Doppeldorf
Ein Doppeldorf (auch: Doppel-Dorf, engl.: Double village; franz.: village double) ist eine dörfliche Siedlungsform und wird aus zwei kommunalen Gemeinschaften gebildet. Doppeldörfer sind weltweit anzufinden.
Definition
Doppeldörfer sind kommunale Einheiten:
- die ursprünglich getrennt waren und zusammengewachsen sind und unter Umständen auch eine gemeinsame Verwaltung entwickelten. Beispiele sind Trudering in Bayern, Aach und Linz in Baden-Württemberg oder Hiers und Brouage im Département Charente-Maritime (Nouvelle-Aquitaine, Frankreich), Burgh und Haamstede (Provinz Zeeland, Niederlande) und Trinksaifen und Hochofen[1] oder aber
- die enge gemeinsame Verbindungen haben und sich als faktische Einheit betrachten oder betrachtet haben, obwohl sie räumlich getrennt sind/waren (z. B. Böckwitz / Zicherie)[2] oder Obertelfes und Untertelfes (Südtirol), oder
- die eine dörfliche Einheit waren und getrennt wurden (Beispiele: St. Margrethen[3] in St. Gallen (Schweiz) und Höchst[4] in Vorarlberg (Österreich), Gmünd in Österreich und České Velenice in Tschechien, Oberhausen / Welchenhausen oder Stoubach / Stupbach – diese beiden in Belgien bzw. Deutschland).
Es kann daher in rechtliche Einheiten und in faktische Einheiten unterschieden werden. Rechtliche Einheiten werden oftmals durch Zusammenlegungen oder Trennungen von Ortschaften, Provinzen etc. gebildet bzw. geteilt. Dies kann freiwillig, also mit Zustimmung der Bevölkerung erfolgen oder auch unfreiwillig.
Besonderheiten
Frankreich
Einen Sonderfall bildet z. B. das seit 1790 getrennte Doppeldorf Saint-Santin d’Aveyron (Département Aveyron) und Saint-Santin-de-Maurs (Département Cantal), welches historisch zusammengehört und auch über einige gemeinsame Einrichtungen verfügt (Schule, Einkaufsmarkt, früher auch der Friedhof etc.), dennoch inzwischen auf der Eigenständigkeit jeden Teils bestehen und dies auch touristisch vermarktet.[5] Der Schriftsteller Jean Anglade (* 1915) hat sich durch dieses Doppeldorf zum Roman Un souper de neige (Ein Abendessen bei Schnee) inspirieren lassen.[6]
Frankreich / Spanien
La Jonquera in Spanien bildet mit dem französischen Le Perthus ein Doppeldorf. Auf spanischer Seite befindet sich das steuerbegünstigte Gebiet Els Límits. Dieses ist bei französischen Käufern sehr beliebt. Am 21. Oktober 2010 wurde auf spanischer Seite das größte Bordell Europas mit 80 Zimmern mit Sexarbeiterinnen besonders aus Rumänien eröffnet; dies gegen den Willen des Gemeinderates und des Bürgermeisters. Die Baugenehmigung wurde vor Gericht erstritten. In Frankreich sind Bordelle verboten.[7]
Deutschland
Andere Doppeldörfer sind auf die Entwicklung zum Doppeldorf und die Gemeinsamkeiten stolz, wie z. B. Petershagen/Eggersdorf[8] oder Bröthen/Michalken[9] und weisen auf diesen besonderen Umstand hin.[10]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Ulrich Möckel, Trinksaifen und Hochofen, ein Doppeldorf im böhmischen Erzgebirge, Sammlung geschichtlicher Überlieferungen und Episoden aus dem Leben der einstigen deutschen Bewohner dieser beiden Orte am Südhang des Erzgebirges, Eigenverlag, Schönheide 2007.
- Jürgen Ritter, Peter Joachim Lapp: Die Grenze, ein deutsches Bauwerk, 7. Auflage, Berlin 2009, ISBN 978-3-86153-560-7, S. 128.
- Früher: St. Margrethen-Höchst genannt.
- Früher: St. Johann-Höchst genannt.
- Gérard Foussier, Ein Doppeldorf, Kommunale Teilung als touristische Attraktion in Dokumente/Documents, Zeitschrift für den deutsch-französischen Dialog, 4/2015, S. 7 ff.
- Gérard Foussier, Ein Doppeldorf, Kommunale Teilung als touristische Attraktion in Dokumente/Documents, Zeitschrift für den deutsch-französischen Dialog, 4/2015, S. 9.
- Größtes Bordell Europas in Spanien eröffnet orf.at, 22. Oktober 2010, abgerufen 7. Juni 2018.
- Petershagen/Eggersdorf hat zum Beispiel bewusst die Webseitendomain: doppeldorf.de gewählt.
- In zehn Tagen feiert das Doppeldorf seine Festspiele, „Das Doppeldorf Bröthen/Michalken feiert in zehn Tagen die 39. Deutsch-Sorbischen Dorffestspiele …“, Lausitzer Rundschau vom 12. August 2014.
- Viel Nachwuchs fürs Doppeldorf zu Gusow-Platkow in der Märkischen Onlinezeitung vom 16. Februar 2015 oder Rundgang mit Geschichten aus dem Doppeldorf zu Ellwürden und Abbehausen, NWZ-Online vom 28. Dezember 2015.