Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft
Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH (FSK) ist eine deutsche, von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) getragene Einrichtung mit Sitz in Wiesbaden. Sie prüft im Schwerpunkt die Altersfreigabe von Medien. Im öffentlichen Raum ist die Angabe der Altersfreigabe bindend.
Aufgaben
Die Hauptaufgabe der FSK besteht in der Prüfung der Altersfreigabe von audiovisuellen Medien, wie Filmen, Trailern, Werbefilmen, die auf beliebigen Wegen (beispielsweise Kino, Handel, Download) oder Medienträgern (beispielsweise DVDs, Blu-rays, Videokassetten) in Deutschland zum Verkauf angeboten werden oder zur öffentlichen Vorführung vorgesehen sind. Eine Pflicht zur Prüfung durch die FSK besteht nicht, jedoch haben sich die Mitglieder der SPIO dazu verpflichtet, nur von der FSK kontrollierte Produktionen zu veröffentlichen.
Rechtsgrundlage der Tätigkeiten der FSK sind § 14 Abs. 2 i. V. m. Abs. 6 des Jugendschutzgesetzes, auf dessen Basis die Länder vereinbart haben, die Prüfungsvoten der FSK als die der obersten Landesbehörden zu übernehmen[1][2], sowie die Grundsätze der FSK. Diese Grundsätze werden von einer Grundsatzkommission erlassen, die aus 20 Vertretern der Film- und Videobranche, der öffentlichen Hand sowie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten besteht.
Die FSK ist finanziell autonom und finanziert ihre Arbeit durch Gebühren, die für jeden geprüften Medienträger erhoben werden. Sie wird inzwischen als Tochtergesellschaft der SPIO in Form einer GmbH betrieben, einen inhaltlichen Einfluss auf die Prüfentscheidungen übt die SPIO nicht aus.
Die SPIO prüft auf Wunsch auch selbst Medien durch eine eigene unabhängige Juristenkommission auf strafrechtlich relevante Inhalte. Sollten diese nicht vorliegen, wird das Etikett „SPIO/JK“ (Spitzenorganisation der Filmwirtschaft/Juristenkommission) vergeben.
Arten der Freigaben
Altersfreigaben
Die FSK-Freigaben lauten:
Etikett | Text auf dem Etikett | Etikett | Aktuelle Kennzeichnung (§ 14 Abs. 2 JuSchG) |
Kennzeichnung vor dem 1. April 2003 (§ 6 Abs. 3 JÖSchG) |
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Aktuell / seit Dez. 2008 | Alt / bis Dez. 2008 | |||
FSK ab 0 freigegeben | Freigegeben ohne Altersbeschränkung | |||
FSK ab 6 freigegeben | Freigegeben ab sechs Jahren | |||
FSK ab 12 freigegeben | Freigegeben ab zwölf Jahren | |||
FSK ab 16 freigegeben | Freigegeben ab sechzehn Jahren | |||
FSK ab 18 | Keine Jugendfreigabe | Nicht freigegeben unter achtzehn Jahren |
Nach § 11 JuSchG dürfen Kinder und Jugendliche zu öffentlichen Filmvorführungen (z. B. in Kinos) nur zugelassen werden, wenn alle Filme inklusive Werbefilme und Trailer für sie freigegeben sind oder wenn es sich um gekennzeichnete Lehr- oder Informationsfilme handelt.
Kinofilme, die ab 12 Jahren freigegeben sind, dürfen seit dem 1. April 2003 von Kindern ab 6 Jahren in Begleitung von personensorgeberechtigten Erwachsenen besucht werden (§ 11 Abs. 2 JuSchG). Bei Filmen, die für Jugendliche ab 16 Jahren oder für Erwachsene freigegeben sind, gibt es kein solches Elternprivileg; die Altersbeschränkung ist hier absolut. Auch mit Einwilligung der (ggf. anwesenden) Eltern ist ein Zutritt von Jugendlichen, welche die Altersvorgabe nicht erfüllen, verboten.
Bei Kinofilmen wird ein FSK-Kennzeichen verweigert, wenn der Film offensichtlich schwer jugendgefährdend ist; eine FSK-Freigabe ist nur bei einer höchstens „einfachen Jugendgefährdung“ und bei einer etwaigen „Jugendbeeinträchtigung“ möglich. Wird der gleiche Film dann auf einem Bildträger (Videokassette, DVD oder Blu-ray) veröffentlicht, wird ein Kennzeichen bereits verweigert, wenn ein Fall von einfacher Jugendgefährdung vorliegt.[3] Filme, die eine „FSK-ab-18“-Kennzeichnung haben, können von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nicht mehr indiziert werden (im Gegensatz zur alten Freigabe „Nicht freigegeben unter 18 Jahren“, bei der es möglich ist). Auch wenn ein Verdacht auf einen Straftatbestand (beispielsweise Gewaltverherrlichung, § 131 StGB) besteht, kann die FSK-Freigabe verweigert werden. In diesem Fall kann der Film der Juristenkommission (JK) der SPIO vorgelegt und auf strafrechtliche Unbedenklichkeit geprüft werden. Trotz der entsprechenden Prüfung der JK kann ein Film sowohl indiziert als auch beschlagnahmt werden, jedoch schützt das entsprechende Signet die Beteiligten weitgehend vor individueller strafrechtlicher Verfolgung.
Nach § 12 Abs. 1 JuSchG müssen Medienträger freigegeben sein, wenn sie Kindern und Jugendlichen öffentlich (z. B. in Videotheken) zugänglich sind. Auf die Kennzeichnung ist auf dem Bildträger und der Hülle mit einem deutlich sichtbaren Zeichen hinzuweisen. Das Zeichen ist auf der Frontseite der Hülle links unten auf einer Fläche von mindestens 1.200 Quadratmillimetern und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern anzubringen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 JuSchG).
Feiertagsfreigabe
Die FSK richtet sich bei der Vergabe von Altersfreigaben nach dem Jugendschutzgesetz, prüft aber auch die Freigabe von Filmen zur Aufführung an den sogenannten stillen Feiertagen, die in einigen Bundesländern besonderen Schutz genießen („feiertagsfrei“).[4]
Demnach dürfen nur solche Filme öffentlich vorgeführt werden, bei denen der „ernste Charakter“ gewahrt bleibt. Filme, die dem Charakter dieser Feiertage so sehr widersprechen, dass eine Verletzung des religiösen oder sittlichen Empfindens zu befürchten ist, erhalten keine Feiertagsfreigabe.
Struktur und Arbeitsweise
Etwa 250 Prüfer[5] sind ehrenamtlich für die FSK tätig. Sie werden von den Verbänden der Film- und Videowirtschaft und der öffentlichen Hand für eine Dauer von drei Jahren ernannt und müssen Erfahrung im Umgang mit Kindern oder Jugendlichen haben oder über entsprechendes Fachwissen in der Psychologie oder Medienwissenschaft verfügen. Die Prüfer dürfen zudem nicht in der Film- oder Videowirtschaft beschäftigt sein, um eine Beeinflussung der Entscheidungen durch die Industrie zu vermeiden. Bei der Ernennung von Prüfern wird daher darauf geachtet, dass sie aus den unterschiedlichsten Berufsfeldern und gesellschaftlichen Bereichen kommen.[6]
Die Prüfung von Filmen wird in verschiedenen Gremien organisiert – im Arbeitsausschuss (der den Hauptteil der Filmprüfungen übernimmt), dem Hauptausschuss (der als Berufungsinstanz tätig ist) und dem Appellationsausschuss für die Berufung in der Jugendprüfung. In der täglichen Praxis arbeiten jeweils bis zu fünf Ausschüsse parallel.[6]
Die Arbeitsausschüsse fungieren als erste Instanz, jeder bei der FSK eingereichte Film wird zunächst dort geprüft. In der Regel setzt sich dieser Ausschuss aus fünf Prüfern zusammen. Den Vorsitz hat ein ständiger Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden. Zu einem Ausschuss gehören zusätzlich ein Jugendschutzsachverständiger (beispielsweise ein Mitarbeiter eines Jugendamtes, des Jugendministeriums oder ein Lehrer), ein regelmäßig wechselnder Vertreter der öffentlichen Hand (ein Vertreter der katholischen oder evangelischen Kirche, des Zentralrats der Juden oder des Bundesjugendrings) und zwei Vertreter der Filmwirtschaft.[7] Über die Altersfreigabe wird mit einer einfachen Mehrheit entschieden.[5]
Geschichte
Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt, die unterschiedlich mit der Zertifizierung von Filmen umgingen. Im amerikanischen Sektor von Berlin waren die Eltern angehalten, selbst darüber zu entscheiden. Die Briten legten dasselbe Verfahren wie im eigenen Land an. Im französischen Sektor galten die Vorschriften der „IFA“. Die Sowjets stempelten jede Filmrolle, die sie über Sovexport[8] verbreiteten, mit „Für Jugendliche zugelassen“ bzw. „Für Jugendliche unter 14 Jahren nicht zugelassen“.[9]
Mit dem Wiederaufbau und der Neuordnung der deutschen Filmwirtschaft wurde Erich Pommer, damals oberster Filmoffizier der US-amerikanischen Besatzungsmacht und ehemals Filmproduzent der UFA, betraut. Gemeinsam mit dem Regisseur Curt Oertel und dem Geschäftsführer des Verbandes der Filmverleiher in Wiesbaden, Horst von Hartlieb, konzipierte Pommer eine freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft nach dem Vorbild des in den USA geltenden Hays Code. Ziel der Einrichtung sollte es sein, eine staatliche Reglementierung der Filmindustrie zu vermeiden und die geltende Militärzensur abzulösen: „Und hier war unser erster Gedanke, denn wir waren gebrannte Kinder aus dem Dritten Reich, eine Filmkontrolle in Selbstverwaltung aufzubauen, da eine staatliche Filmkontrolle immer die Gefahr in sich birgt, zu einer Politisierung zu führen.“ (Horst von Hartlieb)
Da zudem bei der Zulassung von Filmen durch die Besatzungsmächte der Jugendschutz keine Rolle spielte und dadurch Kinder und Jugendliche unbeschränkten Zugang zu Filmen hatten, wurde von der Kultusministerkonferenz der westlichen Besatzungszonen Anfang 1948 eine „Kommission zur Prüfung der Frage: Gefährdung der Jugend durch Filme“ eingerichtet. Sie sollte Vorschläge für einen länderübergreifenden filmischen Jugendschutz entwickeln. Ihre Arbeit nahm diese Kommission im hessischen Kultusministerium in Wiesbaden auf. Zu den Verhandlungen wurden neben Abgesandten der anderen Kultusministerien auch Vertreter der Filmwirtschaft, der Kirchen und der Katholischen Jugend Bayerns eingeladen.
Ergebnis der Verhandlungen war die Einrichtung einer gemeinsamen Selbstkontrolleinrichtung unter dem Namen „Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“, der am 18. Juli 1949 der erste Film zur Begutachtung vorgelegt wurde. Dabei handelte es sich um Paul Martins in Zeiten des Nationalsozialismus verbotene Komödie Intimitäten (1944). Der Spielfilm wurde aufgrund einer Kussszene kontrovers diskutiert, aber trotzdem für eine öffentliche Vorführung freigegeben.[10] Am 28. September 1949 übertrugen die alliierten Militärbehörden offiziell ihre Kontrollbefugnis auf die FSK.
Die Länder der sowjetischen Besatzungszone beteiligten sich nicht an der FSK, da in der im selben Jahr gegründeten DDR die Filmkontrolle vom Staat übernommen wurde. In der DDR war der Kennzeichnung der Altersfreigabe ein P vorangestellt. Diese unterteilten sich 1955 in P6, P14 und P18. Um zusätzlich auf die Entwicklungsstufen von Kindern einzugehen wurden unabhängig der Altersfreigaben ab 1957 Altersempfehlungen als Hilfe für die Eltern eingefügt, diese unterteilten sich in Empfohlen ab 8 / 10 / 12 Jahren. 1969 würden die Altersfreigaben überarbeitet und in P6, P14, P 16 und P18 unterteilt. Die Altersempfehlungen fielen daraufhin weg und wurden 1978 wieder eingefügt und hinter den Altersfreigaben drangehangen.[11]
Beispiele Altersfreigaben in der DDR mit Altersempfehlungen ab 1978:
- P6/10: Für Kinder unter 6 Jahren nicht zugelassen/für Kinder ab 10 Jahren geeignet
- P6/12: Für Kinder unter 6 Jahren nicht zugelassen/für Kinder ab 12 Jahren geeignet
- P14/12: Für Kinder unter 14 Jahren nicht zugelassen/für Schülervorstellungen und für Kinder in Begleitung von Erwachsenen ab 12 Jahren zugelassen
Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes wurde 1985 die Kennzeichnungspflicht auf neue Medien (Videofilme und vergleichbare Bildträger) ausgeweitet. Der „Bundesverband Video e. V.“ schloss sich daraufhin der FSK an, um von ihr alle zu veröffentlichenden Videofilme überprüfen zu lassen. Im selben Jahr erfolgte auch die Erweiterung der Freigaben um die „Freigabe ohne Altersbeschränkung“.
Im Zuge der Wiedervereinigung schlossen sich die neuen Länder der FSK an und entsandten ihre Vertreter in die Prüfungsausschüsse.
Seit 1995 werden auch digitale Medien, sofern sie filmische Sequenzen enthalten, auf ihre Altersfreigabe geprüft.
Am 9. Dezember 2004 wurde mit dem Film Sophie Scholl – Die letzten Tage der 100.000. Film von der FSK überprüft.
Seit 2009 gibt es die heute noch aktuellen Logos der FSK, die bis spätestens zum 31. März 2010 umgestellt wurden; dies galt sogar für Lagerbestände. Die Positionierung ist wie bei der USK unten links; die Größe auf der Verpackung beträgt 1200 mm² und auf dem Datenträger 250 mm². Viele Hersteller liefern ihre digitalen Medien seither mit einem sogenannten „Wendecover“ aus, wobei die innenliegende Seite auf das FSK-Kennzeichen verzichtet und die Gestaltung von der großflächigen Kennzeichnung unbeeinträchtigt ist.
Seit Oktober 2010 veröffentlicht die FSK kurze Freigabebegründungen für alle Kinospielfilme zum jeweiligen Starttermin auf ihrer Internetseite, um ihre Entscheidungen transparenter zu machen.[12]
Umstrittene Entscheidungen
Kritik an hohen Altersfreigaben wird häufig durch den Vorwurf der Zensur oder der Prüderie artikuliert, Kritik an niedrigen Altersfreigaben hingegen lässt Stimmen laut werden, welche die Interessen des Jugendschutzes nicht ausreichend gewahrt sehen oder hinter der Entscheidung gar eine absichtliche Begünstigung der Filmindustrie vermuten: Publikumswirksame Filme würden zu sanft beurteilt, da genau dort die hohen Umsätze erzielt würden. Dafür müssten weniger erfolgversprechende Filme unter zu strengen Altersfreigaben leiden, um in der Außendarstellung einen Ausgleich zu haben. Durch diese Praxis hätten seit den 1970er-Jahren insbesondere deutsche Filme gelitten, die oft eine Altersfreigabe ab 16 Jahren hätten hinnehmen müssen, während Hollywood-Filme ab 12 oder sogar ab 6 Jahren freigegeben worden seien.
Der Trend der FSK-Altersbeschränkung („FSK 6“ oder „FSK 12“) ginge nach Ansicht von Kritikern in den 2000er-Jahren meistens zu der niedrigeren Freigabe über. Dies spiegelt die Auswahl der Beispiele wider, die kein Urteil über die Richtigkeit dieser These erlaubt.
In den Medien diskutierte Einzelentscheidungen mit als zu großzügig wahrgenommener Freigabe waren zum Beispiel:
- Die FSK-Entscheidung für eine Freigabe von Jurassic Park ab 12 Jahren löste eine wochenlange Diskussion in den deutschen Medien aus.
- Der Film Keinohrhasen wurde ab 6 Jahren freigegeben. Nach heftiger Beschwerde der Bundesländer wurde die Freigabe in „ab 12 Jahren freigegeben“ geändert.[13] Selbst der Regisseur und Hauptdarsteller des Films, Til Schweiger, sagte in einem Interview, dass er sich auch über die Freigabe ab 12 Jahren gefreut habe. Die vielen Sexszenen, die Fäkalsprache und die Sexerläuterungen waren sehr umstritten und ein Grund für die FSK, die Anhebung der Freigabe zu veranlassen.
In den Medien diskutierte Einzelentscheidungen mit als zu restriktiv wahrgenommener Freigabe waren zum Beispiel:
- Im Bereich Kinderfilm löste die „FSK-12“-Freigabe von Die grüne Wolke bei Experten beim Kinderfilmfestival Goldener Spatz deutliche Kritik aus.
- Der vom ZDF und dem Nachwuchsfördertopf der Filmstiftung NRW geförderte Film Romeos von Sabine Bernardi wurde entgegen dem Antrag auf FSK 12 erst ab 16 Jahren freigegeben. Der Spielfilm, der die Geschichte des jugendlichen Transgenders Lukas, der als Mädchen geboren wurde, und seinen „Weg zum Erwachsenwerden“[14] erzählt, könne laut FSK bei jungen Menschen zur „Desorientierung in der sexuellen Selbstfindung“ führen; es handle sich um ein „schwieriges Thema, welches für die Jüngsten der beantragten Altersgruppe, die sich in diesem Alter in ihrer sexuellen Orientierungsphase befinden, sehr belastbar sein könnte“. Der LSVD machte darauf aufmerksam, dass dementsprechend aber auch die „wiederholte Darstellung von vermeintlich normaler Heterosexualität für heranwachsende homo- oder bisexuelle Menschen“ eine Belastung darstelle, und kritisierte insbesondere die homophobe „Umpolungsrhetorik“, die „man sonst nur aus Kreisen fundamentalistischer Homosexuellenhasser“ kenne.[15]
- Der Film Harry Potter und die Kammer des Schreckens wurde im Jahre 2002 nicht ab 6 Jahren, sondern erst ab 12 Jahren freigegeben. Der Verleih veröffentlichte daher den Film in Deutschland in gekürzter Form. Die im Nachgang dieser Entscheidung der FSK erneut aufgekommene Diskussion um die deutsche Freigabepraxis hat mit dazu geführt, dass die starren Einstufungen „ab 6 Jahren“ und „ab 12 Jahren“ durch eine an der Logik des US-amerikanischen „R“-Ratings orientierte neue Freigabemöglichkeit erweitert wurden, bei der Filme, die eigentlich erst ab 12 Jahren zugänglich wären, auch von Kindern ab 6 Jahren im Kino angesehen werden dürfen, wenn sie von einem Personensorgeberechtigten begleitet werden.[16]
Es wird die Forderung erhoben, dass die bestehenden Regeln der FSK, die aus dem Jahr 1951 stammen, überholt werden müssten. Angesichts einer veränderten Medienkompetenz bei den heutigen Kindern seien die bisherigen als starr kritisierten Regeln überholt. Zudem sei die Abstufung zwischen FSK-6- und FSK-12-Film zu groß, weil gerade in diesem Altersbereich große Veränderungen bei Kindern stattfänden.
Auch ohne Änderung der Richtlinien verändert sich jedoch bereits die Einstufungspraxis. Ein Beispiel ist der Film City Hunter, der 1993 gekürzt als „ab 18“ eingestuft wurde und seit 2004 ungekürzt ab 12 freigegeben ist. Dieser Trend ist auch juristisch zu sehen: So ist der Film Blutgericht in Texas seit 2012 nach einer Neuprüfung offiziell ungekürzt als „ab 18“ eingestuft, während er noch 1982 in gekürzter Form bundesweit beschlagnahmt wurde.
In einer Expertise des Kinder- und Jugendfilmzentrums in Deutschland aus dem Jahre 2011 heißt es dazu: „Das FSK-Label erhebt weder den Anspruch, ein Qualitätssiegel zu sein, noch als pädagogische Empfehlung zu gelten. Dieses Missverständnis tritt in der Öffentlichkeit immer wieder auf.“ Dabei wird auch an die Eltern appelliert, die gerade in den unteren Altersklassen die Entscheidung treffen, ob ein Film für das Kind geeignet ist.[17]
Medien weisen darauf hin, dass es alternativ zur FSK-Einstufung auch andere Quellen für Informationen und Bewertungen für manche Filme gibt, so den katholischen Filmdienst oder auch die US-Website movieguide.org, auf der Filme nach Kategorien „durchbewertet“ würden.[18]
Siehe auch
Literatur
- Michael Humberg: Vom Erwachsenenverbot zur Jugendfreigabe. Die Filmbewertungen der FSK als Gradmesser des kulturellen Wertewandels. Telos Verlag, Münster 2013, ISBN 978-3-933060-42-6
- Jürgen Kniep: „Keine Jugendfreigabe!“ Filmzensur in Westdeutschland 1949–1990. Wallstein-Verlag, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0638-7 (Moderne Zeit 21), (Zugleich: Freiburg, Univ., Diss., 2009: Freigegeben ab 18 Jahren.).
Weblinks
Einzelnachweise
- Mitwirkung der Länder - Die Ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden, Website der FSK, abgerufen am 26. Februar 2021.
- Vereinbarung über die Freigabe und Kennzeichnung von Filmen und mit Filmen programmierten Bildträgern nach § 14 Abs. 6 Jugendschutzgesetz, Website der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, abgerufen am 26. Februar 2021.
- Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V. (Memento vom 10. März 2009 im Internet Archive)
- FSK - Freigabe von Kinofilmen für die gesetzlich geschützten stillen Feiertage. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- FSK - Allgemeine Fragen zur FSK. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- FSK - Prüferinnen und Prüfer. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- „Wie viele Personen sind beteiligt, wenn ein Film geprüft wird?“
- Kino in der DDR | filmportal.de. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- Die Neue Illustrierte Kunstzeitschrift Dionysos vom 18. Juni 1948, S. 101 des Almanach 13
- vgl. Wolfgang Hübner: Die Jedi-Ritter der Leinwand-Moral. In: Associated Press Worldstream, 22. August 1999, 20:14 Eastern Standard Time, Frankfurt am Main
- Matthias Struch: Auf dem Weg zur sozialistischen Persönlichkeit - Kinder- und Jugendmedienschutz in der DDR, Teil 2. (PDF) In: tv diskurs Ausgabe 48, 3/2009. Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen, abgerufen am 8. Mai 2021.
- Transparenter Jugendschutz! Freigabegründungen für Kinospielfilme auf der FSK Homepage. In: Spio.de. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, 26. Oktober 2010, abgerufen am 25. Januar 2011.
- Appellationsausschuss kennzeichnet KEINOHRHASEN am 31. Januar 2008 mit „Freigegeben ab zwölf Jahren“ (Memento vom 15. Juli 2014 im Internet Archive)
- daskleinefernsehspiel.zdf.de Romeos. Ein Spielfilm von Sabine Bernardi
- Film „Romeos“ erst ab 16. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- FSK - Begründung zur Kennzeichnung des Films HARRY POTTER UND DIE KAMMER DES SCHRECKENS mit „Freigegeben ab 6 Jahren“. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- Pädagogische Altersempfehlung für Kinderfilme. Abgerufen am 28. Oktober 2018.
- Florentine Fritzen: „FSK 12“ - Nichts für Kinder. In: FAZ. 3. Oktober 2010, abgerufen am 25. November 2017.