Van (Türkei)
Van (kurdisch Wan, armenisch Վան Wan, urartäisch Tuschpa, syrisch vielleicht Arzaškun) ist die Hauptstadt der gleichnamigen türkischen Provinz Van.
Van | ||||
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Die Akdamar Insel mit der „Kirche zum Heiligen Kreuz“. | ||||
Basisdaten | ||||
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Provinz (il): | Van | |||
Koordinaten: | 38° 30′ N, 43° 23′ O | |||
Höhe: | 1750 m | |||
Einwohner: | 1.149.342[1] (2020) | |||
Telefonvorwahl: | (+90) 432 | |||
Postleitzahl: | 65 000 | |||
Kfz-Kennzeichen: | 65 | |||
Struktur und Verwaltung (Stand: 2021) | ||||
Gliederung: | 58 Mahalle | |||
Website: | ||||
Landkreis Van | ||||
Einwohner: | 1.149.342[1] (2020) | |||
Fläche: | 2.904 km² | |||
Bevölkerungsdichte: | 396 Einwohner je km² |
Van liegt in der Region Ostanatolien am Ostufer des Vansees nahe der iranisch-türkischen Grenze. Am Westufer des Sees liegt Van gegenüber die Stadt Tatvan, welche über eine Fähre mit Van verbunden ist.
Demografie
Stadtentwicklung
Nachfolgende Tabelle gibt Auskunft über die Entwicklung der Einwohnerzahlen von Stadt (Şehir), Kreis (İlçe) und Provinz (İl) Trabzon.[2]
Jahr | 2000 | 1990 | 1985 | 1980 | 1975 | 1970 | 1965 | 1960 | 1955 | 1950 | 1945 | 1940 | 1935 | 1927 |
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Stadt | 284.464 | 153.111 | 110.653 | 92.801 | 63.663 | 46.751 | 31.431 | 22.043 | 17.254 | 13.664 | 14.266 | 11.785 | 9.362 | 6.981 |
Kreis | 356.494 | 207.870 | 169.602 | 143.865 | 107.774 | 88.254 | 66.104 | 51.445 | 41.916 | 34.710 | 32.606 | 28.186 | 32.348 | 22.548 |
Provinz | 877.524 | 637.433 | 547.216 | 458.646 | 386.314 | 325.763 | 266.840 | 211.034 | 175.250 | 145.944 | 127.858 | 112.975 | 143.434 | 75.437 |
Im Rahmen der Verwaltungsreform wurde durch das Gesetz 6360 die „Kernstadt“ (also die Provinzhauptstadt vor der Verwaltungsreform) in zwei Stadtbezirke aufgeteilt:
Die Provinzhauptstadt wurde damit de facto aufgelöst.[3] Der Anteil dieser zwei neu geschaffenen Belediye oder İlçe an der Büyükşehir belediyesi stellt sich so dar:
2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | |
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İpekyolu | 334.470 | 326.007 | 312.244 | 300.796 | 291.112 | 285.272 | 279.660 | 274.902 |
Tuşba | 162.153 | 162.848 | 160.522 | 156.717 | 153.599 | 149.944 | 145.142 | 138.123 |
Summe | 496.623 | 488.855 | 472.766 | 457.513 | 444.711 | 435.216 | 424.802 | 413.025 |
Anteil (in %) | 43,21 | 43,00 | 42,07 | 41,33 | 40,42 | 39,70 | 39,13 | 38,60 |
Büyükşehir Van | 1.149.342 | 1.136.757 | 1.123.784 | 1.106.891 | 1.100.190 | 1.096.397 | 1.085.542 | 1.070.113 |
Geschichte
Antike und Mittelalter
Der Siedlungshügel Tilkitepe („Fuchshügel“) nahe der Stadt Van zeigt, dass die Gegend um 5000 v. Chr. schon besiedelt war.
Die Geschichte der Stadt reicht knapp 3000 Jahre zurück. Unter dem Namen Tušpa (der Stadtkern um die Festung) war Van seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. die Hauptstadt des Urartäischen Reiches. Nach Kriegen gegen Assyrer, Kimmerer und Skythen ging das Königreich Urartu im 6. Jahrhundert v. Chr. unter.
Von da an teilte Van die Geschichte Armeniens ohne berichtete lokale Besonderheiten bis zum Ende des 8. nachchristlichen Jahrhunderts. Die urartäische Kultur geriet in Vergessenheit, ihre Gräber galten nun als das Werk riesenhafter Helden. Der mythische armenische König Artaxias soll laut Thomas Artsruni in einer Felsenhöhle gewohnt haben, von der aus er den Vansee überblicken konnte, vermutlich eine solche uratäische Grabanlage. Auch der Heilige Gregorius von Narek (ca. 951–1003), ein bekannter Mystiker aus dem Königreich Vaspurakan nutzte solche Höhlen zum Gebet.[4] Vielleicht verfasste er hier sogar das berühmte Buch der Klagen.
Nach dem Rückzug der muslimischen Araber im 8. Jahrhundert etablierte sich wieder ein unabhängiges armenisches Königreich. Unter dem armenischen König existierten armenische Fürstentümer wie das der Artsruni-Dynastie im Gebiet des Vansees, das sich als Reich Vaspurakan zu Beginn des 9. Jahrhunderts von der Oberherrschaft des armenischen Königs löste. Vaspurakan hatte keine feste Hauptstadt, der König zog von Stadt zu Stadt. Van zählte auch zu diesen Städten. Im Jahr 1021 wurde Vaspurakan von Byzanz annektiert.
Im 11. Jahrhundert fielen die Seldschuken in Anatolien ein und übernahmen die Herrschaft über Van. Vom frühen 12. bis zum frühen 13. Jh. gehörte die Stadt zum Fürstentum der Ahlat-Schahs, danach fiel sie an die Ayyubiden. 1240 eroberten die Mongolen das Gebiet um Van. Im 14. Jahrhundert war Van Teil der Karakoyunlu und später des Timuridenreiches. Im 15. Jahrhundert geriet Van erneut in einen Konflikt zwischen den Reichen der Osmanen und der Safawiden. 1502 wurde Van von den Safawiden erobert.
Van in osmanischer Zeit
Nur 13 Jahre später eroberten die Osmanen die Stadt und verloren sie 1520 wieder an die Safawiden. Am 25. August 1548 konnten die Osmanen die Stadt endgültig erobern. Van wurde erst zu einem Sandschak in der Provinz Erzurum und um 1570 ein eigenständiges osmanisches Eyâlet. 1875 wurde es schließlich zur Hauptstadt des Vilâyets Van, welche damals noch großteils armenisch und assyrisch bevölkert war und zu den sechs armenischen Vilâyets zählte. Im Jahre 1894 kam es zu Massakern an der christlichen Zivilbevölkerung unter dem osmanischen Sultan Abdülhamid II. Die Massaker von Diyarbakir 1895 griffen auch auf Van über. Dadurch wurde die nichtmuslimische Bevölkerung erstmals stark dezimiert.
Im zweiten Jahr des Ersten Weltkrieges 1915 unterstützten daher armenische Fedajin im Aufstand von Van die Streitkräfte des Russischen Reiches, die vom Kaukasus kommend und mit deren Hilfe Van am 20. Mai 1915 einnahmen. Am 7. April 1915 war die Stadt vollständig von 10.000 armenischen Rebellen umstellt. Die muslimische Bevölkerung versuchte aus Van zu flüchten. Die Bewohner der Dörfer in der Umgebung Vans, Derebey, Hakis, Zorova, Hıdır, Göllü, Şeyhane und Şeyhkara flüchteten in das Zentraldorf Zeve. Zeve wurde wenig später durch armenische Rebellen gestürmt, dabei starben 2.000 Muslime.[5] Der Osmanischen Armee gelang es, die Stadt im August 1915 wieder einzunehmen, verloren sie jedoch im September desselben Jahres abermals an die Russen.
Im Zuge der Oktoberrevolution zog sich Russland aus Kleinasien zurück und so kamen Van und andere Städte wieder unter osmanische Herrschaft. Das Osmanische Reich verlor aber den Ersten Weltkrieg und so war im Vertrag von Sèvres die Abtretung weiter Teile des östlichen Territoriums des Reiches an ein unabhängiges Armenien vorgesehen. Diesem Vertrag widersetzten sich die türkische Nationalbewegung unter Kemal Pascha, dem späteren Kemal Atatürk. Ihre Truppen eroberten im Türkischen Befreiungskrieg Van im Jahre 1920 wieder von den Armeniern zurück. Daraufhin kam es zur Ermordung und Vertreibung der armenischen Bevölkerung, was u. a. die drastische Dezimierung der Bevölkerung von 1889 bis 1927 erklärt. Der heutige Grenzverlauf zwischen der Republik Türkei und Armenien wurde völkerrechtlich in den Verträgen von Alexandropol/Gümrü 1920 und Kars 1921 festgelegt. Der Vertrag von Kars wird jedoch bis heute von armenischer Seite nicht anerkannt.[6]
Die Altstadt von Van erlitt während der Kämpfe von 1915 schwere Beschädigungen und wurde nach dem Krieg aufgegeben. Das neue Stadtzentrum entstand einige Kilometer östlich der Festung Vans auf dem Gebiet der sogenannten Gartenstadt, der modernen ehemaligen Vorstadt von Van.
Neuere Ereignisse
1950 wurde Van durch ein Erdbeben beschädigt. Am 23. Oktober 2011 wurde die Stadt erneut von einem heftigen Erdbeben erschüttert, das ca. 1000 Menschen in der Region das Leben kostete.[7]
Das Innenministerium der Türkei teilte am 17. November 2016 mit, dass unter anderem der Bürgermeister der Stadt Van abgesetzt wurde. Die Stadt werde nunmehr unter Zwangsverwaltung gestellt.[8]
Verkehr
Van liegt an der Europastraße E99, welche die Türkei mit Aserbaidschan verbindet. Eine Eisenbahnfähre verbindet die Stadt mit Tatvan am Westufer des Vansees und eine Eisenbahnlinie führt in den Iran nach Teheran. Turkish Airlines fliegt den Flughafen Ferit Melen in Van von Istanbul und Ankara aus an.
Wirtschaft
Traditionell gründet sich die Wirtschaftsstruktur von Van auf der Landwirtschaft. Hier gibt es Betriebe der Fleisch- und Fischindustrie, der Produktion von Wollgarn und weitere Betriebe wie Mehl- und Futtermühlen, eine Molkerei und eine Zuckerfabrik. Holzindustrie, Kunststoffindustrie, eine Zementfabrik und Leder- und Schuhfabriken schaffen Arbeitsplätze im industriellen Bereich.
Tourismus
Aus touristischer Sicht erwähnenswert ist vor allem die am See gelegene Burg von Van (Van kalesi), in der auch mehrere urartäische Keilschrift-Inschriften aus der Zeit von Sarduri II. zu sehen sind, sowie das Archäologische Museum.
In der näheren Umgebung befindet sich die Insel Akdamar mit einer armenischen Kirche aus dem 10. Jahrhundert. 2007 wurde die Kirche restauriert und als Kulturdenkmal eröffnet.[9] Am 19. September 2010 wurde die Kirche mit einem ersten Gottesdienst seit 95 Jahren wieder geweiht. Die Kirchenkuppel bekam 2010 ein Kreuz.[10] Sehenswert sind weiterhin die Ruinen der urartäischen Festung Šarduriḫinili und die Festung von Hoşap, sowie Badestellen am Ufer des Vansees.
Hrant Dink erklärte, dass Van das Paris des Ostens hätte werden können, wenn es nicht zum Völkermord an den Armeniern gekommen wäre.[11]
Klimatabelle
Van, Tuşba | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Van, Tuşba
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Galerie
- Die Ruinen der Altstadt
- Ruinen der Altstadt
- Van kalesi, die Burg von Van
- Burgberg von Van
- Teil der Burg. Foto von 1916
- Teil der Burg. Foto von 1916
Persönlichkeiten
- Gregor von Narek (951–1003), armenischer Mystiker
- Mkrtitsch Chrimjan (1820–1907), armenischer Kirchenführer
- Harutiun Jangülian (1855–1915), armenischer Politiker und Völkermordopfer
- Panos Terlemezyan (1865–1941), armenisch-sowjetischer Maler
- Ferit Melen (1906–1988), türkischer Politiker und ehemaliger Ministerpräsident der Türkei
- Ruhi Su (1912–1985), türkischer Opern- und Volkssänger
Literatur
- Richard G. Hovannisian: Armenian Van/Vaspurakan. Costa Mesa 2001. ISBN 1-56859-130-6
- H. F. Russell, Shalmanese's campaign to Urartu in 856 B.C. and the historical geography of Eastern Anatolia according to the Assyrian sources. Anatolian Studies 34, 1984, 171–201.
- Justin McCarthy, Esat Arslan, Cemalettin Taşkıran, Ömer Turan: The Armenian rebellion at Van. 1. Auflage. The University of Utah Press, Salt Lake City 2006, ISBN 978-0-87480-870-4, S. 296 (englisch, 11 Karten).
Weblinks
Einzelnachweise
- Nufusu.com, abgerufen 18. März 2021
- Ergebnisse der Volkszählungen, laut der Bibliothek des TURKSTAT (TÜİK).
- Gesetz Nr. 6360 (PDF-Datei), veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 28489.
- James R. Russell, Besprechung von Robert W. Thomson (Hrsg.), Thomas Artsruni, History of the House of the Artsrunik. In: Middle East Journal 43/2, 1989, 313 f.
- XVIII. y.y. SONRASI VAN (Memento vom 29. April 2008 im Internet Archive)
- Empfehlung 7511 betr. die Stabilität und Sicherheit im Südkaukasus (Memento vom 19. Juni 2008 im Internet Archive)
- Peter Seiffert: Provinzhauptstadt Van: Viele Tote bei Erdbeben im Osten in der Türkei. In: Focus Online. 23. Oktober 2011, abgerufen am 14. Oktober 2018.
- Regierung setzt vier Bürgermeister ab. tagesschau, 17. November 2016, abgerufen am 25. November 2016.
- Kirche auf Akdamar für Pilger frei. In: TURKISHPRESS | Deutsch-türkische Nachrichten über die Türkei und Türken. 25. März 2010 (turkishpress.de [abgerufen am 20. August 2018]). Kirche auf Akdamar für Pilger frei (Memento vom 20. August 2018 im Internet Archive)
- Akdamar-Kirche trägt heiliges Kreuz. In: TURKISHPRESS | Deutsch-türkische Nachrichten über die Türkei und Türken. 18. September 2012 (turkishpress.de [abgerufen am 20. August 2018]). Akdamar-Kirche trägt heiliges Kreuz (Memento vom 20. August 2018 im Internet Archive)
- Cem Özdemir: Türkei und Armenien: Friedensstifter im Visier. 11. Oktober 2005, abgerufen am 1. Juni 2013.