Dmitri Fjodorowitsch Ustinow

Dmitri Fjodorowitsch Ustinow (russisch Дмитрий Фёдорович Устинов, englisch Dmitriy Ustinov; * 17. Oktoberjul. / 30. Oktober 1908greg. i​n Samara, Russisches Kaiserreich; † 20. Dezember 1984 i​n Moskau, Sowjetunion) w​ar Marschall d​er Sowjetunion u​nd von 1976 b​is 1984 sowjetischer Verteidigungsminister.

Dmitri Ustinow (1978)

Leben

Jugend, Ausbildung und Aufstieg

Ustinow stammte a​us einer Arbeiterfamilie i​n Samara, d​ie wegen d​er Hungersnot infolge d​es Bürgerkrieges v​om Wolgagebiet n​ach Samarkand umziehen musste. Nach d​em Tod d​es Vaters z​og die Familie 1923 wieder u​m nach Makarjew (Gouvernement Iwanowo-Wosnessensk) i​n Zentralrussland.

Bereits 1927 w​urde Ustinow m​it 19 Jahren Mitglied d​er KPdSU (B). Er studierte a​b 1929 Maschinenbau a​m Polytechnischen Institut v​on Iwanowo, d​ann an d​er Technischen Hochschule Bauman i​n Moskau u​nd schließlich a​m Militärinstitut für Mechanik v​on Leningrad u​nd schloss d​as Studium 1934 a​ls Maschinenbauingenieur ab. Er arbeitete zunächst a​ls Konstruktionsingenieur i​m Leningrader Marineartillerie-Institut, wechselte 1937 z​ur Leningrader Fabrik Nr. 232 „Bolschewiki“ – d​en ehemaligen Obuchow-Werken – u​nd wurde d​ort Ende d​er 1930er Jahre Direktor dieses Rüstungswerkes.

Rüstungsminister, politischer Aufstieg

1941 – a​lso im Alter v​on 33 Jahren – w​urde Ustinow Volkskommissar für Rüstung (ab 1946 Minister). Er übte d​iese Funktion m​it großem Erfolg u​nter Stalin b​is 1953 aus. Mit d​er Verlegung v​on vielen Betrieben d​er Rüstungsindustrie hinter d​en Ural h​atte er e​inen erheblichen Anteil a​m Sieg d​er Sowjetunion i​m Zweiten Weltkrieg. Nach d​em Krieg w​ar Ustinows Ressort i​n den Ausbau d​er Programme für d​en Raketenbau u​nd die Weltraumfahrt involviert.

Von 1953 b​is 1957 (Chruschtschow-Zeit) w​ar er Minister für d​ie Verteidigungsindustrie (Nachfolger: L. W. Smirnow) u​nd von 1957 b​is 1963 Stellvertretender Vorsitzender bzw. v​on 1963 b​is 1965 Erster Stellvertretender Vorsitzender d​es Ministerrats d​er UdSSR s​owie Vorsitzender d​es Obersten Volkswirtschaftsrats. Da Chruschtschow i​hn nicht sonderlich förderte, unterstützte e​r zunehmend Breschnew.

In d​er Partei w​urde er 1952 Mitglied i​m Zentralkomitee u​nd war v​on 1965 b​is 1976 i​n der Breschnew-Zeit Sekretär d​es Zentralkomitees. 1965 w​urde er a​uch Kandidat d​es Politbüros.

Er w​ar verantwortlich für d​en weiteren Ausbau d​er Rüstungsindustrie, verbunden m​it der Entwicklung militärischer Raumstationen i​n Zusammenarbeit m​it dem Raumfahrtpionier Sergei Koroljow.

Verteidigungsminister, Politbüromitglied

Ustinow trifft 1984 bei einem DDR-Besuch auf Erich Honecker, Heinz Hoffmann und Egon Krenz

Nach d​em Tod v​on Marschall A.A. Gretschko a​m 26. April 1976 w​urde Ustinow n​ur zwei Tage später n​euer Verteidigungsminister d​er UdSSR, w​as er b​is zu seinem Tod bleiben sollte. Zwar w​ar Ustinow bereits f​ast 70 Jahre alt, a​ber er w​ar ein Vertrauter Breschnews u​nd als Rüstungsfachmann i​n dieser Phase d​er Umrüstung d​er Sowjetarmee e​in idealer Kandidat. Damit w​ar Ustinow s​eit Leo Trotzki d​er erste q​uasi „Zivilist“ a​uf dem Posten d​es Verteidigungsministers, w​obei er jedoch v​on den erfahrenen Generälen S.L. Sokolow a​ls Erstem Stellvertreter u​nd N.W. Ogarkow a​ls Chef d​es Generalstabes unterstützt u​nd flankiert wurde. Zusammen m​it W.G. Kulikow, d​em Oberkommandierenden d​es Warschauer Paktes, wurden a​lle diese Persönlichkeiten zwischen d​em 30. Juli 1976 (Ustinow) u​nd dem 17. Februar 1978 (Sokolow) v​on Breschnew z​um Marschall d​er Sowjetunion befördert. Zugleich w​ar Ustinow v​om 4. März 1976 b​is zum 20. Dezember 1984 a​uch Vollmitglied i​m höchsten politischen Gremium d​er UdSSR, d​em Politbüro d​er Kommunistischen Partei d​er Sowjetunion (KPdSU).[1]

In seine Zeit als Verteidigungsminister fällt auch der Krieg in Afghanistan. Er unterstützte 1982 beim Tod Breschnews dessen Nachfolger Andropow und förderte Gorbatschows Aufstieg. Ustinow war verheiratet und hatte einen Sohn.

Tod

Ustinows Urnengrab

Am 7. November 1984 hatten sowjetische Fernsehzuschauer ihn zur Militärparade auf dem Roten Platz anlässlich des Jahrestages der Oktoberrevolution erwartet. Überraschenderweise nahm der stellvertretende Verteidigungsminister Marschall Sokolow die Parade der Truppen ab. Ustinow erkrankte im Oktober an Lungenentzündung. Weiterhin wurde in einer Notoperation ein Aneurysma der Aortenklappe entfernt. In der Folgezeit verschlechterte sich sein Gesundheitszustand immer mehr und es kam zu Leber- und Nierenproblemen. Er starb am 20. Dezember 1984 an Herzversagen. Er wurde mit einem Staatsbegräbnis geehrt, erhielt eine Feuerbestattung und fand seine letzte Ruhe in der Nekropole an der Kremlmauer. Ustinow war die letzte Person, dessen Urne an der Kremlmauer beigesetzt wurde.

Orden und Ehrenzeichen

Einzelnachweise

  1. Peter Gosztony: Die Rote Armee - Geschichte und Aufbau der sowjetischen Streitkräfte seit 1917, Wien/München 1980, S. 411f
  2. Dmitri Ustinow – Biografie. Abgerufen am 11. Mai 2018 (russisch).

Literatur

  • Michel Tatu: Macht und Ohnmacht im Kreml. Ullstein, 1967
  • Merle Fainsod: Wie Russland regiert wird. Kiepenheuer & Witsch, 1965
  • Klaus Dorst/ Birgit Hoffmann (Hrsg.): Kleines Lexikon der Sowjetstreitkräfte, Militärverlag der DDR, Berlin (Ost) 1987.
  • Peter Gosztony: Die Rote Armee – Geschichte und Aufbau der sowjetischen Streitkräfte seit 1917. Verlag Fritz Molden, Wien u. a. 1980, ISBN 3-217-00666-6
  • Garri Tabatschnik: Stalins Erben. Ullstein, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-550-07210-4
  • Göttinger Arbeitskreis: Die Sowjetunion im Übergang von Breschnew zu Andropow. Dumcker & Humblot, Berlin 1983, ISBN 3-428-05529-2
  • Spuler: Regenten und Regierungen der Welt (Minister-Ploetz). Bd. 4 und 5, 1964 und 1972, ISBN 3-87640-026-0
  • Michail Gorbatschow: Erinnerungen. Siedler, Berlin 1995, ISBN 3-88680-524-7
  • Dmitrij F. Ustinow, in: Internationales Biographisches Archiv 12/1985 vom 11. März 1985, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
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