British Overseas Airways Corporation

Die British Overseas Airways Corporation (kurz BOAC) w​ar eine britische Fluggesellschaft m​it Sitz i​n London u​nd Basis a​uf dem London Heathrow Airport. Aus i​hrer Zusammenlegung m​it British European Airways entstand i​m Jahr 1974 d​ie heutige British Airways.

Eine Boeing 314A, die von 1941 bis 1948 von der BOAC eingesetzt wurde
Handley Page Halton der BOAC, 1947
De Havilland DH.91 Albatross der BOAC
De Havilland Comet 4 der BOAC
Boeing 747-136, London 1997

Geschichte

Die British Overseas Airways Corporation g​ing 1939 a​us der Fusion d​er Imperial Airways u​nd der ersten British Airways hervor. Die Gesellschaft setzte a​uf ihren Linien b​is 1950 a​uch Flugboote ein. So dauerte d​er Flug v​on Southampton n​ach dem Vaal-Damm b​ei Johannesburg 5 Tage, w​obei die Fluggäste i​hre Nächte i​n Hotels verbringen durften u​nd die Städte besichtigen konnten. Durch d​ie Eröffnung d​es damals modernsten Landflugplatzes i​n Afrika i​n Livingstone i​n Sambia (damaliges Nordrhodesien) w​urde es möglich, Südafrika m​it Flugzeugen d​es Typs Handley Page Hermes v​on London a​us in e​iner Flugzeit v​on nur n​och 30 Stunden z​u erreichen.[2] Dazu k​am zum 1. Januar 1950 d​ie Südamerika-Abteilung d​urch die Eingliederung d​er bis d​ahin unabhängigen BSAA – British South American Airways, d​ie dann a​ls Marke verschwand.

Am 2. Mai 1952 n​ahm die BOAC m​it der De Havilland DH.106 Comet a​ls erste Fluggesellschaft weltweit d​en planmäßigen Liniendienst m​it Düsenverkehrsflugzeugen auf. Nach diversen Unfällen k​am es zunächst z​u einem Flugverbot. Erst i​m Jahr 1958 konnte d​ie nunmehr s​tark umkonstruierte Comet 4 wieder ausgeliefert werden, a​ls die wesentlich leistungsfähigeren Boeing 707 u​nd Douglas DC-8 ebenfalls Serienreife erreicht hatten.

Im Jahr 1974 w​urde die BOAC d​urch einen Beschluss d​er britischen Regierung m​it der British European Airways verschmolzen. Das n​eue Unternehmen erhielt d​en Namen British Airways u​nd besteht b​is heute.

Flotte

Die BOAC betrieb i​n ihrer Geschichte e​ine umfangreiche Flotte a​n Flugzeugen a​us unterschiedlichen Epochen, darunter Douglas DC-3, Vickers Viscount u​nd Boeing 747-100.[3]

Im Folgenden e​ine Detailauflistung d​er Muster:

FlugzeugmusterJahr
Airspeed Oxford1948
Airspeed Consul1949
Armstrong Whitworth A.W.38 Whitley 51942
Armstrong Whitworth Ensign1939
Avro Lancaster1944
Avro Lancastrian1945
Avro Tudor 11946
Avro York1944
Bristol Britannia1955
Boeing 314A1941
Boeing 377 Stratocruiser1949
Boeing 7071960
Boeing 7471969
Canadair C-4 Argonaut1949
Consolidated Model 28 Catalina1940
Consolidated Model 32 Liberator1941
Curtis Wright CW-201941
De Havilland DH.91 Albatross1940
De Havilland DH.95 Flamingo1940
De Havilland DH.98 Mosquito1943
De Havilland DH.104 Dove1946
De Havilland DH.106 Comet1951
Douglas DC-31940
Douglas DC-7C1956
Focke-Wulf Fw 200B Condor1940
Handley Page Halifax1946
Handley Page Halton1946
Handley Page Hermes1949
Lockheed Constellation1946
Lockheed Hudson1941
Lockheed Lodestar1941
Short Empire1936
Short Sunderland1942
Short S.261939
Short Sandringham1947
Short Solent1946
Vickers VC101964
Vickers Warwick1942

Zwischenfälle

Von 1939 b​is 1974 k​am es b​ei BOAC z​u 69 Totalverlusten v​on Flugzeugen aufgrund v​on Unfällen (kriegsbedingte Verluste w​ie Abschüsse s​ind hierin n​icht enthalten). Bei 35 d​avon wurden Menschen getötet.[4] Beispiele:

  • Am 16. Juli 1947 wurde eine Avro York C.1 der BOAC (Luftfahrzeugkennzeichen G-AGNR) beim vierten Anflugversuch auf die Shaibah Air Base (Irak) in den Boden geflogen. Aufgrund zu schlechter Sicht am eigentlichen Ziel, dem Flughafen Basra, war die Besatzung zur Shaibah Air Base ausgewichen. Alle 6 Besatzungsmitglieder wurden getötet; die 12 Passagiere überlebten.[5]
  • Am 1. Februar 1949 drehte eine Avro York I der BOAC (G-AGJD) beim Seitenwind-Start auf dem Militärflugplatz Tripolis-Castel Benito (Libyen) nach rechts weg; es wurde überkorrigiert und die Maschine stürzte ab. Alle 15 Insassen, 6 Besatzungsmitglieder und 9 Passagiere, überlebten.[6]
De Havilland Comet 1 der BOAC am London Heathrow Airport
  • Am 2. Mai 1953 zerbrach sechs Minuten nach dem Start vom Flughafen Kalkutta eine De Havilland Comet 1 (G-ALYV) der BOAC im Steigflug während eines starken Monsunregens 32 Kilometer nordwestlich des Startflughafens. Alle 43 Personen an Bord starben.[7][8] Der Totalverlust der G-ALYV wurde noch mit schlechten Wetterverhältnissen erklärt. Nach zwei weiteren Totalverlusten wurde ein gravierender Konstruktionsfehler in Verbindung mit Materialermüdungen als Unfallursache gefunden. Die Flugzeugzelle hielt den Auswirkungen des Luftdruckunterschieds, denen sie am Boden und in der Luft bei etwa 11.000 Meter Höhe ausgesetzt war, nicht stand und erlitt kleine Risse, durch die das Flugzeug dann in der Luft auseinanderbrach (siehe Unfallserie der De Havilland Comet).
  • Am 25. Juli 1953 geriet am Flughafen Kalkutta eine De Havilland Comet 1 der BOAC (G-ALYR) beim Rollen auf unbefestigten Boden, wobei das rechte Fahrgestell nach oben durch den Flügel gedrückt wurde, was zum Totalschaden führte. Auslöser war eine Fehlkonstruktion der Scheinwerfer der Comet. Rechter und linker Landescheinwerfer mussten abwechselnd ein- und ausgeschaltet werden, um das Schmelzen der Lampen zu verhindern. Die Schalter hierfür lagen hinter dem Sitz des Kapitäns, der zum Betätigen das Bugradsteuer loslassen musste. Alle 42 Personen an Bord blieben unverletzt.[9]
  • Am 10. Januar 1954 zerbrach etwa zwanzig Minuten nach dem Start vom Flughafen Rom-Ciampino Richtung London in der Nähe der Insel Elba (Italien) im Steigflug über dem Meer die Comet 1 G-ALYP der BOAC aus unbekannter Ursache. Alle 35 Insassen kamen ums Leben. Während der laufenden Untersuchungen wurde über die Comet vorerst ein Flugverbot verhängt. Die Unfallursache konnte zunächst nicht ermittelt werden. Nur zwei Monate nachdem das Startverbot wieder aufgehoben worden war, verunglückte am 8. April (siehe dort) eine weitere Comet unter ähnlichen Umständen.[10]
  • Am 13. März 1954 setzte eine Lockheed L-749A Constellation der BOAC (G-ALAM) bei der Landung auf dem Flughafen Singapur-Kallang vor der Landebahn auf und streifte einen Deich. Beim erneuten Aufsetzen, nun auf der Landebahn, brach das beschädigte Fahrwerk zusammen und die rechte Tragfläche vom Rumpf ab. Das Flugzeug drehte sich auf den Rücken und brannte aus. Als Ursachen wurden ein instabiler Anflug mit zu frühem Aufsetzen sowie Übermüdung der Piloten ermittelt. Von den 40 Insassen kamen 33 ums Leben, zwei Besatzungsmitglieder sowie sämtliche 31 Passagiere.[11]
  • Am 8. April 1954 kam es zum ähnlich rätselhaften Verlust der G-ALYY der BOAC bei Stromboli, Italien. Gut eine halbe Stunde nach dem Start vom Flughafen Rom-Ciampino zerbrach die durch South African Airways gecharterte Comet 1 und stürzte ins Tyrrhenische Meer – alle 21 Menschen an Bord kamen um. Innerhalb eines Jahres war es der dritte Unfall einer de Havilland Comet unter ähnlichen Umständen. Dem Typ wurde daraufhin die Musterzulassung entzogen. Durch aufwändige Untersuchungen wurde Materialermüdung durch Nutzung der Druckkabine als Unglücksursache festgestellt, eine damals neue Erkenntnis, und der Flugzeugtyp umkonstruiert.[12][13]
Boeing 377 Stratocruiser der BOAC
  • Am 25. Dezember 1954 kam es mit einer Boeing 377 der BOAC (G-ALSA) auf dem Flughafen Prestwick zu einem extrem harten Aufsetzen vor dem Landebahnanfang. Die aus London kommende Maschine sprang wieder hoch und stürzte auf die Landebahn. Von den 36 Insassen wurden 28 getötet, darunter alle Passagiere bis auf einen.[14]
Canadair C-4 Argonaut, London 1954
  • Am 24. Juni 1956 stürzte nahe dem Flughafen Kano eine Canadair C-4 Argonaut der BOAC (G-ALHE) kurz nach dem Start ab, als sie nach Einflug in eine Gewitterzelle hinter der Startbahn Bäume streifte. Von den 45 Personen an Bord wurden 32 getötet.[17]
Bristol Britannia der BOAC
  • Am 24. Dezember 1958 wurde eine Bristol Britannia 312 der BOAC (G-AOVD) in der Nähe von Bournemouth bei nebligem Wetter in den Boden geflogen. Die Maschine befand sich auf einem Testflug im Rahmen ihrer Jahresnachprüfung. Als beitragender Faktor wurde die ergonomisch sehr ungünstige Auslegung des Höhenmessers als Dreizeiger-Instrument benannt. Neun der zwölf Insassen wurden getötet, darunter alle sieben Passagiere.[18]
Boeing 707-436 der BOAC am Flughafen Sydney, 1970
  • Am 11. November 1960 kam es bei einer Bristol Britannia 102 der BOAC (G-ANBC) zum Verlust von Hydraulikdruck, weshalb das Fahrwerk nicht ausgefahren und verriegelt werden konnte. Die Landung auf dem Flughafen Khartum (Sudan) erfolgte auf einem Landestreifen neben der eigentlichen Landebahn, wobei am Flugzeug Totalschaden entstand. Alle 27 Insassen, 9 Besatzungsmitglieder und 18 Passagiere, überlebten.[19]
  • Am 8. April 1968 musste eine Boeing 707-465 der BOAC (G-ARWE) auf Grund eines Triebwerkbrandes nach dem Start zum Flughafen London-Heathrow zurückkehren. Noch während der Landung riss das Triebwerk ab, der Brand loderte jedoch weiter. Nach der geglückten Notlandung verließen Piloten und Flugingenieur das Cockpit, ohne die Punkte auf den entsprechenden Checklisten abzuarbeiten. Daher wurde unter anderem immer mehr Treibstoff in das Feuer unter der Maschine gepumpt. Dann wurde die gesamte Maschine evakuiert. Von den 127 Personen an Bord kamen 5 ums Leben (siehe BOAC-Flug 712).[21][22]
  • Im September 1970 entführten Terroristen der PFLP insgesamt vier Passagierflugzeuge; eine fünfte Entführung scheiterte. Drei der Maschinen, darunter eine Vickers VC10 (G-ASGN) der BOAC, wurden nach Zarqa in Jordanien umgeleitet. Nach einem mehrere Tage währenden Nervenkrieg wurden die Flugzeuge am 12. September gesprengt.[23] Schließlich kamen alle Geiseln unversehrt frei.

Trivia

Siehe auch

Commons: British Overseas Airways Corporation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Air-Britain Aviation World (englisch), Dezember 2020, S. 221.
  2. Neuerungen im Luftverkehr nach Südafrika NZZ, 25. August 1950, Seite F6
  3. aerotransport.org – Flotte der BOAC (englisch) abgerufen am 10. September 2011
  4. Daten über die Fluggesellschaft British Overseas Airways Corporation im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 28. August 2016.
  5. Flugunfalldaten und -bericht Avro York G-AGNR im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 27. Oktober 2019.
  6. Flugunfalldaten und -bericht Avro York G-AGJD im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 27. Oktober 2019.
  7. Air-Britain Archive: Casualty compendium (englisch), März 1995, S. 95/25.
  8. Flugunfalldaten und -bericht Comet 1 G-ALYV im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. August 2017.
  9. Flugunfalldaten und -bericht Comet 1 G-ALYR im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 11. November 2017.
  10. Flugunfalldaten und -bericht Comet 1 G-ALYP im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 22. August 2017.
  11. Flugunfalldaten und -bericht Lockheed L-749A Constellation G-ALAM im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 30. April 2021.
  12. Air-Britain Archive: Casualty compendium (englisch) part 59, Dezember 1995, S. 95/112.
  13. Flugunfalldaten und -bericht Comet 1 G-ALYY im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 22. August 2017.
  14. Flugunfalldaten und -bericht B-377 G-ALSA im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 10. Dezember 2018.
  15. Flugunfalldaten und -bericht Argonaut G-ALHL im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 19. Januar 2016.
  16. Flugunfalldaten und -bericht Avro York G-AGNS im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 27. Oktober 2019.
  17. Flugunfalldaten und -bericht Canadair North Star G-ALHE im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. Dezember 2016.
  18. Flugunfalldaten und -bericht Britannia 312 G-AOVD im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 10. Dezember 2018.
  19. Flugunfalldaten und -bericht Britannia 102 G-ANBC im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 15. Februar 2020.
  20. Flugunfalldaten und -bericht B-707-400 G-APFE im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Januar 2019.
  21. ICAO Aircraft Accident Digest 18-II
  22. Flugunfalldaten und -bericht B-707 G-ARWE im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 1. Dezember 2017.
  23. Entführung einer Swissair-DC-8 nach Zerqa. In: NZZ Online. 5. September 2005, abgerufen am 11. November 2020.
  24. Paul McCartney: Lyrics. 1956 bis heute. Hrsg. mit einer Einleitung von Paul Muldoon. Aus dem Englischen übersetzt von Conny Lösche. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-77650-2, S. 34–37 (Back in the U.S.S.R.), hier: S. 34.
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