Betzendorf
Betzendorf ist eine Gemeinde im Landkreis Lüneburg in Niedersachsen.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Niedersachsen | |
Landkreis: | Lüneburg | |
Samtgemeinde: | Amelinghausen | |
Höhe: | 70 m ü. NHN | |
Fläche: | 32,9 km2 | |
Einwohner: | 1130 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 34 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 21386 | |
Vorwahl: | 04138 | |
Kfz-Kennzeichen: | LG | |
Gemeindeschlüssel: | 03 3 55 008 | |
Gemeindegliederung: | 4 Ortsteile | |
Adresse der Verbandsverwaltung: | Dohrnkamp 2 21386 Betzendorf | |
Bürgermeister: | Winfried Geppert | |
Lage der Gemeinde Betzendorf im Landkreis Lüneburg | ||
Geografie
Betzendorf liegt zwischen den Naturparks Lüneburger Heide und Elbufer-Drawehn. Die Gemeinde gehört der Samtgemeinde Amelinghausen an, die ihren Verwaltungssitz in der Gemeinde Amelinghausen hat.
Die Ortsteile der Gemeinde sind:
- Betzendorf
- Drögennindorf
- Glüsingen
- Tellmer
- Holtdorf
Geschichte
Ortsentwicklung
Spätestens seit der Jungsteinzeit ist das Gebiet der Dörfer der Gemeinde Betzendorf besiedelt. Zahlreiche Funde dieser Zeitstellung befinden sich in der Sammlung des Lüneburger Museums, einige Steinäxte aus jener Epoche befinden sich in örtlichem Privatbesitz.
Urkundlich in die Zeit vor dem Jahre 1000 ist lediglich der Nachbarort Tellmer zu datieren (988).
Das dem Adelshof Barkhof zugehörige Kirchenpatronat hatte ursprünglich die Familie von Oedeme inne; ihre Besitzungen wurden erst zwischen 1368 und 1378 zum größten Teil vom Kloster Ebstorf aufgekauft, in Betzendorf sind später die Grotes begütert. Besitz des Bistums Verden ist noch 1252 in allen Orten der heutigen Gemeinde Betzendorf nachzuweisen.
Für das einstige Vorhandensein einer Befestigung im Ort spricht u. a. auch der wehrhafte Rundturm der Betzendorfer Kirche, die dem Adelshof genau gegenüberliegt. Offensichtlich wurde der Betzendorfer Barkhof – ebenso wie der heute nicht mehr existente Nachbarort Hillersbüttel – Opfer einer der zahlreichen spätmittelalterlichen Fehden zwischen der Landesherrschaft und der aufstrebenden Stadt Lüneburg.
Am 1. März 1974 wurden die Gemeinden Drögennindorf, Glüsingen und Tellmer eingegliedert.[2]
Ältestes Bauernhaus
Auf dem Anwesen Glüsingen 4 (Lichtheideheim) steht mit einem alten Fachwerkhaus das um 1540 erbaute älteste Bauernhaus im Kreis Lüneburg und der Lüneburger Heide. Der Wirtschaftsgiebel und das Kammerfach (am gegenüber liegenden Ende) wurden 1648 angefügt. Die Erforschung und Dokumentation erfolgte durch den Gefügeforscher Dr. Klages. Wegen anstehender Renovierungsarbeiten ist eine Besichtigung des Inneren zurzeit (2017) nicht möglich.[3] Das Haus und eine benachbarte Remise gehörten zum Lichtschulheim Lüneburger Land.
Lichtschulheim Lüneburger Land
In Glüsingen wurde 1927 das Lichtschulheim Lüneburger Land als höhere Schule für Knaben und Mädchen von dem Studienrat und Anhänger der Freikörperkultur Dr. Martin Fränzel gegründet. Seine Besonderheit war die Integration der Freikörperkultur in die pädagogische Konzeption. Neben der aufzubauenden Schule wurde ein vegetarisches Ferienheim betrieben.[4] Ziele des Lichtschulheimes waren unter anderem:[5]
- Ständiger Aufenthalt in gesundheitsfördernder Wald- und Heideluft, was für Großstadtkinder erholsam war und mit den Zielen der Landerziehungsheimbewegung zusammenzudenken ist.
- Organische Verbindung von Leben und Unterricht, ein pädagogisches Ziel, das der praxisfernen, kopflastigen Zwangs- und Paukschule eine Absage erteilt.
- Freundschaftlich-kameradschaftliches Verhältnis von Lehrern und Schülern, eine Zielvorstellung, die in der Jugendbewegung unter dem Slogan „Jugend erzieht Jugend“ propagiert wurde.
- Zusammensetzung der Schülerschaft aus allen Teilen Deutschlands, ein Ziel, das der Verständigung der Regionen verpflichtet war und mit dem Ziel des Internationalismus zusammen gesehen werden kann.
- Anregung durch weitgereiste Besucher aus dem In- und Ausland und Reisen ins benachbarte Ausland, ein Ziel, das die internationale, weltoffene und tolerante Konzeption der Schule unterstreicht.
- Reichliche Gelegenheit zur Kunstausübung, zur Werkarbeit und zum Gartenbau, ein Ziel, das dem Anspruch auf Ganzheitlichkeit, Pestalozzi's Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“, in der Reformpädagogischen Bewegung entspricht.
- Unabhängigkeit von politischen Tagesströmungen bei gleichzeitiger reger Anteilnahme an den Ereignissen und Fragen der Gegenwart, ein Ziel, das der pädagogischen Autonomie, der Vorstellung einer pädagogischen Provinz, eines pädagogischen Schonraums entspricht.
- Abkehr von Zwang und Strafe: „Leistungen sind nur von einem schaffensfrohen Kind zu erwarten. Pflicht, Not, Zwang, Lohn und Strafe mögen allenfalls bei Erwachsenen fruchten. Schaffensfreude setzt Lebensfreude und Gesundheit voraus...“
- Wohldurchdachte gesunde Lebensweise, fleischlose Reformdiät, vegetarische Kost, ein Ziel, das sich einerseits auf medizinisch-naturheilkundliche Begründungszusammenhänge, andererseits auf ethisch-moralische Prinzipien des Tierschutzgedankens gründet.
- Methodische Gewöhnung an Hitze und Kälte, besonders durch häufiges Nackt-Sein bei Gymnastik, Morgenlauf, Sport und Spiel im Sinne der Freikörperkultur. „In sonst gesundem seelischen Klima ist Nacktsein nach unseren langjährigen Erfahrungen wie nach immer mehr sich durchsetzender allgemeiner Ansicht ein nicht zu unterschätzender Erziehungsfaktor.“
- Schaffung einer Jugend, für die die Sexualität natürlich, aber nicht Hauptinteresse ist, ein Ziel, das der damals weit verbreiteten Sexualreform-Bewegung nach Magnus Hirschfeld und Wilhelm Reich entspricht.
- Stolz auf den eigenen Körper und Freude an den wohltrainierten und sonnengebräunten Körpern der Mitschüler und Mitschülerinnen, ein Ziel, das einer körperbejahenden und leibfreundlichen Einstellung entspricht, der Förderung der menschlichen Würde, des Selbstwertgefühls und der individuellen Autonomie.
- Enthaltung von Reiz- und Rauschstoffen wie Drogen, Alkohol, Tabak, Kaffee und Süßigkeiten, einem Ziel, das Gesundheit und körperliche Widerstandsfähigkeit fördert.
Das Lichtschulheim arbeitete nach den für die Deutsche Oberschule aufgestellten Richtlinien. Grundschulpflichtige besuchten die nahe gelegene Dorfschule, genossen aber außerhalb des Schulunterrichts alle Vorteile des Heimes.
Der Intention von Dr. Martin Fränzel folgend, betreiben seine Nachfahren auf der Anlage das Lichtheideheim (s. u.).
Glüsinger Backofen
Nicht mehr obertägig sichtbar sind die Überreste eines mittelalterlichen Backofens in Glüsingen, dessen Ausgrabung im Juli 1994 abgeschlossen werden konnte.[6] Im Zentrum der Grabungsfläche wurde eine dicke, mehrschichtige Lehmschicht festgestellt, unter der eine ganze Reihe von Scherben des frühen Mittelalters gefunden wurde. Sie markieren den Beginn der Ofenanlage und wahrscheinlich somit auch das Entstehungsdatum des Dorfes. Im Lichte dieser Grabungsfunde ist auch die mutmaßliche Gleichsetzung des 1104/05 erstmals erwähnten (und in Niedersachsen mehrfach vorhandenen!) Ortes Glüsingen mit dem gleichnamigen Ort der Gemeinde Betzendorf weiter erhärtet worden.
Im Vergleich zu den bisher ergrabenen Backofenbefunden aus Norddeutschland zeigt das Glüsinger Exemplar sehr gute Datierungsmöglichkeiten auf und ist somit als ein sehr wichtiger Fundplatz des Mittelalters im Landkreis Lüneburg anzusehen; einer Epoche, die bisher nur in größerem Umfang in Bardowick archäologisch erschlossen wurde.
Im Zusammenhang mit der Ausgrabung des frühmittelalterlichen Backofenbefundes in Glüsingen wurden außerdem gegen Ende der neunziger Jahre eine Reihe von kleineren Hügeln bekannt, die sich unweit des Ortes im Randbereich des Süsingwaldes befinden. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei mindestens einem der Hügel um ein Exemplar, das im Jahre 1570 aus Anlass von Grenzstreitigkeiten in ein System von sogenannten Grenz- bzw. Schnedehügeln einbezogen worden war, welches seinerzeit zwischen der Vogtei Amelinghausen und dem Amt Ebstorf, zu dessen Kloster, basierend auf älteren Rechten, der größte Teil des Süsingwaldes seit dem Ende des 12. Jahrhunderts gehörte, aufgeworfen worden war. Diese Vermutung darf nunmehr durch die Ergebnisse der Grabung als bestätigt angesehen werden. Nach Abschluss der Grabung im Jahre 2001 konnte der Rest einer Steinbefestigung dokumentiert werden, mit der der Rand des Hügelkörpers befestigt worden war; ein nahezu quadratischer Findling diente wahrscheinlich als zusätzliche Markierung. Offensichtlich wurde der Hügel im Umfeld älterer Befunde errichtet, die bei seiner Anlage zerstört wurden. Im aufgeschütteten Hügelkörper konnten bisher ca. ein Dutzend Abschläge aus Feuerstein und mehrere kleine Keramikscherben grober Machart geborgen werden. Lesefunde aus der unmittelbaren Umgebung des Hügels bestätigten die Vermutung, dass es sich um Reste von Siedlungskeramik (Vorratsgefäße) handelt, die bisher nur allgemein als eisenzeitlich datiert werden können. In Betzendorf selbst wurden frühmittelalterliche Funde auf dem Gelände des sog. Barkhofes und in dessen Randbereich auf dem sog. Ziegenberg entdeckt.
Politik
Die Gemeinde Betzendorf gehört zum Landtagswahlkreis Lüneburg und zum Bundestagswahlkreis Lüchow-Dannenberg – Lüneburg.[7][8]
Die Gemeinde hat einen elfköpfigen Gemeinderat.
Bürgermeister ist Winfried Geppert.[9]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die St.-Peter-und-Paul-Kirche ist mit ihrem runden Turm das Wahrzeichen Betzendofs. Das Errichtungsdatum der Wehrkirche wurde bereits um 800 gesehen, ist jedoch unbelegt und unbestimmt. In der Kirche befindet sich ein heute zugemauerter Geheimweg zu dem unter der Kirche befindlichen Grabgewölbe. Die Kirche wurde also gleichzeitig als adelige Familiengrablege benutzt. Der Betzendorfer Kirchturm ist der romanischen Zeit zuzuordnen.[10]
In Glüsingen und in Betzendorf sind die Überreste zweier Steingräber zu besichtigen, Hügelgräber der Bronzezeit finden sich an verschiedenen Stellen in den Gemarkungen der einzelnen Dörfer. Bisher konnte in der Gemarkung Glüsingen bzw. Tellmer ein ältereisenzeitlicher Urnenfriedhof ermittelt werden; in der Gemeinde Betzendorf befindet sich ferner ein ca. ursprünglich 600 Bestattungen umfassender Urnenfriedhof bei Drögennindorf.
Siehe auch: Liste der Baudenkmale in Betzendorf
Wirtschaft und Infrastruktur
Öffentliche Einrichtungen
Betzendorf verfügt über eine Freiwillige Feuerwehr mit 3 Fahrzeugen und einem Anhänger". Ortsbrandmeister ist Dirk Eilmann.[11] Die Feuerwehr ist eine Ortswehr der Samtgemeinde Amelinghausen.[12]
Tourismus
In der Straße "Im Dorfe" existiert seit ca. 600 Jahren das "Landgasthof Konik". Dies verfügt über 3 Sterne.[13]
In Betzendorf existiert die sog. "Küsterscheune". In dieser finden regelmäßig Kulturelle Events statt.[14]
Auf dem Geländes des ehemaligen Lichtschulheims Lüneburger Land bietet das Lichtheideheim in Glüsingen Camping- und Hütten-Urlaubsmöglichkeiten für Naturisten und FKK-Anhänger.[15] Das angrenzende weitläufige Waldgebiet Süsing wird seit Jahrzehnten zum Nacktwandern genutzt.[16]
Verkehr
Betzendorf liegt südlich der Bundesstraße 209, die von Lüneburg nach Soltau führt. Die Kreisstraße 8 ist die als "Dorfstraße" bezeichnete Hauptstraße des Ortes.
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
Fritz Lemke war 15 Jahre Bürgermeister und davor stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Betzendorf.
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Heinrich Cordes (1813–1892), Südindien-Missionar
- Helmut Hoffmann (* 1956), bekannt als Hans-Hermann Thielke; Komiker und Kabarettist
Weblinks
Einzelnachweise
- Landesamt für Statistik Niedersachsen, LSN-Online Regionaldatenbank, Tabelle A100001G: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Stand 31. Dezember 2020 (Hilfe dazu).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 234.
- Informationstafel am Gebäude
- Schulprogramm LLL von 1927. Abgerufen am 10. Juni 2017.
- Vorlesung Prof. Dr. Karl-Heinz Ignatz Kerscher zu Freikörperkultur und Nackterziehung. Abgerufen am 10. Juni 2017.
- Backofenfund in Glüsingen (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Rat der Gemeinde Betzendorf (Memento des Originals vom 27. November 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Kirche Betzendorf
- Website Freiwillige Feuerwehr Betzendorf. Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr Betzendorf e.v., abgerufen am 26. Dezember 2017.
- Samtgemeinde Amelinghausen - Samtgemeinde Feuerwehr. Samtgemeinde Amelinghausen, abgerufen am 26. Dezember 2017.
- Landgasthof Konik. Abgerufen am 26. Dezember 2017.
- Küsterscheune Bestzendorf. Abgerufen am 26. Dezember 2017.
- Lichtheideheim
- Nacktwandern im Süsing. Abgerufen am 25. November 2017.