Ziethen (bei Anklam)
Ziethen ist eine Gemeinde in der Mitte des Landkreises Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Sie wird seit dem 1. Januar 2005 vom Amt Züssow mit Sitz in Züssow verwaltet und war zuvor Amtssitz des Amtes Ziethen. Sie hat 497 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2015).[2]
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Mecklenburg-Vorpommern | |
Landkreis: | Vorpommern-Greifswald | |
Amt: | Züssow | |
Höhe: | 1 m ü. NHN | |
Fläche: | 18,39 km2 | |
Einwohner: | 440 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 24 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 17390 | |
Vorwahl: | 03971 | |
Kfz-Kennzeichen: | VG, ANK, GW, PW, SBG, UEM, WLG | |
Gemeindeschlüssel: | 13 0 75 150 | |
Gemeindegliederung: | 3 Ortsteile | |
Adresse der Amtsverwaltung: | Dorfstraße 6 17495 Züssow | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Werner Schmoldt | |
Lage der Gemeinde Ziethen im Landkreis Vorpommern-Greifswald | ||
Geografie
Geografische Lage
Ziethen liegt vier Kilometer nördlich von Anklam und etwa 20 Kilometer östlich von Gützkow. Im Süden grenzt die Gemeinde an die Niederung der Peene. Die Hochfläche nördlich von Ziethen liegt ca. gleichmäßig 20 Meter über NN. Südlich von Ziethen neigt sich das Land zur Peeneniederung, einem Urstromtal der letzten Eiszeit, mal sanft, mal steil hinab. Das Peenetal ist eine Flussmoorlandschaft mit bis zu 9 Meter tiefen Torfschichten. Diese wurden noch bis in die 1950er Jahre ausgebeutet, da es sonst außer dem Holz der Wälder keinen Brennstoff gab. Erst in den 1990er Jahren begann man mit der Regenerierung der Moorlandschaft, indem alte Polder beseitigt wurden. Das bedeutete die Stilllegung der Pumpenanlagen, die Öffnung der Deiche und die Sperrung der Abzugsgräben sowie die anschließende Flutung der entpolderten Flächen. Es entstanden die großen Wasserflächen des Menzliner Polders und gegenüber dem Anklamer Stadtbruch. Diese Flachwasserzonen wurden ein Refugium für Wasservögel.
Gemeindegliederung
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Sitz der Gemeinde ist im ehemaligen Amtsgebäude in Ziethen. Dort befindet sich jetzt der Fachbereich Bürgerdienste (Einwohnermeldeamt, Standesamt, Ordnungsamt, Schulverwaltung) des Amtes Züssow seit 2005.
Nachbargemeinden
Das sind: Klein Bünzow im N, Rubkow im NO, Murchin im O, Anklam (Stadt) im SO, Postlow im S, Stolpe an der Peene im SW und Groß Polzin im W.
Geschichte
Ziethen
Südöstlich des Ortes befand sich ein Großsteingrab aus dem Neolithikum (5500 bis 1800 vdZ), leider wurde es im 19. Jahrhundert obertägig durch Steinschläger abgeräumt, zählt aber noch zu den Bodendenkmalen. Ziethen war eine slawische und frühdeutsche Provinz (terra). Die slawische Herkunft wurde auch durch viele archäologische Funde und Grabungen bestätigt, letztere beim Bau der großen Straßenabzweigung „Redoute“. So bestanden rund um Ziethen 5 slawische Siedlungen, davon westlich eine frühslawische (600 bis 800) und westlich eine früh- bis spätslawische (600 bis 1200), sowie drei spätslawische (1000 bis 1200) Siedlungen. Die genannte Grabung an der Einfahrt zur Redoute brachte wegen der flächenmäßigen Untersuchung positive Ergebnisse mit vielen Funden in einem breit gefächerten Spektrum (z. B. Kastenbrunnen, Werkzeuge, Schmuck, Keramik usw.).
Ziethen wurde als Sitne 1136 erstmals urkundlich erwähnt, als Kaiser Lothar III. dem Bistum Bamberg als Anerkennung für die Bemühungen des Bischofs Otto von Bamberg, das Christentum in Pommern zu verbreiten, Tribute aus dieser Gegend zuwies.[3] Der Name ist vom Ursprung her slawisch und bedeutet Getreideland.[4] In der Papstbulle von 1140 wurde Ziethen als Castrum Sithem genannt. Auch in der Folge waren sehr oft urkundliche Nennungen zu verzeichnen.
In frühdeutscher Zeit verliert sich die Bedeutung als Provinz, wesentlich bleibt die Kirche und dann die entstehende Gutswirtschaft. Die Rittergeschlechter Buggenhagen, von Lepel und Owstin sind genannt. Am längsten waren es die von Owstin, die von 1485 bis 1779 das Gut besaßen. Es folgten die Kruses und fünf weitere, aber kurzzeitige Besitzer, bis dann 1858 Hellmuth Friedrich Otto Dettlof Graf von Schwerin das Gut erwarb und das bis 1945 im Besitz der Familie blieb.
Ziethen kann man in der Dorfform als Gutsdorf klassifizieren, das Gut dominiert die Ortschaft und an der Ausfallstraße in Richtung Gützkow befand sich die doppelte Landarbeiterkatenzeile. Um Kirche und Kirchhof befanden sich nur das Pfarr- und das Mühlengehöft.
1865 hatte Ziethen 206 Einwohner, 1 Kirche, 1 Schule, 2 weitere öffentliche Gebäude, 19 Wohnhäuser, 3 Fabrikgebäude (Mühle usw.), sowie 20 Wirtschaftsgebäude.
Das Gutshaus wurde 1818 im klassizistischen Stil im Typ des preußisch strengen eingeschossigen Landhauses erbaut. Es erinnert mehr an ein Bauernhaus. Die schmucklose Fassade ist durch herunter gezogene Fenster und Dachgauben gegliedert. Einziger Dekor ist ein Rautenwappen der Familie von Schwerin über dem Eingang. 1905 erfolgte der Anbau des Musiksaales. 1922 wurde das Gebäude umgebaut.
Zum Gut gehörten zwei Windmühlen und eine noch vorhandene Wassermühle, die durch den gegenüberliegenden Parkteich gespeist wurde.
Letzter Besitzer ab 1908 des 746 ha großen Gutes Ziethen war 1945 Bernhard Graf von Schwerin, er war Landrat des Kreises Usedom-Wollin.
1945 folgten Enteignung und Aufsiedelung durch die Bodenreform, sowie um 1960 der Übergang zur LPG-Wirtschaft und nach 1990 die Privatisierung der Landwirtschaft. Nach 1945 wurde das Herrenhaus durch die Gemeindeverwaltung, den Kindergarten und den Konsum genutzt. Im Gebäude befinden sich jetzt verschiedene Büros u. a. das Gemeindebüro. Von den Gutsgebäuden sind nur noch einige erhalten und werden privat genutzt, der Park wurde durch verschiedene Maßnahmen saniert und ist in einem ordentlichen Zustand.
Das Dorf entwickelte sich zum Straßendorf, denn die Siedlungshäuser und Eigenheime entstanden an der B 109 und der L 263. Nach 1990 etablierte sich ein Autohaus, ein Baumarkt und das neu erbaute Amtsgebäude des ehemaligen Amtes Ziethen.
Ziethen hatte am 31. Dezember 2014 205 Einwohner mit Hauptwohnung und 13 mit Nebenwohnung.[5]
Ziethen hatte am 31. Dezember 2015 201 Einwohner mit Hauptwohnung und 13 mit Nebenwohnung.[2]
Jargelin
Jargelin wurde 1305 als Ghergelin urkundlich erstmals erwähnt. Erst 1782 setzt sich die Schreibung mit ..J.. durch. Eine Namensdeutung der slawischen Gründung liegt derzeit nicht vor.[4]
Jargelin war von der Anlage her ein Gutsdorf mit dem Gut und der Landarbeiterkatenzeile. Vom Gut sind nur noch wenig Relikte vorhanden, das Dorf entwickelte sich nach 1945 zu einem Wohnplatz in der Form einer Sackgassensiedlung.
Über Jargelin gibt es wenig Angaben, da es besitzlich lange Zeit mit Salchow verbunden war, siehe dort (Gemeinde Klein Bünzow). Auf den schwedischen Matrikelkarten von 1739 war Jargelin (Gargelin genannt) zwischen Ziethen und Salchow eingetragen. 1822 wurde es als Rittergut erwähnt.
Das Gut Jargelin kam 1851 an Heinrich von Below, dessen Bruder Eduard Friedrich Wilhelm zur gleichen Zeit das nahe gelegene Gut Salchow erhielt.
Jargelin hatte 1865 81 Einwohner, darunter 1 Pächter mit 8 Angehörigen, 1 Verwalter, 5 Knechte und 5 Mägde, 17 männliche und 17 weibliche Tagelöhner, sowie 4 Dienstleute der Herrschaft. An Gebäuden waren vorhanden: 1 öffentliches Gebäude, 6 Wohnhäuser und 11 Wirtschaftsbauten.
Besitzer war bis 1933 Oberst der Preußischen Armee und chilenischer Oberstleutnant Günther von Below (1868–1933), verheiratet mit der entfernten Cousine Mathilde von Below (1875–1937). Er war Gutsherr auf Salchow und Jargelin. Ihr Sohn war Georg Ludwig Heinrich Nicolaus Freiherr von Below (* 1907 auf Gut Jargelin, † 1983 in Detmold). Dieser war Oberst der Luftwaffe und von 1937 bis 1945 persönlicher Luftwaffenadjutant von Adolf Hitler. Er war nomineller Besitzer nach seinem Vater und ließ das Gut von Verwaltern bewirtschaften.
In der Bodenreform wurde das Gut enteignet und an Flüchtlinge und Vertriebe vergeben. Das Gut wurde aufgeteilt. Es entstanden 10 Neubauernstellen, die später Mitglied in der LPG wurden. Nach 1945 diente das Gutshaus als Flüchtlingsunterkunft. Im Haus wurde ein Kulturraum für die Dorfbewohner eingerichtet. Später entstanden für 7 Familien Wohnungen. Das Gutshaus ist gut erhalten und wurde restauriert. Der einstöckige klassizistische Bau hat in der Mitte einen Vorbau mit einem Erker. Der gesamte Eingangsbereich ist verändert worden. Insbesondere die Fenster und die Sandsteinverblendung sind geändert oder entfernt worden. Das Haus ist verputzt.
Jargelin hatte am 31. Dezember 2014 74 Einwohner mit Hauptwohnung und 3 mit Nebenwohnung.[5]
Jargelin hatte am 31. Dezember 2015 76 Einwohner mit Hauptwohnung und 4 mit Nebenwohnung.[2]
Menzlin
Menzlin wurde als „Manzelina“ 1231 erstmals genannt.[4]
Am 1. Juli 1950 wurde Menzlin eingemeindet.
Menzlin hatte am 31. Dezember 2014 206 Einwohner mit Hauptwohnung und 8 mit Nebenwohnung.[5]
Menzlin hatte am 31. Dezember 2015 195 Einwohner mit Hauptwohnung und 8 mit Nebenwohnung.[2]
Plachta (Wüstung)
Plachta wurde als solches 1226 urkundlich bis 1305 genannt. Es ist nicht genau lokalisiert – es war auf einer Hochfläche bei Menzlin, hin zur Peene. Der Name wird mit „abgeteiltes Feldstück“ gedeutet.[4] Der Hof gehörte zum Kloster Stolpe, daneben lag der Ort „Plachta Villa“ lt. PUB. Es soll aber nicht die bekannte slawisch-wikingische Siedlung „Altes Lager“ oder „Peeneberg“ sein.
Nemantewitz (Wüstung)
Nemantewitz wurde als solches erstmals 1178 urkundlich genannt. Die Beurkundungen gehen aber nur bis 1179. Die Lage ist nicht exakt zu ermitteln, wird aber vom PUB als im Lande Ziethen gelegen angegeben. Der Name ist nicht gedeutet, wird aber als slawischer Personennamen vermutet.[4]
Politik
Gemeindevertretung und Bürgermeister
Der Gemeinderat besteht (inkl. Bürgermeister) aus 6 Mitgliedern. Die Wahl zum Gemeinderat am 26. Mai 2019 hatte folgende Ergebnisse[6]:
Partei/Bewerber | Prozent | Sitze |
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Allgemeine Wählergemeinschaft der Gemeinde Ziethen | 49,94 | 3 |
CDU | 29,42 | 2 |
Freie Wähler Menzlin 2019 | 15,18 | 1 |
Bürgermeister der Gemeinde ist Werner Schmoldt (CDU), er wurde mit 69,42 % der Stimmen gewählt.[7]
Wappen, Flagge, Dienstsiegel
Die Gemeinde verfügt über kein amtlich genehmigtes Hoheitszeichen, weder Wappen noch Flagge. Als Dienstsiegel wird das kleine Landessiegel mit dem Wappenbild des Landesteils Vorpommern geführt. Es zeigt einen aufgerichteten Greifen mit aufgeworfenem Schweif und der Umschrift „GEMEINDE ZIETHEN * LANDKREIS VORPOMMERN-GREIFSWALD“.[8]
Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
- Die Kirche St. Marien – Feldsteinkirche des 13. Jahrhunderts.
- Gutsanlage mit Gutshaus, Wirtschaftsgebäuden und Park mit Teich (auch Mühlteich) in Ziethen
- Wassermühle in Ziethen
- Gutshaus Jargelin
- Reste der Gutsbauten in Menzlin
Grünflächen und Naherholung
- Der touristische Höhepunkt der Gemeinde ist das „Alte Lager“ nahe Menzlin, eine ausgedehnte Handelssiedlung der Slawen und Wikinger mit einer auf deutschem Boden einzigartigen Bootsgräberanlage.
- Der Menzliner Polder, ein gefluteter Polder zur Torf-Moor Regenerierung. Mit Aussichtsplattformen auf die Brut- und Rastkolonie der Wasservögel, sowie (wenn man Glück hat) auf die ansässigen Biber oder die noch selteneren Ottern.
- Kanu- und Floßverleih am Menzliner Kanal
Kultur
Die Gemeinde ist Mitglied des Vereins der „Vorpommersche Dorfstraße“. Ein Schwerpunkt des kulturellen und touristischen Vereins ist das „Alte Lager“ bei Menzlin.
Wirtschaft und Infrastruktur
Unternehmen
Die Gemeinde ist wie die ganze Umgebung landwirtschaftlich geprägt. Aber auch gewerbliche Betriebe sind besonders in Ziethen, aber auch in den OT vertreten.
Verkehr
Durch den nordöstlichen Teil der Gemeinde verläuft die Bundesstraße 109, die nach der kreuzungsfreien Abzweigung (Redoute) zur Bundesstraße 110 zur Insel Usedom weiter an der östlichen Gemeindegrenze nach Anklam verläuft. In westlicher Richtung verläuft die Landesstraße 263 nach Gützkow, wo sich der nächste Anschluss zur BAB 20 befindet. Weitere Verbindungen erfolgen durch Kreis- und Gemeindestraßen.
Ziethen liegt an der Bahnstrecke Angermünde–Stralsund, besitzt an ihr jedoch keinen Haltepunkt. Bahnanschluss besteht in Anklam, Klein Bünzow und Züssow.
Persönlichkeiten
- Nicolaus von Below (1907–1983), deutscher Oberst der Luftwaffe, von 1937 bis 1945 persönlicher Luftwaffenadjutant von Adolf Hitler; geboren auf Gut Jargelin
Literatur
- Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen. IV. Teil, Band II, Anklam 1868, S. 1134 ff.
- Manfred Niemeyer: Ostvorpommern. Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen. Band 2: Festland. (= Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde. Band 2). Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Greifswald 2001, ISBN 3-86006-149-6, S. 88, 103, 152.
- Hubertus Neuschäffer: Vorpommerns Schlösser und Herrenhäuser. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, 1993, ISBN 3-88042-636-8, S. 218.
Weblinks
Einzelnachweise
- Statistisches Amt M-V – Bevölkerungsstand der Kreise, Ämter und Gemeinden 2020 (XLS-Datei) (Amtliche Einwohnerzahlen in Fortschreibung des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- Amt Züssow, Einwohner des Amtsbereiches Züssow, Stand: 31. Dezember 2015.
- Robert Klempin: Pommersches Urkundenbuch 1. Band, Stettin 1868, S. 10, Nr. 27.
- Manfred Niemeyer: Ostvorpommern. Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen. Band 2: Festland. (= Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde. Band 2). Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Greifswald 2001, ISBN 3-86006-149-6, S. 55 ff.
- Amt Züssow, Einwohner des Amtsbereiches Züssow, Stand: 31. Dezember 2014.
- Zweckverband Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg(ZKO)
- Zweckverband Kommunale Datenverarbeitung Oldenburg(ZKO)
- Hauptsatzung § 1 Abs.2 (PDF; 150 kB).