Vemasse (Verwaltungsamt)
Vemasse (Vemassi, Vemase, Vermasse, Vemassey, Vemace) ist ein osttimoresisches Verwaltungsamt (portugiesisch Posto Administrativo) in der Gemeinde Baucau. Verwaltungssitz ist Vemasse.[2] Der Name „Vemasse“ leitet sich von „Wemasi“ ab, dem Galoli-Wort für „salziges Wasser“.[3] Ein alter Name für die Region ist Ade.[4]
Verwaltungsamt Vemasse | |||
Verwaltungssitz | Vemasse | ||
Fläche | 358,47 km²[1] | ||
Einwohnerzahl | 9.643 (2015)[1] | ||
Sucos | Einwohner (2015)[1] | ||
Caicua | 77 | ||
Loilubo | 1.282 | ||
Ossouala | 1.067 | ||
Ostico | 1.206 | ||
Uaigae | 758 | ||
Uato-Lari | 711 | ||
Vemasse | 4.542 | ||
Übersichtskarte | |||
Geographie
Bis 2014 wurden die Verwaltungsämter noch als Subdistrikte bezeichnet. Vor der Gebietsreform 2015 hatte Hato-Udo eine Fläche von 374,62 km².[5] Nun sind es 358,47 km².[1]
Das Verwaltungsamt nimmt den Westen der Gemeinde Baucau ein. Im Osten grenzt er an die Verwaltungsämter Baucau und Venilale, im Süden an die Gemeinde Viqueque mit den Verwaltungsämtern Lacluta, Viqueque und Ossu und im Westen an die Gemeinde Manatuto mit dem Verwaltungsamt Laleia. Im Osten fließt der Manuleiden, im Westen und Süden der Fluss Vemasse und seine Nebenflüsse und im Südwesten fließen Mori und Bina, Nebenflüsse des Laleia.[6]
Teile von Vemasse gehören zur Important Bird Area Monte Mundo Perdido, mit einer Reihe seltener Vogelarten, aber auch anderer Tiere und seltener Orchideen.
Vemasse teilt sich in sieben Sucos: Caicua, Loilubo, Ossouala (Ossoala), Ostico, Uaigae, Uato-Lari (Uatu-Lari) und Vemasse.
Einwohner
Im Verwaltungsamt leben 9643 Menschen (2015), davon sind 4860 Männer und 4783 Frauen. Die Bevölkerungsdichte beträgt 26,9 Einwohner/km².[1] Die größte Sprachgruppe bilden die Sprecher des Waimaha. Außerdem wird hier Galoli gesprochen. Der Altersdurchschnitt beträgt 18,4 Jahre (2010,[5] 2004: 18,3 Jahre[8]).
Geschichte
Das Reich von Vemasse
Ein Großteil der Gemeinde Baucau war früher Teil des Reichs von Vemasse oder stand unter dessen Einfluss. Früher hieß das Reich Ade.[4] Es war lange Zeit dem Reich von Luca tributpflichtig, konnte sich aber in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts lossagen. Man wandte sich Händlern aus Makassar zu und setzte sogar die niederländische Flagge. Eine Flotte der Topasse beendete dieses Bündnis und eroberte Ade, wodurch es wieder zum portugiesischen Hoheitsraum gehörten.[9][10]
Im September 1731 rebellierte das Reich von Varella gegen die Portugiesen. Vemasse unterstützte die Rebellen. Ein Friedensvertrag wurde am 16. März 1732 geschlossen. 1752 existierte bereits eine katholische Kirche in Vemasse.
Laut mündlichen Überlieferungen waren die Mitglieder der Herrscherfamilie Topasse, die aus Larantuka, an der Ostspitze der Insel Flores stammen. Über Oecussi waren sie im 18. Jahrhundert nach Osttimor gekommen, in der Erwartung die Portugiesen würden hier ihre neue koloniale Hauptstadt auf Timor gründen, nachdem sie 1769 aus Lifau vertrieben worden waren. Im selben Jahre wurde dann aber Dili zum neuen Sitz des Gouverneurs ausgebaut. Dom Felipe de Freitas Soares, der Herrscher von Vemasse war einer von 42 Liurais, die kurz darauf in Dili Portugal ihre Treue schworen.
1803 wurde Dom Felipe de Freitas, der uneheliche Sohn des Liurais von Gouverneur João Vicente Soares da Veiga (1803 bis 1807) als erster Timorese nach Goa verbannt, nachdem er eine Rebellion gegen die Portugiesen geführt hatte. Bisher war diese Strafe nicht üblich gewesen.
Schließlich wurde der Führer der Topasse, der Galoli sprechende Dom Domingos da Costa Freitas (auch Gali Kai) von den Portugiesen zum Dato-hei (timoresischer Fürst) von Vemasse gemacht.
1859 führte Dom Domingos de Freitas Soares eine kleinere Revolte gegen die Portugiesen, die aber schnell niedergeschlagen wurde. Dom Domingos wurde noch im selben Jahr ins Exil nach Lissabon geschickt. Bereits im Frühjahr 1861 unterstützte Vemasse die Kolonialmacht mit Kämpfern gegen den Aufstand in Laclo.
Das Bündnis Vermasses mit den Portugiesen endete endgültig mit der Rebellion von 1867. Im August erhoben sich die Einwohner von Vemasse und belagerten Lalcia. Gouverneur Texeira da Silva beendete die Belagerung und schlug den Aufstand mit Hilfe verbündeter Liurais (timoresische Kleinkönige) nieder. Der Liurai von Vemasse wurde durch seinen Stellvertreter, dem Dato-hei ersetzt, der einen Bündnisschwur ablegte und friedliche Beziehungen zu den Nachbarn versprach. 1869 wurde der Sohn Gali Kais, Dom Francisco da Costa Freitas zum Liurai von Baucau ernannt, während sein Schwiegersohn Tomas de Costa Soares Dato-hei von Letemumo wurde.
1882 kam es zu Kämpfen zwischen Vemasse und Laleia, wofür der Kommandant der Militärkommandantur verantwortlich gemacht wurde.
Enge Beziehungen herrschten mit der von den Niederlanden dominierten Insel Kisar. Regelmäßig besuchte man sich, Handel mit Gold und Wasserbüffel wurde getrieben und der Raja von Vonreli auf Kisar zahlte einen Tribut an den Liurai von Vemasse. Erst Ende des 19. Jahrhunderts unterband der portugiesische Gouverneur Timors José Celestino da Silva (1894 bis 1908) jeden Kontakt, da sich der Raja weigerte vom Protestantismus zum katholischen Glauben überzutreten. Doch bereits 15 Jahre später wurden die Kontakte erneuert, als der Raja von Kisar mit einer Flotte von 20 kleinen Schiffen am Strand von Baucau anlegte.[11]
Nach der Kolonialzeit
Nachdem Gerüchte aufkamen, dass die indonesischen Invasoren am 11. Dezember 1975 zehn Zivilisten in Karabela ermordet hätten, floh die Bevölkerung aus Vemasse zunächst zum Berg Lame, am Südrand des Ortes, wo man einfache Baracken errichtete. Dort schlossen sich ihnen Einwohner von Karabela und Bucoli an. Die Bevölkerung konnte zu ihren Ackerflächen zur Ernte zurückkehren, da die Indonesier keine Besatzungstruppen in Vemasse zurückgelassen hatten. So konnten sich die Flüchtlinge mit genügend Nahrungsmittel versorgen, doch in der Mitte vom März 1976 griffen die Indonesier das Flüchtlingslager mit Panzerfäusten und Mörsern an und zerstörten sowohl die Hütten, als auch das Nahrungsmittellager. Die Einwohner flohen entlang des Rio Vemasse acht Kilometer weiter nach Süden, nach Uaigae, wo sie wieder Gärten zur Selbstversorgung anlegten. Doch als die Kämpfe näher kamen, mussten sie erneut fliehen, bis sie schließlich in Uai-Mori (heute Suco Bibileo, 20 km südlich von Vemasse), im Schutz der FRETILIN, erneut Zuflucht fanden. Hier entstand eine base de apoio, eine Widerstandsbasis. Zusammen mit Flüchtlingen aus Dili, Viqueque und anderen Landesteilen lebten sie zwei Jahre hier. Mit der Zeit kam es immer mehr zur Nahrungsmittelknappheit, da immer mehr Menschen eintrafen. 1978 wurde auch Uai-Mori von indonesischen Streitkräften angegriffen. Die meisten Einwohner flohen, einige wurden von den Indonesiern gefangen genommen und in das Sammellager von Bucoli gebracht.[12]
In Lobito, im Suco Vemasse, wurde der osttimoresische Freiheitskämpfer Aquiles Freitas Soares und einige seiner Anhänger von der FRETILIN hingerichtet.[13] Hier befand sich eine Widerstandsbasis (bases de apoio).[12]
Im Ort Vemasse gab es Ende 1979 ein indonesisches Lager für Osttimoresen, die zur besseren Kontrolle von den Besatzern umgesiedelt werden sollten.[12]
In fünf Sucos von Vemasse kam es 2014 nach der Ernte zu Versorgungsengpässen mit Nahrungsmitteln, weswegen die Suco-Chefs und der Administrator des Subdistrikts um humanitäre Hilfe baten. Handelsminister António da Conceição vereinbarte mit einem Händler die Lieferung von Reis, der zu einem niedrigen Preis an die dortige Bevölkerung verkauft werden sollte. Für eine kostenlose Verteilung fehlten die nötgien Daten über die Hilfsbedürftigen. Zwar hatte die Regierung den Kaufpreis für den Reis auf einem Konto hinterlegt, laut Conceição verkaufte der Administrator aber den Reis zu einem höheren Preis, als vereinbart. Der Administrator wurde daraufhin verhaftet. Conceição wird eine Beteiligung an den Geschäften vorgeworfen, weswegen er sich einer Verhandlung vor dem Distriktsgericht von Baucau stellen will.[14]
Im November 2005 starben zwei osttimoresische Polizisten durch eine Bombe, die in Vemasse auf ihr Fahrzeug geworfen wurde.
Politik
Der Administrator des Verwaltungsamts wird von der Zentralregierung in Dili ernannt. 2013 war dies Tomás Freitas, 2015 Sebastião Filomeno Correia.[15]
Wirtschaft
53 % der Haushalte bauen Reis an, 47 % Kokosnüsse, 48 % Mais, 37 % Maniok, 19 % Kaffee und 28 % Gemüse.[16] Im Verwaltungsamt finden sich große Mengen von Mangan. Außerdem gibt es Gold, Silber und Kupfer.[17]
Söhne und Töchter
Im Dorf Wailakama nahe dem Ort Vemasse wurde Carlos Filipe Ximenes Belo, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger Bischof von Dili geboren.
Partnerschaft
Seit Mai 2009 verbindet das Verwaltungsamt Vemasse eine Partnerschaft mit dem australischen Monash City.
Weblinks
- Friends of Vemasse: Partnerschaft mit Monash City
- Informationen zum Königreich Vemasse (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive) (englisch)
Einzelnachweise
- Direcção-Geral de Estatística: Ergebnisse der Volkszählung von 2015, abgerufen am 23. November 2016.
- Jornal da República: Diploma Ministerial n.o 24/2014 de 24 de Julho – Orgânica dos Postos Administrativos (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Geoffrey Hull: The placenames of East Timor, in: Placenames Australia (ANPS): Newsletter of the Australian National Placenames Survey, Juni 2006, S. 6 & 7, (Memento vom 14. Februar 2017 im Internet Archive) abgerufen am 28. September 2014.
- Hans Hägerdal: Lords of the Land, Lords of the Sea; Conflict and Adaptation in Early Colonial Timor, 1600–1800 (2012).
- Direcção Nacional de Estatística: 2010 Census Wall Chart (English) (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) (PDF; 2,5 MB)
- Timor-Leste GIS-Portal (Memento vom 30. Juni 2007 im Internet Archive)
- Seeds of Life
- Direcção Nacional de Estatística: Census of Population and Housing Atlas 2004 (Memento vom 13. November 2012 im Internet Archive) (PDF; 14 MB)
- Hans Hägerdal: Rebellions or factionalism? Timorese forms of resistance in an early colonial context, 1650–1769
- Susana Barnes, Hans Hägerdal, Lisa Palmer: An East Timorese Domain – Luca from Central and Peripheral Perspectives, S. 335, 2017, doi:10.1163/22134379-17302020, abgerufen am 22. November 2017.
- History of Timor – Technische Universität Lissabon (Memento vom 24. März 2009 im Internet Archive) (PDF; 824 kB)
- „Chapter 7.3 Forced Displacement and Famine“ (Memento vom 28. November 2015 im Internet Archive) (PDF; 1,3 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
- „Chapter 7.2 Unlawful Killings and Enforced Disappearances“ (Memento vom 25. März 2016 im Internet Archive) (PDF; 2,5 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
- Timor Agora: Parlamento timorense levanta imunidade a deputado para responder em tribunal, 13. November 2018, abgerufen am 14. November 2018.
- Ministério da Administração Estatal: Administração Municipal (Memento vom 1. Juni 2016 im Internet Archive)
- Direcção Nacional de Estatística: Suco Report Volume 4 (englisch) (Memento vom 9. April 2015 im Internet Archive) (PDF; 9,8 MB)
- Ministry of State Administration & Territorial Management, Timor-Leste: Baucau District profile (Memento vom 28. März 2009 im Internet Archive) (PDF; 276 kB)