Universitätsklinikum Freiburg
Das Universitätsklinikum Freiburg ist ein Klinikum in Freiburg im Breisgau. Es ist gemessen an der Zahl beschäftigten Ärzte das viertgrößte Klinikum Deutschlands und gehört zur 1457 gegründeten Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.[4] Sie wurde 2005 von KTQ zertifiziert und 2008 als eine der ersten Universitätskliniken in Deutschland rezertifiziert.[5] 2011 und 2014 erfolgten weitere Rezertifizierungen.
Universitätsklinikum Freiburg | ||
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Ort | Freiburg im Breisgau | |
Koordinaten | 48° 0′ 23″ N, 7° 50′ 16″ O | |
Leitung | Vorstand, vertreten durch Frederik Wenz (Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender), Anja Simon (Kaufmännische Direktorin)[1], Helmut Schiffer (Pflegedirektor) und Lutz Hein (Dekan der Medizinischen Fakultät)[2] | |
Betten | etwa 2160[3] | |
Mitarbeiter | etwa 13.100[3] | |
Zugehörigkeit | Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | |
Website | www.uniklinik-freiburg.de | |
Lage | ||
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Das Universitätsklinikum Freiburg ist auf vier Standorte verteilt:
- Das Zentralklinikum liegt am Rande des Stadtteils Stühlinger im Westen der Stadt.
- Die Außenkliniken Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Hautklinik befinden sich an der Hauptstraße im nördlichen Stadtteil Herdern.
- Die medizinisch-theoretischen Institute (Anatomie, Biochemie, Physiologie, Rechtsmedizin) sind im „Institutsviertel“ der Universität im Stadtteil Neuburg untergebracht.
- Ein Teil des Herzzentrums sowie das Adipositaszentrum sind auf dem Campus Bad Krozingen am Südring 15 zu finden.
Charakteristisch für das Zentralklinikum ist der „Lorenzring“, die 1926–1942 errichtete Anordnung von verschiedenen Klinikengebäuden in einem geschlossenen Ring um einen großen Grünbereich. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die Fertigstellung der Gesamtkonzeption. Nach weitgehender Zerstörung im Krieg wurden ab 1948 die bestehenden Gebäude nach den gleichen Plänen wieder aufgebaut. In den Folgejahren wurde das Klinikangebot im jeweiligen Stil der Bauzeit erweitert, so unter anderen die Zahnklinik, die Augenklinik mit Hals-, Nasen und Ohrenklinik oder das Neurozentrum.
Seit 2014 beteiligt sich das Universitätsklinikum an der NAKO (Nationale Kohorte). Bei der NAKO handelt es sich um eine deutschlandweite Langzeitstudie. Für diese Studie wurde ein eigenes Zentrum am Klinikum eingerichtet, womit Freiburg zu den größten Standorten dieser Studie zählt.
Zahlen und Fakten
Das Universitätsklinikum vereinigt in seinen Gebäuden Krankenversorgung, Forschung und Lehre. Mit circa 14.000 [3] Mitarbeitern ist es nach eigenen Angaben der größte Arbeitgeber in Südbaden. Der Bettenbestand liegt bei rund 2100 Planbetten[3] in 110 Stationen.
Pro Jahr gibt es rund 90.000[3] Patientenaufnahmen und 820.000 Ambulanz-Besuche. Täglich werden etwa 1000 Patienten ambulant behandelt. Der Case Mix Index, der die durchschnittliche Fallschwere angibt, betrug 1,335.[3]
Darin eingerechnet sind die 139 Betten der Tochtergesellschaft, Klinik für Onkologische Rehabilitation – UKF Reha gGmbH, welche sich im Gebäudekomplex der Tumorbiologie befindet.
Darin enthalten sind die Zahlen des Universitäts-Herzzentrums Freiburg· Bad Krozingen. Dieses verfügt an beiden Standorten zusammen, über insgesamt 424 Betten, ca. 1600 Mitarbeiter und führt ungefähr 21.500 stationäre, sowie 44.000 ambulante Behandlungen[3] durch.
Der Vertrag des Leitenden Ärztlichen Direktors Jörg Rüdiger Siewerts, der seit 2010 das Klinikum leitete, endete zum 31. Oktober 2018. Seit Januar 2019 leitet Frederik Wenz das Universitätsklinikum Freiburg als Leitender Ärztlicher Direktor.[6]
Geschichte
Die Universität Freiburg wurde im Jahr 1457 durch den Erzherzog Albrecht VI. von Österreich gegründet. Im Jahr 1751 übernahm die Medizinische Fakultät die Krankenversorgung im Armenspital in der Gerberau und 1780 wurde das Allgemeine Kranken-Spital im Collegium Sapientiae in der Herrenstraße eingerichtet. Im Jahr 1829 folgte die Eröffnung des Klinischen Hospitals in der Albertstraße und von 1868 bis 1911 entstanden die Frauen-, Augen-, Kinder-, Chirurgie- und Poliklinik im heutigen Institutsviertel.
Des Weiteren eröffnete im Jahr 1887 die Psychiatrische Klinik im Vorort Herdern.
Im Jahr 1922 wurde das Garnisonslazarett in Herdern zur Hautklinik umgewandelt und von 1926 bis 1931 entstand die Neue Medizinische und Chirurgische Klinik in der Hugstetter Straße. Die Krankenpflege wurde unter anderem von Ordensschwestern Vincentinerinnen[7] betrieben. In den Jahren 1938 und 1939 schufen die Bildhauer Emil Stadelhofer, Ulrich Kottenrodt und Helmuth Hopp den Figurenzyklus Die Lebensalter. Er besteht aus sechs Sandsteinfiguren mit einer Höhe von jeweils 1,90 Meter und befindet sich noch heute im Torbogen des Klinikums.[8] Im Zweiten Weltkrieg, am 27. November 1944, wurden nahezu alle Institute und Kliniken durch einen schweren Luftangriff auf die Stadt zerstört. Daraufhin wurden die Chirurgische-, die Medizinische- und die Frauenklinik in den Jahren von 1948 und 1953 wiederaufgebaut. Nach 1953 folgte die Gesamtplanung und Errichtung weiterer Kliniken im Bereich der Hugstetter Straße. Die Herzchirurgie hatte, nachdem Hermann Krauß sich schon thoraxchirurgsch betätigt hatte, Werner Overbeck als Spezialfach übernommen.[9] 1998 wurde die Uniklinik in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt.
Das Freiburger "Comprehensive Cancer Center" (CCCF) wurde 2006 gegründet und im gleichen Jahr von der Deutschen Krebshilfe als "Onkologisches Spitzenzentrum" ausgezeichnet. 2009 erfolgte die Gründung eines Exzellenzzentrums für Chronische Immundefizienz im Rahmen einer deutschlandweiten Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Im Jahr 2008 begann die sukzessive Modernisierung der Freiburger Frauenklinik. Seit August 2012 ist das Notfallzentrum in Betrieb, das im Norden der Uniklinik für 42,15 Millionen Euro gebaut wurde. Der Neubau beherbergt außerdem drei Intensivstationen, neue Herzkatheterlabore und Behandlungsräume der Kardiologie. Auf dem Dach des neuen Anbaus wurde ein weiterer Hubschrauberlandeplatz gebaut, der für Hubschrauber bis zu 12 Tonnen (z. B. schwere Bundeswehrhubschrauber) ausgelegt ist.[10][11]
2010 plante die Uniklinik für die kommenden Jahre im Rahmen eines Masterplans die Errichtung einer neuen Kinderklinik auf dem Areal zwischen Frauenklinik, Neurozentrum und Strahlenklinik sowie eine Erweiterung der chirurgischen Klinik mit einem neuen operativen Zentrum mit 24 Operationssälen. Diese Erweiterung soll auf dem bisherigen Areal der Robert-Koch-Klinik gebaut werden.[12]
Im Juli 2017 ging bei der Stadt der Bauantrag für die Kinderklinik ein. Die 140 Millionen Euro dafür müssen komplett aus Landesmitteln kommen.[13][14] Ende Februar 2018 erteilte die Stadt die Genehmigungen für Gebäudeabbruch und Baumfällungen südwestlich der Frauenklinik entlang der Breisacher Straße.[15] Im Oktober 2018 war der Spatenstich und im September 2020 Richtfest. Im Sommer 2023 soll die Klinik fertig sein.[16][17][18]
Für 36 Millionen Euro plant die Uniklinik einen Neubau für die Chirurgie, die 2020 teilweise im sogenannten „Lorenzring“ untergebracht ist. Das Finanzministerium hat im September 2020 die Planungsfreigabe erteilt und rechnet mit einer Planungszeit von vier bis fünf Jahren.[19]
2020 wurde nach 27 Jahren die Sanierung des Hochhauses der HNO- und Augenklinik mit dem Sockelgeschoss abgeschlossen.[20] Der Bau war 1964 in Betrieb genommen worden.[21]
Kliniken und Institute
Das Universitätsklinikum verfügt über 15 Kliniken und 12 Institute.
Kliniken:
- Anästhesiologie und Intensivmedizin
- Augenheilkunde
- Chirurgie
- Dermatologie und Venerologie
- Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde
- Frauenheilkunde
- Innere Medizin
- Kinder- und Jugendmedizin
- Neurozentrum
- Medizinisches Versorgungszentrum
- Psychische Erkrankungen
- Radiologische Diagnostik und Therapie
- Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
- Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen
Institute:
- Bewegungs- und Arbeitsmedizin
- Evidenz in der Medizin
- Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin
- Humangenetik
- Immunologie
- Infektionsprävention und Krankenhaushygiene
- Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
- Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik
- Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
- Musikermedizin
- Pathologie
- Prävention und Tumorepidemiologie
- Rechtsmedizin
- Transfusionsmedizin und Gentherapie
- Virologie
Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen GmbH
Das Universitäts-Herzzentrum Freiburg-Bad Krozingen setzt sich aus allen kardiovaskulären Bereichen des Universitätsklinikums Freiburg, sowie aus dem Herz-Zentrum Bad Krozingen zusammen. Es bestand bereits ein Kooperationsvertrag, doch am 1. April 2012 wurden die beiden Kliniken fusioniert. Somit entstand eines der größten Herzzentren in Deutschland. Durch die Fusion entstanden in beiden Kliniken mehr Möglichkeiten der Behandlung und Forschung, was das Herzzentrum nicht nur zu einem der größten, sondern auch zu einem der führenden Herzzentren in Deutschland gemacht hat.
Weil das UHZ durch die COVID-19-Pandemie in weitere wirtschaftliche Schieflage geriet, einigten sich im Mai 2020 das Land Baden-Württemberg und die beiden Gesellschafter des UHZ auf Rahmenbedingungen für eine bereits seit längerem angedachte[22] Komplettübernahme durch das Universitätsklinikum.[23] Am 28. Juli 2020 wurde der Vertrag unterzeichnet, nachdem das Universitätsklinikum Freiburg die Anteile des Co-Gesellschafters Benedikt Kreutz Verein übernimmt.[24] Zum 1. April 2021 wurde der Übergang des Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen (UHZ) zum Universitätsklinikum Freiburg endgültig vollzogen.[25] Das Universitäts-Herzzentrum wird als eigenes Department innerhalb des Universitätsklinikums Freiburg als kardiovaskuläres Schwerpunktzentrum weiterentwickelt.[26]
Forschung und Lehre
Entsprechend den sich ändernden Bedürfnissen der modernen Medizin sind am Klinikum Forschungsschwerpunkte eingerichtet oder werden neu etabliert. Nur so lassen sich neueste medizinische Erkenntnisse und Behandlungsmethoden in die Praxis umsetzen. Die fünf Forschungsschwerpunkte am Universitätsklinikum Freiburg sind Immunologie und Infektiologie, Molekulare Zellforschung und regenerative Medizin, Epigenetik und funktionelle Genetik, Neurowissenschaften, Onkologie und funktionelles Imaging.
Das Tumorzentrum Freiburg – CCCF (Comprehensive Cancer Center Freiburg) des Universitätsklinikums wurde im März 2007, zusammen mit drei anderen Krebskliniken (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Uniklinik Köln, Universitätsklinikum Tübingen), von der Deutschen Krebshilfe als onkologisches Spitzenzentrum ausgezeichnet und seither mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert.[27] 2015 wurde mit einem Neubau für das Tumorzentrum begonnen, im Juli 2016 wurde Richtfest gefeiert,[28] und am 3. Mai 2019 wurde der 65 Millionen Euro teure Bau eröffnet. Pro Jahr sollen dort 3.000 Patienten stationär und 55.000 ambulant behandelt werden.[29]
Im Rahmen einer deutschlandweiten Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Förderung neuer Modellzentren, die die Patientenbehandlung und Forschung noch besser zusammenführen sollen, ist 2008 das Centrum für Chronische Immundefizienz (CCI)[30] – eine gemeinsame Initiative der Universität Freiburg, des Universitätsklinikums und des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie – eingerichtet worden. Das CCI behandelt Patienten mit Immundefizienz (Abwehrschwäche). Ein interdisziplinäres Team aus Medizinern und Biologen, Grundlagenwissenschaftlern und Klinikern erforscht Ursachen, Diagnostik und Therapie dieser seltenen Erkrankungen.
Der erste Lehrstuhl für Palliativmedizin in Baden-Württemberg wurde ab 2012 an der Universitätsklinik Freiburg eingerichtet.[31] Die erste Lehrstuhlinhaberin wurde die Internistin und Theologin Gerhild Becker.
Die anästhesiologische Intensivtherapiestation ist eine sogenannte sedierungsfreie Intensivstation. Die Verwendung von Sedativa wie Benzodiazepinen soll verringert werden, um Komplikationen wie ein Delir oder eine posttraumatische Belastungsstörung zu vermeiden. Es wird ein Wert um Null auf der Richmond Agitation Sedation Scale angestrebt, wodurch es zum Beispiel möglich ist, dass endotracheal Intubierte Patienten über die Station laufen.[32]
Die Forschung am Uniklinikum ist auch mit der Forschung allgemein in der Stadt Freiburg vernetzt. So arbeitet das Klinikum eng mit dem Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik und mit Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft zusammen. Außerdem setzt das Klinikum auf Studien, die die Forschungsarbeit unterstützen. Es existiert sogar ein eigenes Studienzentrum. Durch die Studien hat die Uniklinik die Möglichkeit, Erkenntnisse über neue Behandlungsmethoden schnell umzusetzen. Des Weiteren hat das Deutsche Register klinischer Studien seinen Sitz am Universitätsklinikum Freiburg.
Das Universitätsklinikum Freiburg bietet auch den Studenten der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität die Möglichkeit, von Anfang an bei den Forschungsprojekten teilzunehmen. Außerdem wird viel Wert darauf gelegt, die Lehre so patientennah wie möglich zu halten.[3]
Ausbildung
Neben der universitären Lehre beteiligt sich das Klinikum auch an der Ausbildung für nichtärztliche Berufe im Gesundheitswesen. Es betreibt Schulen, hält im Angestellten- und Arbeiterbereich Plätze für Auszubildende vor und beschäftigt Praktikanten. Insgesamt bestehen bei der Akademie für medizinische Berufe rund 800 Ausbildungsplätze. An den Schulen der Akademie für Medizin kann man folgende Berufe erlernen:
- Gesundheits- und Krankenpflege
- Gesundheits- und Kinderkrankenpflege
- Gesundheits- und Krankenpflegehilfe
- Operationstechnische Assistenz
- Anästhesietechnische Assistenz
- Hebammen und Entbindungspflege
- Medizin-technische Laborassistenz
- Medizin-technische Radiologieassistenz
- Physiotherapie
- Orthoptik
- Studiengang Bachelor of Business Administration
- Studiengang Bachelor Pflegewissenschaft
Das Klinikum verfügt außerdem über 23 Ausbildungsberufe mit derzeit circa 120 Auszubildenden in kaufmännischen, technischen und gewerblichen Berufsbildern wie beispielsweise Anlagenmechaniker, Fachkraft für Lagerlogistik oder Koch.
In der Region bestehen 15 Akademische Lehrkrankenhäuser, die zur Uniklinik Freiburg gehören. Darunter der Regionalverbund kirchlicher Krankenhäuser, das Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppurr, das Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen, das Städtische Klinikum Karlsruhe, die St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, Kreiskrankenhaus Lörrach, die Helios Klinik in Titisee-Neustadt und das Hegau-Bodensee-Klinikum.[33]
Doping- und Betrugsvorwürfe
Die Universitätsklinik Freiburg ist auch in der Sportmedizin weltweit bekannt geworden, diese wurde maßgeblich von Herbert Reindell und Joseph Keul aufgebaut. Joseph Keul war als Ordinarius für Innere Medizin und Sportmedizin der Universität Freiburg immer wieder in der Kritik, da ihm vorgeworfen wurde, unerlaubte Dopingmanipulationen nicht nur erforscht, sondern auch gefördert zu haben.[34] Schon 1977 warf der Dopingforscher Werner Franke Keul vor, die Nebenwirkungen von Anabolika zu verharmlosen.[35]
Ärzte auf diesem Gebiet waren auch Armin Klümper sowie Lothar Heinrich und Andreas Schmid. Sowohl Klümper (Sporttraumatologie, Radiologie) als auch Heinrich und Schmid (Sportmedizin) wurde vorgeworfen, den von ihnen betreuten Sportlern Dopingmittel verabreicht zu haben. Heinrich und Schmid wurden im Mai 2007 vom Klinikum der Universität wegen dieser Vorwürfe entlassen.[36] Auch der Sportmediziner Georg Huber, der Straßenfahrer des Bundes deutscher Radfahrer ärztlich betreute und unter anderem Verbandsarzt des Behindertensportverbandes, des Deutschen Skiverbandes, sowie Arzt bei den Paralympics war, wurde vom Dienst suspendiert. Huber hatte gestanden, in der Zeit vor 1990 einem U-23-Straßenradfahrer Testosteron verabreicht zu haben.[37] Auf Grund der Vorkommnisse haben die Universitäts- und Kliniksleitung eine juristische und fachliche Überprüfung der betroffenen Fachbereiche veranlasst.[38]
Im Dezember 2009 beauftragte die Universität die Kriminologin der Universität Leuven und Mafia-Expertin Letizia Paoli den Vorsitz einer Kommission zur Aufarbeitung der Dopingvergangenheit des Universitätsklinikums zu übernehmen. Sie drohte später gegenüber der Universität mit Rücktritt, weil sie sich in ihrer Arbeit durch das Rektorat der Universität nicht ausreichend unterstützt sah.[39] Die sechsköpfige Kommission hat auch den Auftrag, die wissenschaftlichen Arbeiten seit den 1950er Jahren zu prüfen.[40] Der Schweizer Anatom und Sportmediziner Hans Hoppeler, Mitglied der Kommission, ging Anfang 2015 davon aus, dass im Falle der von ihm als „wissenschaftliches Doping“ bezeichneten Mehrfachpublikation ein und derselben Forschungsergebnisse personelle Konsequenzen haben werde.[41]
In den späten 1990er Jahren geriet ein Krebsforscher der Freiburger Universitätsklinik, Roland Mertelsmann, ins Zwielicht. Dieser war in einen Wissenschaftsfälschungsskandal um Marion Brach und Friedhelm Herrmann verwickelt. Wolfram Brugger und Lothar Kanz waren Studienleiter.[42] In einer Pressemitteilung der DFG vom 4. Mai 2001 mit dem Titel Tübinger Krebsforscher von Fälschungsvorwürfen entlastet.[43] heißt es hierzu: Angesichts der schweren persönlichen Nachteile, die beiden Wissenschaftlern durch breit veröffentlichte, jedoch nicht bestätigte Vorwürfe entstanden sind, hielt der Hauptausschuss der DFG eine in die Zukunft gerichtete Sanktion des wissenschaftlichen Fehlverhaltens, das beiden entgegenzuhalten ist, nicht für angemessen. Die DFG sieht die Ursache für die festgestellten Mängel vor allem in Unerfahrenheit und mangelnden Vorkehrungen zur Qualitätssicherung. Beides ist heute nicht mehr gegeben.
Hans Peter Friedl, von 1997 bis 2000 ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg, wurde 2003 vom Landgericht Freiburg in drei Fällen der fahrlässigen und in einem Fall der vorsätzlichen Körperverletzung für schuldig gesprochen.[44] Über mehrere Jahre war er für eine ganze Reihe schwerster ärztlicher Kunstfehler verantwortlich gewesen, ohne dass interne Kontrollmechanismen seitens der Klinikleitung dem entgegengewirkt hätten.[45][46]
Titelaberkennungen
In Folge der Untersuchungen von Letizia Paoli entstand bald ein Plagiatsverdacht gegen mehrere Wissenschaftler der sportmedizinischen Abteilung des Klinikums. Hierzu gehörten die Professoren Aloys Berg, Gerrit Simon, Arno Schmidt-Trucksäss und Joachim Staiger.[47] Die Universität Freiburg nahm wegen Plagiatsverdacht auch Untersuchungen gegen den Leiter der sportmedizinischen Abteilung Hans-Hermann Dickhuth, sowie die Sportmedizinerin Ulrike Korsten-Reck auf.[48] Nach entsprechender Überprüfung bestätigte der Habilitationsausschuss der medizinischen Fakultät den Verdacht gegenüber Korsten-Reck am 11. Dezember 2014.[49] Die Sportmedizinierin gab ihren Titel daraufhin zurück. Im Dezember 2014 wurde bekannt, dass auch der ehemalige Lehrbeauftragte und ehemalige Arzt der Deutschen Radsportnationalmannschaft Yorck Olaf Schumacher nach einer Berichterstattung durch das Magazin Spiegel seine Habilitation ohne Angabe von Gründen zurückgegeben hat.
Auf Basis der Prüfung seiner Habilitation durch die von Letizia Paoli geführte Evaluierungskommission erhärtete sich auch der Plagiatsverdacht gegenüber dem Sportmediziner Hans-Hermann Dickhuth.[50] Dickhuth war bereits zuvor in die Kritik geraten, als Anfang 2011 das Freiburger Institut für Sportmedizin wegen angeblicher Unterstützung von Doping bei Radsportlern untersucht wurde – er wurde von allen Vorwürfen freigesprochen.[51] In Folge der erneuten Untersuchungen wurde ihm seine Habilitation jedoch am 14. Oktober 2013 aberkannt.[52][53] Auch die Doktorarbeit seiner Ehefrau war im Zuge der Untersuchungen des "Ausschusses für Redlichkeit in der Wissenschaft" überprüft worden.[54] Passagen, Grafiken und Tabellen aus der Habilitationsschrift Dickhuths fanden sich gleichlautend in mehreren Arbeiten, die er betreut hatte.[51] Insgesamt gerieten sieben Doktoranden, deren Dissertationen genauer betrachtet worden waren, in Verdacht des Plagiats, als Übereinstimmungen mit der Habilitationsarbeit Dickhuths festgestellt wurden. Es konnte anhand dieser mehr als 30 Jahre zurückliegenden Vorgänge nicht nachgewiesen werden, welche der Arbeiten jeweils der Ursprungstext war.[51] Die Untersuchungen dauerten bis Sommer 2018 an – der Promotionsausschuss kam dann zu dem Beschluss, dass alle Doktortitel anerkannt bleiben.[55] Dickhuth selbst hatte sich bereits im Jahr 2014 mit der Universität Freiburg darauf geeinigt, dass trotz Aberkennung des Professorentitels, sein Status als Ruhestandsbeamter erhalten bleibt.[56][51]
Literatur
- Eduard Seidler: Die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Springer, Heidelberg 1991, doi:10.1007/978-3-662-06665-2 (springer.com [abgerufen am 4. September 2017]).
- Ernst Georg Kürz: Die Freiburger Medizinische Fakultät und die Romantik. In: Münchener Beiträge zur Geschichte und Literatur der Naturwissenschaften und Medizin. Band 17. München 1929.
Weblinks
Einzelnachweise
- Neue Kaufmännische Direktorin für das Universitätsklinikum Freiburg. Universitätsklinikum Freiburg, abgerufen am 5. April 2020.
- Vorstand des Universitätsklinikums Freiburg. Abgerufen am 1. Juni 2021.
- Übersichtsseite Uniklinikum Freiburg - Zahlen und Fakten
- Krankenhausstatistik. Abgerufen am 6. Januar 2019.
- KTQ®-Zertifikat des Klinikums. (Memento vom 30. Juni 2008 im Internet Archive) auf: uniklinik-freiburg.de
- Stefan Hupka: Frederik Wenz wird neuer Chef der Freiburger Uniklinik. In: Badische Zeitung. 23. September 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- Hans Killian: Hinter uns steht nur der Herrgott. Sub umbra dei. Ein Chirurg erinnert sich. Kindler, München 1957; hier: Lizenzausgabe als Herder-Taschenbuch (= Herderbücherei. Band 279). Herder, Freiburg/Basel/Wien 1975, ISBN 3-451-01779-2, S. 203–214 (Gefallener Engel) und 252.
- Silvia Groß: Ulrich Kottenrodt. Die nicht vorhandene Mutter. In: Michael Klant (Hrsg.): Skulptur in Freiburg: Kunst des 20. Jahrhunderts im öffentlichen Raum. modo Verlag, Freiburg 1998, ISBN 3-922675-76-X, S. 51.
- Ernst Kern: Sehen – Denken – Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000. ISBN 3-609-20149-5, S. 109.
- Großbaustelle Uniklinik: Operation schon fast gelungen. badische-zeitung.de
- Das Uni-Notfallzentrum ist in Betrieb - zehn Jahre Planung und Bau. badische-zeitung.de
- Freiburg: Masterplan für die Uniklinik 21. badische-zeitung.de
- jlb: Bauantrag für Kinderklinik - Freiburg. In: Badische Zeitung. 1. Juli 2017, abgerufen am 15. Juli 2017.
- hup: Uniklinik hat kein Geld für die neue Kinderklinik - Südwest. In: Badische Zeitung. 15. Juli 2017, abgerufen am 15. Juli 2017.
- Simone Lutz: Für Freiburgs neue Kinderklinik werden ab Freitag 89 Bäume gefällt - Freiburg. In: Badische Zeitung. 23. Februar 2018, abgerufen am 25. Februar 2018.
- Simone Lutz: Bauarbeiten für die neue Kinderklinik in Freiburg haben begonnen. Badische Zeitung, 15. Oktober 2018, abgerufen am 11. Mai 2019.
- Simone Lutz: Richtfest für die neue Kinderklinik. Badische Zeitung, 26. September 2020, abgerufen am 26. September 2020.
- Simone Lutz: Wie aus einem Neubau ein Haus für kranke Kinder wird. Badische Zeitung, 28. Februar 2022, abgerufen am 1. März 2022.
- BZ-Redaktion: Uniklinik Freiburg plant Ersatzneubau für die Chirurgie. Badische Zeitung, 4. September 2020, abgerufen am 4. September 2020.
- Stephanie Streif: Klinik steht auf neuem Sockel. Badische Zeitung, 28. Oktober 2020, abgerufen am 28. Oktober 2020.
- HNO-/Augenklinik. Abgerufen am 28. Oktober 2020.
- Badische Zeitung: "UHZ komplett unter das Dach des Klinikums" - Bad Krozingen - Badische Zeitung. (badische-zeitung.de [abgerufen am 31. August 2017]).
- https://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/zukunft-des-universitaets-herzzentrums-freiburg-bad-krozingen-gesichert/
- Frank Schoch: Verträge unterzeichnet: Universitäts-Herzzentrum wird Teil der Uniklinik. Badische Zeitung, 30. Juli 2020, abgerufen am 4. August 2020.
- Herzzentrum wird Teil des Universitätsklinikums Freiburg. Universitätsklinikum Freiburg, abgerufen am 1. April 2021.
- Historie des UHZ. Abgerufen am 1. April 2021.
- Projektbericht von Eva Kalbheim, Deutsche Krebshilfe, 16. Juni 2011.
- Johannes Tran: Freiburg: Uniklinik: Richtfest für Neubau des Tumorzentrums. In: Badische Zeitung. 25. Juli 2016, abgerufen am 25. Juli 2016.
- Katharina Meyer: Ein Zentrum für alle Tumorpatienten. Badische Zeitung, 4. Mai 2019, abgerufen am 11. Mai 2019.
- Neues Zentrum für Immundefizienz in Freiburg. Pressemitteilung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 9. Mai 2008.
- Heinz Siebold: Lindern, wenn Heilen nicht mehr möglich ist. In: Stuttgarter Zeitung. 31. März 2012, abgerufen am 1. April 2012.
- abhoeren #3 – Visite: Sedierungsfreie Intensivmedizin feat. Johannes Kalbhenn. 23. Juli 2018, abgerufen am 14. September 2019 (deutsch).
- Die 15 Akademischen Lehrkrankenhäuser. (Memento vom 2. Januar 2012 im Internet Archive) uniklinik-freiburg.de
- Anno Hecker: Die westdeutsche Vergangenheit: Doper, vereint Euch. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2. Februar 2009.
- Werner Franke: Anabolika im Sport – Der Arzt als Erfüllungsgehilfe des Sportfunktionärs. Leichtfertige Verniedlichung von Nebenwirkungen. In: Medical Tribune. Ausgabe Österreich. Jahrgang 9, Nr. 16, 22. April 1977. (online auf cycling4fans.de); Abschlussbericht der Expertenkommission zur Aufklärung von Dopingvorwürfen gegenüber Ärzten der Abteilung Sportmedizin des Universitätsklinikums Freiburg. uniklinik-freiburg.de
- Pressemitteilung: Universitätsklinikum weist Dopingvorwürfe gegen Freiburger Sportmediziner zurück, 30. April 2007; Unabhängige Gutachterkommission soll Doping-vorwürfe gegen Ärzte der Freiburger Sportmedizin vollständig aufklären. Pressemitteilung. 15. Mai 2007; Nach dem Geständnis. Pressemitteilung. 24. Mai 2007.
- Universität und Klinikum sehen sich nach erneutem Geständnis in ihrer rigorosen Aufklärungsarbeit bestätigt. Pressemitteilung. 29. Mai 2007.
- Klinikumsvorstand gibt Freigabe einzelner sportmedizinischer Bereiche bekannt. Pressemitteilung. 9. Juli 2007.
- Doping: Blockierte Aufklärung. In: Der Spiegel. Heft 43/2014, S. 103. (www.spiegel.de)
- Thomas Kistner: Verwurstete Doktorarbeiten. Fehlverhalten an der Freiburger Uni erreicht neue Dimensionen. In: Süddeutsche Zeitung. 9. Januar 2016, S. 38.
- Alan Niederer: Forschungsskandal in Freiburg i.Br. Kommission findet wissenschaftliches Fehlverhalten bei sportmedizinischen Publikationen. In: NZZ. 9. Januar 2016, S. 18.
- Krebsforscher droht Disziplinarverfahren - Roland Mertelsmann unter Verdacht. In: Berliner Zeitung. 7. März 2001.
- Tübinger Krebsforscher von Fälschungsvorwürfen entlastet. DFG Pressemitteilung Nr. 18 a, 4. Mai 2001.
- Der Spiegel berichtete ... in Nr. 18/2000. In: Der Spiegel. Nr. 10/2009 (spiegel.de [abgerufen am 4. September 2017]).
- Schraube in der Vene. In: Der Spiegel. Nr. 18/2000, 1. Mai 2000 (spiegel.de [abgerufen am 4. September 2017]).
- Werner Bartens: Kunstfehler. In: Zeit online. 13. März 2003. (aus: Die Zeit. 12/2003)
- Affäre an der Freiburger Uni – Sechs Professoren der Sportmedizin unter Plagiatsverdacht. in Der Spiegel vom 26. Oktober 2014, aufgerufen am 20. Mai 2020
- Radsport: Dr. Schumacher. In: Der Spiegel. Heft 52/2014, S. 127.
- Plagiat – Sportmedizinierin verliert Titel. in Badische Zeitung vom 12. Dezember 2014, aufgerufen am 20. Mai 2020
- "Skandal in Sportmedizin – 'Forschungs-Doping' in Freiburg" in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. Januar 2016, aufgerufen am 20. Mai 2020
- "Habilitation weg, Titel und Pension gerettet" in Der Spiegel, 15. August 2014, abgerufen am 20. Mai 2020
- "Uni Freiburg erkennt Dickhuts Habilitation ab" in Badische Zeitung vom 14. Oktober 2013
- "Skandal in Sportmedizin – 'Forschungs-Doping' in Freiburg" in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. Januar 2016, aufgerufen am 20. Mai 2020
- "Plagiatsvorwurf – Der mutmaßliche Plagiatsfall Dickhuth geht in eine weitere Runde" auf Business-on.de, am 5. Mai 2011, aufgerufen am 20. Mai 2020
- "Plagiatsfall Dickhuth – Doktoranden dürfen ihre Titel behalten" in der Badischen Zeitung vom 1. Juni 2018, aufgerufen am 20. Mai 2020
- "Plagiatsfall Dickhuth ist abgeschlossen" in Badische Zeitung vom 15. September 2014, aufgerufen am 20. Mai 2020