Gilead Sciences
Gilead Sciences, Inc. ist ein Pharmazie- und Biotechnologieunternehmen aus den Vereinigten Staaten mit Sitz in Foster City, Kalifornien. Das Unternehmen ist im S&P 500 gelistet. Mit einem weltweiten Umsatz von rund 24 Milliarden US-Dollar (2020) ist es eines der größten Pharmaunternehmen der Welt.[3] Rund 9.000 Mitarbeiter sind bei Gilead Sciences beschäftigt (Stand 2018).[1] Gilead Sciences verfügt über Standorte in Nordamerika, Europa und Australien.
Gilead Sciences, Inc. | |
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Rechtsform | Incorporated |
ISIN | US3755581036 |
Gründung | 1987[1] |
Sitz | Foster City, Kalifornien[1] |
Leitung | Daniel O’Day[2] CEO |
Mitarbeiterzahl | 9.000 (2018)[1] |
Umsatz | 24,4 Mrd. $ (2020)[3] |
Branche | Biotechnologie |
Website | www.gilead.com |
Der Name des Unternehmens und das Logo beziehen sich auf den biblischen Ort Gilead, und zwar wegen der für ein Pharmaunternehmen passenden Wortkombination speziell auf Jeremia 8,22: „Gibt es kein Heilmittel in Gilead?“.[4]
Gilead Sciences erforscht und kommerzialisiert Therapien, beispielsweise für HIV, Hepatitis B, Hepatitis C und Influenza.
Geschichte
Im Juni 1987 gründete der damals 29-jährige Arzt Michael Riordan die Firma Oligogen, Inc., die 1988 in Gilead Sciences umbenannt wurde.
Im Januar 1997 wurde Donald Rumsfeld Vorsitzender des Aufsichtsrates, dessen Mitglied er seit 1988 gewesen war.[5] Er trat von diesem Posten zurück, als er Verteidigungsminister unter George W. Bush wurde. Sein Aktienanteil wurde auf einen Wert von fünf bis fünfundzwanzig Millionen US-Dollar geschätzt. Er dürfte noch gestiegen sein, als im Herbst 2005 die erhöhte Nachfrage nach Tamiflu (wegen der Vogelgrippe H5N1) die Gilead-Aktien in die Höhe trieb.[6]
Im März 2020 verkündete Gilead Sciences die Übernahme des US-amerikanischen Pharmaunternehmens Forty Seven, dessen wichtigstem Produkt Magrolimab seitens der FDA ein beschleunigtes Zulassungsverfahren (Fast Track Designation) gewährt wurde.[7]
Am 7. Juni 2020 wurde bekannt, dass das Pharmaunternehmen AstraZeneca eine Fusion mit Gilead Sciences erwägt und hierzu Gespräche aufgenommen hat.[8]
Im Dezember 2020 kaufte Gilead den deutschen Biopharmazeutik-Hersteller MYR Pharmaceuticals für etwa 1,15 Milliarden Euro.[9][10]
Produkte
Gilead Sciences bietet Produkte für folgende Anwendungsgebiete an (Stand April 2020):
- HIV/AIDS
- Lebererkrankungen
- Hämatologie/Onkologie/Zell Therapie
- Herz-Kreislauf-Erkrankung
- Entzündungen
- Erkrankungen des Atemtrakts
Bekannte Arzneimittel sind beispielsweise Atripla, Tamiflu, Emtriva, Truvada, Viread und Sovaldi. Ein mit „Sonderzulassungen“ und in der Entwicklung befindlicher Wirkstoff ist Remdesivir zur Behandlung von COVID-19, der vorher schon während der Ebolafieber-Epidemie 2018 bis 2020 erfolgreich eingesetzt wurde.[11]
Kennzahlen
GJ[12] | Umsatzin Mio. US-$ | Jahresüberschussin Mio. US-$ | Angestellte |
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2005 | 2.028 | 814 | 1.900 |
2006 | 3.026 | -1.190 | 2.515 |
2007 | 4.230 | 1.585 | 2.979 |
2008 | 5.336 | 1.979 | 3.441 |
2009 | 7.011 | 2.636 | 3.852 |
2010 | 7.949 | 2.901 | 4.000 |
2011 | 8.385 | 2.804 | 4.500 |
2012 | 9.702 | 2.592 | 5.000 |
2013 | 11.202 | 3.075 | 6.100 |
2014 | 24.890 | 12.101 | 7.000 |
2015 | 32.639 | 18.108 | 8.000 |
2016 | 30.390 | 13.501 | 9.000 |
2017 | 26.107 | 4.628 | 10.000 |
2018 | 22.127 | 5.455 | 11.000 |
2019 | 22.449 | 5.386 | 11.800 |
2020 | 24.689 | 123 | 13.600 |
Kritik
Die Vermarktung von Sovaldi (Sofosbuvir) hat eine kontroverse gesellschaftliche Debatte ausgelöst. Eine Kalkulation der AOK von 2014 ergab, dass aufgrund des hohen Preises die Kosten nur dieses einen Medikamentes bis zu einem Fünftel der gesamten deutschen Arzneimittelausgaben ausmachen könnten.[13] Weiterhin wird kritisiert, dass Gilead „astronomisch hohe Preise“ verlangt: so kostet eine reguläre 12-Wochentherapie bis zu 60.000 Euro, wohingegen Berechnungen ergeben haben, dass die Herstellungskosten lediglich 136 Dollar betragen, womit zusammen mit den Entwicklungs- und Vertriebskosten der Gesamtpreis für die 12-Wochen-Therapie nur etwa 1500 Dollar beträgt.[14] Nach Reanalyse von Kosten-Nutzen-Analysen, die von Gilead in Auftrag gegeben wurden, steht der Preis von Sofosbuvir für drei Viertel der deutschen Patientenpopulation nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen.[15] Nach Ansicht von Wolfgang Becker-Brüser sei der Preis durch nichts gerechtfertigt, zumal die Kostenkalkulation von Gilead völlig intransparent sei.[16] Dagegen können betriebswirtschaftliche Motive eine Rolle spielen, da Gilead 2011 die an der Entwicklung von Sovaldi verantwortliche Biotech-Firma Pharmasset für elf Milliarden Dollar kaufte. Demgegenüber machte Gilead alleine 2014 einen Reingewinn von 10,3 Milliarden Dollar. Dies wird auch durch den Umsatzzuwachs unterstrichen. Im Jahr 2014 machte Gilead Sciences einen weltweiten Umsatz von 24,47 Milliarden US-Dollar, verglichen mit dem Umsatz von 2013 (10,80 Milliarden) entspricht dies einem Zuwachs von 127 Prozent beim Umsatz. Ein derart großer Anstieg ist unter den 25 größten Pharmaunternehmen der Welt extrem selten.[17]
Das Medikament Remdesivir soll bei COVID-19 eingesetzt werden. Der Konzern hat den Preis pro Ampulle auf 390 US-Dollar (bzw. 520 US-Dollar für Privatpatienten) festgesetzt. Eine 5-tägige Behandlung kostet somit 2340 bzw. 3120 Dollar.[18] Mehrere US-Generalstaatsanwälte warfen Gilead im August 2020 in einem Brief an die amerikanische Gesundheitsbehörde Preistreiberei für das Medikament vor und mahnten an, die Kosten zu senken.[19] Am 20. November 2020 hat die WHO ihre Empfehlung zur Behandlung von COVID-19-Patienten mit dem Medikament Remdesivir widerrufen.[20]
Weblinks
- Offizielle Firmenseite
- Was steckt hinter der Firma Gilead? – SZ vom 17. April 2020
Einzelnachweise
- Gilead Sciences About. Gilead Sciences. Abgerufen am 16. März 2018.
- Richard Staines: Gilead hires Roche's pharma chief Daniel O'Day as CEO -. 10. Dezember 2018, abgerufen am 1. November 2019 (britisches Englisch).
- Gilead Sciences Announces Fourth Quarter and Full Year 2020 Financial Results PM Gilead Sciences vom 4. Februar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021
- Das ostjordanische Gilead war im Altertum bekannt für seine pharmazeutischen Öle, die aus dem Harz lokaler Sträucher gewonnen wurden.
- Donald H. Rumsfeld Named Chairman of Gilead Sciences. Gilead Sciences. 3. Januar 1997. Abgerufen am 15. September 2009.
- Nelson D. Schwartz: Rumsfeld's growing stake in Tamiflu. CNN. 31. Oktober 2005. Abgerufen am 15. September 2009.
- Gilead to Acquire Forty Seven for $4.9 Billion, PM Gilead Sciences vom 2. März 2020, abgerufen am 2. März 2020
- AstraZeneca und Gilead loten Megafusion aus, abgerufen am 7. Juni 2020
- Biopharma: Gilead zahlt Milliardensumme für deutsche Biotech-Firma MYR. Abgerufen am 1. Februar 2021.
- Gerald Traufetter, Marcel Rosenbach, Anton Rainer, Martin Hesse, Tim Bartz: US-Risikokapital für deutsche Start-ups: »Nach vier Zoom-Calls war klar: Wir bekommen das Geld«. In: DER SPIEGEL. Abgerufen am 1. Februar 2021.
- Daniel O’Day: An Open Letter from our Chairman & CEO (en) In: Stories@Gilead. 10. April 2020. Abgerufen am 20. April 2020.
- Gilead Sciences Revenue 2006-2019 | GILD. Abgerufen am 29. April 2020.
- Neues Hepatitis-Medikament sprengt Kassen-Budget. In: Stern Online. 6. August 2014, abgerufen am 8. August 2017.
- Daniel Rahaus: Die unverschämten Preise der Pillenhersteller. In: Stern Online. 22. Oktober 2015, abgerufen am 8. August 2017.
- Afschin Gandjour: Cost-effectiveness of sofosbuvir in hepatitis C genotype 1 infection in Germany: A reanalysis of published results. In: PLOS ONE. Band 15, Nr. 10, 2. Oktober 2020, ISSN 1932-6203, S. e0236543, doi:10.1371/journal.pone.0236543, PMID 33006987, PMC 7531817 (freier Volltext) – (plos.org [abgerufen am 5. März 2021]).
- 700-Euro-Pille von Gilead: "Unmoralische Gewinnzahlen. Spiegel Online, 7. August 2014, abgerufen am 7. August 2014.
- Global Revenues from the Top 25 Pharma Companies
- Hersteller nennt Preise für Remdesivir in den USA. Deutsches Ärzteblatt, 30. Juni 2020, abgerufen am 19. Juni 2021.
- Remdesivir-Hersteller Gilead kommt wegen Preistreiberei unter Druck, rp-online, 5. August 2020.
- WHO recommends against the use of remdesivir in COVID-19 patients, World Health Organization, 20. November 2020.