Daressalam
Daressalam (Swahili und englisch Dar es Salaam; von arabisch دار السلام Dār as-Salām ‚Haus des Friedens‘), umgangssprachlich oft nur kurz Dar oder DSM, ist mit etwa 5,47 Mio. Einwohnern die größte Stadt sowie wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Tansanias. Daressalam war bis 1974 Hauptstadt und ist bis heute Regierungssitz sowie lutherischer und römisch-katholischer Bischofssitz. Mehrere Universitäten sind in Daressalam ansässig, des Weiteren befindet sich hier der größte Hafen des Landes.
Dar es Salaam Daressalam | |||
---|---|---|---|
| |||
Koordinaten | 6° 49′ S, 39° 17′ O | ||
Basisdaten | |||
Staat | Tansania | ||
Daressalam | |||
Höhe | 12 m | ||
Einwohner | 5.465.400 (2016) | ||
Postleitzahl | 12101 | ||
Stadtzentrum von Daressalam |
Geographische Lage
Die Stadt liegt im Osten von Tansania am Indischen Ozean.
Geschichte
Daressalam wird gewöhnlich mit dem antiken Rhapta gleichgesetzt, das nach dem Periplus Maris Erythraei (40–70 n. Chr.) an der Küste von Azania lag. Dem anonymen Autor zufolge erhielt es seinen Namen wegen der zusammengenähten Boote (rhapton ploiarion), die die Einheimischen benutzten. Man konnte hier Elfenbein und Schildkrötenpanzer einhandeln.
Ab 1862 begann der Sultan von Sansibar, Sayyid Mâdjid, mit dem Ausbau des Dorfes Msisima; er wollte seine Residenz auf das Festland verlegen, gab dem Ort den Namen Dar as-Salâm (arab. Haus des Friedens) und begann mit dem Bau eines Palastes, der allerdings bis zu seinem Tode 1870 noch nicht vollendet war.
Sein Nachfolger Sayyid Barghash gab das Projekt auf, ließ aber seine Plantagen in der Nähe der Stadt bewirtschaften. 1888 verpachtete Sultan Sayyid Khalîfa Daressalam zusammen mit der gesamten Küste des heutigen Tansania an die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG). August Leue wurde von der DOAG mit dem Aufbau einer Station beauftragt. Am 28. Oktober 1890 verkaufte Sultan Sayyid ‘Alî Stadt und Küste. Ab 1890 hatte sich die Kolonialverwaltung im kleinen Küstenort Bagamoyo eingerichtet, doch dann wurde das rund 60 km weiter südlich gelegene Daressalam wegen seines Naturhafens für die Deutschen interessanter. Nur ein Jahr später bezog 1891 die deutsche Kolonialverwaltung von Deutsch-Ostafrika in Daressalam ihren Sitz. Auch Truppenteile der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika waren in Daressalam stationiert.
Die St.-Josefs-Kathedrale des katholischen Erzbistums Daressalam wurde zwischen 1897 und 1902 errichtet, die evangelisch-lutherische Azania-Kathedrale 1898.[1] Am 1. Oktober 1897 wurde das erste große Regierungskrankenhaus, das Ocean-Road-Krankenhaus (seit 1996 „Ocean Road Cancer Institute“), eröffnet. Im November 1902 wurde ein Schwimmdock in Betrieb genommen, das deutschen und ausländischen Schiffen weite Wartungsfahrten bis nach Indien ersparte. Im Jahr 1909 weihte man in der Stadt das Wissmann-Denkmal ein, dessen Plastik eine Arbeit des Bildhauers Adolf Kürle ist. Es wurde später demontiert und über Großbritannien nach Deutschland zurückgebracht.
Bis zur Einnahme der Stadt durch die Alliierten 1916 war Daressalam im Ersten Weltkrieg 28 Mal das Ziel von Bombardierungen durch britische Schiffsgeschütze und Fliegerangriffe. Die verursachten Schäden waren jedoch gering.
Ab 1920 übernahm die Mandatsregierung Stadt und Kolonie, bis 1961 die Unabhängigkeit erklärt wurde. Ab 1964 war es Hauptstadt Tansanias, bis diese 1974 offiziell nach Dodoma verlegt wurde. Allerdings verbleiben wichtige Regierungsfunktionen in Daressalam.
Der südafrikanische Afrikanische Nationalkongress unterhielt in der Stadt eines seiner Hauptquartiere im Exil. Von hier übertrug er seit 1969 über die Anlagen des damaligen Radio Tanzania auf Kurzwelle das Programm seines Radio Freedom. Radio Tanzania gewährte als erste Radiostation diesem Programm eine Sendezeit.
Am 7. August 1998 wurden bei einem Terroranschlag vor der US-Botschaft in Daressalam elf Menschen getötet. Die Botschaft wurde in der Zwischenzeit in den weniger belebten Stadtteil Msasani verlegt, wobei die Sicherheitsvorkehrungen verschärft wurden.
Bevölkerung
Jahr | Einwohner | Nachw. |
---|---|---|
1867 | 3.500 | [2] |
1898 | 13.500 | [3] |
1900 | 20.000 | |
1913 | 22.500 | |
1952 | 99.200 | [4] |
1957 | 128.742 | [2] |
1967 | 272.821 | |
1978 | 843.000 | |
1988 | 1.360.850 | |
2005 | 2.698.651 | |
2009 | 3.207.000 | [5] |
2012 | 4.364.541 | [6] |
2016 | 5.465.400 | [7] |
Ursprünglich war die Stadt besonders von Angehörigen der Ethnie Zaramo und, zu einem geringeren Teil, der Ethnien Ndengereko und Kwere bewohnt. Mit der zunehmenden Urbanisierung in Tansania leben heute Angehörige vieler Ethnien des Landes in der Stadt. Die Stadt ist in drei Stadtteile gegliedert: 2002 lebten 1.083.913 Einwohner in Kinondoni, 768.451 in Temeke und 634.924 Einwohner in Ilala. Etwa 64 % der Einwohner sind zwischen 15 und 64 Jahre alt, Kinder zwischen 0 und 14 Jahre stellen 33 % der Bevölkerung dar und nur 2 % der Einwohner sind älter als 65. Die Bevölkerungsdichte liegt bei 1787 pro km². Auf der zum Stadtteil Kinondoni gehörenden Halbinsel Msasani leben die meisten Ausländer und Diplomaten.
Mit einem erwarteten jährlichen Bevölkerungswachstum von 4,39 % im Durchschnitt ist Daressalam bei den am stärksten wachsenden Städten der Welt auf Platz 9.[8] Das rasante Wachstum ist eine große Belastung für die Infrastruktur der Stadt. Für 2050 wird mit einer Bevölkerung von knapp 16 Millionen Menschen im Ballungsraum gerechnet.[9]
Wirtschaft und Infrastruktur
Daressalam ist das wirtschaftliche Zentrum von Tansania. In der Stadt gibt es etwa 575 größere Industriebetriebe, die tansanische Zentralbank sowie Filialen nationaler, wie die auf Mikrokredite spezialisierte Dar es Salaam Community Bank, und internationaler Banken und Versicherungen. An der Dar es Salaam Stock Exchange werden die Aktien der wichtigsten tansanischen Unternehmen gehandelt.
In einer Rangliste der Städte nach ihrer Lebensqualität belegte Daressalam im Jahre 2018 den 199. Platz unter 231 untersuchten Städten weltweit.[10]
Verkehr
Der innerstädtische öffentliche Nahverkehr wird im Zentrum der Stadt durch Busse bestritten. Bis 2016 baute die Dar Rapid Transit Agency (DART) ein Nahverkehrssystem auf, das mit Bussen des chinesischen Herstellers Golden Dragon operiert.[11] Die Hauptverkehrsstraßen sind gut ausgebaut. In den Randbereichen verkehren auch Minibusse, die sogenannten Dalla-Dalla.
Der Hafen Daressalam ist von internationaler Bedeutung. Er gilt als der Hauptgüterumschlagplatz und das Einfallstor für Ost- und Zentralafrika. Unter anderem gibt es Fährverbindungen mit Schnellfähren nach Sansibar sowie regelmäßige Fährverbindungen nach Mombasa in Kenia.
Die Tanzania Railways Corporation (TRC) verbindet Daressalam mit Mwanza im Nordwesten sowie mit Kigoma im Westen Tansanias. Die Tanzania Zambia Railways Authority (TAZARA) verbindet Daressalam mit Mbeya im Südwesten sowie mit Sambia und dem übrigen südlichen Afrika.
15 Kilometer südwestlich des Stadtzentrums liegt der internationale Mwalimu Julius K. Nyerere International Airport, von dem Flugverbindungen innerhalb des Landes sowie in andere afrikanische Länder, den Nahen Osten, Indien und Europa angeboten werden.
Fernbusverbindungen gibt es zu zahlreichen nationalen Zielen sowie nach Nairobi und Mombasa in Kenia, nach Lilongwe in Malawi, nach Lusaka in Sambia und nach Kampala in Uganda.
Bildung
Die wichtigste Universität der Stadt ist die University of Dar es Salaam mit rund 12.000 Studierenden. Außerdem gibt es die Open University of Tanzania, die Hubert Kairuki Memorial University (HKMU), die Mwalimu Nyerere Memorial Academy (MNMA), die International Medical and Technological University (IMTU) sowie das Institute of Financial Management (IFM), das Dar es Salaam Institute of Technology (DIT), die Ardhi University Dar es Salaam (ARU), das College of Business Education (CBE) und das Institute of Social Work (Ustawi wa jamii).
Partnerschaften
Seit Sommer 2002 gibt es ein Partnerschaftsabkommen zwischen den Universitäten Dar es Salaam und Wien.[12]
Sport
Das 2007 eröffnete Benjamin-Mkapa-Nationalstadion ist eine Mehrzweckarena und bietet 60.000 Besuchern Platz.
Städtepartnerschaften
Daressalam unterhält folgende Städtepartnerschaften:
Persönlichkeiten
Der Schriftsteller Roald Dahl lebte von 1936 bis 1939 in Daressalam. Jane Goodall lebte ebenfalls dort und lehrte in den 1970er Jahren an der Universität von Daressalam.
Söhne und Töchter der Stadt
- Bayume Mohamed Husen (1904–1944), afrikanisch-deutscher Soldat und Schauspieler
- Lore Grages (* 1906; † nach 1933), deutsche Übersetzerin
- Gertrud von Hassel (1908–1999), deutsche Pädagogin und Malerin
- Raimund Schelcher (1910–1972), deutscher Schauspieler
- Leslie Scott (* 1955), Erfinderin des Gesellschaftsspiels Jenga
- Ronald Jumeau (* 1957), Journalist, Politiker und Diplomat
- David Adjaye (* 1966), britischer Architekt
- Marin Hinkle (* 1966), US-amerikanische Schauspielerin
- Abdallah Saleh Possi (* 1979), Diplomat
- Hasheem Thabeet (* 1987), Basketballspieler
- Mbwana Samatta (* 1992), Fußballspieler
Klimatabelle
Daressalam | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Daressalam
Quelle: Tanzania Meteorological Agency, Daten: 1971–2000[15]; wetterkontor.de |
Literatur
- Jürgen Becher: Dar es Salaam, Tanga und Tabora – Stadtentwicklung in Tansania unter deutscher Kolonialherrschaft (1885–1914) (= Missionsgeschichtliches Archiv, Band 3), Franz Steiner, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-06735-3 (Dissertation HU Berlin, 1995, 193 Seiten, Illustrationen, graphische Darstellungen, Karton, 24 cm).
Weblinks
- Universität von Daressalam (englisch)
- Börse von Daressalam (englisch)
Einzelnachweise
- Carola Frentzen: Deutsche Historie am Indischen Ozean In: Mainzer Allgemeine Zeitung vom 24. Januar 2014
- Dar es Salaam city profile (Memento vom 8. Oktober 2007 im Internet Archive) Kinondoni Municipal Council, Daressalam Region
- Winfried Speitkamp: Deutsche Kolonialgeschichte. Stuttgart: Reclam, 2005, ISBN 978-3-15-017047-2, S. 110.
- Bertelsmann Lexikon-Redaktion (Hrsg.): Bertelsmann Weltatlas. 36. Aufl., Bertelsmann, Gütersloh 1960, S. 280.
- CIA Factbook: Tanzania, abgerufen am 23. Januar 2013
- Population Distribution by Administrative Units, United Republic of Tanzania, 2013 (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)
- Tanzania: Regions and Cities - Population Statistics in Maps and Charts. Abgerufen am 2. Dezember 2017 (englisch).
- City Mayors: World’s fastest growing urban areas (englisch), abgerufen am 5. April 2018
- World 101 largest Cities. Abgerufen am 23. Juli 2018.
- Mercer's 2018 Quality of Living Rankings. Abgerufen am 18. August 2018 (englisch).
- Tanzania sets the pace for East Africa with rapid bus transit system. asokoinsight.com (englisch), abgerufen am 8. Dezember 2017
- Dar es Salaam. Abgerufen am 4. Mai 2020.
- Dar es Salaam. Abgerufen am 4. Mai 2020.
- Tanzania Meteorological Agency: Klimainformationen Daressalam. World Meteorological Organization, abgerufen am 27. Oktober 2012.
- Tanzania Meteorological Agency: Klimainformationen Daressalam. World Meteorological Organization, abgerufen am 27. Oktober 2012.