Fahrradrahmen
Ein Fahrradrahmen ist das Tragwerk eines Fahrrads. Er trägt das Gewicht des Fahrers und gibt es weiter an die Laufräder. Am Rahmen wirken Antriebs-, Brems- und Lenkkräfte, sowie die Stöße aufgrund von Unebenheiten des Weges. An ihm sind alle Komponenten befestigt, die für Lenkung, Antrieb und weitere Funktionen des Rades benötigt werden.
Konstruktion
Ein Fahrradrahmen besteht in der Regel aus folgenden Bestandteilen:
- das Sitz- oder Sattelrohr nimmt die Sattelstütze auf und trägt den Fahrradsattel;
- das Steuerrohr nimmt über den Steuersatz die Fahrradgabel auf, welche das Vorderrad führt (siehe auch: Lenkkopf);
- Oberrohr und Unterrohr verbinden Sattel- und Steuerrohr; das Oberrohr ist bei Damenrädern abgesenkt oder fehlt häufig ganz;
- der Hinterbau besteht traditionell aus Kettenstreben, Sitz- bzw. Sattelstreben und Ausfallenden und führt das Hinterrad;
- das Tretlagergehäuse nimmt das Innenlager auf, es bildet meist den unteren Abschluss des Sattelrohrs und verbindet dieses bei traditionellen Rahmenkonstruktionen mit Unterrohr sowie den unteren Streben des Hinterbaus („Kettenstreben“);
- kleinere Befestigungsteile für Gepäckträger, Kettenschutz, Schutzbleche, Dynamo, Bowdenzüge, Trinkflasche, Luftpumpe usw.
Rahmenformen und -geometrie
Rahmenformen gibt es in großer Vielfalt. Der Rahmen bestimmt die äußere Erscheinung des Fahrrades und ist somit auch der Mode unterworfen.
Traditionelle Rahmenformen
- Der Diamantrahmen bot über lange Zeit den besten Kompromiss aus Stabilität und Gewicht. Er ist der klassische Rahmen für Herrenräder und wird beim Aufsitzen mit dem Bein überstiegen, oder das Bein wird über Hinterrad und Sattel zur Gegenseite geschwungen.
- Der Schwanenhalsrahmen ermöglicht den einfachen Durchstieg zwischen Lenker und Sattel und ist der klassische Rahmen für Damenräder. Er hat zwei geschwungene und parallel verlaufende Unterrohre, das Oberrohr fehlt.
Fachwerkrahmen
Bei einem Fachwerkrahmen bildet jedes Rahmenfeld ein Dreieck. Solche Rahmen sind prinzipiell steifer als Rahmen, die Vierecke enthalten und federn weniger.
- Traditionelle Rahmen bildeten immer ein Viereck, da Ober- und Unterrohr an den gegenüberliegenden Enden des Steuerrohres angebracht waren. Dadurch konnte der Rahmen bei Stößen auf das Vorderrad ein wenig nachgeben, war aber empfindlich gegenüber Kollisionen von vorne. Zur Erhöhung der Stabilität wurden Ober- und Unterrohr bei Mountainbikerahmen oft näher zusammengeführt und ovalisiert.
- Das moderne Alex-Moulton-Rad hat einen stabilen Fachwerkrahmen. Er ist als unisex-frame ausgeführt und kann zwischen Lenker und Sattel relativ leicht überstiegen werden. Sein Hinterbau ist federnd beweglich.
- Das starre Rahmenwerk des historischen Dursley-Pedersen-Rades weist eine ähnliche Komplexität auf.
Moderne Damenrahmen
Als moderne Damenrahmen können Mischformen zwischen Diamant- und Schwanenhalsrahmen angesehen werden. Sie sind einfacher zu übersteigen als der Diamantrahmen.
- Beim Trapezrahmen wird das Oberrohr abgesenkt. Dieses führt dann gerade oder leicht geschwungen zur Mitte des Sattelrohrs oder etwas tiefer. Wenn kein besonders verstärktes Sattelrohr verwendet wird, so kann dieses bei großer Belastung nach hinten durchknicken. Anglaise-, Mixte- und Berceau-Rahmen haben dieses statische Problem nicht. Durch die beiden zusätzlichen Streben sind diese gegen Stöße annähernd so stabil wie ein Diamantrahmen.
- Der Anglaise-Rahmen ähnelt dem Trapezrahmen. Er hat zwei zusätzliche Streben, die in Verlängerung des abgesenkten Oberrohres zu den Ausfallenden am Hinterrad führen.
- Beim Mixte-Rahmen laufen die beiden Streben des Anglaise-Rahmens weiter bis vorn zum Steuerrohr und ersetzen das Oberrohr. Diese Konstruktion wurde häufig bei Rennrädern mit Stahlrahmen gewählt, da sie relativ leicht ist. Aufgrund der geringeren Torsionssteifigkeit der beiden dünnen Streben sind Mixte-Räder allerdings weniger steif gegenüber seitlicher Verwindung als Rahmen mit gewöhnlichem Oberrohr.
- Der Berceau-Rahmen ähnelt dem Mixte-Rahmen. Die doppelten Oberrohre sind jedoch nicht gerade, sondern für bequemeren Einstieg nach unten geschwungen.
Tiefdurchstiegrahmen
- Der Waverahmen hat inzwischen eine weite Verbreitung. Auf das Oberrohr wird bei diesem Rahmen verzichtet. Zum Ausgleich wird der Durchmesser des Unterrohrs deutlich vergrößert. Das Unterrohr ist zudem oft wellenartig geschwungen, um eine noch tiefere Durchstiegshöhe zu erreichen. Zur Aussteifung werden Unterrohr und Sattelrohr oft durch eine Strebe oberhalb des Innenlagers miteinander verbunden.
- Beim Tiefdurchsteiger (Easy-Boarding-Rahmen oder auch Tiefeinsteiger) wird der Durchstieg bis etwa 15 bis 20 cm über der Fahrbahn abgesenkt. Auch hier kann das Oberrohr durch den vergrößerten Durchmesser des Unterrohrs entfallen. Das Unterrohr im unteren Teil U-förmig gebogen. Oft wird der Radstand vergrößert, um den tiefen Durchstieg zwischen Kettenblatt und Vorderreifen zu ermöglichen.
Andere Rahmenformen
- Der Sloping-Rahmen (engl. sloping: schräg, abfallend, geneigt) hat ein zum Sattel hin abfallendes Oberrohr (im Allgemeinen ähnlich wie ein Trapezrahmen). Er wurde für MTBs und Trekkingräder entwickelt, bevor er auch in Straßenrennrädern und später in Fahrrädern für allgemeinen Gebrauch verwendet wurde. Durch verbesserte Materialien (Titan, Aluminiumlegierungen, CFK, umgangssprachlich Karbon genannt) konnte die Steifigkeit von Diamantrahmen beibehalten werden. Als Vorteil wird ein geringeres Verletzungsrisiko beim Anhalten und Abstieg infolge des hinten niedrigeren Oberrohrs genannt. Die Masse ist im Vergleich zum Diamantrahmen nicht geringer, da die Ersparnis infolge kürzerer Hinterradstreben durch die zu erhöhende Steifigkeit der Sattelstütze wegen deren größerer freien Länge aufgehoben wird.
- Beim Kreuzrahmen kreuzen sich mittig das Sattelrohr, das nur zur Aufnahme des Tretlagers nach unten verlängert ist, und ein Rohr, das vom Steuerrohr zum Hinterrad geht und sich dann zur Hinterradgabel teilt. Diese Bauform ist eine der ältesten Konstruktionen und ist nicht sehr steif.
Monocoque-Rahmenkonstruktionen aus Verbundmaterialien (vor allem CFK) sind oft ähnlich konstruiert. Ihre Steifigkeit resultiert daraus, dass die Kreuzungsstelle großvolumig ausgelegt ist.
Moderne als Kreuzrahmen bezeichnete Rahmenformen sind oft zu Fachwerkrahmen erweiterte Standardrahmen. Sie enthalten gewöhnlich ein zusätzliches Rohr, das sich mit einem anders verlegten bisherigen kreuzt.[1]
- Beim Y-Rahmen führt nur ein sich gabelndes Rohr vom Steuer- zum Sattelrohr. Diese Rahmen werden entweder ungefedert bei Jugendrädern oder mit gefedertem Hinterbau bei Mountainbikes angeboten.
- Liegeräder besitzen eine große Vielfalt spezieller Rahmenformen
- Eigenbau-Rahmen: für Einzelstücke und Kleinserien gefertigte Fahrradrahmen. Beispiele: Tallbike, Nebeneinandem.
Rahmen-Geometrie
Rahmengröße und -höhe
Als Rahmengröße bzw. Rahmenhöhe gilt meistens die Entfernung zwischen der Mitte des Tretlagers und dem (oberen) Ende des Sattelrohrs, in Italien und Frankreich wird eher bis zur Mitte der Sattelmuffe gemessen[2] (zum Beispiel bei de Rosa). Bei deutschen, französischen und italienischen Herstellern wird die Rahmenhöhe traditionell in Zentimeter angegeben. Bei Rennrädern betrug der Abstand zwischen zwei Rahmengrößen meist 2 cm. Bei Mountainbikes setzt sich eine Einstufung nach Zoll durch. Da bei Mountainbikes eine größere Vielfalt an Bauformen und -größen von Vorbauten und Sattelstützen verfügbar ist, genügt eine weniger feine Abstufung der Rahmengrößen zur Anpassung an die Körpermaße und der Abstand zwischen den Rahmengrößen beträgt meist 2 Zoll, was rund 5 cm entspricht.
Bei modernen Mountainbikes und anderen Rädern mit abfallendem Oberrohr und großen Rohrquerschnitten ist die Rahmenhöhe vielfach kein ausreichendes Kriterium für die tatsächliche Größe des Rahmens. Das Sattelrohr kann mehr oder weniger weit über das Oberrohr hinausragen, da die bei Mountainbikes üblichen Sattelstützen mit größerem Durchmesser ausreichend belastbar sind, um einen Abstand von mehr als 20 cm zwischen Sattel und Sattelrohr zu ermöglichen. Zur Angabe der sogenannten klassische Rahmenhöhe ist es dann nötig, das Maß von der Tretlagermitte bis zum Schnittpunkt des Sattelrohrs mit einem virtuellen waagerechten Oberrohr zu ermitteln.[3] Entscheidend ist jedoch der Abstand zwischen Sattelrohr und Steuerrohr, der waagerecht vom oberen Abschluss des Steuerrohrs bis zum Schnittpunkt mit der Sattelstütze gemessen werden sollte. Dieses Maß wird von den Herstellern auf unterschiedliche Weise zur angegebenen Rahmenhöhe umgerechnet, so dass die Werte nicht in jedem Fall miteinander vergleichbar sind.
Anpassung des Fahrrads an die Körpermaße
Zur Auswahl der richtigen Rahmenhöhe ist die Schrittlänge (Schritthöhe, Innenbeinlänge) die entscheidende Größe. Sie wird an der Beininnenseite von der Fußsohle bis zum Damm gemessen.[4]
- Trekking-, City-, Reiseräder werden im Allgemeinen mit Rahmengrößen zwischen 47 und 68 cm angeboten. Als Faustregel gilt dabei, dass die Rahmengröße das 0,66-Fache der Schritthöhe betragen sollte.
- Bei Rennrädern wird auch die 0,69-fache Schritthöhe angenommen, zu der noch bis zu 4 cm hinzugerechnet werden können.[5]
- Crossräder haben Rahmengrößen zwischen 41 und 61 cm, die Rahmengröße sollte das 0,61-Fache der Schrittlänge betragen.
- Mountainbikes haben kleinere Rahmen, Rahmengrößen von 35 bis 58 cm sind üblich, die Rahmengröße sollte das 0,57-Fache der Schrittlänge betragen.
- Bei Kinderrädern wird nicht die Rahmengröße, sondern die Laufradgröße in Zoll angegeben.
Da die erhältlichen Vorbauten und Lenkerformen vielfältige Möglichkeiten zur Anpassung an die Körpermaße erlauben, wird insbesondere bei Mountainbikes weniger Wert auf die Auswahl eines genau passenden Rahmens gelegt, als es bei Renn- und Reiserädern üblich ist.
Fahrräder mit vorwiegend sportlichem Einsatz in Gelände mit Höhenstufen werden oft bis zu einem Drittel der Fahrzeit im Stehen gefahren. Gelegentlich wird die Meinung vertreten, dass zum optimalen Krafteinsatz im Stehen der Spielraum zur Anpassung der Griffposition geringer ist als im Sitzen. Darum sollten zunächst Lenkerhöhe und Vorbau so ausgewählt werden, dass ausdauerndes und kraftsparendes Fahren im Wiegetritt möglich ist. Die Neigung des Oberkörpers im Sitzen kann anschließend durch horizontales Verschieben des Sattels angepasst werden.
Im Sitzen wie im Stehen ist zu beachten, dass eine zu geringe Distanz zwischen Lenker und Innenlager die Kontrolle des Rades beeinträchtigt und das Aufsteigen des Vorderrades bei steilen Passagen begünstigt. Bei einer zu großen Distanz ruht ein zu hoher Anteil des Körpergewichts auf den Armen. Neben der Ermüdung der Arme wird dadurch insbesondere im Stehen auch der dosierte Krafteintrag auf das Hinterrad erschwert.
Einstellung des Sattels
Unabhängig von der Rahmenhöhe ist die richtige Einstellung der Sitzhöhe wichtig für kraftsparendes Fahren ohne Schmerzen in Knie und Gesäß. Im Allgemeinen wird der Sitz so hoch eingestellt, dass das gestreckte Bein bei tiefster Kurbelstellung gerade noch mit der Ferse das Pedal berührt. Dabei sollten Schuhe mit flacher Sohle getragen und das seitliche Kippen der Hüfte vermieden werden.[6]
Bei überwiegend im Sitzen gefahrenen Rädern wird nach der Einstellung der Sitzhöhe die horizontale Position des Sattels festgelegt, indem zunächst eine Kurbel in waagerechte Position gebracht wird. Wenn nun der Fußballen in üblicher Weise auf dem Pedal platziert wird, sollte ein vom Knie des Fahrers nach unten führendes Lot auf die Achse der Pedale zeigen.
Anforderungen an Fahrradrahmen
Steifigkeit und Festigkeit
Bei der Annahme einer statischen Grundbeanspruchung ist ein durch das Gewicht des Fahrers belasteter Fahrradrahmen im Stillstand ein auf Biegung beanspruchtes Tragwerk mit den Auflagepunkten Hinterradachse und Gabelkopf.
Bei statischer Krafteinleitung werden Unterrohr und Kettenstreben auf Zug, das Oberrohr und die Hinterbaustreben auf Druck belastet. Durch die Neigung des Steuerrohres erfolgt im Unterrohr eine Erhöhung der Zugkraft, im Oberrohr entsteht zusätzlich ein Biegemoment. Durch die Neigung des Sattelrohres entsteht im Unterrohr eine Druckkomponente, die eine Verringerung der Zugkraft bewirkt, und im Oberrohr ein weiteres Biegemoment.
Zusätzliche Beanspruchungen beim Fahren:
- Torsionskräfte durch die Tretbewegung
- Biegemomente durch Bremsen
- Biegemomente und Torsionsmomente durch Tretbewegung, Schrägfahrten und Lenkkräfte
Die Gewichtskraft des Fahrers wird durch den Rahmen vom Sattel aus über die beiden Laufräder (beim Vorderrad über zwischengeschaltete Gabel und Gabelschaft) auf den Boden übertragen. Bei unebener Fahrbahn addieren sich zum Gewicht Stoßkräfte, wodurch der Rahmen einer wechselnden Biegebeanspruchung unterworfen wird.
Bei Kraftaufwendung an den Pedalen entstehen Reaktionskräfte am Lenker und, wenn der Fahrer dabei nicht aus dem Sattel geht, auch Querkräfte am Sattel. Die erhöhte Fußkraft am Pedal erzeugt auf der jeweils anderen Lenkerseite eine von der Hand eingeprägte Zugkraft. Diese Unsymmetrie bewirkt ein wechselndes Verwinden (Torsion) des Rahmens um die Längsachse des Fahrrads.
Ein Rahmen ist umso steifer, je weniger er unter den Kräften beim Gebrauch elastisch verformt wird. Das wird sowohl durch eine vorteilhafte Rahmenform als auch durch Verwendung von Material mit hohem Elastizitätsmodul und/oder Wahl großer Rohrdurchmesser (ergeben großes Flächenträgheitsmoment) erreicht.
Ein Rahmen muss eine Mindestfestigkeit aufweisen, damit er sich im Gebrauch nicht plastisch verformt oder gar bricht. Fahrradrahmen sind wegen der Wechselbeanspruchung gefährdet, einen Ermüdungsbruch zu erleiden. Solche Brüche können plötzlich eintreten, das heißt, dass sie sich nicht durch eine plastische Verformung ankündigen. Gegenmaßnahmen sind die Wahl von Materialien mit hoher Wechselfestigkeit und sorgfältige Gestaltung und Fertigung der Verbindungsstellen zwischen den Rohren. Die Verbindungsstellen sind besonders gefährdet, weil einerseits die Beanspruchung dort am größten ist, diese andererseits durch Schweißen oder Löten hergestellt werden. Durch die dabei erfolgte Erwärmung kann sich die Ausgangsfestigkeit des Materials verringern.
Masse
Ein Fahrrad ist umso angenehmer zu benutzen, je besser die aufgewendete Muskelenergie zum Fahren verwertet wird, je höher sein Wirkungsgrad ist. Es sollte deshalb ein geringes Eigengewicht haben, denn der Fahrer hat nicht nur sich, sondern auch das Rad zu bewegen. Einen großen Anteil am Gewicht des Fahrrads hat der Rahmen, der leicht, aber steif sein sollte. Diese Bedingungen erfüllt insbesondere ein als Gitterwerk (Fachwerk) gestalteter Rahmen. Zudem sollten alle bewegten und auch rotierenden Massen (Laufräder inkl. Bereifung, Kurbelsatz, Kette, Zahnkranz) möglichst gering gehalten werden. Das verringert den Kraftaufwand beim Beschleunigen erheblich. Im Rennsport werden deshalb stets sehr struktureffiziente Materialien wie Faserwerkstoffe eingesetzt.
Optische Erscheinung
Das Fahrrad hat sich vom reinen Gebrauchsgegenstand zum Massenartikel gewandelt, weshalb seine optische Erscheinung vermehrt der Mode unterworfen ist. Beim Rahmen wird neben einer schönen Form auch Pflegeleichtigkeit verlangt, was zum Beispiel höhere Anforderungen an den Korrosionsschutz stellt. Die beim bisher traditionell verwendeten Stahl nötige Oberflächenbehandlung (meist Lackierung) entfällt auch beim gegenwärtig häufig favorisierten Aluminium nicht.
Werkstoffe für Fahrradrahmen
Der klassische Werkstoff für Fahrradrahmen ist Stahl. Seine Anwendung ist aber rückläufig. Die früher übliche Verbindung der Rohre durch Einstecken und Einlöten in Muffen wird mehr und mehr durch „stumpfes“ Zusammenschweißen ersetzt. Eine Besonderheit sind konifizierte Rahmenrohre, deren Enden nach innen verdickt sind. Die somit erreichte Materialanhäufung an den Verbindungsstellen entspricht der dort meist erhöhten Beanspruchung, ohne dass durch konstant dickere Wandstärken das Gewicht unnötig erhöht wird. Bekannte Hersteller solcher Rahmenrohre sind Mannesmann, Reynolds (England), Columbus (Italien) und Tange (Taiwan).
Heute haben sich Aluminiumlegierungen als Standardmaterial durchgesetzt. Als Verkaufsargument werden die geringe Dichte und die Unempfindlichkeit des Metalls gegenüber Durchrostung genannt. Der geringeren Dichte steht der geringere Elastizitätsmodul gegenüber, weshalb die Rohre einen höheren Materialquerschnitt (große Durchmesser) haben müssen. Aluminiumfahrradrahmen sind somit nicht prinzipiell leichter als Rahmen aus Stahl. Das Prinzip der „konifizierten“ Rohre wird hier auch angewendet.
Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (Carbon) wird bei Rennrädern und Mountainbikes immer häufiger verwendet. Das Verhältnis von Steifigkeit beziehungsweise Stabilität zu Gewicht ist bei Carbonrahmen nicht besser als bei Stahl oder Aluminium. Vorteil von Carbon ist lediglich die freiere Gestaltbarkeit.
Eine sehr geringe Verbreitung hat Titan als Rahmenwerkstoff. Titanrahmen wiegen etwa so viel wie solche aus Aluminiumlegierungen. Der Hauptvorteil ist die Langlebigkeit, da Titan praktisch nicht korrodiert. Wegen der aufwändigen Herstellung und Verarbeitung von Titan sind Rahmen aus diesem Material sehr teuer. Titanrahmen sind bei gleicher Steifigkeit leichter als alle anderen Rahmen für Fahrräder. Titan ist allerdings auch der teuerste Werkstoff.
Das Zusammenfügen der Rahmenrohre hängt vom Werkstoff ab. Stahl wird vorwiegend gelötet oder geschweißt (mit oder ohne Muffen). Aluminium und Titan werden fast ausschließlich geschweißt und selten geklebt. Carbonrahmen werden aus Fasermatten geklebt oder bestehen aus einer durchgehenden Schale, die dann Monocoque genannt wird. Seltener werden Bambus- oder Kunststoffrohre in Muffen aus Aluminium oder auch Kunststoff geklebt. Selten finden sich auch Verbundkonstruktionen, etwa faserverstärkte Metallrahmen.
Stahl
Von den vielen verschiedenen Stahllegierungen werden im Rahmenbau üblicherweise Chrom-Molybdän-Legierungen verwendet, wie 25CrMo4 (in den USA 4130) und ganz selten 34CrMo4 (US 4135), das eine geringfügig höhere Festigkeit besitzt. Ebenfalls selten anzutreffen sind rostfreie Stähle. CrMo-Stahl ist ein zäher Vergütungsstahl, also ein Stahl, bei dem ein plötzlicher Bruch selten vorkommt.
Stahl ist leicht zu verarbeiten. Er lässt sich problemlos löten und schweißen, selbst Kleben ist möglich. Durch die langjährigen Erfahrungen mit dem Werkstoff können auch exotische Rohrformen wie konifizierte, spiralig verstärkte und andere hergestellt werden.
Vorteile:
|
Nachteile:
|
Aluminium
Bezeichnung | Eigenschaften |
---|---|
6000-Serie | Aluminium-Magnesium-Silizium Legierung (Mg und Si um 1 %);
Festigkeiten von 120 bis 400 N/mm² |
7000-Serie | Aluminium-Zinklegierung (Zn 0,8 bis 12 %);
Festigkeiten von 220 bis 600 N/mm² |
8000-Serie | Zusammenfassend für andere Legierungselemente, z. B. Aluminium-Lithiumlegierungen |
Aluminiumlegierungen werden (Stand 2013) oft im Rahmenbau verwendet. Häufig verwendete Legierungen tragen die serien-Bezeichnungen 6xxx oder 7xxx. Eine 6xxx-Legierung besteht vor allem mit Magnesium und Silizium, die 7005 Legierung vor allem aus Zink und Magnesium. Aluminium besitzt zwar nur etwa ein Drittel der spezifischen Steifigkeit (Elastizitätsmodul) von Stahl, aber auch nur ein Drittel seiner Dichte. Ein Aluminiumrohr benötigt ein größeres Flächenträgheitsmoment und damit einen größeren Durchmesser als ein Stahlrohr, um die gleiche Biege- und Torsionssteifigkeit zu erreichen.
Aluminium bzw. Aluminiumlegierungen besitzen keine ausgeprägte Grenze für die Dauerschwingfestigkeit wie Stahl. Ermüdungsbrüche sind bei diesen Werkstoffen vergleichsweise schwer statistisch abzusichern (s. a. Wöhlerversuch).
Ein weiterer Nachteil des Aluminiums ist der im Vergleich zum Stahl aufwändigere und störungsanfälligere Schweißprozess, der zudem innere Spannungen erzeugt. Aluminiumrahmen werden nach dem Schweißen in der Regel spannungsarm geglüht.
Aluminiumrahmen sind nicht prinzipiell leichter als solche aus Stahl. Die Dichte von Aluminium ist zwar deutlich geringer als die von Stahl, die Rahmen müssen aber stärker dimensioniert werden, um gleiche Festigkeiten aufzuweisen. Heutige Stahlrahmen sind oft leichter als vergleichbare Aluminiumrahmen, da sie überwiegend nur noch im höherwertigen Bereich anzutreffen sind.
Vorteile:
|
Nachteile:
|
Zur Reparatur eines Aluminiumrahmens muss der zum Rahmenmaterial passende Schweißwerkstoff ausgewählt werden. Wenn der Rahmen nach dem Schweißen nicht insgesamt spannungsarm geglüht wird, sollte er für rund eine Woche nicht belastet werden, damit sich Spannungsspitzen abbauen (Kaltauslagerung).[8]
Scandiumlegiertes Aluminium
Als Scandiumlegierung wird bei Fahrradrahmen eine Aluminiumlegierung bezeichnet, die eine kleine Menge Scandium enthält. Dieser Zusatz kann die Zugfestigkeit des Materials um bis zu 20 % gegenüber einer herkömmlichen Aluminiumlegierung erhöhen, macht es aber auch gleichzeitig vergleichsweise spröde (erhöhte Ermüdungsbruchgefahr).
Titan
Manche Titanlegierungen sind hochfest, einige liegen sogar knapp über den im Rahmenbau verwendeten Stählen. Infolge der fast nur halb so großen Dichte im Vergleich zu Stahl hat Titan das günstigere Festigkeit-Gewicht-Verhältnis, Stahl ist allerdings etwa zweimal so steif wie Titan. Das Konifizieren von Titanrohren ist zwar möglich, aber aufwändig und für Fahrräder nicht üblich. Das Endverstärken von Rohren wird aus Kostengründen sehr oft unterlassen. Ein großer Nachteil ist die schlechte Schweißbarkeit von Titan, da es ähnlich wie Aluminium eine Oxidschicht bildet. Dadurch steigt die Härte und Sprödheit in der Schweißnaht, was die Gefahr eines Dauerbruchs mit sich bringt. Somit muss der Rahmen in Edelgas- oder Vakuumkabinen geschweißt werden, was außerordentlich teuer ist.
Vorteile:
|
Nachteile:
|
Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK)
Faserverstärkte Kunststoffe werden seit längerem erfolgreich zum Beispiel im Sportgerätebau eingesetzt. Die theoretischen Steifigkeits- und Festigkeitswerte sind sehr hoch, gelten aber nur in einer, nämlich der Faserrichtung, während die Festigkeits- und Steifigkeitswerte bei Metallen in allen Richtungen die gleichen sind (Isotropie). Außerdem müssen die Fasern untereinander abgestützt werden. Das geschieht durch Kunststoffe, die sogenannte Matrix. Bei Fahrradrahmen besteht diese meist aus Epoxidharz. Wenn eine Kraft nicht in Faserrichtung wirkt, hält nur die Matrix dagegen, und Epoxidharz, wie auch andere Kunststoffe, ist nicht sehr fest. Die Fasern müssen also in mehrere Richtungen gelegt werden, dadurch wird der Gewichtsvorteil geringer. Außerdem muss der Kräfteverlauf in einem Rahmen bekannt sein, damit in allen auftretenden Kraftrichtungen Verstärkungsfasern in der richtigen Menge und Richtung gelegt werden können. Dieser Vorgang ist mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden.
Die kommerzielle Produktion von CFK-Rahmen erfolgt fast ausschließlich durch spezialisierte Hersteller in Taiwan und der Volksrepublik China, etwa Ten Tech Composites oder Quest Composite Technology.
Die verschiedenen Verstärkungsfasern werden in drei Grundformen verwendet:
- als Strang oder Bündel von Parallelfasern (Rovings),
- als Gewebe und Geflechte in ihren unterschiedlichsten Formen und
- als ungerichtete Matten oder Wirrfasern.
Außer Parallelfasern gibt es noch Garne und Zwirne, die durch Verdrehung einzelner oder mehrerer Spinnfäden entstehen. Durch die Verdrehung entsteht ein widerstandsfähiger, in sich fest gebundener Faden, der sich leicht textil verarbeiten (zum Beispiel weben) lässt.
Außer Kohlenstofffasern (ca. 7–10 µm Durchmesser) werden auch Glasfasern (ca. 5–15 µm Durchmesser) und Aramidfasern (Handelsname zum Beispiel Kevlar, ca. 12 µm Durchmesser) eingesetzt. Kohlenstofffasern sind sehr spröde, deswegen werden Aramidfasern beigefügt, die eine größere Bruchdehnung haben. Faserverstärkte Kunststoffe, die nur Aramidfasern enthalten, werden im Rahmenbau wegen ihres hohen Preis-Festigkeit-Verhältnisses nicht verwendet.
Vorteile
|
Nachteile
|
Metal Matrix Composite (MMC)
Dieses Material gehört eigentlich zu Aluminium, aber auch zu den faserverstärkten Werkstoffen, weil in einer Aluminiummatrix Fasern oder Partikel zur Verstärkung eingelegt werden. Im Jahr 1998 haben zwei Firmen Produkte vorgestellt: Specialized mit einem partikelverstärkten Rahmen (Aluminiumoxidpartikel), Univega mit einem borfaserverstärkten Rahmen. Die Festigkeit des Aluminiums wird kaum verbessert, aber laut Herstellern die Steifigkeit um bis zu 30 %. Diese Rahmen sind inzwischen wieder vom Markt verschwunden.
Vorteile (Herstellerangaben):
|
Nachteile:
|
Bambus
Räder mit Rahmenrohren aus Bambus (meist Bambuseae) kamen im Fin de Siècle in Mode. Die Herstellung einer haltbaren Verbindung zwischen den Bambusrohren ist relativ aufwendig. Während die Herstellungsverfahren für Stahlrohre und -rahmen effizienter wurden, ebbte der Trend einige Jahre nach der Jahrhundertwende wieder ab und auch große Hersteller wie Grundner & Lemisch gaben die Produktion auf. Heute werden wieder Fahrradrahmen in kleinen Stückzahlen aus Bambus gefertigt.[9] Bambus besitzt eine spezifische Steifigkeit (Elastizitätsmodul), die etwa einem Zehntel von Stahl entspricht, aber auch nur ca. ein Zehntel seiner Dichte aufweist (abhängig vom verwendeten Gras). Bei der statischen Materialfestigkeit steht Bambus Aluminium und Stahl etwas nach. Um einen Rahmen aus Bambus mit gleicher Biege- und Torsionssteifigkeit wie aus Stahl zu erhalten, ist ein Rohrdurchmesser notwendig, der mit einem Aluminiumrahmen vergleichbar ist.[10] Der Materialquerschnitt variiert, bedingt durch die unterschiedlichen Rohrstärken von Bambus.
Ermüdungsbrüche sind bei Bambus bisher nicht bekannt, jedoch handelt es sich um ein organisches Material, das schimmeln kann. Bambus bricht nicht, sondern splittert bei zu hoher Belastung. Bambus ist brennbar.
Die Verbindungen von Bambusrahmen werden meist mit mehreren Faserschichten und Epoxidharz hergestellt.
Vorteile:
|
Nachteile:
|
Fertigung
Fahrradrahmen aus Metall werden heute überwiegend im WIG-Verfahren (von Hand) geschweißt.[11]
Europäische und nordamerikanische Fahrradhersteller lassen spätestens seit dem Jahr 2000 ihre Fahrradrahmen größtenteils in Taiwan herstellen, um die Produktionskosten niedrig zu halten. Nur wenige Hersteller fertigen die Rahmen noch in ihren eigenen Werken in Europa oder Nordamerika, wie z. B. De Rosa. Die taiwanischen Hersteller ihrerseits lagern die Produktion auch schon in Billiglohnländer wie der Volksrepublik China, Laos oder Vietnam aus.
Kennzeichnung
Fahrradrahmen werden üblicherweise vom Hersteller mit einer eindeutigen Rahmennummer versehen, die eine Identifizierung des Fahrrades, z. B. nach einem Diebstahl, ermöglicht.
Literatur
- Fritz Winkler, Siegfried Rauch: Fahrradtechnik Instandsetzung, Konstruktion, Fertigung. 10. Auflage. BVA Bielefelder Verlagsanstalt, Bielefeld 1999, ISBN 3-87073-131-1.
- Michael Gressmann, Franz Beck, Rüdiger Bellersheim: Fachkunde Fahrradtechnik. 1. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2006, ISBN 3-8085-2291-7.
Weblinks
- Fahrrad einstellen. 14. Dezember 2013, abgerufen am 14. Februar 2014.
- Rahmenbauer „Le Canard“ – Fahrradrahmen aus Bochum bei Balance. bochumschau.de, abgerufen am 14. Februar 2014.
- Bikefitting – Rahmengeometrie berechnen
- Portal ebikeers – die richtige Rahmengröße ermitteln, abgerufen am 18. Januar 2020
Quellen
- Fertigung in Saarbrücken: Kreuzrahmen. utopia-velo.de, abgerufen am 14. Februar 2014.
- Christian Smolik: Smolik Velotech: Rahmenhöhe, 2002, abgerufen am 26. Oktober 2015
- Die richtige Rahmengröße finden. Zeitschrift RoadBIKE Februar 2017, S. 49
- Gunda Bischoff: Messen der Schrittlänge. 1. März 2008, abgerufen am 14. Februar 2014.
- Manuel Jekel: Rennradkauf: die richtige Größe, 30. März 2011. In: Tour-Magazin.de; abgerufen im September 2020
- So stellen Sie am Rad Cockpit und Sattel ein. In: bike-magazin.de. 29. Februar 2008, abgerufen am 14. Februar 2014.
- Tabellenbuch Fahrradtechnik. Europa Lehrmittel Verlag, 2020. 6. Auflage, Seite 76
- Fahrradrahmen-Reparatur, Abschnitt „Kann ich mein Fahrrad nach der Reparatur des Rahmens wieder uneingeschränkt nutzen?“. In: Rotte-Schweisstechnik.de
- Tobias Meyer: Häufige Fragen zu Bambus-Fahrrädern. In: faserwerk.net. 2013, abgerufen am 14. Februar 2014.
- Beautifully formed by our carbon craftsmen, our bamboo frames perform at the highest level of the sport. In: calfeedesign.com. Abgerufen am 14. Februar 2014 (englisch).
- Fahrradrahmen-Reparatur, Abschnitt „Wie schweißt man Fahrradrahmen?“. In: Rotte-Schweisstechnik.de