Rheuma
Mit Rheuma (altgriechisch ῥεῦμα rheuma, deutsch ‚Strömung‘, ‚Fluss‘, ‚Fließen‘) oder Rheumatismus, auch rheumatische Erkrankung, werden Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat mit fließenden, reißenden und ziehenden Schmerzen bezeichnet, die oft mit funktioneller Einschränkung einhergehen. Die medizinisch korrekte Bezeichnung für Rheuma ist „Krankheit des rheumatischen Formenkreises“. Da Rheuma als Sammelbegriff für verschiedene Krankheitsbilder verwendet wird, lässt sich die summierte Prävalenz nur schwer abschätzen. Studien sprechen bezüglich der Gruppe der entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen von etwa 1,45 Millionen Patienten oder 2,1 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland.[1]
Klassifikation nach ICD-10 | |
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M79.0[2] | Rheumatismus, nicht näher bezeichnet |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Geschichte
Frühe Behandlungsversuche von an Rheuma erkrankten Menschen erfolgten im 7. Jahrhundert v. Chr. in Mesopotamien (beim assyrischen König Asarhaddon) mit Süßholz, Massagen und schweißtreibenden Mitteln (Asarhaddons Arzt, Arad-Nana, diagnostizierte bei seinem Dienstherrn eine Entzündung, die im Kopf, Händen und Füßen lokalisiert ist, und empfahl, den vermeintlichen Krankheitsherd, die (kariösen) Zähne, zu entfernen).[3]
Hippokrates hatte bereits Symptome von Krankheiten wie dem rheumatischen Fieber beschrieben und unterschied den akuten Gelenkrheumatismus bzw. entzündliche Gelenkerkrankungen (Arthritis) von der Gicht (Podagra).[4]
Der Begriff „Rheuma“ ist aus der antiken Humoralpathologie im Zusammenhang mit dem „Fließen schlechter Säfte“ entstanden und wurde später auf Krankheiten mit fließenden, reißenden Schmerzen in Gelenken, Sehnen und Muskeln übertragen.[5]
Die traditionellen Begriffe Rheuma und Rheumatismus wurden mit dem Liber de Rheumatismo et Pleuritide dorsali (fertiggestellt 1591, erschienen 1642) von Guillaume de Baillou (1538–1616) geprägt. Er glaubte nach der damaligen Lehre der Körpersäfte (Humoralpathologie), dass kalter „Schleim“ vom Gehirn herab zu den Extremitäten fließe und die entsprechenden Beschwerden auslöse, unterschied jedoch erstmals (im Gegensatz zum Corpus Hippocraticum und Galenos) die Begriffe Rheuma und Katarrh[6] sowie die Krankheitsbilder von Gicht, lokalisierter Arthritis und allgemeinem Rheumatismus.[7]
Paracelsus nennt im 16. Jahrhundert rheumatische Zustände „tartarische“ Krankheiten, abgeleitet von tartarus (Weinstein), da sich wie in einem Weinfass die schmerzverursachenden Schadstoffe im Körper ablagern sollen. Der englische Arzt Thomas Sydenham führte im 17. Jahrhundert den Rheumatismus auf eine Entzündung des Blutes zurück. Den ersten Rheumafaktor entdeckte Erik Waaler 1939 zufällig bei der Syphilis-Diagnostik (mittels eines Komplement verbrauchenden Tests) eines Patienten, der gleichzeitig an chronischer Polyarthritis litt.[8]
Die ersten bedeutenden Rheumamittel waren Goldpräparate gegen chronische Polyarthritis und die gegen Gicht (auch heute noch) eingesetzte cholchicinhaltige Herbstzeitlose, die im 5. Jahrhundert von Asien nach Byzanz gebracht wurde, und später mit Allopurinol ergänzt wurde. Gegen die chronische Polyarthritis wurde 1948 erstmals Kortison verwendet, später auch Chloroquin und D-Penicillamin. Zur Behandlung des rheumatischen Fiebers wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts die in der Rinde von Weiden (Salix-Arten) enthaltene Salicylsäure benutzt (Weidenrinde war jedoch schon zuvor Fieber- und Rheumamittel), bevor um 1900 Acetylsalicylsäure das hierzu eingesetzte Standardmittel wurde (1961 kam dann Indometacin auf den Markt).[9]
Einteilung
Zum rheumatischen Formenkreis gehören sehr unterschiedliche Krankheitsbilder, die nach ihrer Ursache in vier Hauptgruppen eingeteilt werden. Innerhalb dieser Gruppen wird eine weitere Unterteilung vorgenommen. Derzeit gilt folgendes Klassifizierungsschema:
- Entzündlich-rheumatische Erkrankungen (autoimmunbedingt):
- Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis)
- davon wird das rheumatische Fieber (genannt auch akuter Gelenkrheumatismus, Polyarthritis rheumatica acuta und Rheumatismus acutus verus[10]) seit 1953 deutlich unterschieden[11]
- Juvenile idiopathische Arthritis
- Spondylarthritiden
- Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew)
- Psoriasis-Arthritis
- Enteropathische Arthritis (begleitend bei Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa)
- Reaktive Arthritis
- undifferenzierte Spondyloarthritis
- Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen):
- Vaskulitiden (Erkrankungen mit Gefäßentzündung)
- Polymyalgia rheumatica
- Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis)
- Degenerative („verschleißbedingte“) rheumatische Erkrankungen
- Stoffwechselstörungen, die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen
- Gicht und andere Kristallablagerungskrankheiten
- Hämochromatose (Eisenstoffwechselstörung)
- Rheumatische nichtentzündliche Erkrankungen der Weichteile mit Symptomen wie Schmerzen im Bereich von Muskulatur und Sehnen
- Fibromyalgie (nichtentzündlicher Weichteilrheumatismus, „Weichteilrheuma“)
Internationale Klassifizierung
Die „Internationale Klassifikation der Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (ICD-10-GM, 2005)“ unterscheidet mittlerweile etwa 200 bis 400 einzelne Erkrankungen, welche sich im Beschwerdebild, dem Verlauf und der Prognose sehr unterscheiden. Daher sind die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises kaum zu überblicken und schwierig zu diagnostizieren – „Was man nicht erklären kann, sieht man gern als Rheuma an […]“.
Entstehung und Verlauf
Vielen Krankheiten des rheumatischen Formenkreises ist gemein, dass es zu einer Störung des Immunsystems kommt, woraufhin der Körper eigene Strukturen wie die Gelenkinnenhaut (bei der rheumatoiden Arthritis) angreift. Diese sogenannten Autoimmunkrankheiten können in Form der Kollagenosen auch als systemische Erkrankungen auftreten, bei denen nicht nur ein Organ (etwa die Lunge mit Bildung eines durch Exsudat bedingten Pleuraergusses[12]) oder eine Körperregion, sondern gleichartige Gewebe in vielen verschiedenen Organen Ziel des fehlgeleiteten Immunsystems sind.
Ursachen für die Fehlfunktion des Immunsystems sind immer noch unbekannt. In einigen Fällen können jedoch familiäre sowie geschlechtsspezifische Häufungen festgestellt werden, und bei vielen Betroffenen bestimmter rheumatischer Erkrankungen lassen sich charakteristische genetische Marker nachweisen, was beides auf einen gewissen Einfluss genetischer Faktoren schließen lässt. Bei einer kleinen Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, den sogenannten infektreaktiven Arthritiden, ist ein ursächlicher Zusammenhang mit bereits abgelaufenen, meist bakteriellen[13] Infektionen v. a. des Darms oder des Urogenitaltraktes erkennbar.
Zudem konnte nachgewiesen werden, dass bereits der Konsum weniger Zigaretten täglich das Risiko, an Rheuma zu erkranken, verdoppeln kann. Vor allem Frauen, die über viele Jahre rauchen, haben ein hohes Risiko, eine Rheuma-Erkrankung zu entwickeln.[14]
Infolge der chronischen Entzündungen leiden die Betroffenen gelenkbezogener Formen (Gelenkrheumatismus bzw. chronischer Gelenkrheumatismus) unter Schmerzen, Schwellungen oder Ergüssen der Gelenke sowie als Spätfolgen unter Gelenkzerstörung, Fehlstellungen und Funktionsverlust. Schwerwiegende, oft lebensgefährliche Komplikationen verursachen durch chronische Entzündungen in Strukturen verschiedener Organe besonders häufig Erkrankungen aus den Gruppen der Kollagenosen und Vaskulitiden.
Der Verlauf einer Erkrankung und das Ansprechen auf eine Therapie können selbst bei gleicher Diagnose von Patient zu Patient äußerst unterschiedlich ausfallen. Zudem sind die Grenzen zwischen den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen nicht selten fließend. So können Zeichen mehrerer sich überlappender Erkrankungen bei nur einem Patienten auftreten (Overlap Syndrome). Im Allgemeinen zeigt sich jedoch, dass Rheuma-Patienten immer länger im Beruf verbleiben können, was auf eine Verbesserung der Therapie in den letzten Jahren hinweist.[15]
Entgegen der landläufigen Meinung ist Rheuma keineswegs nur eine Erkrankung älterer Menschen. Auch junge Erwachsene und selbst Kinder sind von rheumatischen Erkrankungen betroffen, etwa bei der juvenilen idiopathischen Arthritis.
Arthrosen (verschleißbedingte Gelenkbeschwerden) treten meist im fortgeschrittenen Alter auf, während die entzündliche Form (Arthritis) typischerweise zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr erstmals in Erscheinung tritt. Daher auch die Volksmeinung, dass Rheuma eine „Alte-Leute-Krankheit“ sei.
Diagnostik
Kern der Rheuma-Diagnostik ist die gründliche Anamnese und die körperliche Untersuchung. Schon hiermit kann häufig die Art der Erkrankung eingegrenzt werden.
Für die genaue Einordnung einer Diagnose ist der Nachweis von Antikörpern (Rheumafaktoren) und genetischen Markern im Blut des Patienten ein wichtiger Faktor. Schwierig ist dabei, dass diese nicht zwingend mit einer bestimmten Erkrankung einhergehen und sogar manch nachweislich Erkrankter keine entsprechenden Antikörper oder genetischen Marker aufweist. So besitzen sie in der Diagnostik meist keinen beweisenden, sondern eher einen richtungsweisenden Charakter.
Der Sicherung der Diagnose, der Bestimmung des Stadiums einer Erkrankung sowie der Verlaufskontrolle dienen die verschiedenen bildgebenden Verfahren, insbesondere die konventionelle Röntgendiagnostik, Computertomografie, Magnetresonanztomografie und Szintigrafie.
Therapien
Krankheiten des rheumatischen Formenkreises sind in der Regel nicht dort verursacht, wo ihre äußeren Erscheinungsformen festgestellt werden. Jeder Therapie geht eine qualifizierte differentielle Diagnose voraus, die, von den typischen Erscheinungsformen ausgehend, die Ursache aufklärt. Die Therapie wird dann jeweils auf das Krankheitsbild zugeschnitten, insgesamt geplant oder sukzessive fortgeschrieben.
Für rheumatische Erkrankungen sind fast ausschließlich medikamentöse Therapien wirksam. Änderungen der Lebensweise und insbesondere der Ernährung haben allenfalls unterstützende Wirkung. Operative Eingriffe wie Synovektomien und rekonstruktive Chirurgie mit Gelenkersatz beseitigen in der Regel keine Krankheitsursache, sondern lindern allenfalls deren Folgen. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Radiosynoviorthese.
Bei der Mehrzahl rheumatischer Erkrankungen stellt auch eine physikalische Therapie eine notwendige unterstützende therapeutische Maßnahme dar. So können in vielen Fällen Langzeitschmerzen und Einschränkungen reduziert werden. Insbesondere die Kältetherapie kann entzündungshemmend und schmerzstillend sein. Bei der rheumatoiden Arthritis hat sich auch die Ganzkörperkältetherapie, wo möglich, als schmerzlindernde symptomatische Therapie auch bei Kindern bewährt.
Medikation autoimmunbedingter rheumatischer Erkrankungen
Besonders in akuten Phasen haben sich schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente bewährt, die in geringerer Dosierung auch unterstützend bei der Dauertherapie eingesetzt werden:
- nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), z. B. Naproxen oder Diclofenac, auch spezifische COX-Inhibitoren wie Celecoxib
- steroidale Antirheumatika (Kortikoide), z. B. Prednisolon
Aufgrund der deutlichen Risiken und möglichen Nebenwirkungen muss besonders bei der längerfristigen Verordnung jeweils eine individuelle Abschätzung und Indikation erfolgen. Zusätzlich können Schmerzmittel, die nicht entzündungshemmend wirken, hinzugegeben werden:
- nichtopioide Analgetika, z. B. Metamizol oder Paracetamol
- Opioid-Analgetika, z. B. Tramadol oder Oxycodon
Als Dauertherapie eingesetzt, da unspezifisch auf den Krankheitsprozess wirkend und so langfristig erfolgversprechend:
- Basismedikamente, auch DMARD = disease-modifying antirheumatic drugs (krankheitsmodifizierende Antirheumatika), z. B. Immunsuppressiva, vor allem Methotrexat, alternativ aber auch Azathioprin und Ciclosporin A, als Reservemittel auch Leflunomid, alternativ auch Alkylanzien wie Cyclophosphamid; weiterhin Sulfasalazin insbesondere bei den Spondylarthritiden, bei leichteren, nicht-erosiven Verläufen Chloroquin/Hydroxychloroquin. Die früher üblichen Basistherapeutika D-Penicillamin und verschiedene Goldpräparate[16] sind aufgrund ihres ungünstigen Wirkungsprofils inzwischen fast vollständig verschwunden.
- Biologicals (Biologika, biologische DMARDs): Immer häufiger werden neben den bekannten und gut dokumentierten „herkömmlichen“ Basismedikamenten weitere hochwirksame und spezifisch wirkende Medikamente gegen rheumatische Erkrankungen eingesetzt. Eine in der Rheumatologie häufig angewendete Gruppe dieser Medikamente sind die TNF-alpha-Blocker. Nachteilig sind bei Biologicals die sehr hohen Kosten, die durch die immunsuppressive Wirkung verursachte erhöhte Infektanfälligkeit der Patienten und die bisher fehlende Langzeiterfahrung bei der Therapie mit vielen dieser Wirkstoffe. Sie werden daher erst dann eingesetzt, wenn die Behandlung mit klassischen Basistherapeutika keine ausreichende Wirkung erzielte oder aufgrund von Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten eine Behandlung mit diesen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Biologicals existieren in Form von Antikörpern, löslichen Rezeptoren oder Antagonisten gegen proinflammatorische Zytokine wie IL-6 oder TNF-alpha, z. B. Abatacept, Adalimumab, Anakinra, Etanercept, Infliximab und Rituximab.
Zudem müssen oft weitere medikamentöse Maßnahmen gegen häufige schwerwiegende Begleiterscheinungen, aber teils auch selbständig auftretende Phänomene wie das Raynaud-Syndrom eingeleitet werden.
Die Mitte der 1980er Jahre noch auf dem Arzneimittelmarkt befindlichen antiphlogistischen antipyretischen Analgetika mit den Wirkstoffen Phenylbutazon und Oxyphenbutazon wurden im Januar 1984 aufgrund von Nebenwirkungen in Deutschland untersagt oder auf die Anwendung zur Behandlung von Morbus Bechterew und Gicht für nicht länger als eine Woche eingeschränkt.
Da immunmodulatorische oder immunsuppressive Therapien immer auch die natürlichen Abwehrmechanismen gegen verschiedene Krankheitserreger schwächen, steigt währenddessen auch das Risiko für opportunistische Infektionskrankheiten. Das ist besonders problematisch, wenn das Immunsystem, wie bei Rheuma-Patienten, bereits durch die Erkrankung geschwächt ist. Der Immunschutz gegen impfpräventable Erreger spielt daher neben der ursächlichen und symptomatischen Behandlung der Rheuma-Erkrankung eine wichtige Rolle.[17][18]
Physikalische Therapien
Thermotherapie umfasst jegliche Anwendung von Kälte und Wärme als ein Teil der physikalischen Therapie.
Während des akuten Krankheitsschubes hat die lokale Anwendung von Kälte (Kryotherapie) an den betroffenen Gelenken häufig positive Auswirkung auf den Entzündungsprozess und die damit verbundenen Beschwerden.
Vielversprechende Ergebnisse werden durch die Anwendung der Kryotherapie als Ganzkörperkryotherapie in Kryokammern bei bis zu minus 160 °C erzielt. Nach mehrmaliger Anwendung kommt es zur Linderung der Schmerzen, die einige Stunden bis einige Wochen andauert. Die Behandlung wirkt nicht nur symptomatisch, sondern beschleunigt durch bessere Durchblutung und Veränderung des Hormonspiegels auch die Heilungsprozesse in den geschädigten Gelenken und Geweben.
Zudem sind die Krankengymnastik/ Physiotherapie und die Ergotherapie unverzichtbare Säulen der Therapie, die die Beweglichkeit und damit die Selbstständigkeit der Patienten erhalten sollen.
Naturheilverfahren, Phytotherapie
Die moderne Phytotherapie in Europa verwendet standardisierte und zugelassene Extrakte aus Pflanzen. Diese sind in der Rheumatherapie für sekundäre Therapien zur Linderung von Folgeerscheinungen bei Krankheiten des rheumatischen Formenkreises gängig, entbehren aber in der Regel eines wissenschaftlich gesicherten Nachweises der Wirksamkeit.[19][20][21][22]
Der orale Konsum ungiftiger Pflanzen ist ohne nachweisbare direkte (systemische) Wirkung.[23] Für die Einnahme pflanzlicher Mittel wie Löwenzahn, Brennnesseln, Birkenblätter oder Sand-Segge ist eine heilende Wirkung bei Erkrankungen im rheumatischen Formenkreis nicht nachgewiesen.
In der Phytotherapie von verschiedenen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises werden heute unter anderem folgende Pflanzen eingesetzt:
Die trotz Einführung wirksamer (chemischer) Schmerzmittel noch gebräuchliche Verwendung von Weidenrinde bietet gegenüber Präparaten mit Salicylsäurederivaten allerdings keine Vorteile. In der Phytotherapie ist stets darauf zu achten, geprüfte und standardisierte Präparate zu verwenden. Diese enthalten eine eingestellte Menge wirksamer Inhaltsstoffe. Die toxischen Inhaltsstoffe aus Pflanzen wurden aus standardisierten Zubereitungen entfernt oder in ihrem Gehalt gesenkt. Dadurch reduziert sich die Gefahr von Vergiftungen und Allergien; diese sind aber nicht ausgeschlossen. Von nicht standardisierter Medikation ist generell abzuraten.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Samaderarinde unter anderem zur Behandlung des „Rheumatismus“ in Europa importiert.[24] Ein Wirksamkeitsnachweis ist nicht bekannt.
Impfungen
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises gehen mit einem geschwächten Immunsystem einher. Immunsuppressive Therapien beeinträchtigen die körperliche Abwehr der Betroffenen zusätzlich. Aus diesem Grund gehören Rheuma-Patienten zur Risikogruppe für verschiedene impfpräventable Infektionskrankheiten.[18] Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) rät daher zum Vervollständigen und Aktualisieren der altersentsprechenden Standardimpfungen. Außerdem hat die STIKO gemeinsam mit verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften Anwendungshinweise für bestimmte Indikationsimpfungen herausgegeben.[17][18]
Insbesondere Totimpfstoffe gelten als gut verträglich für immungeschwächte Patienten, z. B. gegen Influenza, Herpes Zoster, Pneumokokken und Meningokokken der Serogruppen A, C, W, Y und B. Die Gabe von Lebendimpfstoffen, etwa gegen Rota- oder Gelbfieberviren, ist dagegen häufig kontraindiziert, vor allem während einer laufenden immunsuppressiven Therapie. Die Impfungen bedürfen immer einer individuellen Entscheidung des behandelnden Arztes.[18]
Selbsthilfeorganisationen
Welt-Rheuma-Tag
Der Welt-Rheuma-Tag (engl.: world arthritis day) wurde erstmals 1996 von der Arthritis and Rheumatism International (ARI) ins Leben gerufen, der internationalen Vereinigung von Selbsthilfeverbänden Rheumabetroffener. Ziel ist es, die Anliegen rheumakranker Menschen an diesem Tag in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Der Welt-Rheuma-Tag findet immer am 12. Oktober weltweit statt.[25]
Die Deutsche Rheuma-Liga hat den Jahrestag in Deutschland erstmals 2005 eingeführt und begeht den 12. Oktober seitdem stets mit einem besonderen Motto und Kampagnenschwerpunkt.[26]
Weblinks
- Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V.
- Faltblattreihe der Deutschen Rheuma-Liga: Die wichtigsten Informationen schnell und gut verständlich, in englischer, türkischer und russischer Sprache (Link geprüft am 29. Juli 2018)
- Was ist Rheuma? (PDF; 49 kB)
- Was ist TNF-alpha?
- Krankheitsbild der chronischen Polyarthritis
Literatur
- Thierry Appelboom (Hrsg.): Art, history and antiquity of rheumatic diseases. Brüssel 1987.
- Jean Robert d’Eshougues: Gicht und Rheumatismus. In: Illustrierte Geschichte der Medizin. Deutsche Bearbeitung von Richard Toellner u. a., Sonderauflage (in sechs Bänden). Salzburg 1986, Band IV, S. 2260–2291.
- Ange-Pierre Leca: Histoire illustrée de la Rhumatologie. Goutte, rhumatismes et rhumatisants. Paris 1984.
- Axel W. Bauer: Rheumatismus. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1247.
- Ludwig Heilmeyer, Wolfgang Müller: Die rheumatischen Erkrankungen. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 309–351.
Einzelnachweise
- A. Zink, J. Braun, E. Gromnica-Ihle, D. Krause, H. J. Lakomek: Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie zur Versorgungsqualität in der Rheumatologie – Update 2016. In: Zeitschrift für Rheumatologie. Band 76, Nr. 3, April 2017, ISSN 0340-1855, S. 195–207, doi:10.1007/s00393-017-0297-1 (springer.com [abgerufen am 7. Oktober 2021]).
- Alphabetisches Verzeichnis zur ICD-10-WHO Version 2019, Band 3. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Köln, 2019, S. 755
- Wolfgang Miehle: Gelenk- und Wirbelsäulenrheuma. Eular Verlag, Basel 1987, ISBN 3-7177-0133-9, S. 10.
- Wolfgang Miehle: Gelenk- und Wirbelsäulenrheuma. 1987, S. 44 f.
- Ludwig Heilmeyer, Wolfgang Müller: Die rheumatischen Erkrankungen. 1961, S. 310 f. (Der Rheumabegriff).
- Axel W. Bauer: Rheumatismus. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1247.
- Axel W. Bauer: Rheumatologie. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1247 f.; hier: S. 1247.
- Wolfgang Miehle: Gelenk- und Wirbelsäulenrheuma. 1987, S. 10 f.
- Wolfgang Miehle: Gelenk- und Wirbelsäulenrheuma. 1987, S. 11 f.
- Ludwig Heilmeyer, Wolfgang Müller: Die rheumatischen Erkrankungen. 1961, S. 312–321.
- Axel W. Bauer: Rheumatologie. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1247 f., hier: S. 1247.
- Berthold Jany, Tobias Welte: Pleuraerguss des Erwachsenen – Ursachen, Diagnostik und Therapie. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 116, Nr. 21, 2019, S. 377–385, hier: S. 379 f. und 382.
- Vgl. auch Wolfgang Heinrich Veil: Der Rheumatismus und die streptomykotische Symbiose. Pathologie und Therapie. Stuttgart 1939.
- Daniela Di Giuseppe, Nicola Orsini, Lars Alfredsson, Johan Askling, Alicja Wolk: Cigarette smoking and smoking cessation in relation to risk of rheumatoid arthritis in women. In: Arthritis Research & Therapy. 15, 2013, S. R56, doi:10.1186/ar4218.
- W. Mau, K. Thiele, J. Lamprecht: Trends der Erwerbstätigkeit von Rheumakranken. In: Zeitschrift für Rheumatologie. Februar 2014, S. 11–19, doi:10.1007/s00393-013-1205-y.
- Gold und andere Metalle wurden im 17. Jahrhundert zur Behandlung von Gelenkentzündungen eingesetzt. Wolfgang Miehle: Gelenk- und Wirbelsäulenrheuma. Eular Verlag, Basel 1987, ISBN 3-7177-0133-9, S. 10 und 12.
- Ständige Impfkommission (STIKO): Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2021. 26. August 2021, doi:10.25646/8824 (rki.de [abgerufen am 7. Oktober 2021]).
- Norbert Wagner, Frauke Assmus, Gabriele Arendt, Erika Baum, Ulrich Baumann: Impfen bei Immundefizienz: Anwendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen. (IV) Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und unter immunmodulatorischer Therapie. In: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. Band 62, Nr. 4, April 2019, ISSN 1436-9990, S. 494–515, doi:10.1007/s00103-019-02905-1 (springer.com [abgerufen am 7. Oktober 2021]).
- E. Ernst, S. Chrubasik: Phyto-anti-inflammatories. A systematic review of randomized, placebo-controlled, double-blind trials. In: Rheumatic diseases clinics of North America. Band 26, Nr. 1, Februar 2000, ISSN 0889-857X, S. 13–27, vii.
- C. Little, T. Parsons: Herbal therapy for treating rheumatoid arthritis. In: Cochrane database of systematic reviews (Online). Nr. 1, 2001, ISSN 1469-493X, S. CD002948, doi:10.1002/14651858.CD002948.
- L. Long, K. Soeken, E. Ernst: Herbal medicines for the treatment of osteoarthritis: a systematic review. In: Rheumatology. Band 40, Nr. 7, Juli 2001, ISSN 1462-0324, S. 779–793.
- J. Grifka, U. Müller-Ladner: [A synopsis of medication for degenerative osteoarthritis]. In: Der Orthopäde. Band 33, Nr. 7, Juli 2004, ISSN 0085-4530, S. 809–815, doi:10.1007/s00132-004-0679-3.
- Ingeborg Viktoria Lackinger, Hans Weiss: Rheuma. Arthrose, Gicht. Stiftung Warentest, Stuttgart 1992, ISBN 3-924286-67-1, S. 85.
- Samaderarinde (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. in Merck’s Warenlexikon, 7. Auflage. 1920.
- world arthritis day (englischsprachige Internetseite)
- Welt-Rheuma-Tag auf der Internetseite der Deutschen Rheumaliga