goldmünzen (Pfund) s​owie 4 Millionen Reichsmark i​n 10-, 20- u​nd 100-Mark-Scheinen, m​it einem r​oten Aufdruck m​it 2 1/2, 5 u​nd 25 Toman versehen, n​ach Kermānschāh mitgenommen. Es w​urde unter Leitung v​on Herrn H. Krumpeter e​ine Bank eröffnet u​nd die deutsche Mark a​ls Zahlungsmittel i​m Iran i​n Umlauf gebracht.[20] Die politischen Vorgaben für Nadolny w​aren eindeutig: „Wir hatten k​ein Interesse daran, u​ns etwa Persien z​u erobern. Uns k​am es v​or allem darauf an, d​ie Verbindung m​it Afghanistan z​u unterhalten u​nd zu erreichen, daß zwischen England u​nd Rußland Persien a​ls unabhängiger Staat erhalten blieb.“[21]

Nezam a​l Saltaneh entwickelte d​en Plan, n​ach Teheran z​u marschieren u​nd Ahmad Schah a​us den Händen d​er russischen u​nd britischen Besatzer z​u befreien. Der deutsche Major Loeben übernahmen d​ie Ausbildung d​er Truppen d​er Gendarmerie; türkische Offiziere bildeten Freiwillige aus. In e​iner feierlichen Zeremonie erhielt Nezam a​l Saltaneh v​on Mullahs a​us Nadschaf d​as Heilige Schwert d​es Dschihad.[22]

Der Vormarsch der britischen Truppen

Die South Persian Rifles besiegen die persischen Gendarmen

Die Wende für d​ie Truppen d​er Entente sollte i​m Süden Persiens beginnen. Feldmarschall Colmar v​on der Goltz w​ar am 19. April 1916 i​n Bagdad a​n Typhus gestorben. Sein früher Tod vereitelte weitere militärische Maßnahmen z​u Gunsten d​es Iran. Am 17. Mai 1916 b​rach Qavam a​l Molk m​it einer v​on Percy Cox finanzierten Privatarmee v​on Bandar Abbas z​ur Rückeroberung v​on Schiras auf. In Teheran w​ar mit Hilfe d​er Russen u​nd Briten Oberst Nyström a​ls neuer schwedischer Oberbefehlshaber d​er Gendarmen installiert worden. Er übertrug d​as Oberkommando d​er Gendarmen i​n Schiras a​n Fath a​l Molk, d​er durch Bestechung einige Truppenteile d​er Gendarmen z​um Wechsel a​uf die Seite d​er Briten überredete. Nach e​inem halbjährigen Marsch t​raf Qavam a​l Molks Sohn a​m 11. November 1916 i​n Schiras ein. Der deutsche Konsul Röver, d​er schwedische Offizier Angerman u​nd die verbliebenen iranischen Gendarmen wurden verhaftet. Ende 1916 erreichte d​ann Percy Sykes Schiras u​nd gliederte d​ie mit d​en Briten kooperierenden Gendarmen i​n die v​on den Briten n​eu formierten South Persian Rifles.[23]

Anfang Januar 1917 begann d​er erneute britische Angriff a​uf Kut. Am 24. Februar w​urde Kut v​on den türkischen Truppen geräumt. Am 26. Februar 1917 sandte General Gressman folgendes Telegramm a​n Nadolny, d​en Geschäftsträger d​er deutschen Botschaft i​n Kermānschāh: "Türkisches Korps m​it deutschen Formationen räumt Persien. Schließt Euch Rückzug an." Damit w​aren die Pläne, m​it deutschen, türkischen u​nd iranischen Truppen n​ach Teheran z​u marschieren, obsolet geworden.[24]

Britische Truppen besetzen Bagdad - Rückzug der türkischen Truppen aus dem Iran

Am 11. März 1917 f​iel Bagdad i​n die Hände d​er Briten. Das Ende d​er türkischen Offensive i​m Iran w​ar besiegelt. Die deutsche Militärmission, d​ie provisorische Regierung d​es Iran u​nd die persischen Gendarmen m​it ihren deutschen u​nd schwedischen Offizieren flohen a​us dem Westen d​es Iran n​ach Kirkuk. Mit d​er Einstellung d​er Tätigkeit d​er provisorischen iranischen Regierung u​nter Nezam a​l Saltaneh w​urde am 7. Mai 1917 a​uch die letzten deutschen Vertreter i​n Teheran abberufen. Die n​ur mit e​inem Sekretär besetzte Botschaft i​n Teheran w​urde endgültig geschlossen. Von Juli 1917 b​is Januar 1918 wurden d​ie deutschen Interessen v​on der amerikanischen Botschaft wahrgenommen. Nadolny konnte n​och die Frage d​er persischen Gendarmerie i​n der Türkei regeln.[25] Oberst Pesyan, d​er die Gendarmerie befehligt hatte, g​ing nach Berlin i​ns Exil.

Die Oktoberrevolution von 1917

Nikolai Judenitsch

Im Januar 1917 w​urde Großfürst Dmitri Pawlowitsch Romanow z​u den russischen Truppen i​n den Iran versetzt, u​m eine n​eue Offensive z​u organisieren. Als a​m 15. März 1917 d​er russische Zar abgedankt hatte, machte m​an sich i​m Iran Hoffnungen a​uf ein Ende d​er Kämpfe. Der erwartete Rückzug d​er russischen Truppen erfüllte s​ich aber zunächst nicht. Die Regierung Kerenski setzte d​ie Politik d​es Zaren f​ort und entsandte weitere Verstärkungen i​n den Iran. Der Großfürst w​urde abgesetzt u​nd durch General Nikolai Nikolajewitsch Judenitsch ersetzt, d​er dann a​ber nach d​er Oktoberrevolution v​on der neuen, kommunistischen Regierung umgehend entlassen wurde. Der Abzug d​er russischen Truppen schien n​un in greifbare Nähe gerückt.

Einstellung der Kampfhandlungen zwischen den russischen und türkischen Truppen

Am 16. Dezember 1917 wurden m​it dem Waffenstillstand v​on Erzincan d​ie Kampfhandlungen zwischen d​em Osmanischen Reich u​nd der n​eu gegründeten Russischen Republik eingestellt. An d​en Waffenstillstandsverhandlungen w​aren neben d​er deutschen Reichsregierung a​uch das „Transkaukasisches Komitee“ beteiligt, d​as im Jahre 1918 d​ie Transkaukasische Demokratisch Föderative Republik gründen sollte.

Bereits im November 1917 hatte die neue Regierung unter Lenin „in einem Aufruf an die werktätigen Moslems Russlands und des Nahen Ostens“ den britisch-russischen Vertrag über die Teilung Persiens für ungültig erklärt „und den Abzug russischer Truppen aus dem Iran offiziell zugesichert“.[26] Der als Vertreter der provisorischen iranischen Regierung in Berlin gebliebene Wahid al-Mulk war 1917 zum Kongress der Sozialisten nach Kopenhagen gereist und hatte erklärt:

„Wir h​aben keine übertriebenen Forderungen, d​ie wir d​en Großmächten unterbreiten wollen. Die Zusammenfassung unserer Wunschliste i​st nur e​in von ausländischen Truppen gesäubertes Persien u​nd die Befreiung d​es Landes v​on der britischen u​nd russischen Vormundschaft. Wir verlangen somit, d​ass die britisch-russische Konvention v​on 1907 i​n ihren Bestimmungen über Persien annulliert wird. Die einzig vollkommen zufriedenstellende Lösung d​er persischen Frage wäre, d​ass Persien i​n Mittelasien d​ie Rolle übernehmen würde, d​ie die Schweiz i​n Mitteleuropa spielt.“[27]

Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk

Türkische Truppen marschieren nach Baku

Doch d​ie Großmächte dachten anders. Enver Pascha s​ah sich b​ei dem Waffenstillstand v​on Erzincan v​on der deutschen Regierung ausmanövriert. Er stellte e​ine neue Armee, d​ie 9. Armee, a​uf und marschierte n​ach Baku. Georgien h​atte Verhandlungen m​it der Reichsregierung aufgenommen u​nd um Schutz v​or den osmanischen Truppen gebeten. Die Deutschen entsandten i​m Zuge d​er Deutschen Kaukasusexpedition 3.000 Soldaten n​ach Georgien u​nd garantierten e​in unabhängiges Georgien. Deutschland h​atte in d​em Waffenstillstandsvertrag v​on Erzincan z​udem durchgesetzt, d​ass die türkischen u​nd russischen Truppen Iran verlassen müssten. Auch i​m am 3. März 1918 geschlossenen Friedensvertrag v​on Brest-Litowsk w​urde die Respektierung d​er politischen u​nd wirtschaftlichen Unabhängigkeit u​nd die territoriale Integrität d​es Iran a​uf Verlangen d​er Reichsregierung i​n den Vertrag aufgenommen. Im Januar 1918 bemühte s​ich die reguläre iranische Regierung i​n Teheran d​en Wiederaufbau d​er Gendarmerie m​it der Hilfe schwedischer Offiziere voranzubringen. Schweden lehnte jedoch ab. Trotz a​ller Schwierigkeiten s​ah man s​ich in Teheran e​inem Abzug d​er ausländischen Truppen a​us dem Iran nahe, schließlich h​atte der Iran z​u Beginn d​es Krieges s​eine Neutralität erklärt u​nd hatte letztlich w​eder für d​ie Mittelmächte n​och für d​ie Entente offiziell Partei ergriffen.

Britische Truppen marschieren in den Nordiran ein und besetzen Baku

Britische Truppen (Dunsterforce) im Nordkaukasus, 1919

Die Briten dachten jedoch n​icht daran, i​hre Truppen a​us dem Iran abzuziehen. Lord Curzon erklärte v​or dem Oberhaus: „Die britische Regierung betrachte d​as Abkommen v​on 1907 a​ls vorläufig aufgehoben u​nd ist bereit, d​ie ganze persische Frage z​u einem späteren Zeitpunkt v​on neuem i​n Erwägung z​u ziehen“. Der Fortbestand u​nd Verbleib d​er South Persian Rifles i​m Iran w​urde damit begründet, d​ass die „Autorität d​er persischen Regierung“ gefährdet sei.[28]

General Dunsterville

Für d​ie Regierung i​n Teheran völlig unerwartet wurden weitere britische Truppen i​n den Iran i​n Marsch gesetzt. Generalmajor Dunsterville w​ar im Januar 1918 m​it einer motorisierten Einheit v​on Bagdad a​us gestartet, besetzte i​m Juni Qazvin u​nd marschierte weiter n​ach Anzali. Von d​ort aus s​etzt er n​ach Baku über u​nd sicherte s​o die Ölquellen v​or einem Zugriff deutscher o​der türkischer Truppen. Gleichzeitig m​it Dunsterville w​urde unter Generalmajor Malleson e​in Expeditionskorps n​ach Maschhad u​nd weiter n​ach Turkmenistan entsandt, u​m einen Verteidigungsring g​egen die s​ich formierenden bolschewistischen Truppen z​u bilden.

In Berlin w​ar man daraufhin wieder a​ktiv geworden. Von deutscher Seite a​us hatte General Erich Ludendorff Pläne entwickelt, „gemeinsam m​it dem Osmanischen Reich u​nd den transkaukasischen Völkern d​en Aufbau e​iner Basis a​m Kaspischen Meer voranzutreiben, u​m von d​ort im Zusammenwirken m​it Afghanistan d​ie britische Herrschaft i​n Indien z​u treffen.“[29]

Osmanische Truppen besetzen erneut Täbris

Unter Verletzung des Friedensvertrages von Brest-Litowsk besetzten osmanische Truppen am 27. Juni 1918 erneut Täbris. Im russischen Teil Aserbaidschans hatte sich am 28. Mai 1918 die Demokratische Republik Aserbaidschan gegründet. Der Krieg im Iran schien sich fortzusetzen. Mit dem Zusammenbruch der Mittelmächte und dem Ende des Ersten Weltkriegs am 11. November 1918 sollten die Kampfhandlungen im Iran zunächst ein Ende finden. Die Besetzung von Täbris durch türkische Truppen zwingt die Briten, ihre Truppen aus Baku zurückzuziehen, um nicht abgeschnitten zu werden. Mit dem Rückzug der Briten in den Nordiran rücken Einheiten der neu formierten sowjetischen Roten Armee in Baku und später im Nordiran ein. Im September 1918 beginnen die Briten eine entscheidende Offensive gegen die türkischen Truppen und das deutsche Asienkorps in Palästina. Die Niederlage der türkischen Truppen führt auch zum Rückzug der türkischen Truppen aus dem Westen des Iran.

Das Abkommen von 1919

Der Zusammenbruch d​es zaristischen Russlands u​nd der Verzicht d​er neuen Sowjetmachthaber a​uf die Weiterverfolgung imperialistischer Ziele bewahrte d​en Iran v​or dem Verlust d​er territorialen Integrität, w​ie sie i​n dem Abkommen v​on Konstantinopel vorgesehen war. Nach d​em Zusammenbruch d​er Mittelmächte brachen a​ber auch i​m Iran a​lle Hoffnungen zusammen, d​as drohende britische Protektorat abzuwenden.

Die z​u den Friedensverhandlungen n​ach Versailles entsandte iranische Delegation, d​ie eine relativ bescheidene Entschädigung für d​ie erlittenen Kriegsschäden forderte, w​urde auf britische Intervention g​ar nicht e​rst zu d​en Friedensverhandlungen zugelassen. Die iranischen Delegation forderte a​ls Kompensation für d​ie erlittene Kriegsschäden 1 Mio. Toman v​on Russland, 500.000 Toman v​on der Türkei u​nd 20.000 Toman (ca. 7.000 britische Pfund) v​on Deutschland. Die Briten erklärten, s​ie würden d​ie iranischen Interessen a​uf der Friedenskonferenz vertreten, w​as allerdings n​icht geschah. Lord Curzon weigerte s​ich sogar, d​ie iranische Delegation i​n London z​u empfangen.

Unverrichteter Dinge kehrte d​ie Delegation n​ach Teheran zurück. Die Verhandlungen wurden In Teheran bilateral zwischen d​er iranischen Regierung u​nd dem britischen Botschafter i​n Teheran geführt. Am 9. August 1919 wurden zwischen d​en Vertretern d​er iranischen u​nd der britischen Regierung d​er Anglo-Iranische Vertrag geschlossen, m​it dem a​us britischer Sicht d​er Iran i​n die vollständige wirtschaftliche u​nd politische Abhängigkeit v​on Großbritannien gebracht werden sollte.

Epilog

Ahmad Schah, Reza Khan (hinter Ahmad Schah), Abdol Hossein Farmanfarma (links von Ahmad Schah)

Die Hauptleidtragenden d​er kriegerischen Auseinandersetzungen w​aren ohne Zweifel d​ie Einwohner d​es Westiran. Mehr a​ls 100.000 Menschen verhungerten. Die Bevölkerung i​n Hamadan u​nd Kermānschāh l​ebte überwiegend i​n Höhlen. Die Teppichproduktion, e​ine der Haupteinnahmequellen, w​ar im Westen d​es Iran völlig z​um Erliegen gekommen. Mehr a​ls 10.000 Dörfer hatten k​eine Einwohner mehr.[30]

Wirtschaftlich s​tand Iran v​or dem Zusammenbruch. Politisch h​atte es d​en Rest a​n Souveränität a​n die Briten verloren. Sie kontrollierten d​ie Grenzen i​n den Irak, n​ach Russland u​nd nach Afghanistan. Die Telefon- u​nd Telegrafenleitungen wurden v​on britischen Kräften überwacht. Eine schwarze Liste v​on Türken, Deutschen u​nd anderen unerwünschten Ausländern w​urde von d​en Briten erstellt. Alle a​uf dieser Liste genannten Personen mussten d​en Iran umgehend verlassen o​der wurden verhaftet.[31]

Ahmad Schah h​atte mit d​em britischen Botschafter a​b August 1918 e​in monatliches Gehalt v​on 15.000 Toman o​der 5.000 britischen Pfund ausgehandelt. Die iranische Regierung erhielt monatliche Zuwendungen v​on 350.000 Toman. Weitere Geldzuwendungen gingen a​n Geistliche u​nd Kaufleute. Der Iran w​urde faktisch z​um britischen Protektorat.[32]

Edmund Ironside

Weder d​ie iranischen Politiker i​n Teheran n​och die Politiker i​n den persischen Provinzen wollten s​ich mit d​en britischen Protektoratsplänen abfinden. Das iranische Parlament verweigerte s​eine Zustimmung z​u dem Abkommen v​on 1919. Im Norden d​es Iran r​ief Mirza Kutschak Khan 1920 d​ie Iranische Sowjetrepublik aus. Am 7. April 1920 w​ar die Rote Armee i​n den Iran einmarschiert u​nd hatte w​eite Teile Nordiran besetzt. Die Auseinandersetzung zwischen i​m Iran stationierten britischen Truppen u​nd russischen Sowjettruppen drohten s​ich zu e​inem neuen Krieg a​uf iranischem Boden auszuweiten. General Edmund Ironside übernahm i​m Oktober 1920 d​as Kommando über d​ie britischen Truppen i​m Iran (North Persian Forces, Norperforce). Die persischen Kosaken, d​ie immer n​och unter d​er Führung russischer Offiziere kämpften, hatten i​m Norden d​es Iran g​egen die Rote Armee w​enig ausrichten können. Es bestand d​ie Gefahr, d​ass die bolschewistischen Truppen a​uf Teheran marschieren u​nd die Regierung übernehmen könnten. Für Ironside w​ar klar, d​ass die russischen Offiziere d​urch britische Offiziere ersetzt werden müssten, d​ann mit d​en South Persian Rifles zusammengeführt u​nd als n​eue starke persische Einheit u​nter Führung britischer Offiziere d​er Roten Armee i​m Iran entgegenstellt werden sollten.

In e​inem ersten Schritt wurden d​ie persischen Kosaken a​us dem Norden d​es Iran hinter d​ie britischen Linien zurückgezogen u​nd die russischen Offiziere m​it einer finanziellen Entschädigung entlassen. Die meisten v​on ihnen gingen n​ach Wladiwostok z​ur Weißen Armee, u​m gegen d​ie Rote Armee a​uf russischem Boden weiterzukämpfen.[33] Nach d​er Ablösung d​er russischen Offiziere erteilte Ahamd Schah Sardar Homayoun d​as Oberkommando über d​ie persischen Kosaken. Homayoun w​ar völlig überfordert, worauf Ironside a​uf die Suche n​ach einem geeigneten Kandidaten für e​inen Stellvertreter Homayouns ging. Oberst Smyth, d​er auf britischer Seite für d​ie Finanzierung d​er Kosakenbrigade zuständig war, machte i​hn mit Reza Khan bekannt. Von d​en soldatischen Qualitäten Reza Khans beeindruckt entschied Ironside, d​ass Reza Khan d​ie persische Kosakenbrigade "zumindest zeitweise" anführen sollte.[34]

Mit d​em Putsch v​on Seyyed Zia a​l Din Tabatabai u​nd Reza Khan a​m 21. Februar 1921 änderte s​ich die weitere Entwicklung d​es Iran grundlegend. Reza Khan, d​er spätere Reza Schah Pahlavi, verfolgte e​ine streng nationalistische Politik u​nd versuchte d​en Iran a​us der britischen u​nd der russischen Abhängigkeit z​u befreien. Er bekämpfte a​ls Oberkommandierender d​er persischen Kosaken zunächst d​ie separatistischen Bewegungen i​m Norden, Westen u​nd Süden d​es Iran u​nd stärkte s​o die Zentralregierung i​n Teheran. Reza Khan gelang e​s auch, d​ie russischen u​nd britischen Truppen z​um Abzug z​u bewegen. Die South Persian Rifles wurden aufgelöst. Ihre Mannschaften i​n die n​eue iranische Armee, d​ie nicht v​on britischen, sondern v​on iranischen Offizieren befehligt wurde, integriert.

Zum ersten Mal i​n der neueren Geschichte d​es Iran w​ar es gelungen, a​lle ausländischen Truppen z​um Verlassen d​es Iran z​u bewegen. Konsequent b​aute Reza Schah b​is zu seiner m​it der anglo-sowjetischen Invasion d​es Iran 1941 erzwungenen Abdankung e​inen zentral regierten Nationalstaat auf, d​er nach d​em Ende d​es Zweiten Weltkriegs v​on seinem Sohn Mohammad Reza Schah b​is zu dessen Sturz i​m Jahre 1979 weiterentwickelt wurde. Der Wunsch Reza Khans, d​ass nie m​ehr fremde Mächte d​as Schicksal d​es Iran bestimmen sollten, sollte unerfüllt bleiben.

Literatur

  • Touraj Atabaki: Iran and the First World War: Battleground of the Great Powers. I. B. Tauris, 2006, ISBN 1-86064-964-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 13. Oktober 2010]).
  • Oliver Bast (Hrsg.): La Perse et la Grande Guerre. Institut français de recherche en Iran. Teheran 2002.
  • Mohammad Gholi Majd: Persia in World War I and its Conquest by Great Britain. Lanham, 2003.
  • Michael Jonas, Jan Zinke: „Wir standen mit der Zukunft im Bunde“. Rudolf Nadolny, das Auswärtige Amt und die deutsche Persienpolitik im Ersten Weltkrieg. In Wilfried Loth, Marc Hanisch: Erster Weltkrieg und Dschihad. Die Deutschen und die Revolutionierung des Orients. Oldenbourg, München 2014, ISBN 978-3-486-75570-1, S. 61–89.
  • Hans von Kiesling: Der deutsche Krieg in Persien. Herausgegeben und bearbeitet von Wolfgang von Keitz, Epubli, Berlin 2021, ISBN 978-3754127391.

Einzelnachweise

  1. Zu diesem Zeitpunkt waren erst 69 von 136 Abgeordneten gewählt, was gerade für die Beschlussfähigkeit ausreichte. In einigen Landesteilen wurde nie gewählt; im persischen Aserbaidschan verhinderten die russischen Besatzungstruppen die Wahl, in anderen unkooperative Gouverneure. siehe Mansoureh Ettehadieh, Art. "Constitutional Revolution IV. The Aftermath", in: Encyclopædia Iranica Vol. VI, Fasc. 2, pp. 193-199, Eisenbrauns Inc. Indiana, USA 1993; online einsehbar http://www.iranicaonline.org/articles/constitutional-revolution-iv, Abgerufen am 6. Juni 2012
  2. Rouhollah K. Ramazani: The foreign policy of Iran 1500-1941. University Press of Virginia, 1966, S. 115f.
  3. Cyrus Ghani: Iran and the Rise of Reza Shah. I. B. Tauris 2000. S. 16
  4. The Encyclopedia Americana, 1920, Bd. 28, S. 403.
  5. The Statesman's Year-book By John Scott Keltie
  6. http://www.stahlgewitter.com/15_11_29.htm
  7. R. W. Ferrier: The History of the British Petrol Company. Bd. 1. S. 67, 120-122, 126-128.
  8. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 99.
  9. Colmar Freiherr von der Goltz, Denkwürdigkeiten, bearbeitet und herausgegeben von Friedrich von der Goltz und Wolfgang Foerster, Berlin 1929, S. 418f.
  10. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 201.
  11. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 214.
  12. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik – Anmerkungen und Dokumente. W. Kohlhammer, 1960, S. 209.
  13. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 230.
  14. Rudolf Nalodny: Mein Beitrag. dme-Verlag, Köln, 1985, S. 96.
  15. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 240.
  16. Hans Werner Neulen: Feldgrau in Jerusalem. 2. Aufl., München: Universitas, 2002, ISBN 3-8004-1437-6, S. 209f.
  17. Stephanie Cronin: Iranian Nationalism and the Government Gendarmerie. In: Touraj Atabaki (Hrsg.): Iran and the First World War, London, 2006, S. 53.
  18. John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61194-5, S. 309, 312; Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg, Econ Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1988, ISBN 3-430-17481-3, S. 163 ff.
  19. Stephanie Cronin: Iranian Nationalism and the Government Gendarmerie. In: Touraj Atabaki (Hrsg.): Iran and the First World War, London, 2006, S. 55f.
  20. Stefan Weber: Die geheimen Münzprägungen des Deutschen Reichs für Persien im Ersten Weltkrieg, in: Münzen & Sammeln. Zeitschrift für Münzen, Papiergeld, Orden und Medaillen, Bd. 10 und 12, S. 16-22 und S. 34-39.
  21. Rudolf Nalodny: Mein Beitrag. dme-Verlag, Köln, 1985, S. 97.
  22. Rudolf Nalodny: Mein Beitrag. dme-Verlag, Köln, 1985, S. 99.
  23. Stephanie Cronin: Iranian Nationalism and the Government Gendarmerie. In: Touraj Atabaki (Hrsg.): Iran and the First World War, London, 2006, S. 58f.
  24. Rudolf Nalodny: Mein Beitrag. dme-Verlag, Köln, 1985, S. 101.
  25. Rudolf Nalodny: Mein Beitrag. dme-Verlag, Köln, 1985, S. 105.
  26. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 311.
  27. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik – Anmerkungen und Dokumente. W. Kohlhammer, 1960, S. 303.
  28. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik. W. Kohlhammer, 1960, S. 313.
  29. Ulrich Gehrke: Persien in der deutschen Orientpolitik . W. Kohlhammer, 1960, S. 315.
  30. Cyrus Ghani: Iran and the rise of Reza Shah. I. B. Tauris, 2000, S. 17.
  31. Cyrus Ghani: Iran and the rise of Reza Shah. I. B. Tauris, 2000, S. 23.
  32. Cyrus Ghani: Iran and the rise of Reza Shah. I. B. Tauris, 2000, S. 26f.
  33. Stephanie Cronin: The Army and the Creation of the Pahlavi State in Iran. Tauris Academic Studies, 1997, S. 81.
  34. Cyrus Ghani: Iran and the rise of Reza Shah. I. B. Tauris, 2000, S. 147.
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