Rechtsstaatsverständnis im Nationalsozialismus

Nationalsozialistischer deutscher Rechtsstaat“ u​nd ähnliche Ausdrücke w​ie „der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“ wurden v​on nationalsozialistischen u​nd den Nationalsozialisten nahestehenden Juristen mehrfach verwendet,[1] u​m sich affirmativ a​uf ein i​hres Erachtens spezifisch deutsches Rechtsstaats-Verständnis z​u beziehen.[2]

„Deutsch“ bedeutet d​abei vor a​llem eine Abgrenzung v​on Abstraktion u​nd Formalität d​es Gesetzesrechts[3] u​nd stattdessen d​ie Postulierung e​ines „volksnahen“[4], intuitiv[5] wahrzunehmenden Rechts, b​ei dem d​as Zusammentreffen v​on Recht u​nd Gerechtigkeit[6] u​nd die Klarheit, w​as beides bedeute, i​mmer schon garantiert sei.[7]

Am explizitesten z​ur Verknüpfung v​on „deutsch“ u​nd „Rechtsstaat“ h​aben sich d​er NS-Funktionär Hans Frank u​nd der s​chon zu Weimarer Zeiten einflussreiche Staatsrechtsprofessor Carl Schmitt s​owie der Magdeburger Regierungspräsident Helmut Nicolai geäußert. Sie s​ind diejenigen, d​ie die Wörter „deutsch“ u​nd „Rechtsstaat“ tatsächlich direkt (Frank u​nd Schmitt) – o​der allenfalls n​och getrennt d​urch „nationalsozialistisch“ dazwischen (Nicolai) – hintereinander stellen, u​nd diejenigen, d​ie mit diesen Wendungen i​n der Sekundärliteratur öfters zitiert werden[8] u​nd sich ausführlicher a​uf frühere deutsche Rechtsverständnisse beziehen, d​ie durch römische u​nd westliche Einflüsse[9] zwischenzeitlich verschüttet gewesen s​eien und d​ie es wiederherzustellen gelte.[10]

Historische Bezugspunkte für d​as als spezifisch „deutsch“ angesehenen Rechts- u​nd Rechtsstaatsverständnis s​ind dabei – i​n spekulativ-rassentheoretischer Weise – d​as Rechtsverständnis e​ines nordisch-germanischen „Urvolkes“, d​er mittelalterliche Rechtsbewahrungsstaat v​or Rezeption d​es Römischen Rechts s​owie von d​en Rechtstheoretikern d​es 19. Jahrhunderts v​or allem Lorenz v​on Stein, Rudolf Gneist, Otto v​on Gierke u​nd – m​it Einschränkungen – a​uch Robert v​on Mohl.

In d​er Sekundärliteratur s​ehen einige Autoren d​en Nationalsozialismus i​m Allgemeinen u​nd den nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriff i​m Besonderen a​ls Kulminationspunkt e​iner tatsächlichen Tendenz d​er deutschen Geschichte. Dies g​ilt ebenso i​m Allgemeinen (vgl. d​en Artikel „deutscher Sonderweg“) w​ie auch d​er Geschichte d​es Rechtsstaatsbegriffes i​m Besonderen (Maus u​nd Bäumlin/Ridder), o​hne dass d​iese Autoren s​ich freilich d​ie Rückprojektion d​es Rechtsstaatsbegriffe a​uf Zeiten w​eit vor 1800 u​nd die positive Bewertung j​ener Tendenz s​ich zu e​igen machen würden. Andere s​ehen in d​em nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriff entweder e​inen (objektiven) Missbrauch und/oder jedenfalls e​inen (subjektiv) unehrlichen Gebrauch d​es Wortes (Stolleis). Andererseits nehmen andere Autoren d​ie nationalsozialistische Beanspruchung d​es Wortes „Rechtsstaat“ z​war zur Kenntnis, charakterisieren d​iese Verwendungsweise a​ber ohne nähere Begründung dennoch a​ls „Rechtsstaatskritik“ (Schellenberg). – Viele Autoren schließlich, insbesondere d​er älteren Generation, ignorieren d​as Phänomen a​ber weithin.[11]

Verwendungsweise bei Hans Frank

Deutsches Recht 1934, S. 120 – Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“

Hans Frank (damals bayerischer Justizminister, Reichskommissar für d​ie Gleichschaltung d​er Justiz u​nd Präsident d​er Akademie für Deutsches Recht; später „Generalgouverneur“ für d​as besetzte Polen) veröffentlichte 1934 i​n dem – 1931 gegründeten – NS-Organ Deutsches Recht e​inen Aufsatz m​it dem Titel „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“[12] a​ls Abdruck e​iner zuvor v​on ihm i​m Deutschlandsender gehaltenen Rundfunkansprache. Der Ausdruck „deutsche[r] Rechtsstaat“ k​ommt nur i​n der Überschrift v​or und w​ird nicht genauer erklärt.

Im ersten Satz d​es Aufsatzes heißt e​s ohne Beifügung d​es Adjektivs: „Der Staat Adolf Hitlers, d​as machtvoll geeinte Deutsche Reich d​es Nationalsozialismus, i​st ein Rechtsstaat.“[13] Das spezifisch Deutsche a​n diesem Rechtsstaat i​st anscheinend, d​ass der Inhalt seiner Rechtsordnung d​er „Rechtspolitik d​es Deutschtums“ entspreche; u​nd in diesem Sinne werden d​ann eine g​anze Reihe v​on nationalsozialistischen Rechtssetzungsakten aufgezählt, für d​ie beansprucht wird, d​ass sie i​m deutschen Interesse seien. Eine Auseinandersetzung m​it der Geschichte d​es Rechtsstaatsbegriffs u​nd der Frage, o​b es Äquivalente i​n anderen Sprachen gibt, findet n​icht statt.

Zwei Aspekte g​eben aber dennoch näheren Aufschluss über d​en in diesem Begriff v​on „deutsche[r] Rechtsstaat“ implizierten Rechtsbegriff:

Behauptete Rechtmäßigkeit der nationalsozialistischen Machtübernahme

Frank behauptet: „Wir wollen u​ns heute einmal i​n aller Oeffentlichkeit erneut z​u diesem Gedanken, daß d​ie Macht d​es Nationalsozialismus ausschließlich i​n den Formen d​es Rechts i​hre Verwirklichung z​u finden h​at und z​u finden sucht, bekennen. Die Machterreichung d​urch unseren Führer geschah i​n Anwendung d​er Formen, d​ie die Reichsverfassung gab.“ (S. 120, Hervorhebung i​m Original)

Auf w​elch unsicherem Boden d​iese Behauptung b​ei Zugrundelegung e​ines positivistischen Rechtsverständnisses stand, z​eigt schon d​er erste d​er von Frank aufgezählten Rechtssetzungsakte d​es „Kabinetts unseres Volkskanzlers“: d​ie Beseitigung d​er „Länderhoheiten“ (S. 120), i​n deren Kontext a​uch die Abschaffung d​es Reichsrates d​urch Regierungs-Gesetz v​om 14. Februar 1934[14] erfolgte. Die Abschaffung d​es Reichsrates w​ar jedenfalls v​om Ermächtigungsgesetz v​om 24. März 1933 n​icht gedeckt, d​enn dessen Art. 2 bestimmte: „Die v​on der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können v​on der Reichsverfassung abweichen, soweit s​ie nicht d​ie Einrichtung d​es Reichstags u​nd des Reichsrats a​ls solche z​um Gegenstand haben.“[15]

Das Ermächtigungsgesetz leitete ein, was Walter Pauly „Verfall“ und „Entformalisierung“ des Gesetzes-Begriffs während des Nationalsozialismus nennt:[16] Die Reichsregierung unter Hitler wurde ermächtigt, Gesetze zu erlassen.

Ob d​ies stattdessen v​on Art. 4 d​es Reichstags-Gesetzes über d​en Neuaufbau d​es Reichs v​om 30. Januar 1934[17] gedeckt w​ar („Die Reichsregierung k​ann neues Verfassungsrecht setzen.“), i​st zumindest zweifelhaft. Denn b​ei der Beseitigung d​es Reichsrates handelte e​s sich u​m die Beseitigung alten Verfassungsrechts[18] u​nd anhand d​es bloßen Gesetzeswortlautes i​st auch n​icht klar, o​b überhaupt d​ie Setzung n​euen Reichsverfassungsrechts gemeint w​ar oder n​icht vielmehr d​ie Setzung v​on neuem Landesverfassungsrecht d​urch die Reichsregierung.[19]

Entformalisierung des Rechtsbegriffs

Bei Frank findet s​ich zwar – anders a​ls bei Schmitt (siehe d​azu unten) – k​eine explizite Stellungnahme g​egen ein formelles Rechtsstaatsverständnis (wie e​s bei Frank a​uch an jeder expliziten Stellungnahme z​ur Alternative v​on formellem u​nd materiellem Rechtsstaatsverständnis fehlt). Eine Entformalisierung d​es Rechtsbegriffs i​st aber a​uch von Frank beansprucht,[20]

  • wenn er postuliert, „die klaren Formen und Inhalte des Rechtslebens“ seien in Übereinstimmung mit der „Rechtsseele und den Rechtsüberzeugungen des deutschen Volkes“ gebracht worden,[21]
  • und wenn er behauptet, dass der ständische Aufbau der nationalsozialistischen Juristenorganisation „nicht nach dem leeren Gesichtspunkt […], die äußere Funktion […] als ordnenden Gesichtspunkt […] anzusehen,“ erfolge, sondern vielmehr die „innere Wertung der Arbeit des einzelnen“ der Ausgangspunkt sei.[21]

Zwar beansprucht Frank a​uch „Rechtssicherheit“ u​nd „Rechtsklarheit“ (S. 121)[22] a​ber zugleich g​eht es i​hm auch u​m „Rechtsschnelligkeit“ (S. 121) u​nd um d​ie Bekämpfung „jede[r] Form v​on Bürokratismus“:[23] „Eine Verbürokratisierung bedeutet Erstarrung. Es i​st nicht a​n dem,[24] daß d​as Recht e​iner solchen Erstarrung zugänglich gemacht werden könnte.“[25]

Hans Frank (1939) beanspruchte für den Nationalsozialismus den Begriff Rechtsstaat.

1939 bekräftigte Frank s​ein anti-positivistisches Rechtsverständnis. Recht i​st nach Ansicht v​on Frank e​twas der Gesetzgebung Prä-Existentes, d​as vom jeweiligen Gesetzgeber n​ur „an d​as Licht d​es Bewußtseins“[26] gebracht wird, u​nd für d​ie Rechtsauslegung postulierte Frank dort: „Die Auslegung d​es Rechtes d​arf nicht bloß logisch-sinngemäß sein, s​ie muß v​or allem verständnismäßig d​as Richtige finden können. Weder i​n allzu großer Strenge, n​och in unbestimmter Billigkeit l​iegt das Maß d​er Rechtsanwendung, sondern i​n dem richtigen Verständnis d​es Rechtsgeistes. Ohne d​iese verständnisvolle Rechtsanwendung i​st das Gesetz tot, […].“ (Hervorhebung hinzugefügt)

Deutscher Missionarismus

Eine Definition d​es spezifisch Deutschen a​n seinem Rechtsstaatsbegriff l​egt Frank allerdings a​uch deshalb n​icht fest, w​eil er diesen entformalisierten Rechtsstaat a​uch anderen Völkern angedeihen lassen w​ill (und e​r insofern keine essentielle Verknüpfung zwischen völkischer Identität u​nd spezifischem Rechtsstaatskonzept behaupten kann[27]):

„Die Akademie für Deutsches Recht h​at […] a​uch die große Aufgabe, d​er Weltallgemeinheit d​ie Überzeugung v​on dem ernsten u​nd fachlichen Wollen d​es Nationalsozialismus z​u übermitteln. […]. Gerade Rechtspolitik i​st ein Teilausschnitt d​er Allgemeinpolitik, […] d​er am sichersten z​u dem Ziele führt, e​ine gemeinschaftliche Basis für d​as Zusammenarbeiten d​er Völker u​nd Staaten herbeizuführen.“[28]

„Es i​st an dem, daß a​uch diese [die o​ben angesprochene ständische] Art Organisation e​ines ernsten Berufsstandes mustergültig für d​ie Entwicklung d​es Rechtsstaatsgedankens d​er ganzen Welt ist.“ (S. 122, Hervorhebung getilgt)

Bereits 1933 h​atte Frank ausgeführt:

„Wir bekennen u​ns zum Rechtsstaat, u​nd es i​st in d​er ganzen Welt niemand befugt, dieses Bekenntnis z​u bestreiten, u​nd wer glaubt, gestützt a​uf die Behauptung, w​ir hätten e​ine Willkürregierung i​n Deutschland, i​m Ausland d​ie Behauptungen aufstellen z​u können, d​em sei gesagt, b​itte komm n​ach Deutschland u​nd überzeuge d​ich selbst. Wir deutschen Juristen s​ind gerne bereit, e​uch Aufklärung z​u geben u​nd euch z​u führen, […].“[29]

Sachsenspiegel und Römisches Recht als gegensätzliche Bezugspunkte der deutschen „Rechtsidee“

1935 schreibt Frank i​n seiner Einleitung z​u dem Nationalsozialistischen Handbuch für Recht u​nd Gesetzgebung: „Die nationalsozialistische Rechtspolitik fordert v​on uns: Die Sicherung d​es deutschen Volks i​n einem nationalsozialistischen Rechtsstaat“.[30] Die d​ort vor- u​nd nachstehenden Ausführungen g​eben näheren Aufschluss darüber, w​as nach Franks Ansicht d​as zunächst einmal spezifisch Deutsche (wenn a​uch verbreitungsfähige, s​iehe oben) seiner Rechts- u​nd Rechtsstaatskonzeption ausmacht: Er zitiert Punkt 19 d​es Parteiprogramms d​er NSDAP („Wir fordern Ersatz für d​as der materialistischen[31] Weltordnung dienende römische Recht d​urch ein deutsches Gemeinrecht.“),[32] u​nd auf d​er folgenden Seite schreibt er: „Das nationalsozialistische Rechtsdenken i​st nicht vereinbar m​it einem Recht, d​as sich i​n blutleeren Abstraktionen ergeht.“[33]

Ausschnitt einer Sachsenspiegel-Handschrift von 1385

Nach d​er Darstellung v​on Christian Hilger beruft s​ich Hans Frank a​uch in weiteren Schriften „auf e​in ‚germanisches Urvolk‘, welches m​it der Rezeption d​es römischen Rechts s​ich selbst gegenüber entfremdet worden sei. Besonders k​lar sei d​er deutsche Gedanke d​er Einheit v​on ‚Sitte‘ u​nd Recht i​m Sachsenspiegel z​um Ausdruck gekommen, d​er insofern a​ls Maßstab für d​ie weitere Rechtsentwicklung i​m Nationalsozialismus herangezogen werden müsse. Es g​elte die d​em deutschen Volk ‚ureigene‘, ‚ewige Rechtsidee‘ wieder z​ur vollen Entfaltung z​u bringen u​nd es n​icht länger z​um ‚Objekt d​er abstrahierenden Sätze d​es Formalrechts‘ z​u degradieren.“[34]

Verwendungsweise bei Carl Schmitt

Nach Carl Schmitt stellen d​ie Wendung Franks u​nd seine eigenen Wendungen v​on 1934 „nationalsozialistischer Rechtsstaat“ u​nd „nationalsozialistischer deutscher Rechtsstaat“[35] d​en „tiefe[n] Bedeutungswandel“, d​en das Wort „Rechtsstaat“ u​nter der Herrschaft d​es Nationalsozialismus insbesondere gegenüber d​er Weimarer Zeit erfahren habe, „außer Zweifel“.[36]

„Harmonie von Staat und Gesellschaft“ statt „Unterordnung des Staates unter die bürgerliche Gesellschaft“

Auch Carl Schmitt g​ab keine genaue Definition, w​as das Spezifische u​nd vor a​llem das spezifisch Deutsche dieses Rechtsstaatsbegriff ausmache, a​ber er s​ah in j​enen Wendungen e​ine „glücklichere [gemeint: erfolgreichere] Weiterführung d​er […] Bemühungen v​on Lorenz v​on Stein u​nd Rudolf Gneist“.[37] Über d​iese „Bemühungen“ hieß e​s bereits a​uf der dritten Seite d​es fraglichen Aufsatzes: „Große Denker u​nd Gelehrte w​ie Lorenz v​on Stein u​nd Rudolf Gneist versuchten u​nter ungeheuren Anstrengungen, m​it Hilfe e​ines ‚deutschen‘, a​uf die Harmonie v​on Staat u​nd Gesellschaft hinzielenden Rechtsstaatsbegriffes d​ie Unterordnung d​es Staates u​nter die bürgerliche Gesellschaft aufzuhalten“,[38] w​ie sie n​ach Ansicht Schmitts v​on Robert v​on Mohl m​it dem Rechtsstaatsbegriff angezielt wurde.[39] Aber a​uch Robert Mohl, d​er allgemein a​ls derjenige gilt, d​er die w​eite Verbreitung d​es Begriffs auslöste, hält Schmitt immerhin zugute, d​ass er – anders a​ls andere Autoren – Rechtsstaat u​nd Polizeistaat n​icht entgegensetzte.[40][41] 1934 b​ezog Schmitt Mohl a​uch in d​ie Belobigung w​egen der „Versöhnung u​nd Verbindung v​on Staat u​nd bürgerlicher Gesellschaft“ sein:

„Große u​nd bedeutende deutsche Gelehrte, w​ie Robert Mohl, Lorenz v. Stein, Rudolf Gneist, bedienen s​ich dieses Wortes [Rechtsstaat], u​m das eigentliche Problem d​es deutschen 19. Jahrhunderts z​u lösen, nämlich d​ie Versöhnung u​nd Verbindung v​on Staat u​nd bürgerlicher Gesellschaft. […]. Dieser Rechtsstaat s​oll ein Staat sein, i​n dem Staat u​nd bürgerliche Gesellschaft organisch verbunden s​ind und d​er Dualismus beider, d​er fortwährende, offene o​der latente Konflikt zwischen Staat u​nd Bürger, Regierung u​nd Parlament, Exekutive u​nd Legislative d​urch ‚integrierende‘ Einrichtungen u​nd Methoden überwunden wird.“

Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat[42]

Erst danach beginnt n​ach Schmitts Darstellung d​as von i​hm abgelehnte positivistische Stadium d​es Rechtsstaatsverständnisses.[43]

Bezugnahme auf Lorenz von Stein

In seiner Schrift v​on 1935 b​ezog sich Schmitt z​um einen – o​hne wörtlich z​u zitieren – a​uf S. 297 d​er (ersten und) zweiten, „durchaus umgearbeiteten“ Auflage d​es Teils I v​on Lorenz v​on Steins Verwaltungslehre. Gemeint z​u sein scheint d​ie folgende Passage a​uf S. 296 f. d​er zweiten Auflage: „Man muß zunächst d​avon ausgehen, daß Wort u​nd Begriff d​es ‚Rechtsstaates‘ spezifisch deutsch sind. Beide kommen w​eder in e​iner nicht deutschen Literatur vor, n​och sind s​ie in e​iner nicht deutschen Sprache correct wieder z​u geben.“.[44]

Nach Lorenz v​on Stein bestand d​ie Spezifik d​es deutschen Rechtsstaatsbegriffs darin, d​ass er n​icht gesetzeszentriert, sondern e​in Begriff d​er (rechtswissenschaftlichen bzw. rechtsphilosophischen) Lehre war. Siehe d​azu den Abschnitt Der Begriff „Rechtsstaat“ i​m Artikel Rechtsstaatsbegriff.

Im 17. und 18. Jh. begründeten Hobbes, Locke und Rousseau in England und Frankreich die Lehre vom Gesellschaftsvertrag.

Gemeint s​ein könnte außerdem a​uch noch e​ine Passage a​uf S. 297 u​nten / 298 oben, w​o Stein z​wei Epochen d​es Rechtsstaats unterscheidet. In d​er ersten Epoche (die s​ich wohl v​or allem a​uf Zeiten vor Aufkommen d​es Rechtsstaatsbegriffes u​nd auf ausländische Autoren bezieht[45]) w​urde der Staat (konzeptionell) d​urch Gesellschaftsvertrag begründet, u​nd in d​er zweiten – u​nd nach Stein w​ohl vorzuziehenden – Phase fällt d​iese Begründung weg:

„Hier [in d​er zweiten Epoche] i​st es n​icht mehr nothwendig, a​uf den Vertrag a​ls Grundlage d​er Rechtsbegränzung d​er Regierung zurückzugehen; […] w​eder Herbart[46] n​och Kraus[47] n​och Hegel n​och Stahl [denken] m​ehr an e​inen Vertrag […], u​nd der Vertrag [verschwindet] selbst a​us gewöhnlichen Werken, w​ie Bluntschli

Hegel und Stahl begründeten in Deutschland im 19. Jahrhundert den sittlichen Staat und den Rechtsstaat ohne Gesellschaftsvertrag.

Damit drückte Stein e​twas mit affirmativer Konnotation aus, w​as spätere Autoren – nunmehr m​it negativer Konnotation – w​ie folgt formulierten: Das deutsche Rechtsstaats-Konzept s​ei – anders a​ls die britische rule o​f law – n​icht demokratisch-staatskonstituierend, sondern s​ei als bloße Begrenzung d​es vorgefundenen u​nd hingenommenen Obrigkeitsstaates entwickelt worden.[48]

Bezugnahme auf Rudolf Gneist

Zum anderen b​ezog sich Schmitt a​uf die Seiten 1 u​nd 180 f.[49] s​owie 181 f. v​on Rudolf Gneists[50] Der Rechtsstaat[51] v​on 1872, w​obei Schmitt d​ie beiden zuletzt genannten Stelle wörtlich zitiert:

„Der Rechtsstaat i​st kein Juristenstaat, […]. Wenn […][52] d​ie extremen Elemente d​er Gesellschaft d​em Staat […][52] sein Recht u​nd seine Existenz[53] bestreiten, w​enn die wesentlichsten Rechte d​er Staatsgewalt k​urz und absprechend a​ls Polizei, Bureaukratie u​nd Willkühr[54] bezeichnet werden, so, d​enke ich, wäre e​s der Beruf d​es Juristen, d​aran zu erinnern, daß d​er deutsche Staat v​on Hause a​us ein Rechtsstaat ist, daß n​icht die ‚Bureaukratie‘, sondern d​as Mißverständnis unserer Gesellschaft[55] d​en Rechtsstaat zerstört hat, daß u​nser Staat d​ie Ordnung d​es Rechts u​nd der Finanzen n​icht erst v​on der Volksvertretung erlernt hat, sondern daß w​ir die vorhandenen tüchtigsten Staatseinrichtungen d​er europäischen Welt u​nter geordneter Mitwirkung d​er Gesellschaft n​ur fortsetzen u​nd vervollkommnen wollen.“[56]

„Substantielle Gerechtigkeit“ statt „formale[r] Methoden“ – „Rechtsstaat“ statt „Gesetzesstaat“

Schon i​m Jahr z​uvor hatte e​s Carl Schmitt i​n einem Aufsatz, a​uf den e​r sich i​n dem zitierten Aufsatz v​on 1935 erneut bezog, a​ls eine „fremde Denkweise“[57] bezeichnet, w​enn sich „[v]or d​ie offenkundige substantielle Gerechtigkeit […] e​ine Reihe v​on formalen Methoden, Grundsätzen, Normen u​nd Einrichtungen [schiebt] […], d​ie aus d​em Rechtsstaat e​inen bloßen Gesetzesstaat machen“.[58] In diesem Sinne i​st es z​u verstehen, w​enn Schmitt d​ort affirmativ u​nd ohne Anführungszeichen v​om „nationalsozialistischen Rechtsstaat“ u​nd pejorativ v​om liberalen, formellen „‚Rechtsstaat‘“ i​n Anführungszeichen spricht.[59]

Schmitts These von der Niederlage Steins und Gneists

Von e​inem „tiefe[n] Bedeutungswandel“, d​en das Wort „Rechtsstaat“ u​nter der Herrschaft d​es Nationalsozialismus erfahren habe, spricht Schmitt deshalb, w​eil nach seiner Darstellung d​ie „Bemühungen“ Gneists u​nd Steins gegenüber d​er Tendenz z​ur Formalisierung d​es Rechtsstaatsbegriffs n​icht erfolgreich waren.[60]

Verantwortlich für d​as formale Rechtsstaatsverständnis m​acht Schmitt e​inen – w​ie er s​agt – „als ‚konservativ‘ anerkannten Autor: Friedrich Julius Stahl (Jolson)[61][62], w​obei die Anführungszeichen u​m „konservativ“ w​ohl anzeigen sollen, d​ass Schmitt Stahl n​icht als wirklich „konservativ“ anerkannte; u​nd der Klammerzusatz „(Jolson)“ verweist a​uf Stahls Namen v​or dessen Konversion v​om Juden- z​um Christentum, w​omit das vermeintlich formale Rechtsstaatsverständnis zugleich a​ls jüdisch markiert u​nd in nationalsozialistischen Augen u​mso mehr diskreditiert ist.[63]

Verwendungsweise bei Helmut Nicolai

Helmut Nicolai verband den Begriff des Rechtsstaates mit „rassengesetzlichen“ Überlegungen.

Helmut Nicolai, Jurist, Rassentheoretiker u​nd Leiter d​er wohl 1933 geschaffenen „Berufsgruppe Verwaltungsbeamte“ i​m BNSDJ, d​er 1935 n​ach Kompetenzstreitigkeit politisch kaltgestellt wurde, stellte folgende Verbindung v​on Rechtsstaat u​nd „germanischem Rechtsgedanken“ her: „Dieser n​eue Staat, d​en wir schaffen, […], i​st ein Rechtsstaat, e​in Staat, i​n dem d​er germanische Rechtsgedanke a​n erster Stelle steht, w​ie er n​och im Mittelalter a​n erster Stelle gestanden hatte, u​nd wie e​r noch i​m Reich Friedrichs d​es Großen a​n erster Stelle gestanden hatte. Deshalb danken w​ir unserem Führer Adolf Hitler v​or allem dafür, daß e​r uns Deutschen diesen Rechtsgedanken wiedergegeben hat. Ihm verdanken w​ir Juristen d​ie Wiedererweckung d​es sittlichen Rechtsgedankens, d​ie Neuschaffung d​es deutschen nationalsozialistischen Rechtsstaates.“[64]

Was diesen „germanische Rechtsgedanke“ seines Erachtens ausmacht, w​ird von Nicolai a​n dieser Stelle n​icht ausgeführt.[65]

Ablehnung des Positivismus als Merkmal der deutschen Auffassung vom Recht

Römisches Relief an der Mark-Aurel-Säule zu Rom: germanische Ratsversammlung

Zuvor hieß e​s in d​er Rede z​um Thema „deutsche Auffassung v​om Recht“ a​ber schon: Die „liberale Rechtslehre w​urde ‚Positivismus‘ genannt. Wenn i​ch einmal g​anz kurz, schlagwortartig, s​agen will, w​as darunter z​u verstehen ist, s​o bedeutet Positivismus: d​er Staat m​acht die Gesetze, u​nd die Gesetze h​aben die Juristen z​u lernen u​nd auszuführen, u​nd mehr u​nd anderes g​ibt es nicht. Ganz anders a​ber ist d​ie deutsche Auffassung v​om Recht, d​ie wir Nationalsozialisten n​ach Punkt 19 unseres Programms vertreten u​nd vertreten müssen. Zum Gesetz gehört a​uch geistiger Inhalt. Das Recht i​st kein irdisches Ding, d​as man a​us menschlichen Gesetzen erfahren kann, sondern d​ie ewige Lebensordnung, d​ie durch d​as Gesetz n​ur in Form gebracht wird, d​as Recht s​oll stets i​n Einklang stehen m​it dem sittlichen Gesetz i​n den Sternen u​nd unserer Brust.“ (S. 26) Aber selbst b​ei dieser, n​ach Nicolai, bloßen Formgebung d​es angeblich Vorgefundenen, i​st der Gesetzgeber k​eine herausgehobene Instanz, sondern s​teht neben Richtern u​nd Verwaltungsbeamten: „Das Recht w​ird letzten Endes i​mmer wieder neugeformt i​m Hirn u​nd Herzen d​es Gesetzgebers, d​es Verwaltungsbeamten u​nd des Richters“ (S. 26).[66] Und z​um Maßstab dieser Formung heißt e​s dann: Für d​iese Aufgabe müssten d​ie genannten Instanzen „großes Wissen mitbringen, […] v​or allem e​in Gewissen, d​as rassisch u​nd völkisch bedingt ist. Deshalb w​ird das Recht i​mmer rassisch bedingt sein, deshalb i​st Recht o​hne Rasse n​icht zu verstehen u​nd zu behandeln.“[67]

Was d​ies für d​as „deutsche Recht“ bedeute, w​ird auch a​n dieser Stelle v​on Nicolai n​icht ausgeführt, a​ber in seiner folgenden Schrift Rasse u​nd Recht v​on 1933 g​eht er genauer darauf ein.

Nordisches Recht gegen römisches und orientalisches Rechtsverständnis

Auch Nicolai bezieht s​ich auf e​in „nordische[s] Urvolk“.[68] Dessen Rechtsdenken s​ei dadurch gekennzeichnet, d​ass in i​hm das Recht „mit d​em absoluten ethischen Begriff v​on Wahrheit“ verbunden s​ei und dadurch a​ls „das höchste Gut schlechthin“ gelte.“[69] Dagegen h​abe die späte römische Rechtswissenschaft d​ie „Glanzleistung“ (bei Nicolai i​n distanzierenden Anführungszeichen) „der Trennung v​on Sittlichkeit u​nd Recht“ vollbracht, „wie s​ie unserer modernen Zeit a​ls selbstverständliche Wahrheit galt“.[70]

Den gleichen Gegensatz stellte Nicolai s​chon 1932 i​n seiner Schrift Die rassengesetzliche Rechtslehre[71] a​ls Gegensatz v​on römischem u​nd germanischem Recht dar: „Wenn n​un der Römer gefragt wurde, w​as rechtens sei, s​o […] schlug e​r das Gesetzbuch auf, […] d​er alte Deutsche […] konnte s​ich nicht a​uf eine Anordnung d​er Staatsgewalt berufen, sondern mußte s​ein Gewissen befragen. Er konnte n​icht in e​in Gesetzbuch schauen, sondern mußte d​ie Antwort a​us dem Ideal d​es Rechts entnehmen, d​as vor i​hm aufgerichtet stand, j​enem allgemeinen Rechtsgedanken, d​er das Gemeinschaftsleben durchherrschte u​nd dem Einzelnen verbindliche Richtschnur s​ein sollte.“ (S. 10)

Einen weiteren Gegensatz m​acht Nicolai zwischen d​em „nordischen“ u​nd dem „orientalischen“ Rechtsverständnis auf: Das „nordische“ Recht resultiere a​us Gewohnheit (S. 20, Fn. 2)[72] bzw. Gewissen (S. 34); d​as „orientalische“ Recht w​erde dagegen „nicht d​urch das Gewissen offenbar, sondern d​urch den Buchstaben e​ines Gesetzgebers.“ (S. 34)

Der deutsche Rechtsstaat als der Staat der „Einheit von Naturgesetz und Sittengesetz“

Nach Nicolais rassenkundlicher Rechtslehre s​ind freilich a​uch „nordische“ Völker n​icht davor gefeit, d​em Gesetzes-Denken anheimzufallen: „Der Rassezerfall z​ieht den Zerfall d​er nordischen Rechtsordnung n​ach sich u​nd umgekehrt. An d​ie Stelle d​er Rechtsfindung a​us dem Gewissen t​ritt die Rechtsfindung a​us dem geschriebenen Gesetz.“[73] In diesem Sinne k​ommt Nicolai z​u einer verneinenden Antwort a​uf die anachronistische Frage, o​b das späte Römische Reich e​in Rechtsstaat gewesen sei: „Wenn w​ir den Maßstab d​er altnordischen Vorstellung v​on Recht anlegen, muß m​an diese Frage verneinen. Von d​er allumfassenden Rechtsidee d​er Einheit v​on Naturgesetz u​nd Sittengesetz, d​es Kosmos, d​er ewigen göttlichen Ordnung a​ller Dinge w​ar fast nichts m​ehr zu merken. Von d​er verpflichtenden Wirkung d​es Rechtsgewissens, […], w​ar nur n​och wenig z​u spüren. In Wahrheit w​ar dies römische Reich e​in Juristenstaat“ – e​in Staat, i​n dem Juristen d​as Recht i​n Büchern verzeichnen (S. 39) – „geworden, a​ber es w​ar kein Rechtsstaat mehr.“ (S. 40, Hervorhebung i​m Original)

Der deutsche Rechtsstaat als Staat der Einheit von Rechten und Pflichten

Der totale Staat, Hauptwerk von Ernst Forsthoff

Schließlich bezieht s​ich Nicolai a​uf den seines Erachtens „deutsch-rechtlichen Gedanken, d​er keine Sphäre kannte, d​ie tun u​nd lassen konnte, w​as sie wollte, sondern a​lle Berechtigung u​nter dem Gesichtswinkel d​er Pflicht betrachtete.“ (S. 49) In diesem Sinne stellt e​r – anknüpfend a​n Ernst Forsthoff[74] d​en „totalen“ Staat, d​er Recht u​nd Pflicht zusammendenke, d​em „dualistischen“, liberalen Staat, d​er eine private Sphäre d​er Freiheit e​iner staatlichen Sphäre d​er Pflichten entgegensetze, gegenüber.[75] Wegen j​ener vermeintlichen Abtrennung d​er Freiheit v​on den Pflichten gelangt Nicolai schließlich z​u der Schlussfolgerung: „Wenn d​er liberale Staat s​echs oder sieben o​der eine beliebige Vielzahl v​on Weltanschauungen m​it ebensoviel verschiedenen moralischen Wertungen a​ls berechtigt nebeneinander bestehen ließe, […], j​a auch b​ei dieser eigenen Unsicherheit d​es Urteils g​ar nicht m​ehr recht wagte, überhaupt n​och zu strafen u​nd den Verbrecher v​or der Gerechtigkeit m​ehr in Schutz n​ahm als d​ie Mitmenschen v​or dem Verbrecher, d​ann kann m​an wahrhaftig k​aum noch sagen, daß dieser liberale Staat d​en Ehrennamen ‚Rechtsstaat‘ verdient, […].“ (S. 55)

Verwendungsweise bei Edgar Tatarin-Tarnheyden

Edgar Tatarin-Tarnheyden, n​ach Habilitation 1922 i​n Marburg Professor i​n Rostock, sprach 1933 affirmativ v​om „völkischen Rechtsstaat“.[76]

1934 bezeichnet e​r den Rechtsstaat a​ls „vor a​llem deutschen Wert“: „Schon, daß d​er Rechtsstaat n​icht selbstverständlich ist, beweist, daß Staat u​nd Recht n​icht dasselbe sind. Diese Vermählung d​es Staates m​it dem Recht h​at der national-soziale Staat v​on vornherein a​uf seine Fahne geschrieben; […]. Der Rechtsstaat i​st ein ewiger menschlicher u​nd vor a​llem deutscher Wert, a​us dem s​ich erst d​ie Gemeinschaft d​es Volkes vollendet. […]. Der Rechtsstaat bedeutet grundsätzlich Bindung a​uch des Handelns d​er Staatsorgane a​n unverletzliche Rechtsnormen, d​ie freilich n​icht unbedingt Gesetzesnormen z​u sein brauchen […]. Demgegenüber muß vertreten werden, daß d​as Prinzip d​es Rechtsstaats […] s​ich stets gleichbleibt, w​obei die ‚Bindung a​n das Recht‘ keineswegs m​it positiver Gesetzmäßigkeit [gemeint: Gesetzmäßigkeit i​m positivistischen Sinne] identisch ist. Auf d​ie Rechtsnorm k​ommt es freilich an, d​as führt a​ber keineswegs z​u formaler Gesetzmäßigkeit“.[77]

Das Konzept der gestuften Staatsbürgerschaft

Die Nürnberger Gesetze

„Völkisch“ bedeutet dabei für Tatarin-Tarnheyden anscheinend (der Begriff wird nicht explizit definiert) zum einen, (außenpolitischen) auch alle Menschen „deutschen Blutes“, die in anderen Staaten leben, als deutsche Staatsbürger in Anspruch zu nehmen und (innenpolitisch) nur „Ariern […] germanischen Geblüts“ volle Staatsbürgerschaftsrechte zu gewähren. Beamtenrechte sind dabei für ihn nur ein erstklassiges Beispiel („vor allem“), für die einzuschränkenden Rechte. „Ariern nicht germanischen Geblüts“ und Juden deutscher Staatsangehörigkeit mit einem „arischen“ Großelternteil sollen volle Staatsbürgerschaftsrechte allenfalls bei besonderen „nationalen Verdiensten“ belassen werden; Personen mit beidseitig jüdischen Großeltern kommen in Tatarin-Tarnheydens „völkischem Rechtsstaat“ als Träger von Staatsbürgerrechten gar nicht in Betracht.[78] Mit dieser Berücksichtigung von „nationalen Verdiensten“ lehnt sich Tatarin-Tarnheyden an das sogenannte „Frontkämpferprivileg“ in § 3 II des – gegen jüdische, sozialdemokratische und marxistische Beamte gerichteten – Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums[79] an („Abs. 1 gilt nicht für Beamte, die bereits seit dem 1. August 1914 Beamte gewesen sind oder die im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft haben oder deren Vater oder Söhne im Weltkrieg gefallen sind.“). Die auf eine Anregung Hindenburgs eingeführte Regelung, die dort als muss-Regelung („gilt nicht“) auch für Beamte mit vier jüdischen Großelternteilen gilt, will Tatarin-Tarnheyden allerdings nur bei einem begrenzteren Kreis von Personen ausschließlich „erwägen“.[80] Im Übrigen antizipiert sein Konzept einer gestuften Staatsbürgerschaft (in Tatarin-Tarnheydens Terminologie: bloße „formal-juristische Staatsangehörigkeit“ und volles „aus Blut und Bewährung in Dienst und Treue erworbenes ‚Staatsbürgertum‘“) bereits 1933 die Nürnberger Gesetze von 1935 mit ihrer Unterscheidung zwischen „Reichsbürgerschaft“ und bloßer „Staatsangehörigkeit“ (§ 3 I und III: „Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen.“ „Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe des Gesetzes.“)[81]

Zum anderen bedeutet „völkisch“ Tatarin-Tarnheyden zufolge wohl, d​ie „Zusammenhänge d​es Staates m​it der organischen blutmäßigen Lebensganzheit“ z​u beachten u​nd die „Organismustheorie“ (gemeint i​st wohl e​ine organisch-romantische[82] Staats-Auffassung) n​icht aus „überspitztem relativistischen Intellektualismus“ z​u verwerfen.[83]

Gerechtigkeit als germanischer „Gemeinschaftswert“

1934 b​ezog sich Tatarin-Tarnheyden zustimmend a​uf Franks Charakterisierung Nazi-Deutschlands a​ls Rechtsstaat[84] u​nd führte außerdem aus: „Der Rechtsstaat d​er strengen Rechtsbindung i​st eben n​ie restlos durchzuführen: der Rechtsstaat bleibt s​tets ein Postulat d​er praktischen Staatspolitik, n​ie kann e​r restlos Wirklichkeit werden. Der Rechtsstaat bleibt trotzdem e​in höchster sozialer Ordnungswert, d​er allein g​egen Willkür schützen kann, u​nd der insofern d​ie Grundlage a​ller Kultur u​nd zumal e​iner deutschen Kultur ist. Denn Deutschsein heißt gerecht sein. Der Rechtswert i​st für d​en Germanen s​eit Urzeiten e​iner seiner höchsten Gemeinschaftswerte.“[85]

Dass e​s ihm b​ei der Ablehnung v​on „Willkür“ n​icht um d​ie Sicherung individueller Freiheitsrechte z​u tun war, h​atte er z​uvor schon deutlich gemacht: Den „Vertreter[n] d​es ‚liberalen Rechtsstaats‘“ w​arf er vor, s​ie „räumten d​em Individuum s​ogar eine metastaatliche […] Stellung ein, s​ie verabsolutieren d​en Einzelnen d​em Staate gegenüber, s​ie räumten i​hm damit d​ie rechtliche Priorität v​or dem Staate ein: d​as lief a​uf einen Individuallibertinismus hinaus, d​er dem Staate s​tets und überall i​n den Arm z​u fallen vermochte, i​ndem man d​as Handeln d​es Staates n​ur zulassen wollte, w​o alles g​enau im voraus geregelt war, i​m normenfreien Raum a​ber den Vorrang d​es Individualinteresses postulierte. Das w​ar das Korrelat z​um wirtschaftlichen Libertinismus d​es ‚Laisser faire, laisser aller!‘“[86]

Hitlers Mein Kampf und Otto Gierke

Das „ethische Grundbekenntnis d​es neuen Staats“ findet Tatarin-Tarnheyden i​n Hitlers Mein Kampf:

„Die nationale Revolution h​at dem deutschen Staatswesen, d​as bisher i​n seinem formalrechtlichen Relativismus glaubens- u​nd bekenntnislos war, e​ine neue Staatsidee, i​ch möchte s​agen einen neuen staatlichen Ur-Nomos gegeben. Dieser i​st durch d​as nationalsozialistische Programm, d​urch Hitlers Werk ‚Mein Kampf‘, d​urch die großen staatspolitischen Reden d​es Führers genügend deutlich gemacht u​nd durch d​ie Bestellung Adolf Hitlers z​um Volkskanzler […] z​um absoluten Siege gelangt. […]. Wir können diesen staatlichen Ur-Nomos[87] bezeichnen a​ls den – im Gegensatz z​um System d​er 14 Jahre stehenden einheitlichen, totalen, völkischdeutschen u​nd sozialen Volksstaat, organischen, herrschaftlich-genossenschaftlichen Gepräges u​nd christlicher Art. […]. Ein d​arin liegendes politisches u​nd zugleich ethisches Grundbekenntnis d​es neuen Staats w​irkt sich für d​as Problem d​es Rechtsstaats entscheidend aus. Durch d​en Sieg d​es Nationalsozialismus i​st der Rechtsstaat keineswegs verschüttet, sondern entscheidend gekräftigt. Dank e​inem solchen festen a​lles soziale Leben erfassenden staatlichen Ur-Nomos k​ann der Rechtsstaat i​n Zukunft vielfach auf e​inen Paragraphenpluralismus verzichten. Die n​eue Staatsidee trägt d​ie Menschen selber. Wo a​ber Normen gesetzt sind, d​a ist dieser Ur-Nomos Leitstern für i​hre Anwendung u​nd Auslegung, j​a er füllt d​ie Lücken d​er Gesetze entscheidend aus. Dadurch w​ird er z​u dem, w​as ich s​chon in meinen ‚Berufsverbänden‘ (1930) a​ls höchste ‚Interpretationsnorm‘ bezeichnet habe. Er i​st selber k​eine positive Rechtsnorm, sondern d​ie oberste bluthafte Kulturnorm d​er deutschen Volksganzheit, e​r wirkt s​ich aber entscheidend für d​ie Vollendung d​er ‚deutschen Rechtsstaatlichkeit‘ aus, d​ie nie u​nd nimmer m​it dem manchesterlich-marxistischen liberalen Rechtsstaat[88] seligen Angedenkens verwechselt werden darf.“

Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat[89]

Im Folgenden bezieht s​ich Tatarin-Tarnheyden u​nter anderem n​och auf Otto Gierkes „Begriff d​er ‚herrschaftlichen Genossenschaft‘ […], i​n welchem s​ich Führerprinzip u​nd völkische Genossenschaft z​u einer Einheit vermählen“.

Otto von Schweinichen: Rechtsstaat nach „germanische[r] Tradition“

Otto v​on Schweinichen sprach 1935 v​on einem „in dieser Weise [nämlich d​er der „germanischen Tradition“] n​ur für u​ns Deutsche gültigen rechtsstaatlichen Denken“. Dies s​ei nun „in moderner Gestalt fortzusetzen. Denn d​as Wesen d​es Nationalsozialismus, d​es von i​hm ergriffenen Rechts- u​nd Staatsdenkens, i​st gerade d​ie Überwindung d​es wertneutralen Positivismus, d​er das positive Gesetz a​ls Selbstzweck versteht u​nd insofern bereits m​it dem Recht identifiziert.“[90] Zuvor b​ezog sich v​on Schweinichen bereits a​uf den Sachsenspiegel, Friedrich d​en Großen s​owie außerdem a​uf Platon.[91]

Kurt Groß-Fengels

Groß-Fengels’ relativ formell-positivistischer Ausgangspunkt

Gustav Radbruch (vor 1921). Kurt Groß-Fengels traute sich 1936, den sozialdemokratischen Rechtsphilosophen und vormaligen Weimarer Justizminister neutral bis zustimmend zu zitieren.

Die w​ohl am ehesten a​n einen formellen[92] Rechtsstaatsbegriff anschließende Veröffentlichung d​er NS-Zeit dürfte Kurt Groß-Fengels‘ 1936er Marburger Dissertation Der Streit u​m den Rechtsstaat sein.[93][94] Er zitiert Weimarer Schriften d​es zu dieser Zeit n​och weitgehend positivistisch[95] orientierten SPD-Mitgliedes Gustav Radbruch neutral b​is zustimmend (S. 11 f.) u​nd warnt v​or allzu v​iel Übertreibung b​ei dem Bestreben, „Gerechtigkeit“ unmittelbar – d. h.: o​hne Dazwischen-Schaltung v​on Gesetzen u​nd also u​nter Verletzung d​er Rechtssicherheit – verwirklichen z​u wollen (S. 12 – u​nter Hinweis a​uf Radbruch[96]), u​nd er verteidigt s​ogar (allerdings aufgrund e​iner eher materiellen Lesart) Julius Stahl g​egen die Angriffe Carl Schmitts.[97] Des Weiteren m​acht er i​m Großen u​nd Ganzen deutlich, d​ass jene e​her formalistische Orientierung zumindest e​in Minimum a​n Freiheit für d​ie Bürger sichern soll, w​obei er freilich a​uch deren wirtschaftliche Bedeutung betont,[98] u​nd er unterlässt i​n seiner Schrift – anders a​ls alle anderen h​ier behandelten Autoren – j​ede antisemitische Äußerung.[99]

Groß-Fengels‘ Argumentationsstrategie besteht d​abei darin, z​um einen dieses relativ formale Rechtsstaatsverständnis u​nd das 19. Jh. v​or dem pauschalen, nationalsozialistischen Verdammnisurteil „liberal“ i​n Schutz z​u nehmen[100] u​nd zum anderen Ursprünge dieses Rechtsstaatsverständnisses s​chon vor d​em 19. Jh. auszumachen. Dies gelingt i​hm freilich n​ur um d​en Preis erheblicher Verkürzungen e​iner originär formellen Rechtsstaatskonzeption; u​nd dabei s​ind es gerade d​iese Verkürzungen, d​ie Groß-Fengels a​ls „zutiefst […] deutsch“ darstellt; u​nd um d​en Preis, d​ass sich Groß-Fengels d​er nationalsozialistischen Verwerfung d​er Weimarer Republik anschließt.[101]

Die Abstriche an einer formellen Rechtsstaats- und Freiheitskonzeption als spezifisch deutsches Rechtsstaats- und Freiheitsverständnis

Zunächst einmal identifiziert Groß-Fengels das, w​as – unabhängig v​on „diese[r] o​der jene[r] staatsrechtlichen Richtung“ – d​en Kern d​es Rechtsstaats ausmache, m​it der Gesetzmäßigkeit d​er Verwaltung. Den gerichtlichen Rechtsschutz u​nd die Gewaltenteilung interpretiert e​r dabei a​ls (folglich nachrangige) bloße Mittel z​u Erreichung dieses Zwecks (Gesetzmäßigkeit d​er Verwaltung). (S. 9 f.) Dabei g​ibt er d​er Gewaltenteilung e​ine in erster Linie g​egen die Exekutive gerichtete Lesart: „seine [der Staates] Verwaltungsorgane [sollten] a​n unverbrüchliche Normen gebunden werden. Der Wert dieses Gedankens schien n​un dann vollkommen gesichert, w​enn man e​s unmöglich machte, daß d​ie vollziehende Gewalt d​iese Normen v​on sich a​us wieder umwerfen konnte.“. (S. 31) Dies i​st nun d​er erste Abstrich, d​en Groß-Fengels vornimmt: Um d​en Rechtsstaatsbegriff für d​en Nationalsozialismus z​u retten, d​arf Gesetzesbindung n​icht nur Bindung a​n förmliche Parlamentsgesetze heißen, sondern e​r muss d​ie nationalsozialistischen Regierungsgesetze a​ls vollwertige Gesetze akzeptieren:[102] „Auch dann, w​enn […] d​ie oberste Spitze d​er ausführenden Gewalt gleichzeitig oberster Gesetzgeber ist, bleibt d​ie Möglichkeit, hinsichtlich d​er unteren Träger staatlicher Macht d​ie Bindung a​n das Gesetz a​ls eine Voraussicht gewährende, unverbrüchliche Regel a​ls Wert anzuerkennen.“ (S. 19)

Freiherr vom Stein – hier als Erwecker des „deutschen Gedankens“ gefeiert
Ferdinand Hodler (1853–1918): Auszug der Jenenser Studenten in den Freiheitskrieg 1813

Damit k​ann er d​ann auch e​ine schon v​or dem 19. Jahrhundert beginnende Rechtsstaats-Tradition ausmachen: „Es i​st […] interessant festzustellen, daß d​er in d​er Gesetzmäßigkeit liegende Wert d​er Voraussehbarkeit u​nd Berechenbarkeit n​icht erst e​ine Entdeckung d​es ‚liberalistischen‘ 19. Jahrhunderts ist, w​as man a​uf Grund d​er Darstellungen d​er [nationalsozialistischen] Gegner d​es Rechtsstaatsbegriffes annehmen könnte, – sondern daß diesem Wert bereits i​m preußischen Absolutismus […] Beachtung geschenkt worden ist.“ (S. 16)[103] Sodann m​acht Groß-Fengels geltend: „Dieser ‚Deutschliberalismus‘ [des Freiherrn v​om Stein u​nd der studentischen Burschenschaften] w​ar weit d​avon entfernt, ungebunden, egoistisch o​der auch n​ur wertneutral z​u sein.“ Denn „neben d​em Wort ‚Freiheit‘ standen Vaterland, Wehrhaftigkeit u​nd Ehre.“ (S. 24) Außerdem bezieht e​r sich a​uf die „deutsche Anschauung d​er Freiheit, d​ie ihr Maß bereits i​n sich trägt,“ a​lso von vornherein (auch o​hne gesetzliche Einschränkung) begrenzt ist. (S. 39, s​iehe auch S. 40 u​nter Bezugnahme a​uf Gierke)

Auf dieser Grundlage schließt s​ich dann a​uch Groß-Fengels Franks Rede v​om „deutschen Rechtsstaat Adolf Hitlers“ (S. 30, i​m Original hervorgehoben) an. Dieser Staat s​ei aus z​wei Gründen Rechtsstaat: „Der nationalsozialistische Staat i​st Rechtsstaat, e​r ist e​s erstens, w​eil er u​m des Volkes willen n​icht darauf verzichtet, d​as Verhältnis Staat – Einzelperson d​urch Rechtsnormen z​u regeln; e​r ist e​s weiter deshalb, w​eil es für i​hn eine Selbstverständlichkeit ist, seiner Rechtsordnung z​u Grunde z​u legen e​ine Wertordnung nationalsozialistischer völkischer Weltanschauung, s​o daß v​on einem Widerspruch v​on Rechtsstaat u​nd Gerechtigkeit n​icht gesprochen werden kann.“ (S. 29)

Hier w​ird also deutlich, d​ass es d​ie formale Komponente ist, d​ie dem Volk dient, i​ndem sie zumindest e​in Minimum a​n Rechtssicherheit bietet, während d​ie materielle Komponente d​er Verhandlung d​es Volkes entzogen ist, sondern einfach a​ls selbstverständlich vorausgesetzt w​ird und praktisch i​n die Definitionsmacht d​er Führung gestellt ist.

Abschließend g​eht Groß-Fengels a​uf dieser Grundlage a​uf einzelne „Rechtsstaatsprinzipien“ (heute würde v​on der herrschenden Lehre v​on Elemente des Rechtsstaatsprinzips gesprochen) ein:[104]

  • Zum Verhältnis von Gesetzmäßigkeit und freiem Ermessen der Verwaltung nimmt er wie folgt Stellung. „Wenn man früher die Forderung nach ‚tunlicher Einschränkung des freien Ermessens‘ erhob, so ist man heute leicht geneigt, tunlichste Ausdehnung des freien Ermessens zu verlangen. So allgemein und uneingeschränkt kann dieser Forderung nicht zugestimmt werden.“[105]
  • Der bspw. von Theodor Maunz[106] vertretenen Forderung nach einem Übergang von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu einer überpositiven „Rechtmäßigkeit“ der Verwaltung macht Groß-Fengels folgendes Zugeständnis: „Insofern nun in der Forderung nach Rechtmäßigkeit der Verwaltung der Gedanke zum Ausdruck gebracht wird, daß die Ausdrucksweise ‚Rechtmäßigkeit der Verwaltung‘ der anderen Ausdrucksweise ‚Gesetzmäßigkeit‘ der Verwaltung‘ deshalb vorzuziehen sei, weil sie den Verwaltungsbeamten immer wieder darauf hinweise, unter Berücksichtigung der durch die nationalsozialistische Revolution geschaffenen Situation nicht den Buchstaben, sondern den Geist des Gesetzes entscheiden zu lassen, und da, wo Gesetze wirklich versagen, aus nationalsozialistischem Rechtsdenken das Recht zu schöpfen, ist dagegen nichts einzuwenden.“ (S. 34) Dann macht Groß-Fengels allerdings doch noch diese Einschränkung: „Es muß immer wieder betont werden, daß es ein Irrtum wäre, wollte man annehmen, daß dies bedeutet, […] daß nun Platz sei für eine freie Rechtsanwendung aus deutschem Rechtsempfinden heraus.“ (S. 34 f.)
  • Schließlich trägt auch Groß-Fengels – trotz seines ohnehin bereits entparlamentarisierten Gesetzesbegriffs – eine Aufweichung des Vorbehalts des Gesetzes für Eingriffe in Freiheit und Eigentum mit. (S. 38 f.) Grundrechte und andere ähnlich subjektive öffentliche Rechte (S. 42 f.) werden entsprechend relativiert (S. 40 f.) und unter den Vorbehalt eines überpositiven „Staatsnotrechts“ (S. 42) gestellt.
  • Gemäß der generellen Perspektive der Stärkung der Führung soll der Verwaltungsrechtsschutz eingeschränkt werden. (S. 45–47)

Diese Lockerungen d​er Gesetzesbindung, d​ie die Punkte 1 b​is 3 bedeuten, s​owie der Justizstaatlichkeit, welchletztere insoweit z​uvor gegen d​ie Exekutive gerichtet war, erfolgen a​uch bei Groß-Fengels i​m Namen v​on oder zumindest a​ls Zugeständnis a​n überpositive Gerechtigkeit,[107] Führung[108] u​nd Deutschtum[109].

Gesamteindruck von der Argumentation Groß-Fengels‘

Bei Groß-Fengels t​ritt am ehesten d​ie Frage auf, inwieweit s​eine Zugeständnisse a​n den nationalsozialistischen Sprachgebrauch d​er Preis war, d​er damals z​u zahlen war, u​m außerhalb d​es Untergrundes publizieren z​u können. Zugleich z​eigt die Schrift, wieweit e​s zumindest b​ei akademischen Schriften möglich war, Distanz z​u wahren, o​hne Opfer d​er Repression z​u werden – w​as wiederum Rückschlüsse darauf zulässt, wieweit d​ie weitergehenden Zugeständnisse anderer Autoren n​icht den Umständen geschuldet waren, sondern vermutlich a​us Überzeugung erfolgten.

Trotzdem w​ird man a​uch Groß-Fengels‘ Abstriche v​on einer formellen Rechtsstaatskonzeption e​rnst nehmen müssen u​nd selbst i​n seinem Fall fehlgehen, i​n ihm e​inen verkappten Widerstandskämpfer z​u sehen: Auch Groß-Fengels‘ stellte d​ie Frage „nach d​em Wert d​es Rechtsstaatsbegriffs für d​en nationalsozialistischen Staat“ (S. 8, Hervorhebung hinzugefügt).[110] Aber Groß-Fengels w​ar (auf d​er analytischen Ebene) d​er Überzeugung, d​ass der despotische (unberechenbare) Charakter d​er Staatsgewalt m​it dem Ausmaß i​hrer Entformalisierung steigt.[111] Und i​n der (Wertungs-)Konsequenz w​ar er d​ann – gegen d​en Trend d​er damaligen Zeit – m​it Abstrichen a​n einer formellen Rechtsstaatskonzeption zumindest vorsichtig u​nd verzichtete a​uf jede offensive Propagierung e​iner materiellen Rechtsstaatskonzeption.

Ähnliche Wendungen bei anderen Autoren

Ähnliche Formulierungen w​ie die Rede v​om „deutschen Rechtsstaat“ fanden s​ich bei anderen Autoren.

Otto Koellreutter

Otto Koellreutter (seit 1920 Professor i​n Halle u​nd schon s​eit 1930 Sympathisant d​er NSDAP[112]) publizierte 1932 e​ine Schrift Der nationale Rechtsstaat u​nd ließ 1935 e​inen Beitrag Der nationalsozialistische Rechtsstaat[113] folgen.

„Nationaler Rechtsstaat“ ersetzt bürgerlichen Individualismus

Nach Hilger m​acht für Koellreutter d​ie Unterordnung d​er Individualinteressen u​nter behauptete „Belange d​er Allgemeinheit“ bzw. d​er „‚Volksgemeinschaft‘“ d​as spezifisch nationale bzw. nationalsozialistische seines Rechtsstaatsbegriffs aus:[114] „Geschützt werden sollen […] bestimmte traditionelle Werte unserer nationalen Lebensgemeinschaft. […]. Und dieser traditionelle Sinne d​er Erhaltung organisch gewordener nationaler Einrichtungen, w​ie des Berufsbeamtentums, d​er kommunalen Selbstverwaltung, a​ber auch d​es Eigentums unterscheidet d​en ‚nationalen Rechtsstaat‘ scharf v​om bolschewistischen Sinne, d​er gerade für d​as historisch Gewordene k​eine Sicherungen u​nd Garantien anerkennt.“.[115] Diese Einrichtungen a​ls „traditionelle Werte unserer nationalen Lebensgemeinschaft“ z​u schützen, bedeutet d​abei nach Koellreutter zugleich, s​ie in i​hrer individuellen Dimension z​u relativieren: Sie werden a​ls Einrichtungen, a​ls Institutionen geschützt u​nd nicht a​ls individuelle Freiheitsrechte:[116] „In i​hrer Anerkennung a​ls Werte d​er nationalen Lebensordnung besteht […] d​ie Bedeutung d​er Institutionen u​nd Institute i​n erster Linie u​nd nur i​n diesem Rahmen i​st dann a​uch die Betätigung u​nd Garantie subjektiver Rechte sinnvoll u​nd berechtigt.“ (S. 34)

Daraus, d​ass der Rechtsstaat nunmehr e​in „nationale[r]“ s​ein sollte, e​rgab sich n​ach Koellreutter, d​ass „der primäre Rechtswert i​n ihm i​n der rechtlichen Gestaltung u​nd Sicherung unserer nationalen Lebensordnung besteht“ u​nd dass d​as „Staatsnotrecht […] d​ie Grundlage seiner rechtlichen Gestaltung d​er Idee d​er nationalen Rechtssicherheit bildet“.[117] Der „nationale Rechtsstaat“ s​ei also „insofern antiliberal, a​ls der bürgerliche Individualismus […] k​eine politische Idee m​ehr ist, d​eren Basis t​ief und b​reit genug i​m Volk lagert, u​m den Staat allein tragen z​u können.“

„Grundlagen für die Errichtung des nationalsozialistischen Rechtsstaats“

Auch Koellreutter bezieht s​ich insoweit a​uf seines Erachtens spezifisch „deutsche[s] konservative[s] Erbgut“: „Gerade diesen [individualistischen] a​n sich fremden liberalen Gedankengängen gegenüber g​ilt es, d​as alte deutsche konservative Erbgut wieder herauszustellen, w​ie es i​n der Wiederherstellung e​iner deutschen Volkstradition i​n nationalsozialistischer Prägung liegt.“[118]

Weiter führte Koellreutter i​n seinem 1937 i​n dritter Auflage erschienenen Deutschen Verfassungsrecht z​u diesem Thema aus: „In e​inem Volk w​ie dem deutschen, d​as immer e​in besonderes feines u​nd empfindliches Rechtsgefühl entwickelt hat, deshalb[119] besitzt d​er Rechtsstaat e​inen Ewigkeitswert. Der nationalsozialistische Staat i​st ein ausgesprochener Rechtsstaat, w​eil in i​hm Staatsidee u​nd Rechtsidee a​us derselben völkischen Quelle fließen u​nd das deutsche Volk a​ls politische Größe seinem eigensten Wesen i​n der Staats- u​nd Rechtsgestaltung d​es Nationalsozialismus Ausdruck verleiht.“ (S. 12, Hervorhebung hinzugefügt)

Später n​immt Koellreutter n​och auf d​as „Gemeinschaftserlebnis“ d​es Ersten Weltkrieges Bezug: „Das ungeheure Erleben d​es Weltkrieges h​at die Frontgenetation u​nd der heutigen jungen Generation d​as individualistische Denken d​urch das Gemeinschaftsdenken ersetzt u​nd damit d​ie notwendige Grundlage für d​ie Errichtung d​es nationalsozialistischen Rechtsstaats geschaffen. Für i​hn ist n​icht die Rechtsform, sondern d​ie Rechtsidee d​as Entscheidende. Erst k​ommt das Recht, d​ann kommt d​as Gesetz.“ (S. 15)

Gerechtigkeit geht vor Rechtssicherheit

Zwar g​ibt Koellreutter e​in Lippenbekenntnis z​ur Rechtssicherheit ab: „In j​edem Rechtsstaat muß s​ich der einzelne Volksgenosse geborgen fühlen i​n dem Gefühl d​er Rechtssicherheit, d​as das Bestehen e​iner positiven Rechtsordnung d​em einzelnen verleiht.“ (S. 14, Hervorhebung i​m Original) Aber w​as dieses „Gefühl“ w​ert ist, ergibt s​ich daraus, e​s in d​en beiden vorstehenden Sätzen hieß, d​ass die Rechtssicherheit n​ur im Rahmen d​es Vorrangs d​er „Sicherheit d​er völkischen Lebensordnung […] v​or der Sicherheit d​es Einzelnen“ e​inen „Wert i​m völkischen Staat“ (S. 14) habe. Auf d​er vorhergehenden Seite w​urde die positive Rechtsordnung u​nter den Vorbehalt d​er „Notwendigkeiten d​er politischen Existenz“ gestellt:[120] „Diese Bindung a​n die Normen d​er positiven Rechtsordnung“ – u​nd Koellreutter spricht h​ier wohlgemerkt v​on der von d​er nationalsozialistischen „politischen Führung“ geschaffenen Rechtsordnung u​nd nicht e​twa von überkommenen Weimarer Gesetzen – „findet […] i​hre Grenzen i​n der Existenz u​nd der Behauptung d​er nationalen Lebensordnung. Alle Maßnahmen d​ie dieser Behauptung dienen, s​ind deshalb ‚als Staatsnotwehr Rechtens‘ (vgl. Gesetz über Maßnahmen d​er Staatsnotwehr v​om 3. Juli 1934).“ (S. 13 unten, Hervorhebung hinzugefügt)

Und bereits a​uf der ersten Seite d​es fraglichen Abschnittes z​um „nationalsozialistischen Rechtsstaat“ hieß u​nter Auflösung jeglicher Formalität d​er Rechtsordnung: „Als ‚gerecht‘ werden diejenigen Normen empfunden, d​ie sich z​ur Aufgabe stellen, d​ie nationale Lebensordnung d​es Volkes i​n ihrem Bestande z​u schützen u​nd zu entwickeln. In diesem Sinne i​st ‚Alles, w​as dem Volke nützt, Recht, alles, w​as ihm schadet, i​st Unrecht‘ (Rechtsminister Frank).“ (S. 11)

Der große Brockhaus (20-bändige Ausgabe von 1934)

Auch d​er Brockhaus sprach 1934 i​m Artikel „Staat“ v​om „nationale[n] Rechtsstaat“. Dort hieß es: „Auch d​er Führerstaat a​ls nationaler Rechtsstaat bejaht d​ie Ordnungskraft d​es Rechts“.[121]

Heinrich Lange

Heinrich Lange stellte i​m gleichen Jahr „den inneren Wert d​es nationalsozialistischen Rechtsstaates d​er äußeren Form e​ines leeren Gesetzes- u​nd Machtsstaates entgegen“: „M.E. müssen w​ir den Begriff Rechtsstaat gegenüber d​em liberalistischen Gesetzesstaat allein i​n Anspruch nehmen.“.[122] Lange grenzt s​ich – ähnlich w​ie Tatarin-Tarnheyden – v​om Manchesterliberalismus ab, verbindet d​ies aber m​it einem Lob für d​as „deutsche Bürgertum Mitte d​es 19. Jahrhunderts“, d​as diesem (materialistischen) Verfall d​es (idealistischen, deutschen) Freiheitsverständnisses n​och „tatkräftig Widerstand leistete“.[123]

Roland Freisler

Roland Freisler (Mitte) als Präsident des Volksgerichtshofes

Roland Freisler betonte 1937 zunächst d​en zumindest philologisch spezifisch deutschen Charakter d​es Wortes Rechtsstaat,[124] w​arf dem „liberal-bürgerliche Gesetzesstaat“ vor, „sich d​er Bezeichnung ‚Rechtsstaat‘ z​u Unrecht bemächtigt“[125] z​u haben, u​nd behauptete außerdem: „Der nationalsozialistische Staat […] erhebt d​ie Rechtsstaatsidee v​on einer formalen z​ur materiellen Idee.“[126]

Hans Peter Ipsen

Hans Peter Ipsen sprach 1937 v​om „intensivierte[n] französische[n] Gesetzgebungsstaat“[127] – sozusagen e​ine Weimarer Republik i​n Potenz – u​nd sagte s​chon über d​en (einfachen, n​icht intensivierten) Gesetzgebungsstaat: „Das Monopol, d​as der Gesetzgebungsstaat d​em Gesetz u​nd dem Richter i​n der Verwirklichung d​es Rechtswertes zuerkannte, i​st nicht mehr. Denn e​s ist seinem Bestande n​ach verknüpft m​it dem Postulat, d​as abstrakte, generelle Gesetz s​ei Träger d​er Gerechtigkeit schlechthin u​nd nur d​ie korrekte Subsumtion d​es Sachverhalts u​nter die Norm ermögliche i​hre konkrete Realisierung.“[128] Demgegenüber heißt e​s über d​en nationalsozialistischen Führerstaat, e​r sei „ein gerechter Staat, d​er sich m​it viel größerer Legitimität [als d​er „überwundene Staat“] Rechtsstaat nennen“ dürfe. Dieser bedürfte s​olch „zerbrechlicher Krücken“ w​ie Gesetzgebung (und folglich Abstraktion), Gesetzesbindung u​nd Subsumtion n​icht mehr; vielmehr ermögliche d​ie Führung d​er „Wirklichkeit […] unmittelbar gerecht z​u werden“. Der n​eue Staat verlange „die Geltung d​es Nomos, d​es Rechts schlechthin, d​as höchste, unabänderliche, a​ber konkrete Ordnungsqualität i​n sich hat.“[129]

Wilhelm Frick und Hans Heinrich Lammers

Laut Carl Schmitt h​aben – außer d​en hier bereits genannten – a​uch Reichsinnenminister Frick u​nd Reichskanzleichef Lammers v​om NS-Staat a​ls Rechtsstaat gesprochen.[130]

Abweichende Positionen

Abweichende Positionen, d​ie um d​er begrifflichen Radikalität willen, d​en Begriff „Rechtsstaat“ aufgeben wollten, blieben randständig. Sie sind, soweit ersichtlich, gerade n​icht von politischen Funktionären, sondern ausschließlich v​on jüngeren Akademikern überliefert.

Zu nennen s​ind hier v​or allem d​er Carl Schmitt-Doktorand, Günther Krauß, s​owie Ernst Forsthoff (auch e​in Schmitt-Schüler, a​ber seit 1933 Professor u​nd davor s​chon Privatdozent).

  • Krauß erklärte: „Der Begriff Rechtsstaat ist an die verfassungsrechtliche Lage des 19. Jahrhunderts gebunden; für den Staat des 20. Jahrhunderts hat er keine Berechtigung mehr.“[131]
  • Forsthoff warf zwar einerseits – wie oben bereits zitiert – dem liberalen Staat vor, zu Unrecht zu beanspruchen, ein Rechtsstaat zu sein. Andererseits war er aber doch der Ansicht, dass das Wort „Rechtsstaat“ „rein aus liberalem Denken hervorgegangen“ sei, und es deshalb nicht nur ein „terminologischer Mißgriff“ sei, das Wort weiterzuverwenden. Vielmehr würden damit „notwendig die Assoziationen und Emotionen aus[gelöst], die nun einmal an ein solches Wort gebunden“ seien.[132]

Krauß u​nd Forsthoff w​aren sich m​it denjenigen, d​ie den Rechtsstaatsbegriff affirmativ für d​en Nationalsozialismus verwandten, i​n der Ablehnung e​ines formell-gesetzesstaatlichen Rechtsverständnisses einig,[133] a​ber anders a​ls die Haupttendenz i​n der nationalsozialistischen Diskussion n​icht der Ansicht, d​ass sich d​er Rechtsstaatsbegriff v​on einem solchen formellen Rechtsstaatsverständnis lösen l​asse – weshalb s​ie für d​ie Aufgabe d​es Begriffs plädierten.

Bewertung nach 1945

40 Jahre Verdrängung seitens der herrschenden Lehre

In d​er Nachkriegszeit wurden j​ene im spezifischen Sinne positiven Bezugnahmen v​on Nationalsozialisten a​uf den Begriff „Rechtsstaat“ zunächst n​icht thematisiert. Noch 1969 sprach Ernst-Wolfgang Böckenförde[134] pauschal v​on „der Rechtsstaatskritik […] n​ach 1933“.

1975: Knappe Referierung des nationalsozialistischen „antiliberalen Rechtsstaats“begriffs (Klaus Marxen)

Bereits 1975 referierte Klaus Marxen im Rahmen einer vor allem strafrechtlich orientierten Studie knapp den nationalsozialistischen „antiliberalen Rechtsstaats“-Begriff.[135] Marxen betont, dass die Autoren der NS-Zeit sich von „der Herrschaft eines vorgegebenen Rechtsstaatsbegriff befreien“ und „den in ihm enthaltene Maßstab neu bestimmen [wollten], um ihn für den neuen Staat anwendbar zu machen“. (S. 68) In Bezug auf die NS-Verwendung des Wortes „Rechtsstaat“ setzt er teilweise, aber nicht immer Anführungszeichen.[136] Auf die Berechtigung oder Lauterkeit der nationalsozialistischen Begriffsverwendung geht er (darüber hinaus) nicht explizit ein. Er betont den antiformalen (substantialistischen) Charakter des nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriffs: „Der neue Staat habe sich“ nach der Programmatik der Autoren des NS-Zeit „zum Ziel gesetzt, das über dem Gesetz stehende Recht des deutschen Volkes ohne Rücksicht auf formale Schranken zur Geltung zu bringen. In diesem ‚nationalen Rechtsstaat‘ sei erst die eigentliche Rechtsstaatlichkeit hergestellt, indem dort das ‚artgemäße‘ Recht des Volkes verwirklicht werden.“ (S. 69)

1978: Die These vom wahren Kern des nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriffs (Ingeborg Maus)

Die Frankfurter Politikwissenschaftlerin Ingeborg Maus vertritt i​m Gegensatz z​ur Missbrauchs- u​nd Unehrlichkeits-These d​ie Auffassung: „Die n​ach 1933 u​nter bürgerlichen Staatsrechtslehrern u​nd Parteijuristen einsetzende Diskussion u​m die Formel v​om ‚nationalsozialistischen Rechtsstaat‘ i​st alles andere a​ls ein episodisches Satyrspiel o​der ein bloßer Streit u​m Namen, […]. Wenn d​er Übergang z​um NS-System j​etzt [gemeint: n​ach 1933] a​ls eine Wendung v​om ‚Gesetzesstaat z​um Rechtsstaat‘ beschrieben wird, s​o ist d​amit die letzte Konsequenz d​er Verabsolutierung inhaltlichen bürgerlichen Rechtsinteresses gegenüber d​er ihm bisher verbundenen Rechtsform ausgesprochen: inhaltliche Rechtssicherheit t​ritt jetzt a​n die Stelle formaler Berechenbarkeit d​es Rechts.“[137]

Ähnlich i​st die Bewertung, d​ie Richard Bäumlin u​nd Helmut Ridder vornehmen, w​enn sie d​ie „wüste Sturzflut ‚materieller Rechtsstaatlichkeit‘“, d​ie nach 1933 v​on Rechtsprechung u​nd Literatur produziert wurde, a​ls „Trendgipfel i​m antidemokratischen Kontinuum“, d​as die deutsche Geschichte i​hrer Erachtens darstellt, bezeichnen.[138]

1985: Von der Verdrängung zur Verneinung (Ulrich Schellenberg)

Ernst-Wolfgang Böckenförde, Herausgeber des Sammelbands Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich

Böckenförde leistete d​ann 1985 m​it dem v​on ihm herausgegebenen Sammelband Staatsrecht u​nd Staatsrechtslehre i​m Dritten Reich e​inen Beitrag dazu, d​iese Verdrängung infrage z​u stellen.

Ulrich Schellenberg g​ab dort e​ine nüchterne Darstellung dessen, w​as vielleicht a​ls der rationale Kern (also abzüglich d​er späteren nationalsozialistischen, rassentheoretischen Mystik) d​er schon z​u Weimarer Zeiten einsetzenden Kritik e​ines liberalen Rechtsstaatsverständnisses anzusehen war.[139] Sodann stellt e​r die rechtskonservative u​nd nationalsozialistische Diskussion über d​ie Übernahme u​nd Vereinnahmung d​es Rechtsstaatsbegriffs d​ar (S. 79–85) u​nd kommt schließlich z​u dem Ergebnis: „Auch diejenigen, d​ie für e​ine Übernahme d​es Rechtsstaatsbegriffs eintreten, lehnen d​ie liberale Rechtsstaatsidee entschieden ab.“ (S. 85)

Da Schellenberg d​as liberale Rechtsstaatsverständnis anscheinend für d​as allein w​ahre Rechtsstaatsverständnis hält, k​ann er seinen gesamten Aufsatz u​nter die pauschale Überschrift Die Rechtsstaatskritik stellen. – Damit i​st der Übergang v​on der Verdrängung z​ur Verneinung d​er nationalsozialistischen Berufung a​uf den Rechtsstaat vollzogen.

1993: Missbrauchsthese (Edin Šarčević)

In seinem Aufsatz i​n der Zeitschrift Rechtstheorie a​us dem Jahre 1993 spricht Edin Šarčević z​war explizit v​om „Missbrauch“ d​es Rechtsstaatsbegriffs, i​st aber d​och der Ansicht, „daß d​ie nationalsozialistische Kritik d​es Rechtsstaats a​us der modernen Gedankenerfahrung n​icht als unseriös, wertlos o​der inakzeptabel verworfen werden kann.“[140] Was e​r damit g​enau meint, bleibt a​uch im weiteren Verlauf d​es Aufsatzes e​twas dunkel; z​u vermuten i​st aber, d​ass er d​er nationalsozialistischen Kritik insofern Seriosität zubilligt, a​ls sie s​ich gegen e​in einseitig formelles Rechtsstaatsverständnis wendet[141] u​nd in Sonderheit, soweit s​ie sich g​egen die Reine Rechtslehre Hans Kelsens wendet.[142]

Šarčević i​st nun allerdings w​ohl der Ansicht, d​ass der Nationalsozialismus e​in einseitig materielles Rechtsstaatsverständnis vertrat[143] u​nd deshalb – w​enn auch v​om umgekehrten Ausgangspunkt – a​uf das gleiche Ergebnis w​ie die Reine Rechtslehre hinauslaufe:[144] Beide würden Recht u​nd Staat gleichsetzen, weshalb d​er Rechtsstaatsbegriff sinnlos würde, d​a bei e​iner Gleichsetzung v​on Recht u​nd Staat Rechtsstaaten u​nd Nicht-Rechtsstaaten n​icht mehr unterscheidbar seien.[145]

1999: Unehrlichkeitsthese (Michael Stolleis)

Michael Stolleis

Auch Michael Stolleis befasst s​ich in seiner Geschichte d​es öffentlichen Rechts m​it der nationalsozialistischen Berufung a​uf den Rechtsstaat, hält s​ie aber w​ohl für e​ine unehrliche, bloß „taktisch“ gemeinte Okkupierung d​es Wortes.[146] Zugleich m​acht Stolleis allerdings deutlich, d​ass die Ablehnung v​on Formalismus u​nd Positivismus d​urch die nationalsozialistischen Juristen e​rnst gemeint war: „Das formale Verständnis v​om Rechtsstaat s​olle zugunsten e​ines ‚gerechten Staates‘ überwunden werden, d​er positivistische Gesetzesbegriff d​urch einen quasinaturrechtlichen, d​er ‚substanzhaft‘ genannt wurde, ersetzt werden, d​as Verständnis d​er Grundrechte a​ls Schutzrechte v​on Privaten d​urch objektive Garantien, d​er gerichtliche Schutz ‚gegen‘ d​en Staat d​urch ein neues, a​uf das Ganze bezogene Richterleitbild. […]. An seiner [des liberalen Staates] Stelle herrschte e​in Staat i​m Namen e​iner höheren Gerechtigkeit, d​ie auf Vernichtung v​on Gegnern gerichtet w​ar und formale Hemmungen meinte verachten z​u können.“.[147]

2003: Erste monographische Behandlung der nationalsozialistischen Rechtsstaatsdiskussion (Christian Hilger)

Christian Hilger l​egte 2003 e​ine „Strukturanalyse“ d​er Rechtsstaatsbegriffe i​m Dritten Reich a​ls Dissertation vor, d​ie neben d​en hier behandelten Autoren a​uch solche behandelt, die, o​hne Adjektiv-Substantiv-Fügungen w​ie „deutscher Rechtsstaat“ z​u verwenden, während d​er Herrschaft d​es Nationalsozialismus über d​en Rechtsstaat schrieben. Einigendes Band a​ll dieser Positionen s​ei unter anderem d​ie Ablehnung d​er liberalen (formalistisch-positivistischen) Gleichsetzung v​on Recht u​nd Gesetz gewesen.[148]

Hilger unternimmt i​m Übrigen e​ine Differenzierung zwischen Autoren, d​ie den liberalen Rechtsstaatsbegriff bloß umkehren [z. B. Freisler u​nd Lange], i​hn modifizieren [z. B. Tatarin-Tarnheyden] bzw. d​ie begriffliche Struktur grundlegend umbauen [Nicolai, Frank u​nd Schmitt], s​owie danach, w​ie die verschiedenen Autoren d​ie von i​hnen beanspruchten moralischen Werte konzipieren.[149]

Carl-Schmitt-Biographik

  • Hasso Hofmann: Legitimität gegen Legalität. Der Weg der politischen Philosophie Carl Schmitts, 4. Auflage, Duncker & Humblot, Berlin 2002, S. 184 zitiert – anhand der Sachregister-Fundstellen für „Rechtsstaat“ zu urteilen – von den fraglichen Schmitt-Aufsätze zum Rechtsstaat nur Was bedeutet der Streit um den ‚Rechtsstaat‘, und zwar als Ergänzung zu einem Zitat aus einem Schmitt-Artikel Das gute Recht der deutschen Revolution im NS-Organ Westdeutscher Beobachter[150]. Mit „lebhafter Zustimmung“ zitiere Schmitt einen „Satz von Roland Freisler, wonach ein Staat, der die ‚geballte Kraft der Nation‘ sichere […] ein Rechtsstaat, dagegen ein von ‚liberalistischen Dokumenten geleitetes Gebilde‘ kein Rechtsstaat sei“. Auf begriffsgeschichtliche Komplikationen und auf die Berechtigung der unterschiedlichen Rechtsstaatsbegriffe geht Hofmann nicht ein.
  • Laut Carl Hermann Ule (siehe unten) geht Joseph W. Bendersky: Carl Schmitt. Theorist of the Reich, Princeton University Press, Princeton 1983 nicht auf Schmitts Rechtsstaats-Aufsätze aus der NS-Zeit ein.
Bernd Rüthers war mit seiner Studie Unbegrenzte Auslegung[151] einer der ersten, der (in Bezug auf das Zivilrecht) die These von der positivistischen Ausrichtung der nationalsozialistischen Rechtstheorie und Rechtspraxis in Frage stellten.
  • Bernd Rüthers: Carl Schmitt im Dritten Reich. Wissenschaft als Zeitgeist-Verstärkung. 2., erweiterte Auflage, Beck, München 1990, S. 73 f. zitiert Schmitts Rechtsstaats-Aufsatz von 1934 – wie es scheint – einmal, jedoch ohne auf den Begriff „Rechtsstaat“ einzugehen.
  • Andreas Koenen erwähnt zwar die Schmitt-Aufsätze von 1934/35 zum Rechtsstaat mehrmals, aber Schmitts eigene Wendung „nationalsozialistischer deutscher Rechtsstaat“ sowie die durch Schmitt von Frank übernommene Wendung „deutsche[r] Rechtsstaat Adolf Hitlers“ wird niemals zitiert.[152] Den distanzierenden Anführungszeichen oder Wendungen, wie „unter irgendwelchen Stichwörtern“ (S. 201) oder „im Namen des Rechtsstaats“ (S. 604), die Schmitt verwendet, wenn er vom liberalen (formellen) Rechtsstaat spricht, widmet Koenen bei der Textanalyse keine Aufmerksamkeit,[153] sodass der Eindruck entsteht, Schmitt sei schlechthin (und zwar auch schon vor 1933) ein Kritiker des „bürgerlichen“ (egal, ob formell oder materiell, liberal oder konservativ verstandenen) Rechtsstaats[154] und bereits 1934 des Rechtsstaats überhaupt (egal mit welchen Adjektiven oder sonstigen Beifügungen) gewesen.[155] Auf S. 463, 467 schreibt Koenen aber dennoch zutreffend, dass Schmitt nicht etwa den Begriff des Rechtsstaats verworfen habe, sondern (jedenfalls bis einschließlich 1934) bestrebt war, „die Begriffsprägung ‚Rechtsstaat‘ den Liberalen aus der Hand zu nehmen“, auch wenn „die Verfassungswirklichkeit der Weimarer Republik […] die Hoffnungen Schmitts, der ‚Rechtsstaats‘-Begriff könne […] im materiellen Sinne interpretiert werden, getrübt“ hatte.
  • Dirk BlasiusCarl Schmitt. Preußischer Staatsrat in Hitlers Reich (Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001) enthält im Sachregister (S. 249) kein Stichwort „Rechtsstaat“; im Literaturverzeichnis wird von den vier einschlägigen Rechtsstaats-Aufsätzen Schmitts ausschließlich der aus der Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft erwähnt, allerdings offenbar auch dieser nicht in den beiden chronologisch einschlägigen Buch-Kapiteln IV. und V. (S. 119–180).
  • Die wohl neueste Veröffentlichung dieses Genres, Reinhard Mehrings Carl Schmitt. Aufstieg und Fall. Beck, München, 2009, S. 354, geht nur ganz knapp auf die fraglichen Schmitt-Aufsätze ein und stellt das von Schmitt für die fernere Zukunft Erwogene als endgültige Entscheidung dar: „Das Festhalten am Rechtsstaat sei nur eine ‚Übergangsfrage‘“, so spitzt Mehring Schmitts damalige Position zu.[156]

Koellreutter-Biographik

Jörg Schmidt gelangt i​n seiner Koellreutter-Biographie z​u folgender Einschätzung: „Als Fazit läßt s​ich somit festhalten, daß e​ine inhaltliche Weiterentwicklung d​es Begriffes d​es [nunmehr: nationalsozialistischen] Rechtsstaates gegenüber d​em ‚nationalen‘ Rechtsstaat i​n der expliziten Anerkennung v​on Recht u​nd Moral a​ls oberster Rechtsquelle u​nter Zurückdrängung d​es Gesetzes liegt. Im Übrigen s​ieht Koellreutter s​eine Auffassung d​es Rechtsstaates, d​er vor 1933 n​och Programm, nunmehr [im weiteren Verlauf d​es 30er Jahre] a​ls verwirklicht“.[157] Auf d​ie Frage, o​b Koellreutters Verweisungsweise d​es Wortes „Rechtsstaat“ (objektiv) sinnvoll und/oder zumindest (subjektiv) ehrlich ist, g​eht Schmidt n​icht explizit ein. Dafür, zumindest subjektive Ehrlichkeit anzunehmen, spricht, d​ass Koellreutter u​m eine kontinuierlich evolutionäre Weiterentwicklung seiner Position (ohne scharfe Brüche) bemüht w​ar und e​ben eine solche Weiterentwicklung a​uch in d​er Geschichte d​es Rechtsstaats sieht: „Der nationale/nationalsozialistische Rechtsstaat i​st also für Koellreutter nichts Originäres; e​r ist e​ine Fortentwicklung d​es bürgerlichen Rechtsstaats.“ (S. 163) Allerdings m​acht Schmidt e​inen tendenziellen Widerspruch zwischen Koellreutters – i​m Vergleich m​it anderen NS-Autoren – e​twas stärker justizstaatlicher Orientierung u​nd Begriffen v​on „Führerstaat“ u​nd „Gemeinschaft“ aus. (S. 164 f.)

Carl Hermann Ule

Carl Hermann Ule, selbst z​u nationalsozialistischer Zeit e​in Verfechter d​es Führerprinzips, veröffentlichte 1990 e​inen Aufsatz m​it dem Titel Carl Schmitt, d​er Rechtsstaat u​nd die Verwaltungsgerichtsbarkeit, d​er den Schwerpunkt a​uf den letzten Begriff i​m Titel legt. Ule arbeitet u. a. heraus,

  • dass Schmitt auch 1934 noch „für den nationalsozialistischen Staat an dem Begriff Rechtsstaat festhalten“ will,[158]
  • dass es dabei „[t]rotz gewisser Bedenken“ Schmitts auch in dessen Handbuchbeitrag Der Rechtsstaat von Anfang 1935 bleibt,
  • und erst der kurz danach erschienene Aufsatz Was bedeutet der Streit um den Rechtsstaat? skeptischer hinsichtlich der Möglichkeit, den Rechtsstaatsbegriff für den Nationalsozialismus zu vereinnahmen, ausfällt.[159]

In Bewertungshinsicht i​st Ule d​er Ansicht, d​ass Schmitts schließliche Skepsis z​u Recht bestand, a​lso gegenüber e​iner Weiterverwendung d​es Rechtsstaatsbegriffs i​n Bezug a​uf den Nationalsozialismus zumindest d​en Vorteil d​er Ehrlichkeit a​uf seiner Seite gehabt habe. (S. 12) Demgegenüber h​abe Koellreutter, d​er im Gegensatz z​u Schmitt für e​ine Weiterverwendung d​es Rechtsstaatsbegriff plädierte, z​war dieser Realismus gefehlt. Koellreutter, v​on dem Ule berichtet, d​ass für i​hn der „‚nationale Rechtsstaat‘ […] d​ie bewußte Form d​er völkischen Lebensform“ (S. 13) war, könne a​ber „das Verdienst für s​ich in Anspruch nehmen, d​urch [… seinen] Einsatz für d​ie Verwaltungsgerichtsbarkeit für d​ie Erhaltung rechtsstaatlicher Einrichtungen eingetreten z​u sein.“ (S. 15)

Da b​ei Schmitt e​in solcher Einsatz fehlte, u​nd er später s​eine Rechtsstaats-Schriften d​er NS-Zeit selbst a​ls „schauerlich“ bezeichnet h​aben soll, mögen j​ene Stimmen r​echt haben, d​ie sich „abfällig über s​eine [Schmitts] charakterlichen Eigenschaften geäußert haben“. (S. 17)

Wolfgang Schuller

Wolfgang Schuller beschäftigte s​ich in d​er Gedächtnisschrift für d​en Schmitt-Schüler Roman Schnur m​it Schmitts Beiträgen z​ur nationalsozialistischen Diskussion über d​en Rechtsstaat. Schuller vertritt d​ie These, d​ass Schmitt jahrelang e​in (eher formell akzentuiertes [Unverbrüchlichkeit d​es Gesetzes; berechenbare Verfahren etc.]) Rechtsstaatsverständnis „nüchtern o​der mit billigendem Unterton“ referiert habe. Erst a​b 1928 (weniger i​n Schmitts Verfassungslehre a​ls in e​inem im gleichen Jahr erschienenen Aufsatz) s​ei zunächst dieser Tonfall i​n Missbilligung u​nd ab 1933 d​ann auch i​n explizite Ablehnung e​ines formellen Rechtsstaatsverständnis umgeschlagen,[160] d​as dann später – bereits 1936 – während d​er NS-Zeit wieder neutraler referiert u​nd in d​er Nachkriegszeit explizit v​on Schmitt vertreten worden sei.[161] Schuller charakterisiert d​en „nationalsozialistische[n] Rechtsstaat“ k​lar als e​in „Variante“ d​es materiellen Rechtsstaats.[162]

„Deutscher Rechtsstaat“ als polemisch-kritischer Begriff in der heutigen Diskussion

Polemisch-pejorativ w​ird der Ausdruck „deutscher Rechtsstaat“ i​n der Gegenwart teilweise verwendet, u​m das heute i​n der Bundesrepublik herrschende antiformalistische Rechtsstaatsverständnis a​ls Fortsetzung e​ines „deutschen Sonderweges“ z​u charakterisieren.[163]

Probleme des Forschungsstandes

Diese Erklärungsansätze lassen jeweils gewisse Probleme offen:

A. Schellenberg u​nd Šarčević müssen e​inen wahren Rechtsstaatsbegriff beanspruchen, d​en die nationalsozialistische Verwendung d​es gleichen Wortes verfehle. Damit verhält s​ich deren Position bloß spiegelbildlich z​ur nationalsozialistischen Position, d​ie den liberalen Rechtsstaat a​ls Gesetzesstaat verwirft u​nd für s​ich beansprucht, d​as wahre Rechtsstaatsverständnis z​u haben.

1. Um dieser bloßen Gegenüberstellung v​on Behauptung u​nd Gegenbehauptung z​u entgegen, bezieht s​ich Schellenberger, a​uf die Prägung, d​ie der Rechtsstaatsbegriff i​n der „frühliberalen Bewegung d​es Konstitutionalismus“ erfahren habe.[164]

Damit bleiben a​ber immer n​och drei Schwierigkeiten bestehen: a) Kein Wort i​st davor gefeit, i​m Laufe d​er Zeit Bedeutungsverschiebungen z​u erleiden. Die ursprüngliche Bedeutung i​st also letztlich k​ein geeigneter Kritikmaßstab. b) Schellenberger ignoriert d​ie Mitprägung, d​ie der Rechtsstaatsbegriff a​uch schon i​m 19. Jh. d​urch konservative Autoren erfahren hat. c) Schellenberger umgeht d​ie Frage, w​ie liberal d​enn überhaupt d​er deutsche Früh- u​nd (später) Nationalliberalismus waren.[165]

2. Šarčević vermeidet d​iese Probleme, i​ndem er stattdessen e​in logisches Argument vorbringt: Ein sinnvoller Begriff v​on Rechtsstaat müsste e​ine engere Bedeutung a​ls Staat haben.

Dies i​st zweifelsohne zutreffend, n​ur lautete d​ie NS-Position nicht: ‚Alle Staaten s​ind Rechtsstaaten‘, sondern ‚Nazi-Deutschland i​st ein Rechtsstaat u​nd bspw. d​ie Weimarer Republik w​ar kein Rechtsstaat.‘ Der Sinn dieser nationalsozialistischen Behauptung m​ag kritisiert werden, a​ber sie bedeutete k​eine sinn-lose Verwendung d​es Wortes „Rechtsstaats“.

Auch d​ie Verknüpfung, d​ie nach Šarčević zwischen d​em von i​hm selbst a​ls „materiell“ bezeichneten nationalsozialistischen Rechtsstaatsverständnis u​nd einer „monistisch[en]“ Auffassung v​on „Staat u​nd Recht [als] identische Phänomene“ besteht, i​st nicht völlig klar. Šarčević schreibt: „Seine [des nationalsozialistischen Rechtsstaats] Materie i​st das Volk a​ls Ganzes“ – i​m Gegensatz z​um in Individuen zersplitterten Volk d​es liberalen Staates – „und d​er Führer a​ls einzige, konkrete Verkörperung d​es völkischen Willens u​nd einzige Quelle v​on Vernunft u​nd Recht.“ (S. 214) Daran s​ei zu sehen, w​ie verhängnisvoll e​s sei, w​enn das Recht n​ur von d​er vuluntas (vom Willen) d​es Gesetzgebers abhängig gemacht w​erde und n​icht auch v​on ratio (Vernunft) durchdrungen sei. (S. 217 f.)

Daran bleibt unklar, w​ie die Berufung a​uf Vernunft e​ine Lösung bieten soll, w​enn doch – w​ie Šarčević selbst schreibt – a​uch für d​en nationalsozialistischen Führer Vernunft beansprucht wurde. Außerdem i​st es z​war eine zutreffende Beschreibung, d​ass in d​er nationalsozialistischen Realität d​ie Konkretisierung d​es „materiellen“ Rechts(staats)-Inhalts v​om Führerwillen abhing. Aber d​as verweist a​uf das Dilemma aller Naturrechtstheorien, d​ass sie – entgegen i​hrem Anspruch a​uf reine Vernunft, göttliche Offenbarung o​der natürliche Evidenz – n​icht ohne e​ine menschliche Instanz, d​ie die jeweilige Definition d​es vermeintlich natürlichen, vernünftigen, göttlichen usw. Rechts durchsetzt, auskommen.

Damit i​st der Hinweis a​uf das Führerprinzip z​war eine zutreffende Beschreibung d​er nationalsozialistischen Rechtswirklichkeit, a​ber keine zutreffende Beschreibung (und d​amit auch k​eine tragfähige Grundlage für e​ine Kritik) d​er nationalsozialistischen Rechtstheorie. Denn materielle Rechtsstaats-Theorien i​m von Šarčević gemeinten anti-positivistischen Sinne vertreten per definitionem e​ine dualistische Auffassung v​on Staat u​nd Recht: e​s gibt e​in Recht vor u​nd über d​em Staat – u​nd so a​uch im Falle d​es nationalsozialistischen Rechtsstaats.

Wie für a​lle Naturrechtler, w​ar auch für d​ie Nazis das, w​as Recht s​ein soll, gerade n​icht Resultat e​iner voluntaristischen Entscheidung e​ines Gesetzgebers[166]

  • „Das Recht ist kein irdisches Ding, das man aus menschlichen Gesetzen erfahren kann, sondern die ewige Lebensordnung, die durch das Gesetz nur in Form gebracht wird, das Recht soll stets in Einklang stehen mit dem sittlichen Gesetz in den Sternen und unserer Brust.“ (Nicolai)
  • „Das Recht ist die Seele jedes Staates. Die Gesetzgebung hebt es an das Licht das Bewußtseins.“ (Frank)
  • „Wir sind im Rechtsleben verwurzelt, das Recht ist unser Lebenselement. […] Wir wissen Recht und Unrecht zu trennen und haben keinerlei byzantinische oder staatsabsolutistische Neigungen. Wir können vor allem Recht und Willkür, einen leeren Machtspruch von einem Rechtsspruch wohl unterscheiden.“ (Schmitt)[167]
  • „Das Recht entsteht […] nicht aus dem Staat. […]. Das Recht […] wurzelt als Lebensordnung des Volkes im Volke, ist Ausfluß und Ausdruck des Geistes des Volkes. […]. Der Führer steht daher vor allem und vor allen unter der Treuepflicht, unter dem Rechte.“ (Lange)[168]
Deutsche Juristen-Zeitung 1934, S. 945 – mit dem Anfang Carl Schmitts Aufsatz Der Führer schützt das Recht

Der nationalsozialistische Rechtsstaat sollte j​a gerade kein Gesetzes- o​der Gesetzgebungsstaat sein, s​o Schmitt, Freisler, Lange, Ipsen; u​nd auch i​n Carl Schmitts berüchtigtem Aufsatz z​ur Ermordung v​on Röhm u​nd anderen s​etzt der Führer n​icht etwa Recht, sondern: „Der Führer schützt d​as Recht“[169]. In dieser Weise konzeptionierte a​uch Otto v​on Schweinichen d​en „Führerwillen a​ls […] Willen z​ur Feststellung“ – nicht: Setzung – „und Durchsetzung v​on Recht“[170]

Danach bleibt a​lso unklar, w​ie die nationalsozialistische Auffassung d​es Verhältnisses v​on Staat u​nd Recht a​ls monistisch beschrieben (und verworfen) werden soll, w​enn gleichzeitig erkannt wird, d​ass das nationalsozialistische Rechtsstaatsverständnis „materiell“ (substantialistisch) war.

B. Stolleis vermeidet d​ie Schwierigkeit, e​inen wahren Begriff v​on Rechtsstaat behaupten z​u müssen, sondern beschränkt s​ich auf d​en Vorwurf, d​ass die nationalsozialistischen Akteure i​hre „taktische“ Berufung a​uf den Rechtsstaat g​ar nicht ernstgemeint hätten. Dieser Vorwurf lässt s​ich jedoch – außer ansatzweise b​ei Carl Schmitt – anhand d​er Quellentexte n​icht erhärten; a​uch Stolleis selbst führt dafür k​eine Zitate an.

C. Die Position, d​ass die Nationalsozialisten z​u Recht e​in materielles Rechtsstaatsverständnis beansprucht haben, s​teht spiegelbildlich v​or dem gleichen Problem w​ie Schellenberg: Zwar m​ag sich zeigen lassen, d​ass das nationalsozialistische Rechtsstaatsverständnis – mutatis mutandis – objektiv i​n einer Traditionslinie m​it früheren u​nd späteren materiellen Rechtsstaatsverständnissen steht. Subjektiv beanspruchten d​ie nationalsozialistischen Autoren – abgesehen v​on Schmitts Bezugnahme a​uf Gneist u​nd Stein s​owie Tatarin-Tarnheydens a​uf Gierke – a​ber Novitätscharakter für i​hren Rechtsstaatsbegriff, u​nd zwar n​icht nur i​n Bezug a​uf dessen rassentheoretische Grundierung, sondern tendenziell allgemein n​icht nur gegenüber d​er Weimarer Republik, sondern a​uch gegenüber d​em 19. Jahrhundert, d​as pauschal u​nter einem undifferenzierten Begriff v​on „liberal“ subsumiert wurde.

  • Es ist wissenschaftlich unzureichend, die nationalsozialistische Charakterisierung des 19. Jahrhunderts als liberal unbesehen zu übernehmen und auf dieser Grundlage einen qualitativen Unterschied zwischen dem nationalsozialistischen und dem vorweimarer Rechtsstaatsverständnis zu behaupten.
  • Aber es wäre auch unzureichend, aufgrund des nicht demokratisch-parlamentarischen Charakters sowohl des konstitutionell-monarchischen als auch des nationalsozialistischen Rechtsstaatsverständnis beide einfach gleichzusetzen.[171] Der spezifische Modernitätsanspruch, gerade von „konservativen Revolutionären“ wie Carl Schmitt (aber auch originären Nationalsozialisten), und zwar sowohl in Bezug auf deren eigene Gegenwart[172] als auch deren rückblickende Kritik am 19. Jahrhundert müssten in eine umfassende Analyse deren Verwendung des Rechtsstaatsbegriffs eingehen.

Eine s​olch umfassende, historisch vergleichende Analyse w​ar auch v​on Hilger n​icht beansprucht, d​er sich vielmehr erklärtermaßen „auf eine[n] vornehmlich deskriptiven Ansatz, v​on dem a​us die [nationalsozialistischen] Auffassungen z​um Begriff d​es Rechtsstaats ausführlich dargestellt werden sollen“[173] beschränkte.

D. Unbeantwortet u​nd in dieser Deutlichkeit a​uch nicht einmal gestellt, i​st schließlich d​ie Frage, woraus Carl Schmitts tendenzieller Strategiewechsel v​on einer substantialistischen Vereinnahmung d​es Rechtsstaatsbegriff z​um in Erwägung ziehen dessen Aufgabe z​u erklären ist. Dies l​iegt daran, d​ass die e​inen in Schmitt e​inen Kritiker „des“ Rechtsstaats schlechthin sehen, d​ie zweiten meinen, Schmitt h​abe vor u​nd nach d​em Nationalsozialismus keinen materiellen, sondern e​inen formellen Rechtsstaatsbegriff vertreten (so Schuller), u​nd die dritten, d​ie Schmitts materiell orientierte Vereinnahmungsstrategie a​m deutlichsten herausarbeiten, s​ein Schwanken 1935 übersehen. Allein Ule vermutet, d​ass jener Strategiewechsel „durch d​ie Untersuchungen seines [Schmitts] Schülers Krauß unterstützt worden waren“.[174] Dagegen vermutet Hilger, d​ass Schmitt „Krauß […] a​ls Sprachrohr benutzte“ – a​ber weniger w​egen des Rechtsstaats selbst, a​ls vielmehr i​m Ränkespiel m​it Koellreutter.[175] Beide Vermutungen werden a​ber nicht d​urch Quellen belegt. Die Hypothese v​on Hilger leidet zusätzlich daran, d​ass sie z​war ggf. d​ie Positionierung v​on Krauß erklären kann, a​ber auf d​ie zugrundeliegende Frage n​ach der (Um)positionierung v​on Schmitt k​eine Antwort gibt. –

Bei d​en Aufsätzen v​on Ule u​nd Schuller fällt dagegen v​or allem d​ie – j​e unterschiedliche – apologetische Funktion auf.

  • Schmitts NS-Engagement wird von Ule zu einer negativen „charakterlichen Eigenschaft“ ent-politisiert und individualisiert. Demgegenüber sei das NS-Engagement von Koellreutter – Ules akademischem Lehrer[176] – zwar blauäugig, aber vom Glauben an den „Ewigkeitswert“ des Rechtsstaats getragen gewesen. Dass Koellreutter seinerseits beanspruchte, (im Vergleich mit Schmitt) der authentischere Nationalsozialist zu sein,[177] spielte für Ules Bewertung „charakterliche[r] Eigenschaften“ anscheinend keine Rolle. Auch die Frage, ob ein Nationalsozialismus mit Verwaltungsgerichten als kleineres Übel im Vergleich zu einem Nationalsozialismus ohne Verwaltungsgerichte anzusehen sei und deshalb ein Engagement für ein Nationalsozialismus mit Verwaltungsgerichten als „Verdienst“ zu bezeichnen sei, kommt bei Ule gar nicht erst auf.
  • Während Ule in Übereinstimmung mit der nach 1945 lange Zeit herrschenden Geschichtsschreibung das nationalsozialistische Engagement deutscher Rechtswissenschaftler vor allem als Engagement von Carl Schmitt darstellt, wendet sich Wolfgang Schuller, der nicht nur Professor emeritus der Universität Konstanz, sondern laut Selbstzitierung auch Autor der – ehemals nationalrevolutionären, mittlerweile pluralistischeren – Zeitschrift Mut ist,[178] gegen diese Stigmatisierung Schmitts und erinnert daran, dass der Kampf gegen die „Leere“ eines formellen Rechtsstaatsverständnisses durchaus nicht nur das Anliegen Carl Schmitts war – freilich nicht, um jenen Kampf in Frage zu stellen, sondern um für Verständnis für den Extremismus, der Schmitt dabei unterlaufen sei, zu werben.[179] – Diese Erinnerung bringt Schuller mit doppelter Stoßrichtung vor: zum einen in Einebnung des Unterschiedes zwischen Nationalsozialismus und „real existierendem Sozialismus“ und zum anderen als Inpflichtnahme der herrschenden Lehre: „Das Gerechtigkeitserfordernis hat jedoch in mittelbarer Form Eingang in das Staatsdenken der Nachkriegszeit gefunden, und auch hier hat Carl Schmitt – gewiß nicht als einziger – mit seiner Kritik positive Wirkung entfaltet: Der materielle Rechtsstaat ist in der Form des Sozialstaates ein fester Bestandteil des deutschen Staatslebens und der wissenschaftlichen Diskussion geworden. Sogar die Kritik am nulla-poena-Satz ist, man scheut sich fast, es zu sagen, ist auf unerwartete Weise [bei den Mauerschützen-Prozessen] aktuell geworden.“ (S. 131)

Literatur

Quellen (1933–1945) mit „Rechtsstaat“ im Titel

  • Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“. In: Deutsches Recht 1934, S. 120–123.
  • Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936).
  • [Otto] Koellreutter: Der nationale Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 517–523.
  • Günther Krauß, Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935 (mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt).
  • Heinrich Lange: Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934.
  • Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718 = Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42.
  • Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201.
  • Edgar Tatarin-Tarnheyden: Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 1224–1230.

Weitere Quellen

  • Hans Frank (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935 (darin u. a. ein Beitrag von Carl Schmitt: Der Rechtsstaat [S. 3–10]).
  • Heinrich Henkel: Die Unabhängigkeit des Richters in Ihrem neuen Sinngehalt (= Reihe Der deutsche Staat in der Gegenwart, hrsg. von Carl Schmitt). Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934, Heft 10.
  • Hans-Heinrich Lammers, Hans Pfundtner (Hrsg.): Die Verwaltungs-Akademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat. 1. Auflage, Spaeth & Linde, Berlin / Wien, 1934 ff. (darin als Beitrag 15 der ersten Auflage: Otto Koellreutter: Der nationalsozialistische Rechtsstaat).
  • Otto Koellreutter: Deutschen Verfassungsrecht. Ein Grundriß. 3. Auflage, Junker und Dünnhaupt, Berlin 1937, S. 11–17.
  • Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Reimar Hobbing, Berlin 1933.
  • Edgar Tatarin-Tarnheyden: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934, bes. S. 16–21.
  • Erich Volkmar, Alexander Elster, Günther Küchehof (Hrsg.): Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36 (= Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. VIII: Der Umbruch 1933/36). de Gruyter, Berlin / Leipzig 1937 (darin von Roland Freisler: Rechtsstaat, S. 568–577).

Sekundärliteratur speziell zum Rechtsstaatsbegriff

  • Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts Bd. 39). Mohr Siebeck. Tübingen 2003, ISBN 3-16-148057-0, Inhaltsverzeichnis (PDF; 285 kB).
  • Klaus Marxen: Der Kampf gegen das liberale Strafrecht. Eine Studie zum Antiliberalismus in der Strafrechtswissenschaft der zwanziger und dreißiger Jahre. Duncker & Humblot, Berlin 1975 (zugl. Diss. Univ. Frankfurt am Main), ISBN 3-428-03307-8, S. 67–73, bes. S. 67–69.
  • Günter Meuter: Carl Schmitts „nomos basileus“ oder: Der Wille des Führers ist Gesetz. Über den Versuch, die konkrete Ordnung als Erlösung vom Übel des Positivismus zu denken. Universität der Bundeswehr München, Neubiberg 2000, S. 22–34 (Digitalisat [PDF]).
  • Andrea Nunweiler: Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung im „Dritten Reich“. Nomos, Baden-Baden 1996 (zugl. Diss. Univ. Hannover 1993/94), ISBN 3-7890-4241-2, S. 163, 190, 208, 286 f., 348–357, bes. S. 350, 352, 357.
  • Ulrich Schellenberg: Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat. In: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.): Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (= Recht – Justiz – Zeitgeschichte, Bd. 41). Müller, Heidelberg 1985, ISBN 3-8114-1485-2, S. 71–88.
  • Jörg Schmidt: Otto Koellreutter 1883–1972. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1995, ISBN 3-631-48087-3, S. 53–61, 118–125, 154–157, 162–166.
  • Detlef Georgia Schulze: Rechtsstaat versus Demokratie. Ein diskursanalytischer Angriff auf das Heiligste der Deutschen Staatsrechtslehre. In: ders., Sabine Berghahn, Frieder Otto Wolf (Hrsg.): Rechtsstaat statt Revolution. Verrechtlichung statt Demokratie? Transdisziplinäre Analysen zum deutschen und spanischen Weg in die Moderne (= StaR P. Neue Analysen zu Staat, Recht und Politik. Serie A, Band 2). Westfälisches Dampfboot, Münster 2010, ISBN 978-3-89691-784-3, S. 553–628, bes. S. 568–572.
  • Michael Stolleis: Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945. Beck, München 1999, ISBN 3-406-37002-0, S. 330–338.
  • Michael Stolleis: Que signifiait la querelle autour de l‘État de droit sous le Troisième Reich? In: Olivier Jouanjan (Hrsg.): Figures de l‘état de droit. Rechtsstaat dans l‘histoire intellectuelle et constitutionnelle de l‘Allemagne. Presses universitaires, Strasbourg 2001, ISBN 2-86820-180-6, S. 373–383, Inhaltsverzeichnis (PDF).

Sekundärliteratur zum Kontext

  • Ernst Fraenkel: The dual state. A contribution to the theory of dictatorship. Oxford University Press, New York 1942 (Neudruck: Octagon, New York 1969).
    • ders.: Der Doppelstaat. Recht und Justiz im „Dritten Reich“. EVA, Frankfurt am Main / Köln 1974, ISBN 3-434-20062-2 (spätere, ungekürzte Ausgabe: Fischer, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-24305-X) – Rückübersetzung der amerikanischen Fassung, deren deutsche Vorlage nicht erhalten blieb, mit einem zusätzlichen Vorwort.
    • Alexander von Brünneck (Hrsg.): Gesammelte Schriften. Bd. 2: Nationalsozialismus und Widerstand. Nomos, Baden-Baden 1999, ISBN 3-7890-5826-2, S. 267–473 – Rückübersetzung der deutschen Urfassung Der Doppelstaat. Ein Beitrag zur Staatslehre der deutschen Diktatur mit ggü. der Einzelausgabe erheblich erweitertem Register und editorischer Einleitung [S. 7–22].
    • Rezensionen hierzu von Otto Kirchheimer in Political Science Quarterly von 1941, S. 434–436, Helmut Ridder: Der Doppelstaat. Die Ehe von Kapitalismus und NS-Diktatur. In: Die Zeit, Nr. 24, 1970 (Digitalisat) und Ulli F. H. Rühl in Demokratie und Recht von 1979, S. 108–110.
  • Otto Kirchheimer: The Legal Order of National Socialism. In: Studies in Philosophy and Science 1941, S. 456–475/Die Rechtsordnung des Nationalsozialismus. In: ders.: Funktionen des Staates und der Verfassung. Zehn Analysen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972, S. 115–142, ISBN 3-518-00548-0.
  • Leonard Krieger: The German Idea of freedom. History of a political tradition. Beacon Press, Boston 1957 / Univ. of Chicago Press, Chicago 1972.
  • Karl Loewenstein: Law in Third Reich. In: Yale Law Journal 1936, S. 779–815.
  • Dietmut Majer: Grundlagen des nationalsozialistischen Rechtssystems. Führerprinzip, Sonderrecht, Einheitspartei. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1987, ISBN 3-17-008803-3.
  • Franz Neumann: The Governance of the Rule of Law. An Investigation into the Relationship between Political Theories, the Legal System and the Social Background, Diss. London School of Economics 1936; Neupublikation unter dem Titel The Rule of Law. Political Theory and the Legal System in Modern Society. Berg Publishers, Leamington Spa (UK) / Heidelberg (D) / Dover (New Hampshire, USA) 1986, S. 286–298, 346–348 (mit einem Vorwort von Martin Jay, einer Einleitung und redaktionellen Fußnoten von Matthias Ruete, die alle drei in der deutschen Ausgabe nicht enthalten sind).
    • Übersetzung: Die Herrschaft des Gesetzes. Eine Untersuchung zum Verhältnis von politischer Theorie und Rechtssystem in der Konkurrenzgesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980 (mit einer Einleitung von Alfons Söllner, die in der englischen Ausgabe nicht enthalten ist).
  • Franz Neumann: Behemoth. The structure and practice of National Socialism. Oxford University Press: Toronto / New York / London 1942;[180] 2. Auflage: 1944 (mit einem neuen Vorwort, einem Anhang und einem aktualisierten Index); Nachdrucke: Octagon: New York 1963, Harper: New York 1966, jeweils S. 440–458 und 467–470.
    • Übersetzung: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933–1944. Hrsg. und mit einem Nachwort von Gert Schäfer. EVA, Köln / Frankfurt am Main 1977; spätere Ausgabe: Fischer, Frankfurt am Main 1984 (= 1988 = 1993), ISBN 3-596-24306-8, S. 509–530, 541–543.
  • Vgl. dazu die Rezensionen von Ernst Fraenkel in Alexander von Brünneck (Hrsg.): Gesammelte Schriften. Bd. 2: Nationalsozialismus und Widerstand. Nomos, Baden-Baden 1999, S. 576–579; zuerst in: Neue Volks-Zeitung [New York], 16. Mai 1942.
  • Bernd Rüthers: Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus. 7., unveränderte, um ein neues Nachwort erweiterte Auflage, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1968, ISBN 978-3-16-152058-7.
  • Bernd Rüthers: Entartetes Recht. Rechtslehren und Kronjuristen im Dritten Reich. dtv wissenschaft, München 1994, ISBN 3-423-04630-9.
  • Richard Saage: Zum Begriff der Parteien und des Parlaments bei Carl Schmitt und Gerhard Leibholz. In: Das Argument, Heft 50, 1969, S. 174–193.
  • Ilse Staff (Hrsg.): Justiz im Dritten Reich. Eine Dokumentation. Fischer, Frankfurt am Main / Hamburg 1964; 2. Auflage: Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-596-23409-3.
  • Michael Stolleis: Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945. Beck, München 1999, ISBN 3-406-37002-0, S. 246–414.
  • Michael Stolleis: Recht im Unrecht. Studien zur Rechtsgeschichte des Nationalsozialismus. 1. Auflage, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-518-28755-9, bes. S. 126–146 (2. Auflage: 2006, ISBN 978-3-518-28755-2, mit einem neuen Nachwort).
  • Michael Stolleis: The Law under the Swastika. Studies in Legal History in Nazi Germany. Chicago University Press, Chicago / London 1998 – darin bes. Kapitel 5: In the Belly of the Beast: Constitutional Legal Theory under National Socialism (mit einer Historical Introduction und einer General Introduction, die in der deutschen Ausgabe in dieser Form nicht enthalten sind).
  • Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer. Bd. 60, 2001.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Siehe die folgenden Einzelnachweise zu den verschiedenen Äußerungen. Die Quellen wurden erschlossen anhand der Zitierungen in der Sekundärliteratur:
    • Ingeborg Maus: Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats. In: dies.: Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus. Fink, München 1986, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9, S. 11–82, hier S. 74, Fn. 191 (Zitierung von Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“a. In: Deutsches Recht, 1934, S. 120–123);
    • Ulrich Schellenberg: Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat. In: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.): Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (Recht – Justiz – Zeitgeschichte, Band 41). Müller, Heidelberg 1985, S. 71–88, hier S. 83; [Fehl]Zitierung in Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat. In: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, S. 345–358, hier S. 349: „deutsche[r] Rechtsstaat, der [im Original vielmehr: „‚deutsche Rechtsstaatlichkeit‘ (…), die“] nie und nimmer mit dem manchesterlich-marxistischen liberalen Rechtsstaat seligen Angedenkens verwechselt werden darf“;
    • Richard Bäumlin, Helmut Ridder: [Kommentierung zu] Art. 20 Abs. 1–3 III. Rechtsstaat. In: Richard Bäumlin u. a.: Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (= Reihe Alternativkommentare, hrsg. von Rudolf Wassermann). Band 1: Art. 1–20. Luchterhand, Neuwied / Darmstadt, S. 1340–1389, hier S. 1359, Rn. 24 (Zitierung von Carl Schmitts Bezugnahme auf Franks Wendung in Der Rechtsstaat. In: Hans Frank (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. 3–10, hier S. 10);
    • Wolfgang Schuller: Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel. In: Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur. Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 117–133, hier S. 129 (Zitierung in indirekter Rede von „etwas Urdeutsches“ in Bezug auf den Rechtsstaat als Äußerung von Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 [zugl. Diss. Uni Marburg 1936] [bei Schuller ohne Seitenangabe])
    • und im Übrigen anhand der Literaturangaben von Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003.
  2. Schlussfolgerung anhand der Quellentexte:
    • aus der grammatischen Struktur von Franks Formulierung „[d]er deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“: Der „deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“ ist nicht ein „Rechtsstaat Adolf Hitlers“ (neben anderen – und sei es hypothetischen – „Rechtsstaat[en] Adolf Hitlers“), sondern er ist spezifisch durch seine vermeintlich oder tatsächlich deutschen Charakteristika geprägt.
    • aus der Gegenüberstellung von „deutsche[r] Rechtsstaatlichkeit“ und „manchesterlich-marxistischen liberalen Rechtsstaat“ bei Tatarin-Tarnheyden;
    • aus Nicolais Postulierung eines „Rechtsstaat[s], […] in dem der germanische Rechtsgedanke an erster Stelle steht“ (Hervorhebung hinzugefügt);
    • aus der Gegenüberstellung von (negativ bewertetem) „römische[m] Recht“ und (positiv bewertetem) „deutsche[m] Gemeinrecht“ durch Hans Frank, an die sich dort unmittelbar die Rede vom „nationalsozialistischen Rechtsstaat“ anschließt;b
    • aus Schmitts affirmativer Bezugnahme auf den (vermeintlichen) Versuch von Stein und Gneist, „mit Hilfe eines ‚deutschen‘, auf die Harmonie von Staat und Gesellschaft hinzielenden Rechtsstaatsbegriffes die Unterordnung des Staates unter die bürgerliche Gesellschaft aufzuhalten“ (da Stein und Gneist ohnehin auf Deutsch schrieben, ist „deutsch“ hier nicht nur die Bezeichnung der linguistischen Zugehörigkeit des Begriffs, sondern impliziert die Behauptung einer spezifischen Verbindung zwischen angenommenen deutschen Nationaleigenschaften und dem Inhalt dieses Rechtsstaatsbegriffs).
    • In der Sekundärliteratur wird Nicolais Rede vom „Rechtsstaat, […] in dem der germanische Rechtsgedanke an erster Stelle steht“, Schmitts Berufung auf Stein und Gneist und Schmitts diesbezügliche Wendung „mit Hilfe eines ‚deutschen‘ […] Rechtsstaatsbegriffes“ von Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 86 und 105 zitiert.
    • Darüber hinaus ist anerkannt, dass die Ausdrücke „deutsche[r] Rechtsstaat Adolf Hitlers“ (Frank), „nationalsozialistischer deutscher Rechtsstaat“ (Schmitt) und „deutsche[r] nationalsozialistische[r] Rechtsstaat“ (Nicolai) nicht einen vermeintlichen „Rechtsstaat“ bezeichnen, der bloß zufällig auf deutschen Staatsgebiet lag, sondern einen solchen, der – nach Ansicht der Begriffsverwender – gerade durch sein vermeintliches Deutschsein spezifisch charakterisiert war:
    • Detlef Georgia Schulze: Rechtsstaat versus Demokratie. Ein diskursanalytischer Angriff auf das Heiligste der Deutschen Staatsrechtslehre. In: ders., Sabine Berghahn, Frieder Otto Wolf (Hrsg.): Rechtsstaat statt Revolution, Verrechtlichung statt Demokratie? Transdisziplinäre Analysen zum deutschen und spanischen Weg in die Moderne (= StaR P. Neue Analysen zu Staat, Recht und Politik. Serie A, Band 2). Westfälisches Dampfboot, Münster, 2010, S. 553–628, hier S. 569 f. sieht die Ausführungen Heinrich Langes zum Thema Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat (und wohl auch die Position von Schmitt ebd.) als von einer „anti-westliche[n] und antisemitische[n] (‚artfremd‘ etc.) Stoßrichtung“ geprägt.
    • Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 88 beschreibt die Position von Hans Frank wie folgt: „Es gelte die dem deutschen Volk ‚ureigene‘, ‚ewige Rechtsidee‘ wieder zur vollen Entfaltung zu bringen und es nicht länger zum ‚Objekt der abstrahierenden Sätze des Formalrechts‘ zu degradieren.“ Von Frank wird also – nach Ansicht von Hilger – eine bestimmte „Rechtsidee“ (oder vielleicht auch die „Rechtsidee“ an und für sich) als dem „deutschen Volk“ eigentümlich („ureigen“) angesehen.
    • Die Verwendungsweise von Nicolai beschreibt Hilger (S. 86) mit den Worten: „Der Ausdruck ‚Rechtsstaat‘, den Nicolai […] verwendet, […] kann implizit mit dem Sinn verbunden werden, daß ein Staat ‚Rechtsstaat‘ ist, wenn er den ‚deutschen Rechtsstaatsgedanken‘ […] verwirklicht.“ (Hervorhebung hinzugefügt)
    • In besonders deutlicher Weise dienen nach Hilger die von Schmitt dem Wort „Rechtsstaat“ beigefügten weiteren Wörter dem Zweck, mit dem Gesamtausdruck einen (neuen) „Individualbegriff“ zu schaffen: „Wer nun“ – so Schmitts Auffassung nach Darstellung von Hilger (S. 104) – „vom Dritten Reich als Rechtsstaat sprechen wolle, müsse dies unmißverständlich durch die Rede ‚von dem einen nationalsozialistischen deutschen Rechtsstaat‘ zum Ausdruck bringen. Auf diese Weise will Schmitt klarstellen, daß es sich beim ‚nationalsozialistischen Rechtsstaat‘ nur um einen Individualbegriff handeln kann, der ebenso einzigartig und ‚konkret‘ ist der nationalsozialistische Staat selbst.“
    • Andrea Nunweiler: Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung im „Dritten Reich“. Nomos, Baden-Baden 1996, S. 286 f. schreibt in Bezug auf Walther Merk und zwei weitere Rechtshistoriker: „Gerade in der Beachtung dieser Prinzipien [nämlich, dass der „Staat ‚bei der bewußten Rechtsbildung nicht Erzeuger des Rechts, sondern bloß Geburtshelfer ist‘c“] wird die spezifisch germanisch-deutsche Rechtsstaatlichkeit des nationalsozialistischen Staates gesehen: ‚Der deutsche Staat ist ein Rechtsstaat.‘d ‚Römischer Auffassung war das Recht ein Machtspruch der staatlichen Obrigkeit …e Ganz anders unsere germanisch-mittelalterliche Auffassung. Ihr ist das Gesetz nicht Machtspruch, sondern Weistum […]. Der Staat ist nicht Herr des Rechts, sondern der Diener seiner Verwirklichung. Er gleicht einem Brennglas, in dem die Rechtsharmonie aufgefangen und verstärkt wird. Das ist der Inhalt des deutschen Rechtsstaats.‘f“ Bereits über die Weimarer Zeit schreibt dieselbe (S. 354): „In diesen Aussagen zum germanisch-mittelalterlichen Recht klingt eine deutliche Präferenz für das Eigene, das Gemeinschaftlich-Emotionale im Gegensatz zum Individualistisch-Rationalen, das man dem fremden römischen Recht zuschreibt, an.“ Auf S. 405 komm sie zu dem Gesamtergebnis: „Die Beschäftigung mit deutscher Rechtsgeschichte […] geschieht in einer Atmosphäre hoher Emotionalität und massiver Aversion gegen alles Fremde.“
    • Walter Ott, Franziska Buob: Did legal positivism render german jurists defenceless during the Third Reich? In: Waldemar Schreckenberger, Christian Starck (Hrsg.): Praktische Vernunft, Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Verhandlungen des 15. Weltkongresses der internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR) in Göttingen, August 1991. Steiner, Stuttgart 1993, S. 100 lässt nicht nur das schwierig zu übersetzende Wort „Rechtsstaat“, sondern den gesamten Ausdruck „deutscher Rechtsstaat Adolf Hitlers“ – wie andere spezifische NS-Begriffe, aber im Unterschied zu längeren Zitaten aus deutschen Texten – unübersetzt stehen.
    a Der Titel steht bereits im Original in Anführungszeichen, ohne dass dies distanzierend gemeint wäre oder sonst ein Grund ersichtlich ist.
    b „Als Grundlage […] gilt Punkt 19 des Programms der NSDAP., der folgende These aufstellt: ‚Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht.‘ Durch diese These sind uns Weg und Aufgaben klar vorgeschrieben. Die nationalsozialistische Rechtspolitik fordert von uns: Die Sicherung des deutschen Volkes in einem nationalsozialistischen Rechtsstaat, […].“ – Hans Frank: Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens. In: ders. (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. XIII–XXIV, hier S. XIII.
    c Walther Merk: Wachstum und Schöpfung im germanischen Recht. In: Beiträge zur Neugestaltung des Deutschen Rechts. Festgabe der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät Marburg zum 70. Geburtstag des Erich Jung, Marburg 1937, S. 127–175, hier S. 129.
    d Gustav Klemens Schmelzeisen: Das Recht im Nationalsozialistischen Weltbild (= Neugestaltung von Recht und Wirtschaft, Heft 2). Leipzig 1934, S. 58.
    e Auslassung ohne eckige Klammern durch Nunweiler.
    f Gustav Klemens Schmelzeisen: Vom deutschen Recht und seiner Wirklichkeit. Düsseldorf 1933, S. 54 f.
  3. Vgl. etwa:
    • Helmut Nicolai: Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (= Gottfried Feder (Hrsg.): Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 39). Eher, München 1932, S. 10: „Wenn nun der Römer gefragt wurde, was rechtens sei, so […] schlug er das Gesetzbuch auf, […] der alte Deutsche […] konnte sich nicht auf eine Anordnung der Staatsgewalt berufen, sondern mußte sein Gewissen befragen.“
    • Carl Schmitt: Der Führer schützt das Recht. In: Deutsche Juristen-Zeitung, 1934, S. 945–950, hier S. 949: „Es […] ist ein seit langem geübter Kunstgriff deutschfeindIicher Propaganda, gerade dieses Isolierverfahren [nämlich die Unterscheidung zwischen ‚rein juristischer Tatbestands‘- oder ‚Nicht-Tatbestandsmäßigkeit‘] als allein ‚rechtsstaatlich‘ hinzustellen.“
    • In der Sekundärliteratur äußern sich allgemein zur Anti-Formalität des nationalsozialistischen Rechtsstaatsverständnisses (ohne spezifische Bezugnahme auf das Adjektiv „deutsch“) bspw. Michael Stolleis und Christian Hilger. Maus, Bäumlin / Ridder und Schulze (bei unterschiedlichen Nuancierungen, die sie im Einzelnen vornehmen) sehen das Charakteristikum der herrschenden deutschen Lehre vom Rechtsstaat (auch in weiten Teilen der Geschichte vor und nach dem NS) gerade durch deren Substantialismus bzw. ihre Anti-Formalität charakterisiert, im Unterschied zu – als formal oder prozedural klassifizierte – westlichen Konzeptionen der rule of law und des État légal.
  4. Von einem „volksnahen deutschen Recht“ sprach in den Quellentexten ausdrücklich Wilhelm Coblitz (Vorbemerkungen. In: Hans Frank (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. VII–XI); im Übrigen, Schlussfolgerung aus der nationalsozialistischen Distanzierung vom juristischen Experten-Diskurs, z. B.:
    • Schmitts affirmative Bezugnahme auf Gneists Satz „Der Rechtsstaat ist kein Juristenstaat“;
    • Nicolais pejorative Charakterisierung des Römischen Reiches als „Juristenstaat“, der kein „Rechtsstaat“ gewesen sei;
    • dessen Forderung der Jurist solle „nicht mehr ein Paragraphenheld und seelenloser Bürokrat […], kein Buchstabengelehrter und kein Formaljurist“ sein (Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 74).
    Entsprechend kritisierte Hans Frank: Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens. In: ders. (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. XIII–XXIV die vermeintliche „Entfremdung zwischen dem lebensnahen Volksempfinden und dem Recht“ (S. XIV) sowie „volksfremdes Gesetzesrecht“ (S. XV); stattdessen forderte er, das Recht müsse „um des Volkes wegen“ da sein (S. XIV). Die Akademie für Deutsches Recht wolle keine „lebensfremde Gelehrtenzunft, sondern eine im Volk und Leben verwurzelte und für Volk und Leben praktisch nützbare Einrichtung“ sein (S. XXII f.). In der Sekundärliteratur weist Andrea Nunweiler (Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung im „Dritten Reich“. Nomos, Baden-Baden 1996, S. 357, 352) darauf hin, dass Walther Merk bereits in den 1920er Jahren statt der „unseligen Entfremdung zwischen Recht und Volk“ Gesetze forderte, die „eine Sprache sprechen, die dem Volk verständlich ist“.
  5. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 211, 212: „Ganz überwiegend liegt den [während der NS-Herrschaft vertretenen] Rechtsstaatsbegriffen ein Wirklichkeitsverständnis zugrunde, welches nicht zwischen Sein und Sollen trennt, sondern die höchsten Normen als Teil einer werthaften Natur ansieht. […]. Diese Werte können ferner nicht im Wege der Erfahrung erkannt werden, ihre Gewinnung erfolgt durch ‚Einfühlen‘, ‚Intuition‘ bzw. ‚Instinkt‘ oder ‚phänomenologisch‘. […]. Überwiegend werden die jeweils höchsten Werte als den Gesetzen übergeordnete Rechtsquellen in den Rechtsbegriff aufgenommen.“ (Hervorhebung hinzugefügt).
  6. In den Quellentexten verknüpfte Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 13 f. (im Original ist der Satz insgesamt hervorgehoben) Recht und Ethik folgendermaßen: „Durch die Verbindung mit dem absoluten ethischen Begriff der Wahrheit […] erscheint das Recht dem nordischen Denken als das höchste Gut schlechthin.“ Siehe auch Günther Krauß, Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 32–33, 58: „der wahre Rechtsstaatsgedanke oder – was für uns dasselbe ist – der Gedanke an einen ‚unmittelbar gerechten Staat‘“. – Dementsprechend war die Unterscheidung zwischen Gesetzen einerseits und Moral, Sitte und Sittlichkeit andererseits – so die Erkenntnis der Sekundärliteratur – der Hauptkritik („Ausgangspunkt der Entrüstung“) der nationalsozialistischen Autoren am liberalen Rechtsstaatsverständnis: Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 12, 205–211 zu den nationalsozialistischen Konzeptionen des Verhältnisses zwischen Recht und moralischen „Werten“.
  7. Siehe in den Quellentexten Carl Schmitts (Fn. 63) und Hans-Peter Ipsens (Fn. 160) Postulierung von „offenkundige[r]“ bzw. „unmittelbar[er]“ Gerechtigkeit und die oben schon erwähnte Distanzierung vom juristischen Experten-Diskurs und von – die Unmittelbarkeit quasi unterbrechenden – Gesetzbüchern und aus der Sekundärliteratur: Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 96 f.: „Auf diese Weise [der des ‚konkreten Ordnungsdenkens‘] erfolgt nach Auffassung Schmitts der unmittelbare, nicht durch Gesetzesanwendung vermittelte Durchgriff auf die Gerechtigkeit des Einzelfalls.“
  8. Zitierung von Frank und Schmitt bei Maus und Bäumlin/Ridder, von Frank und – sinngemäß – Nicolai bei Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 87, 86 und dazu S. 80–81 die beiden Abschnitte „Die ‚Rasse‘ als Determinante des Rechts“ und „Der Staat als Vermittler ‚germanischen Geistes‘“.
  9. Carl Schmitt kritisierte in Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 717 (= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42, hier S. 41) darüber hinaus die Rezeption des Römischen Rechts als „ungeheure geistige […] [U]nterw[e]rf[ung]“ der „Deutschen“; auch die Weimarer Verfassung sieht er – Infolge des „Zusammenbruchs von 1919“, also der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg – als „geistige Unterwerfung unter fremde Rechts- und Staatsbegriffe“. Vgl. bereits für die rechtshistorische Diskussion der Weimarer Zeit Andrea Nunweiler: Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung im „Dritten Reich“. Nomos, Baden-Baden 1996, S. 356 f.: „negativen von außen kommenden Ereignissen“; „‚Eindringen jüdischer Rechtsvorstellungen durch die Bibel‘“ (Quellenzitat); „Rezeption des spätrömischen Rechts“; „Antike, Humanismus, Rationalismus, Liberalismus, die Lehren von der Staatssouveränität und die Ideen der Französischen Revolution […] [wurden] primär als das Fremde“ – im Kontrast zum „germanischen Rechtsstaat“ (357 unten) – „wahrgenommen und als Bedrohung des Eigenen empfunden“.
  10. Vgl. Otto von Schweinichen („germanische Traditionen“ des „rechtsstaatlichen Denken[s]“ seien „in moderner Gestalt fortzusetzen“ [Fn. 103]) und Hilger („Maßstab für die weitere Rechtsentwicklung im Nationalsozialismus“ [Fn. 41]). Vgl. bereits für die rechtshistorische Diskussion der Weimarer Zeit Andrea Nunweiler: Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung im „Dritten Reich“. Nomos, Baden-Baden 1996, S. 353 f., 356: „Rechtserneuerung nach germanisch-mittelalterlichem Vorbild“; „Wunsch nach […] Rechtserneuerung durch an Anbindung […] an die Epochen der deutschen Rechtsgeschichte, in den Staat und Recht als genuin germanisch erschienen“.
  11. Siehe dazu die Einzelnachweise im Abschnitt Bewertung in der nachnationalsozialistischen Forschung.
  12. Seite 120–123. Der Titel steht bereits im Original in Anführungszeichen, ohne dass dies distanzierend gemeint wäre oder sonst ein Grund ersichtlich ist.
  13. Auch im Schlusssatz auf S. 123 kommt noch einmal das Wort „Rechtsstaat“ vor: „Als Reichsjuristenführer bin ich überzeugt, daß es uns im Verein mit allen Schichten des deutschen Volkes gelingen wird, den Rechtsstaat Adolf Hitlers in jedem Augenblick so aufzubauen, daß niemand in der Welt wagen kann, diesen Rechtsstaat irgendwann wegen seines Rechtes anzugreifen.“
  14. Gesetz über die Aufhebung des Reichsrats auf Wikisource.
  15. Ermächtigungsgesetz auf Wikisource.
  16. Walter Pauly: Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Bd. 60, 2001, S. 73–105, hier S. 104: „Parallel zur Apotheose des ‚Führers‘ verlief […] der Verfall des Gesetzesbegriffs, der weitgehend seiner formalen Kriterien […] entkleidet wurde.“
  17. Text des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs: documentarchiv.de.
  18. edocs.fu-berlin.de, S. 105, Fn. 65.
  19. Für letztere Lesart spricht, dass die Reichsregierung – abgesehen von der Einschränkung in Art. 2 HS 2 – durch das Ermächtigungsgesetz ohnehin schon zur Setzung von Reichsverfassungsrecht befugt war. Hätte nun durch Gesetz vom 30. Januar 1934 jene Einschränkung wegfallen sollen, so hätte es nahegelegen, (z. B. im Rahmen des Gesetzes vom 30. Januar 1934 oder durch separates Gesetz) die Streichung jenes Halbsatzes zu beschließen. Dass dieser naheliegende und einfache Weg nicht gegangen wurde, sondern stattdessen Art. 4 des Gesetzes vom 30. Januar 1934 („Die Reichsregierung kann neues Verfassungsrecht setzen.“) beschlossen wurde, legt nahe, dass damit Landesverfassungsrecht gemeint ist, zu dessen Setzung die Reichsregierung bis dahin nicht befugt war.
  20. In dem gleichen Jahrgang der Zeitschrift Deutsches Recht finden sich u. a. auch noch die Aufsätze von Frank Lebensrecht, nicht Formalrecht (S. 231–233) und Aufgabe des Rechtslebens nicht die Sicherung der Paragraphenanwendung, sondern vor allem Sicherung des Volkslebens (425–427). Vgl. zu Franks Antiformalismus auch: Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 89 f.
  21. Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“. In: Deutsches Recht 1934, S. 120–123, hier S. 121. Bei Frank ist die gesamte zitierte Passage hervorgehoben
  22. „Rechtssicherheit“ ist bei Frank hervorgehoben. Im folgenden Jahr erfährt der Begriff der Rechtssicherheit eine explizite (Neu)definition durch Frank. Während der Begriff traditionell bedeutet, dass Verlass darauf ist, dass das geltende Recht angewendet wird und dadurch die Ausübung der Staatsgewalt berechenbar gemacht wird, wird der Begriff von Frank unmittelbar an die „Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Ordnung“ geknüpft. „Rechtssicherheit“ sei dann garantiert, wenn die Aufrechterhaltung der Ordnung gesichert ist: „Ist diese innere und äußere Ordnung durch ein deutsches Rechtssystem und durch eine volksverbundene Rechtsanwendung gewährleistet, so ist der Grundsatz der Rechtssicherheit im vollkommensten Sinne durchgeführt.“ – Hans Frank: Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens. In: ders. (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. XIII–XXIV, hier S. XVI. Eine entsprechende Umkehrung nahm Hermann Göring im gleichen Jahr in einem Vortrag in der Akademie für Deutsches Recht vor: Nicht „der einzelne und seine egoistischen Ziele“, sondern das „Volk“ solle „rechtsgesichert und rechtsgeschützt“ sein – und in diesem Sinne sagte er, dass die Rechtssicherheit in der Weimarer Zeit „aufs tiefste erschüttert gewesen“ sei. Daher forderte er, dass die Gesetze nicht nach ihren Buchstaben, sondern nach „Sinn und Zweck“ interpretiert werden: „Gesetze aber bleiben tote Buchstaben, die ihren Zweck nicht erfüllen, ja, die sogar mehr schaden können als nützen, wenn nicht die Gewähr gegeben ist, daß sie auch überall und zu jeder Zeit ihrem Sinn und Zweck gemäß vollzogen und erfüllt werden. […] [D]ie ordnungsmäßige und zweckentsprechende Anwendung der Gesetze […] ist Rechtssicherheit“. Im weiteren Verlauf der gleichen Schrift lehnt es Göring dann ausdrücklich ab, dass der Staat gegenüber dem Gesetzesbrecher seinerseits an die Gesetze gebunden bleibt: „Wir bezeichnen es nicht als Rechtssicherheit, wenn der Staat seine Organe und Machtmittel denen treulich zur Verfügung stellt, die unter diesem Schutz ihn und seine Zwecke bekämpfen wollen.“ – Hermann Göring: Die Rechtssicherheit als Grundlage der Volksgemeinschaft. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 5, 7, 9 oben, Hervorhebung hinzugefügt; siehe auch S. 10 Mitte, 12 unten / 13 oben. Zur nationalsozialistischen Umdeutung des Begriffs der Rechtssicherheit siehe auch Helmut Seydel: Die zwei Begriffe der Rechtssicherheit. In: Deutsche Rechtswissenschaft 1936, S. 84–86, hier S. 85: „Dieser Begriff der Individualsicherheit kann gewiß nicht unser Begriff der Rechtssicherheit sein. […]. Ganz bewußt hat die Führung dem Richter bedeutende Vollmachten erteilt, weniger berechenbar, aber umso gerechter zu entscheiden.“
  23. Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“. In: Deutsches Recht 1934, S. 120–123, hier S. 121. Bei Frank ist die zitierte Passage hervorgehoben.
  24. „Es ist nicht an dem, daß …“ – bzw. in einem weiter unten angeführten Zitat: „Es ist an dem, daß …“ – ist eine altertümliche Wendung, die Frank im Sinne von „Es ist nicht so, daß …“ bzw. „Es ist so, daß…“ verwendet.
  25. Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“. In: Deutsches Recht 1934, S. 120–123, hier: S. 122.
  26. Hans Frank: Geleitwort. In: Hans Heinrich Lammers, Hans Pfundtner (Hrsg.): Die Verwaltungs-Akademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat. 2. Auflage, Spaeth & Linde, Berlin / Wien 1939, unpaginiert (Loseblattsammlung – die 1. Auflage war wohl ca. 1934 erschienen): „Das Recht ist die Seele jedes Staates. Die Gesetzgebung hebt es an das Licht das Bewußtseins.“
  27. Vgl. dazu Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 88: „Obwohl Frank des öfteren den Zusammenhang von ‚Blut‘, ‚Rechtsgefühl‘ und Recht hervorhebt, wird die ‚erbliche‘ Veranlagung in Bezug auf das Recht nicht […] ausdrücklich zu einem ‚rassengesetzlichen‘ Determinismus gesteigert, demzufolge die ‚Rasse‘ allein den Menschen in einer konkreten Situation auf eine ganz bestimmte Entscheidung festlegt. Vielmehr ist sie [nach Frank] nur eine und nicht allein maßgebliche Voraussetzung dafür, die ‚richtige‘ Entscheidung zu treffen.“
  28. Hans Frank: „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“. In: Deutsches Recht 1934, S. 120–123, hier S. 122. Hervorhebung von „Weltallgemeinheit“ hinzugefügt; Original-Hervorhebung getilgt.
  29. Hans Frank: Rede. In: Helmut Nicolai, Hans Frank: Reden gehalten auf der ersten Kundgebung der Berufsgruppe Verwaltungsbeamte im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 14. September 1933 in Berlin mit einer Einführung von Manfred Bilke (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 31–45, hier S. 41 f. Original-Hervorhebung, die bei Frank den kompletten ersten Satz des Zitates umfasst, getilgt.
  30. Hans Frank: Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens. In: ders. (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, XIII–XXIV (XIII). Die Passage nach dem Doppelpunkt ist bei Frank hervorgehoben.
  31. An dieser Stelle ist tatsächlich die philosophisch-ethische Bedeutung von „materialistisch“ (im Gegensatz zu „idealistisch“) und nicht die juristische Bedeutung von „materiell“ (im Gegensatz zu „formell“) gemeint.
  32. documentarchiv.de. Dieser Programmpunkt wird auch in den Vorbemerkungen (S. VII–XI) des „Schriftleiter[s]“ (Redakteurs) des Handbuches, Wilhelm Coblitz, zitiert. Im Anschluss daran schreibt er: „Die Rezeption des römischen Rechts wurde, auch schon in vornationalsozialistischer Zeit, als das Ereignis erkannt, welches die Entwicklung eines volksnahen deutschen Rechts verhinderte“, und er postuliert dann: Wenn das Recht dem „Rechtsempfinden“ derer, deren Lebensverhältnisse zu regeln sind, entspreche, dann verschwinde auch der „Gegensatz zwischen Moral und Recht, Rechtsempfinden […] und der gesetzten Rechtsnorm“.
  33. Hans Frank: Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens. In: ders. (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, XIII–XXIV (IX). Siehe zur Kritik an Abstraktionen auch noch: Hans Frank: Rede. In: Helmut Nicolai, Hans Frank: Reden gehalten auf der ersten Kundgebung der Berufsgruppe Verwaltungsbeamte im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 14. September 1933 in Berlin mit einer Einführung von Manfred Bilke (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 31–45, hier S. 44: „Die Akten vergehen, aber das Leben bleibt, lassen Sie sich nicht zum Knecht einer Formalabstraktion stempeln, […].“ (Hervorhebung getilgt).
  34. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 88.
  35. Schmitt verweist auf seinen eigenen Aufsatz: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713 f. (gemeint: ff.; der Aufsatz endet auf S. 718) [= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42]. Die beiden Zitate finden sich im ersten Absatz von Abschnitt I. und im letzten Absatz von Abschnitt II. – An der zweiten Stelle fordert Schmitt, „vorbehaltlos von dem einen nationalsozialistischen deutschen Rechtsstaat“ zu sprechen, und nicht mit einem unspezifischen Begriff von Rechtsstaat „dem nationalsozialistischen Staat von außen vorzuschreiben suchen, was er zu tun hat“ (Hervorhebung im Original).
  36. Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 199.
  37. Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 199 (Hervorhebung im Original).
  38. Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 191 (Hervorhebung im Original). Vgl. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 105.
  39. Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 190.
  40. Siehe dazu den Abschnitt „Erste Entwicklungsetappe Rechtsstaat vs. Polizeystaat“ des Artikels „Rechtsstaatsbegriff“.
  41. Carl Schmitt: Der Rechtsstaat. In: Hans Frank (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. 3–10, hier S. 4: „[B]ereits R. Mohl selbst (Enzyklopädie [Encyklopädie der Staatswissenschaften], 1872, S. 88) [hat] gegen das Gerede über den Gegensatz von Rechts- und Polizeistaat protestiert“.
  42. Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 714 f. (= Deutsche Verwaltung, 1934, S. 35–42, hier S. 37) (Hervorhebung der Namen getilgt).
  43. Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 715 (= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42, hier S. 37): „Dann erst tritt das uns allen aus unserem Rechtsstudium und aus den verwaltungsrechtlichen Lehrbüchern bekannte: dritte, das positivistische Stadium ein.“ Die negativen Bezugspunkte für Schmitt sind nun Otto Mayer und Gerhard Anschütz.
  44. Lorenz Stein: Verwaltungslehre. Erster Teil. 2. Auflage, Cotta, Stuttgart 1869, S. 296 f. (Hervorhebung im Original).
  45. Vgl. Steins Bezugnahme (S. 299 oben) auf Robert von Mohl: Literatur der Staatswissenschaften. Band I. S. 297 ff.
  46. Gemeint sein könnte Johann Friedrich Herbart, der sich in seinem Buch Allgemeine praktische Philosophie auch staatstheoretisch äußerte; vgl. Robert Mohl: Die Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften. In Monographien dargestellt. Erster Band. Enke, Erlangen, 1855, S. 244 (wo die Vornamen aber auch nur abgekürzt sind).
  47. Gemeint sein könnte Christian Jakob Kraus, der über „staatswirthschaftliche“ Fragen publizierte und dessen Nachgelassenen Philosophischen Schriften laut Katalog der Staatsbibliothek Berlin von Johann Friedrich Herbart bevorwortet wurden.
  48. Richard Bäumlin: Stichwort Rechtsstaat. (PDF; 190 kB). In: Roman Herzog, Hermann Kunst, Klaus Schlaich, Wilhelm Schneemelcher (Hrsg.): Evangelisches Staatslexikon. 3. Auflage, Kreuz, Stuttgart 1987, Sp. 2806–2818, hier Sp. 2806: „Vorweg ist festzuhalten, daß der R[echtsstaat] eine Begriffsbildung der deutschen Staatslehre des 19. Jhs. ist. Dieser R[echtsstaat] soll den Staat im Interesse der bürgerl. Gesellschaft unter obrigkeitsstaatl. Bedingungen beschränken. So unterscheidet sich der R[echtsstaat] von vornherein von der britischen Rule of Law, die nicht nur als ein den Staat begrenzendes, diesen vielmehr auch konstituierendes (repräsentativstaatl. bzw. demokratisches) Prinzip gemeint ist.“
  49. Tatsächlich endet das wörtliche Zitat, das Schmitt anführt, insoweit bereits auf S. 180 (mit dem Ende des vorletzten Satzes auf dieser Seite).
  50. Vgl. zu Gneist auch: edocs.fu-berlin.de, S. 26, wo darauf hingewiesen wird, dass Gneist – in Abgrenzung von den „Nachbarn im Westen“, was dort als Anspielung auf die Französische Revolution interpretiert wird, für Deutschland den Geist der Mäßigung und Gerechtigkeit in Anspruch nahm.
  51. Rudolf Gneist: Der Rechtsstaat. Springer, Berlin 1872.
  52. Auslassung bei Schmitt nicht gekennzeichnet.
  53. Beide Hervorhebungen im Original bei Gneist, von Schmitt ohne Kennzeichnung getilgt.
  54. Bei Schmitt Rechtschreibung ohne Kennzeichnung modernisiert: „Willkür“.
  55. Hervorhebung im Original bei Gneist; von Schmitt ohne Kennzeichnung getilgt.
  56. Auf S. 180 leicht gekürzt ggü. der Zitierung bei Schmitt
  57. Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 715, rechte Spalte Mitte (= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42, hier S. 38, rechte Spalte oben). Schmitt spricht von „fremder Denkweise“ in Bezug auf „derartig festgelegte Worte“, womit die in der jeweils vorhergehenden Spalte erwähnte „liberale Auffassung [… des] Rechtsstaat[s]“ bzw. „gesetzesstaatliche Konstruktion“ gemeint ist.
  58. Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 714 (= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42, hier S. 36).
  59. Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 713 (= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42, hier S. 35), wo Schmitt jeweils in der linken Spalte zunächst – unter Bezugnahme auf Frank – vom „nationalsozialistischen Rechtsstaat“ spricht und dann in der rechten Spalte „Rechtsstaat“ im liberalen Sinne mehrfach in Anführungszeichen setzt, u. a.: „jene Publizisten, die uns über den ‚Rechtsstaat‘ belehrten‘“ und: „Denjenigen […], die im Falle van der Lubbe fortwährend vom ‚Rechtsstaat‘ sprachen, lag offenbar nicht in erster Linie daran, daß ein übles Verbrechen die gerechte Strafe fand.“
  60. Die auf Gneist und Stein zeitlich folgende Entwicklung charakterisiert Schmitt als „die Abtrennung des Rechts von Religion und Sittlichkeit; […]; die Verwandlung von Recht und Gerechtigkeit in ein positivistisches ‚ziviles Zwangsnormengeflecht‘, dessen ganze Gerechtigkeit in der Rechtssicherheit, d. h. in seiner Berechenbarkeit besteht; das Ideal der Justizförmigkeit aller Staatsakte und der Grundsatz der ‚Gesetzmäßigkeit‘ der Verwaltung, ja, der normativistischen Bindung des gesamten staatlichen Lebens, die Recht und Gesetz zum bloßen Fahrplan der bürokratischen Maschine macht.“ (Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201 [192]).
  61. Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“?. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 192 (Hervorhebung im Original). Die fragliche Stelle lautet in Gänze (S. 192): „Der Sieg dieses bürgerlichen Rechtsstaats über den christlichen wie über den Hegelschen Sittlichkeitsstaat war entschieden, als es einem als ‚konservativ‘ anerkannten Autor: Friedrich Julius Stahl (Jolson), gelungen war: Hegels Staatsphilosophie bei den deutschen Konservativen als ‚undeutsch‘ zu diskreditieren und den christlichen Staat durch die Kombination ‚christlicher Rechtsstaat‘ in das Begriffsnetz des Rechtsstaates hineinzuführen. Die im Streit zwischen christlichem Staat und Rechtsstaat verblüffend einfache Begriffskombinatorik eines ‚christlichen Rechtsstaates‘ arbeitete mit dem Kunstgriff eines inhaltlosen, ‚rein formalen‘ Begriffes. ‚Der Rechtsstaat bedeutet überhaupt nicht Ziel und Inhalt eines Staates, sondern nur Art und Charakter, dieselben zu verwirklichen.‘ Dieser berühmte Satz stellt Ziel und Inhalt gegen Art und Charakter und benutzt die bekannte und beliebte Trennung von Zweck und Mittel in einer besonderen Weise. Er mußte zu dem Ergebnis führen, daß nicht, wie sonst, der Zweck das Mittel, sondern umgekehrt, das Mittel, eben der zum bloßen Mittel gewordene Rechtsstaat, den Zweck heiligen konnte.“ Zu dem Stahl-Zitat siehe den Artikel Rechtsstaatsbegriff#Forschungskontroverse: Gab es eine Etappe der Formalisierung des Rechtsstaatskonzeptes?. Schmitt ist allerdings wohl nicht der Erste, der Stahl im Sinne eines formellen Rechtsstaatsverständnisses liest. Jedenfalls vorbereitet ist diese Lesart bei Richard Thoma (Rechtsstaatsidee und Verwaltungsrechtswissenschaft. In: Mehdi Tohidipur (Hrsg.): Der bürgerliche Rechtsstaat. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1978, S. 499–524 [Nachdruck aus: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 1910]) – dort aber im affirmativen bzw. vereinnahmenden Sinne: „Erst Stahl hat […] die stets im Streit befangene und im Flusse befindliche Abgrenzung der Staatszwecke geschieden von dem […] Streben nach einer rechtlich bestimmten Form der Verwirklichung der Staatszwecke. […]. Als ein die Form bezeichnendes, d. h. wesentlich die juristische Gestaltung des Staates betreffendes Postulat entwickeln in der Folge Lorenz von Stein, Otto Bähr und Rudolf von Gneist die Rechtsstaatsidee.“ (501) Anschütz bemerkte aber zugleich auch die „Hereinnahme eines sachlichen Elements in den Rechtsstaatsbegriff“ durch Stahl, das aber sogleich „gewissermaßen wieder ausgestrichen“ werde (520), so Thomas Lesart.
  62. Ein ähnlich Angriff auf Stahl findet sich auch bei Carl Schmitt: Der Rechtsstaat. In: Hans Frank (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. 3–10, hier S. 6, wo Schmitt Stahl eine Verwandlung des „Rechtsstaats in sein Gegenteil, nämlich in einen indifferenten Gesetzesstaat“ (Hervorhebung getilgt) vorwirft.
  63. Vgl. in anderem Zusammenhang Wolfgang Schuller: Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel. In: Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur. Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 117–133, hier S. 122: Schmitts Herstellung eines Zusammenhangs zwischen „Judentum und Rechtsstaatsbegriff“ sei eine „tödliche Denunzierung“ gewesen.
  64. Helmut Nicolai: Rede. In: ders., Hans Frank: Reden gehalten auf der ersten Kundgebung der Berufsgruppe Verwaltungsbeamte im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 14. September 1933 in Berlin mit einer Einführung von Manfred Bilke (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 15–30, hier S. 30. Bereits 1932 hatte Helmut Nicolai (Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie [= Gottfried Feder (Hrsg.): Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 39]. Eher, München 1932, S. 50) geschrieben: „Auch Kant schon bekannte, daß der Preußenstaat eine vollendete ‚Republik‘ sei, was soviel sagen will, wie daß es ein Rechtsstaat im deutschrechtlichen Sinne war.“ Auf S. 4 hieß es dort: „In Wahrheit wollen wir den auf der lebensgesetzlichen Rechtslehre aufgebauten Rechtsstaat.“ und „das Dritte Reich [wird] ein Rechtsstaat sein.“ Des Weiteren tritt auf S. 33 das Adjektiv „rechtsstaatlich“ auf.
  65. Vielmehr endet die Rede mit folgendem unmittelbar anschließenden Satz: „In unserem Führer Adolf Hitler […] verehren wir auch den ersten Verwaltungsbeamten des Reiches, ihm wollen wir folgen für und für, wohin er uns auch führen möge.“ (S. 30).
  66. Vgl. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 80 f., 83.
  67. Helmut Nicolai: Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (= Gottfried Feder (Hrsg.): Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 39). Eher, München 1932, S. 26.
  68. Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 11: „Es wird […] zweckmäßig sein, zuerst einmal eine Rasse herauszugreifen und aufzuklären, ob und wodurch sich ihre besonderen Rechtsvorstellungen […] von deren anderer Rassen […] unterscheiden. Als ein solch rassenreines Volk der Urzeit läßt sich das nordische Urvolk feststellen.
  69. Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 13 f. – Im Original ist der gesamte Satz, aus dem die zitierte Passage stammt, hervorgehoben.
  70. S. 14.
  71. Untertitel: Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (= Gottfried Feder (Hrsg.): Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 39). Eher, München 1932.
  72. Siehe dazu auch bereits Helmut Nicolai: Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (= Gottfried Feder (Hrsg.): Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 39). Eher, München 1932, S. 9: „[…], so müssen ehemals in Deutschland die allerbesten Zustände geherrscht haben, da es keine Gesetze gab. Keine Gesetze – das bedeutet nicht, daß es kein Recht gegeben hätte. Das Recht aber war ein Gewohnheitsrecht, das man zwar aufzeichnen konnte, das aber durch eine ‚gesetzliche‘ Anordnung nicht veränderlich war. Noch der Sachsenspiegel […] war kein Gesetzbuch im heutigen Sinne, sondern nur eine Wiedergabe des bestehenden, seit alters geltenden Volksrechts, das nicht durch einen Gesetzgeber erfunden oder zusammenphantasiert worden war“.
  73. Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 38.
  74. Forsthoff schrieb in Der totale Staat (Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1934, S. 17): „Ein konsequenter Verteidiger der liberalen Demokratie, Hans Kelsen, hat zutreffend festgestellt: ‚Wer absolute Wahrheit und absolute Werte menschlicher Erkenntnis für verschlossen hält, muß nicht nur die eigene, muß auch die fremde, gegenseitige Meinung zumindest für möglich halten. Darum ist der Relativismus die Weltanschauung, die der demokratische Gedanke voraussetzt.‘ Damit wird auch die Anmaßung erkennbar, die in der Bezeichnung ‚Rechtsstaat‘ für ein derartiges Staatswesen liegt. Denn ist es im Grund eine grobe Täuschung, wenn ein Staat, der zur Vollziehung der Unterscheidung von Recht und Unrecht außerstande ist, für sich mit besonderer Betonung in Anspruch nimmt, ein Staat des Rechtes zu sein“.
  75. Helmut Nicolai: Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]). Hobbing, Berlin 1933, S. 48 f. – Die Adjektiv „total“ und „dualistisch“ stehen bereits bei Nicolai – wohl als Zeichen der Zitierung von Forsthoff – in Anführungszeichen.
  76. Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 1224–1230. Das Wort „Rechtsstaat“ taucht außer in der Überschrift in den Sp. 1225 und 1229 auf. – Von Hilger wurde dieser Aufsatz nicht ausgewertet.
  77. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934 19, S. 21, Fn. 29.
  78. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 1224–1230, hier Sp. 1225 samt Fn. 4; vgl. auch: ders.: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934, S. 33 f. (zum „Auslandsdeutschtum“) und 34–39 (zur abgestuften Staatsangehörigkeit).
  79. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933
  80. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 1224–1230, hier Sp. 1225, Fn. 4.
  81. Text des Gesetzes über die Reichsbürgerschaft: documentarchiv.de – Orthographie korrigiert.
  82. Siehe dort bes. die Abschnitte „politische Motive“ und „Nationalsozialismus“.
  83. Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 1224–1230, hier Sp. 1227; vgl. dazu die Fundstellen zu den entsprechenden Stichwörtern im „Sachverzeichnis“ von ders.: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934, S. 179: „organisch“, „Organischer Staat“, „Organische Weltanschauung“, „Organische Wirtschaft“.
  84. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat. In: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, S. 345–358, hier S. 348: „Reichsjustizkommissar Frank hat mit Recht den Rechtsstaat beim Erneuerungswillen des Nationalsozialistischen Staates immer wieder in den Vordergrund gestellt, so auf dem Deutschen Juristentag 1933 in Leipzig und zuletzt vor dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen in Berlin am 15. November d. J.“ Ders.: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934, S. 18: „[I]nsbesondere Frank hat immer wieder […] dieses Bekenntnis zum Rechtsstaat bekundet.“
  85. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat. In: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, S. 345–358, hier S. 348. „Postulat der praktischen Staatspolitik“ auch in: ders.: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934 19.
  86. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat. In: Archiv des öffentlichen Rechts, 1934, S. 345–358, hier S. 346.
  87. Vgl. zum „Ur-Nomos“ bei Tatarin-Tarnheyden ders.: Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau. Heymanns, Berlin 1934, S. 19 und die anderen zu diesem Stichwort im „Sachverzeichnis“ (S. 181) genannten Stellen.
  88. Vgl. in diesem Zusammenhang den Artikel Dritter Weg, Bedeutungen „alternative Konzepte zu Sozialismus und Kapitalismus“ und „nationalrevolutionäre Querfrontideologien“.
  89. Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat. In: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, S. 345–358, hier S. 348 f.
  90. Günther Krauß, Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 32–33, 64.
  91. Günther Krauß, Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 59. Vgl. auch S. 63 mit – allerdings nur hypothetischem [„in Betracht zu ziehen“] – Bezug auf die „germanischen Stammesstaaten“ und das „deutsche Mittelalter“. Zu von Schweinichen siehe im Übrigen Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 119–129.
  92. Auf S. 29 unten spricht Groß-Fengels ausdrücklich vom „formalen Ordnungswert des Rechts“ (Hervorhebung hinzugefügt). Vgl. dazu S. 11 das Beispiel Rechts- und Linksfahrgebot: „Die Norm ‚Rechts fahren‘ darf Geltung beanspruchen, nicht weil die Norm ‚links fahren‘ die ungerechtere wäre – sondern weil sie einfach wegen ihres Daseins einen Wert der Ordnung und der Sicherheit darstellt“.
  93. Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), S. 50.
  94. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 178 behandelt Groß-Fengels unter der Überschrift „Annäherung an den ‚bürgerlich-liberalen‘ Rechtsstaatsbegriff“.
  95. In seiner Einleitung macht Groß-Fengels (Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 [zugl. Diss. Uni Marburg 1936]) einen Unterschied zwischen Wissenschaft und Propaganda gelten (S. 1 f.). Er macht dabei allerdings erhebliche Zugeständnisse an das damalige politisierte Wissenschaftsverständnis, beharrt aber darauf, „daß […] dem Volk in keiner Weise gedient wäre, wenn die Wissenschaft glaubte, mit Schlagworten und einigen Federstrichen“ auszukommen. Dennoch ist auch Groß-Fengels Schrift nicht juristisch-normanalysierend, sondern – abgesehen von einigen historisch-analytischen Passagen – in erster Linie programmatisch.
  96. „Selbst dann kann ein solches Abweichen [von den Regeln] als ungerecht empfunden werden, wenn im Einzelfall unmittelbare Billigkeitserwägungen für das Abweichen von der Regel sprechen.“ Letzteres müsse daher ein „Ausnahme“-Fall bleiben (S. 13, Fn. 69). Es sei „kein Mangel, wenn der Rechtsstaat ‚der Gegenbegriff gegen den unmittelbar gerechten Staat‘“ sei (S. 20), was Schmitt dem „bürgerlich-individualistischen“ Rechtsstaat zum Vorwurf macht (Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 190]). (Bei Schmitt ist die von Groß-Fengels zitierte Passage hervorgehoben; bei Groß-Fengels ist die Hervorhebung getilgt.)
  97. Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), S. 20 f.
  98. Vgl. S. 38: „[E]s geht nicht an, den Aufgabenkreis der Polizei aus ihrer organischen Stellung heraus einfach zu vergrößern, ihre organische Stellung ist eben durch Gesetz festgelegt.“ S. 39: „Die Vorhersehbarkeit stellt einen nicht wegzuleugnenden Wert dar. Sie ist die Voraussetzung jeder menschlichen Unternehmungslust; ein blühendes Wirtschaftsleben ist ohne sie undenkbar. In der Voraussehbarkeit kommt der Kern dessen zum Ausdruck was man Rechtssicherheit nennt. […] Daß in einer Voraussehbarkeit gewährende Ordnung die nicht ersetzbare Entfaltung schöpferischer Kräfte des einzelnen Ordnungsunterworfenen einen besondere Antrieb erhält, ist eine Tatsache, […] Eingriffe in Freiheit und Eigentum [müssen] als wichtige Pfeiler des Lebens der Einzelperson in besonderem Maße durch Gesetz geregelt und vorhersehbar gemacht werden“ (Hervorhebung hinzugefügt). Siehe auch S. 15 (2. Absatz, ca. 2. Hälfte) sowie S. 32 („unverbrüchliche Norm, auf die sich der einzelne Volksgenosse dem staatlichen Verwaltungsorgan gegenüber berufen kann“). Anders als Frank und Göring nimmt Groß-Fengels keine substantialistisch-volksgemeinschaftliche Umdeutung des Begriffs der Rechtssicherheit vor. Das „Volk“ stellt er – anders als andere Autoren – nicht dem Einzelnen entgegen, sondern dem Staat, z. B. S. 19 unten, 20 oben: „Um des Volkes willen erkennt er [der Staat] den Wert der Selbstbeschränkung […].“ / „Beschränkung des Staates […] dem Volke aber nützt“. Siehe auch S. 14 oben, wo er bemüht ist, die „[r]evolution[äre]“ Dynamik des Nationalsozialismus im Namen des „Wohles des Volkes“ einzuschränken und 29 oben (Reglung des „Verhältnis[ses] Staat – Einzelperson durch Rechtsnormen“ „um des Volkes willen“).
  99. Schmitts rassentheoretischen Kritik an Stahl referiert er neutral mit den Worten, „mag man noch so sehr davon überzeugt sein, daß die Philosophie Stahls die rassische Herkunft ihres Schöpfers nicht verleugnen kann“, und dann macht er folgenden Einwand: „so bleibt es dennoch eine Tatsache, daß Stahl mit seinen extrem theokratischen Ansichten dem Staat die Erfüllung ganz bestimmter Gerechtigkeitsideale zum Ziel setzt“, womit Groß-Fengels (S. 20) Schmitts Verknüpfung zwischen Stahls jüdischer Herkunft und dessen angeblicher formalistisch-gesetzesstaatlichen Indifferenz gegenüber der „Gerechtigkeit“ den Boden entzieht.
  100. Die Darstellung des 19. Jahrhunderts durch Heinrich Langes Schrift Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat (Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1934) kritisiert Groß-Fengels dabei wie folgt: „es bleibt […] der Eindruck, daß er [Lange] hinsichtlich des 19. Jahrhunderts zuerst den Teufel an die Wand malt, um dann sagen zu wollen, daß es ganz so schlimm [meint: liberal] doch nicht gewesen sei“ S. 22. Vgl. im Übrigen die Zusammenfassung von Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 185–187.
  101. Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), S. 22, 28.
  102. Vgl. zu diesem Unterschied Ingeborg Maus: Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus. Zur sozialen Funktion und aktuellen Wirkung der Theorie Carl Schmitts. 2., um ein neues Vorwort erweiterte Auflage, Fink, München 1980, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040752-7, S. 37–39, bes. S. 38 f., Fn. 76 (Digitalisat). Zu den Abstrichen, die Groß-Fengels vom Positivismus macht, siehe auch S. 13 dessen Schrift Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936): In bestimmten Fällen sei das Gesetz „bloß Sprachrohr des Rechts“, bloß „deklaratorisch“.
  103. Um diese Abgrenzung der Gesetzmäßigkeit vom seines Erachtens übertriebenen Liberalismus zu untermauern, führt er auf S. 18 weiter aus: „Die Anerkennung des Wertes einer Voraussehbarkeit gewährenden Ordnung durch den Absolutismus festzustellen, ist vor allem deshalb bedeutungsvoll, weil diese Anerkennung nicht als schwächliche Konzession an die Untertanen aufgefaßt werden kann.“
  104. Vgl. zum Folgenden die Zusammenfassung von Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 188–196.
  105. Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), S. 33.
  106. Groß-Fengels verweist auf: Theodor Maunz: Neue Grundlagen der Verwaltung 1934, S. 33.
  107. Letztlich ist es auch für Groß-Fengels der „gefährliche Gesetzespositivismus, der, um Unbilligkeiten zu vermeiden, zwar Analogie zulassen mag, aber jede außerhalb des Gesetzes stehende unmittelbare Gerechtigkeitsnorm ablehnen muß“ (S. 14).
  108. Vgl. S. 33 oben und Mitte: „Führertum in der Verwaltung“ sei nicht unmöglich zu machen bzw. ihm in bestimmten Bereichen „weiten Raum zu geben“.
  109. Vgl. S. 38: „In deutscher Betrachtung erscheint auch der Staat als eine unter dem Recht stehende Größe [unter Berufung auf Nicolai, Gierke und den zumindest zeitweilig stark völkisch orientierten Rechtshistoriker Walther Merk]. Weder die Einzelperson noch der Staat kann Ausgangspunkt sein, sondern ein der Rechtsanschauung des Nationalsozialismus entsprechendes harmonisches Verhältnis von Staat und Einzelperson, […].“ S. 40: „Diese [die im Sinne von Gierke] deutsche Freiheit hat nichts tun mit Zügellosigkeit und Ungebundenheit“.
  110. Siehe auch bspw. S. 45: „Es entspricht nat. soz. [d. h. nationalsozialistischem] Gerechtigkeitsdenken, wenn […].“
  111. Vgl. S. 18, Fn. 81: „Zwar mag man den absoluten Staat [des 17. Jh.s] ‚Rechtsstaat‘ nennen, insofern als er nie eine Despotie gewesen ist, also nie ein Staat, in dem der ‚augenblickliche Wille des Herrschers für ihn und für andere der einzige Gegenstand des organisierten Zusammenlebens ist‘. (Mohl Enc. S. 371). […] Andererseits war aber bei Beibehaltung der bisherigen Terminologie – das Verhältnis Staat und Untertan nicht durch eine Rechtsordnung geregelt“ (Hervorhebung hinzugefügt), weshalb besser bloß von einem „‚unausgebildeten Rechtsstaat‘“ zu sprechen sei. (Die Passage „nicht durch eine Rechtsordnung geregelt“ bezieht sich wahrscheinlich darauf, dass Groß-Fengels [interne] Verwaltungsnormen nicht als Rechtsnormen ansieht [S. 17, Fn. 78].)
  112. Michael Stolleis: Koellreutter, Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 324 f. (Digitalisat).: „Sein Weg als Ordinarius führte von Halle (1920) nach Jena (1921), wo er seit 1921 auch als nebenamtlicher Richter am Thüring. Oberverwaltungsgericht tätig war. […] Die Reichstagswahlen vom 14. September 1930 führten ihn […] an die Seite des Nationalsozialismus“. „[A]n die Seite“ heißt wohl noch nicht Mitglied (siehe den Artikel „Otto Koellreutter“, wo der Beitritt auf das Jahr 1933 datiert wird). Koellreutter selbst legte jedenfalls Wert auf die Feststellung, Mitte April 1933 bereits Mitglied gewesen zu sein und im Sommer 1932 einen Wahlaufruf für Hitler (für die Reichspräsidenten-Wahl) unterschrieben zu haben (BA/R 43 II Nr. 906b, Bl. 69, zitiert nach Andreas Koenen: Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zum „Kronjuristen des Dritten Reichs“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, S. 528, Fn. 89). Ein konkretes Eintrittsdatum ist aber auch dort nicht genannt, außer dass Koellreutter nach eigenen Angaben im April 1932 noch nicht beitreten wollte. Siehe im Übrigen Koellreutters Schrift Reichstagswahlen und Staatslehre (= Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart, Bd. 76). Mohr (Siebeck), Tübingen 1930.
  113. Beitrag 15 von 1935 der von Hans-Heinrich Lammers und Hans Pfundtner herausgegebenen Loseblattsammlung Die Verwaltungs-Akademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat. 1. Auflage, Spaeth & Linde, Berlin / Wien 1934 (?) ff. Vgl. die OPAC-Einträge der Österreichischen und der Deutschen Nationalbibliothek sowie die folgenden unvollständigen bzw. unklaren Zitierungen: Jörg Schmidt: Otto Koellreutter 1883–1972. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1995, S. 118, Fn. 554; Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), S. 12, Fn. 63; Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 236 f.; fehlerhaft wohl die Datierung durch Ingeborg Maus: Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats. In: dies.: Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus. Fink, München 1986, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9, S. 11–82, hier S. 74, Fn. 191 (Digitalisat). In der 2. Auflage von 1939 scheint der Beitrag nicht erneut veröffentlicht worden zu sein (Beitrag 15 trägt dort den Titel Der deutsche Führerstaat und stammt von Lammers; von Koellreutter stammt Beitrag 25 Die politischen Formen der heutigen Staatenwelt).
  114. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 35 (bei Hilger ohne Anführungszeichen), S. 56 und 63 (bei Hilger jeweils bereits in Anführungszeichen), siehe auch S. 43, 46 (letzter Satz im Haupttext), 67 f.
  115. Otto Koellreutter: Der nationale Rechtsstaat. Zum Wandel der deutschen Staatsidee. Mohr, Tübingen 1932, S. 32 f.; vgl. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 43, Fn. 158.
  116. Otto Koellreutter: Der nationale Rechtsstaat. Zum Wandel der deutschen Staatsidee. Mohr, Tübingen 1932, S. 30 oben („Skeptizismus gegenüber der Übersteigerung der Grundrechtsposition durch die liberale Staatsrechtslehre“), S. 30 unten, 31 oben („prinzipielle[r] Unterschied zwischen institutionellen Garantien, die bestimmten Einrichtungen besonderen Schutz gewähren sollen, und den typischen grundrechtlichen Freiheitsrechten einer bürgerlich-rechtsstaatlich Verfassung“) – jeweils unter zustimmender Bezugnahme auf Carl Schmitt.
  117. [Otto] Koellreutter: Der nationale Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 517–523, hier Sp. 517 f. So auch schon ders.: Der nationale Rechtsstaat. Zum Wandel der deutschen Staatsidee. Mohr, Tübingen 1932, S. 35: „Das Staatsnotwehrrecht ist […] die rechtliche Gestaltung der Idee der nationalen Rechtssicherheit. Kennt der bürgerliche Rechtsstaat allein den Begriff der individuellen Rechtssicherheit, […], so stellt der ‚nationale Rechtsstaat‘ das Primat der Sicherheit der nationalen Lebensordnung auf.“ (Die Anführungszeichen um „nationale[r] Rechtsstaat“ sind dabei wohl als Kennzeichnung des Selbstzitates oder als Betonung der neuen Begriffsprägung, aber nicht als Distanzierung Koellreutters zu verstehen.)
  118. [Otto] Koellreutter: Der nationale Rechtsstaat. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 517–523, hier S. 519.
  119. Was mit diesem „deshalb“ genau gemeint ist, wird auch bei Heranziehung der beiden vorstehenden Sätze kaum klarer: „Wie im völkischen Staate das politische Erlebnis von Volk und Nation und das Gefühl für die Ehre in jedem Volksgenossen lebendig sein muß, so muß auch die völkische Rechtsidee durch das Rechtsgefühl der Volksgenossen lebendig und von jedem einzelnen Volksgenossen erlebt werden. Darin liegt vor allem, daß jeder Volksgenosse in den übrigen Volksgenossen den Rechtsgenossen sieht, und daß die Per[s]önlichkeit und Ehre jedes Volksgenossen ein untastbares Rechtsgut ist.“ – Otto Koellreutter: Deutschen Verfassungsrecht. Ein Grundriß. 3. Auflage, Junker und Dünnhaupt, Berlin 1937, S. 12, alle Hervorhebungen hinzugefügt.
  120. Vgl. S. 13 oben: „Jeder Rechtsstaat enthält […] eine positive Rechtsordnung, die die politischen Lebensform des Volkes normiert, soweit sich das mit den Notwendigkeiten der politischen Existenz verträgt.“ (Hervorhebung hinzugefügt).
  121. Staat. In: Der große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. Bd. 18. Brockhaus, Leipzig 1934, S. 3–8, hier S. 7.
  122. Heinrich Lange: Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat. Ein Vortrag. Mohr, Tübingen 1934, S. 3, 41, Fn. 2.
  123. Vgl. S. 17: „Das deutsche Bürgertum in der Mitte des 19. Jahrhunderts leistete dem Verfall des Freiheitsgedankens noch tatkräftig Widerstand. […]. Pflichtgefühl und Gemeinschaftsempfinden waren ihm noch nicht leere Redensarten geworden. Das Bürgertum war sicherlich liberal, nationalliberal, aber es war von dem hemmungslosen Liberalismus manchesterlicher Prägung durch eine Welt getrennt.“ Vgl. dazu Kurt Groß-Fengels: Der Streit um den Rechtsstaat. Nolte, Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), S. 22, 24, der diese von ihm positiv gewerteten, „deutsche[n]“ Seiten des 19. Jh.s noch stärker gewichtet als Lange. Carl Schmitt sieht dagegen auch die deutschen Gebiete im 19. Jh. – abgesehen von dem hinhaltenden Widerstand v. a. von Stein und Gneist – von den „Ideen von 1789“ weitgehend überflutet.
  124. Roland Freisler: Rechtsstaat. In: Erich Volkmar, Alexander Elster, Günther Küchehof (Hrsg.): Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36 (= Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. VIII: Der Umbruch 1933/36). de Gruyter, Berlin / Leipzig 1937, S. 568–577, hier S. 567: „Rechtsstaat ist ein in der deutschen Staatslehre entwickelter Begriff, den als durchdachter Begriff wohl erstmalig von Mohl […] verwandte. Der Begriff und die für ihn gefundene Wortprägung fand Eingang in die staatswissenschaftliche Weltliteratur, ohne daß fremde Sprachen für ihn ein eigenes selbständiges Wort bilden konnten.“ (Hervorhebung hinzugefügt, Original-Hervorhebung des Namens „von Mohl“ getilgt).
  125. Roland Freisler: Rechtsstaat. In: Erich Volkmar, Alexander Elster, Günther Küchehof (Hrsg.): Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36 (= Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. VIII: Der Umbruch 1933/36). de Gruyter, Berlin / Leipzig 1937, S. 568–577, hier S. 574.
  126. Roland Freisler: Rechtsstaat. In: Erich Volkmar, Alexander Elster, Günther Küchehof (Hrsg.): Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36 (= Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd. VIII: Der Umbruch 1933/36). de Gruyter, Berlin / Leipzig 1937, S. 568–577, hier S. 573.
  127. Hans Peter Ipsen: Politik und Justiz. Das Problem der justizlosen Hoheitsakte. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1937, S. 162.
  128. Hans Peter Ipsen: Politik und Justiz. Das Problem der justizlosen Hoheitsakte. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1937, 306.
  129. Hans Peter Ipsen: Politik und Justiz. Das Problem der justizlosen Hoheitsakte. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1937, S. 310 (Hervorhebung im Original).
  130. Carl Schmitt: Der Rechtsstaat. In: Hans Frank (Hrsg.): Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung. Eher, München 1935, S. 3–10, hier S. 9 f., wo Schmitt aber keine Quellenangaben macht.
  131. Günther Krauß, Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 9–32, hier S. 9.
  132. Ernst Forsthoff, [Rezension zu:] Otto Koellreutter: Der Deutsche Führerstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 538.
  133. So wandte sich Forsthoff in der genannten Rezension insbesondere gegen den Satz nulla poena sine lege (keine Strafe ohne Gesetz), und Krauß kritisierte an der rechtsstaatlichen Denkweise, dass für sie „die funktionale Legalität einer Verfassung wichtiger [ist] als ihre substanzhafte Legitimität“; selbst als polemischer Gegenbegriff gegen den „Gesetzesstaat“ tauge der „Rechtsstaat“ nicht mehr, denn unter der Herrschaft des Nationalsozialismus trete ohnehin niemand mehr für den „Gesetzesstaat“ ein (ders., Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 9–32 [16, 30]). Zu Krauß vgl. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 20–31, hier S. 27: „für das rechtsstaatliche Denken Stahls“ würden „überhaupt keine ‚substanziellen‘ und letzten Zwecke mehr existieren“.
  134. Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs. In: Horst Ehmke, Carlo Schmid, Hans Scharoun (Hrsg.): Festschrift für Adolf Arndt zum 65. Geburtstag. EVA, Frankfurt am Main 1969, S. 53–76, 158, Fn. 56 (Hervorhebung hinzugefügt).
  135. Klaus Marxen: Der Kampf gegen das liberale Strafrecht. Eine Studie zum Antiliberalismus in der Strafrechtswissenschaft der zwanziger und dreißiger Jahre. Duncker & Humblot, Berlin 1975 (zugl. Diss. Uni. Frankfurt am Main), S. 67–69.
  136. Beispielsweise nicht auf S. 69: „ihres [der Antiliberalen] Rechtsstaatsbegriffs“; ebenso auf der gleichen Seite: „nach Henkels Auffassung ein Rechtsstaat“.
  137. Ingeborg Maus: Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats. In: dies.: Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus. Fink, München 1986, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9, S. 11–82, hier S. 43.
  138. Richard Bäumlin, Helmut Ridder, [Kommentierung zu] Art. 20 Abs. 1–3 III. Rechtsstaat. In: Richard Bäumlin u. a.: Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (= Reihe Alternativkommentare, hrsg. von Rudolf Wassermann). Band 1: Art. 1–20. Luchterhand, Neuwied/Darmstadt, S. 1359, 1362, Rn. 24, 26.
  139. Ulrich Schellenberg: Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat. In: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.): Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (= Recht – Justiz – Zeitgeschichte, Bd. 41). Müller, Heidelberg 1985, S. 71–88, bes. S. 73–78.
  140. Edin Šarčević: Mißbrauch eines Begriffs – Rechtsstaat und Nationalsozialismus. In: Rechtstheorie 1993, S. 205–223, hier S. 207.
  141. Vgl. S. 216: „Jede Reduzierung des Rechtsstaats auf formelle oder materielle Elemente, führt […] zu einem Rechtsstaatsbegriff, in welchem Grenzen zwischen ‚Recht‘ und ‚Staat‘ nicht mehr erkennbar sind.“ (Hervorhebung hinzugefügt), was Šarčević zu einer Ablehnung eines rein formellen Rechtsstaatsverständnis geben kann. – Zur Frage, ob es, wie Šarčević meint, tatsächlich ein sowohl formelles als auch materielles Rechtsstaatsverständnis logisch geben kann, siehe Formeller und materieller Rechtsstaat#Formelle und materielle Rechtsstaatlichkeit.
  142. Vgl. S. 222: „Die Reine Rechtslehre erlaubt dem Rechtsstaat nicht, sich als autonomes Objekt zu konstituieren.“
  143. Vgl. S. 214: „Er [Der „nationalsozialistische Rechtsstaat“] konnte nur als materieller Rechtsstaatsbegriff konzipiert werden“ (Hervorhebung im Original).
  144. Vgl. S. 221: „Ein fast identisches ‚Resultat‘ ergab sich aus der Reinen Rechtslehre, die als Antipode der nationalsozialistischen Rechtsdemagogie die gleichen Symptome aufweist: […]. Kelsens Position ist […] methodologisch-monistisch, […], denn in der Reinen Rechtslehre sind Staat und Recht identische Phänomene.“
  145. Vgl. S. 208: „Das Grundproblem liegt nämlich innerhalb des Dilemmas, ob der Rechtsstaat als sinnvoller Begriff in der Identitätslehre bzw. im monistisch konzeptionierten Verhältnis Recht – Staat überhaupt möglich ist.“
  146. Michael Stolleis: Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945. Beck, München 1999, S. 332: „taktisches Gefecht“, „taktische Lippenbekenntnisse zum ‚Rechtsstaat‘“, S. 334: „Am liebsten hätte er [Schmitt] den Begriff ‚Rechtsstaat‘ ganz ausgetilgt“, „halbherzige Verteidigung, falls er ‚substanzhaft‘ verstanden werde“; „Deshalb [als Mittel im Kampf um die Vorherrschaft im nationalsozialistischen Staatsrecht] propagierte er [Koellreutter] den ‚nationalen Rechtsstaat‘“, S. 335: „Schmitt selbst betonte […], das Festhalten an Begriffen wie ‚Rechtsstaat‘ […] impliziere das formalistische, bürgerliche, menschheitliche, rechtsschutzorientierte Denken des 19. Jahrhunderts.“ Siehe auch S. 329: „Fassaden eines ‚Rechtsstaats‘“ – dort aber wohl eher nicht im materiellen Sinne gemeint. In der Tat finden sich in den Schmitt-Aufsätzen aus dem Jahre 1935 – anders als in denen aus den Jahren 1933 und 1934 sowie der Zeit vor und nach dem Nationalsozialismus – Äußerungen, die die Perspektive eines Verzichts auf den Begriff „Rechtsstaat“ aufmachen, z. B.: „In einer dreigliedrig aufgebauten, in Staat, Bewegung, Volk lebendigen politischen Einheit dürfte das Wort ‚Rechtsstaat‘ in demselben Maße überflüssig werden, in dem der Ausbau einer von Grund auf neuen Ordnung sich verwirklicht. […]. Besonders in dieser letzten Unmöglichkeit [der Unmöglichkeit, analog zu „Rechtsstaat“ von „Rechtsreich“ zu sprechen] tritt zutage, daß die Kombination ‚Rechtsstaat‘ sowohl an den Rechts- wie an den Staatsbegriff einer bestimmten, dualistisch in Staat und Gesellschaft denkenden Zeit gebunden bleibt.“ – Carl Schmitt: Was bedeutet der Streit um den „Rechtsstaat“? In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, S. 189–201, hier S. 201. Dies heißt freilich nicht, dass Schmitt hinsichtlich der Verteidigung des substanzhaften Rechtsstaats nur „halbherzig“ gewesen sei und den Begriff „Rechtsstaat“ (egal, ob formell oder materiell verstanden) „ganz austilg[en]“ wollte, sondern das – sehr vorsichtige (S. 200: „auf die kommenden Jahrhunderte blickende Frage“; „eine sehr theoretische Frage“; „betrifft eine schwierige, auf ‚exakte‘ Weise kaum zu stellende Prognose“) – Ansprechen jener Perspektive resultiert aus einer Skepsis, ob das, was Schmitt wirklich will (nämlich eine völlige Entformalisierung des Rechtsstaatsbegriffs) wirklich möglich ist. Vgl. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 101: „Schmitt warnt […] vor der Möglichkeit, daß mit der Verwendung des Wortes ‚Rechtsstaat‘ überkommene ‚bürgerlich-liberale‘ Sinngehalte Eingang in das nationalsozialistische Rechtsleben finden könnten.“ (Hervorhebung hinzugefügt) Und sein Bedenken betrifft dabei – wie im angeführten Zitat (das Bedauern, dass es zwar das Wort „Rechtsstaat“, aber nicht das Wort „Rechtsreich“ [im gleichen Sinne] gibt) zu sehen ist – nicht den Wortbestandteil „Recht-“, sondern den Wortbestandteil „-staat“, was wohl im Kontext der vom Nationalsozialismus beanspruchten anti-etatistischen Bewegungsorientierung zu verstehen ist.
  147. Michael Stolleis: Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945. Beck, München 1999, S. 333, 338. Anders und ohne Begründung dagegen S. 336: „Die Taktik des Regimes, sich nach außen lautstark für Recht und Ordnung einzusetzen und weiterhin mit Hilfe von Gesetzen zu regieren, nährte die Illusion, es sei mit der traditionellen Gesetzesform auch eine Rechtsbindung gewollt.“
  148. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 12 f., 13: „Die rechtswissenschaftliche Literatur während des Dritten Reiches identifiziert das dem ‚bürgerlich-liberalen‘ Rechtsstaatsbegriff zugrundeliegende Rechtsverständnis mit einem Rechtsbegriff, dessen Extension allein Gesetzesnormen umfaßt. Recht sei ausschließlich Gesetzesrecht, welches begrifflich von ‚Moral‘, ‚Sitte‘ und ‚Sittlichkeit‘ unterschieden werde. Die unterstellte Weigerung, in die Definition des Rechtsbegriffs ‚moralische‘ Elemente einzubeziehen, bildet den Ausgangspunkt der Entrüstung über den ‚bürgerlich-liberalen‘ Rechtsbegriff […]. In der Identifikation von Gesetz und Recht erblickt man zugleich eine Entgegensetzung von Recht und ‚Gerechtigkeit‘ […]. Gesetze als solche seien schon deshalb makelhaft, weil sie das Resultat eines ‚willkürlichen‘ und zufälligen Kompromisses der im Parlament vertretenen Personen und Parteien darstellten, […]. Das gesetzesfxierte und ‚normativistische‘ Rechtsverständnis der ‚bürgerlich-liberalen‘ Rechtslehre wird insgesamt als typischer Ausdruck ‚jüdischen Rechtsdenkens‘ herausgestellt. […] die ‚bürgerlich-liberale‘ Rechtsstaatslehre […] anerkenne […] überpositive Normen, welche die Rechtssicherheit beeinträchtigen könnten, nicht als Recht. […]. Statt eines Rekurses auf überpositive Normen bemühe sie sich im Wege gesetzesdogmatischer Systematisierung und Differenzierung um die Berechenbarkeit und Transparenz des Rechts zugunsten des Individuums.“ (Hervorhebung hinzugefügt) – Hilger setzt zwar „bürgerlich-liberale“ in distanzierende (oder zitierende) Anführungszeichen und spricht insofern von einem „Geschichtsbild“ (S. 12), aber die Frage, ob diese Bild zutreffend war (oder ob es – vielleicht aus Profilierungsgründen – den liberalen und positivistischen Charakter des vor-nationalsozialistischen Rechtsstaatsverständnisses überzeichnet), liegt außerhalb der Reichweite seiner Untersuchung. Dass er die Anführungszeichen distanzierend und nicht zitierend verwendet, ist zu vermuten, da er nirgends eine Quellenangabe für die Wendung „bürgerlich-liberaler Rechtsstaat“ macht. Tatsächlich findet sie sich aber bspw. in Schmitts Artikel Die deutschen Intellektuellen. In: Westdeutscher Beobachter vom 31. Mai 1933, zitiert nach Andreas Koenen: Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zum „Kronjuristen des Dritten Reichs“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, S. 368. Vom „liberal-bürgerliche Gesetzesstaat“ sprach Freisler (siehe oben). Zur Problematik der anti-bürgerlichen bzw. antikapitalistischen Rhetorik der Nazis vgl. den Abschnitt Antikapitalismus in der NS-Ideologie des Artikels Nationalsozialismus.
  149. Siehe im Einzelnen das Inhaltsverzeichnis (PDF; 285 kB) von Hilgers Buch.
  150. Vgl. S. 1 und 2 der Ausgabe vom 12. Mai 1933.
  151. Bernd Rüthers: Unbegrenzte Auslegung. 6., erweiterte Auflage, Mohr, Tübingen 2005, Inhaltsverzeichnis (PDF; 218 kB).
  152. Andreas Koenen: Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zum „Kronjuristen des Dritten Reichs“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995. Siehe im Register die S. v. Rechtsstaat genannten Stellen und außerdem die S. 109, S. 462–465, 467–469, 481, 482, 532–534.
  153. Problematisch wird diese Vorgehensweise spätestens, wenn er auf S. 466 schreibt, Schmitt habe die „‚Diskrepanz‘ zwischen einem auf die Freiheit des Individuums bedachten ‚Rechtsstaat‘ und einem auf eine konkrete Ordnung bezogenen ‚gerechten Staat‘ aufgezeigt“ (Hervorhebung durch Koenen) und dabei nicht erwähnt, dass Schmitt dort seinerseits „Rechtsstaat“ in Anführungszeichen setzt – also gerade bestreitet, dass der liberale Staat ein wahrer Rechtsstaat sei, und letzteren vielmehr mit dem ordnungswahrenden „gerechten Staat“ (bei Schmitt ohne Anführungszeichen) gleichsetzt.
  154. Vgl. S. 461: der „‚bürgerliche Rechtsstaat‘, der bereits in der Weimarer Republik zum festen Bestandteil des Schmitt und Forsthoff verbindenden Feindbildes gehörte“, S. 210, Fn. 22: „Wurzel seiner Kritik am ‚bürgerlichen Rechtsstaat‘“; vgl. auch S. 209: „dessen [der Gewaltenteilung] Ausprägung im ‚bürgerlichen Rechtsstaat‘ er seit Jahren kritisiert hatte“.
  155. Vgl. S. 536: „Artikel […], in dem der katholische Staatsrechtslehrer [Schmitt] ausdrücklich den ‚Gegensatz von Rechtsstaat und christlichem Staat‘ sowie den begriffsgeschichtlich begründeten ‚konkreten, antichristlichen Sinn des Wortes „Rechtsstaat“‘ thematisierte“.
  156. Eine der zugehörigen Fn. (S. 668, Fn. 67) enthält darüber hinaus einen sachlichen Fehler. Es heißt dort: „Statt der geplanten ‚Erwiderung‘ von Krauss schreibt Schmitt […] ein Nachwort [zur Disputation über den Rechtsstaat, Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935].“ Die Publikation enthält vielmehr sowohl eine „Erwiderung“ von Krauss (S. 70–83) als auch ein „Nachwort“ von Schmitt (S. 84–88).
  157. Jörg Schmidt: Otto Koellreutter 1883–1972. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1995, S. 125, siehe auch bereits S. 124.
  158. Carl Hermann Ule: Carl Schmitt, der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit. In: Verwaltungs-Archiv 1990, S. 1–17, hier S. 8.
  159. Vgl. S. 10: „Trotz gewisser Bedenken hält er [Schmitt] an dem Begriff des Rechtsstaats fest, allerdings nur in der von jeder Allgemeingültigkeit gereinigten Fassung des deutschen Rechtsstaates Adolf Hitler. Skeptischer in bezug auf eine solche Umdeutung des Rechtsstaatsbegriffs ist seine Stellungnahme in dem Aufsatz ‚Was bedeutet der Streit um den Rechtsstaat?‘.“
  160. Wolfgang Schuller: Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel. In: Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur. Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 117–133, bes. S. 118–120.
  161. Wolfgang Schuller: Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel. In: Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur. Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 122–126. Vgl. zur Nachkriegszeit: Ingeborg Maus: Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus. Zur sozialen Funktion und aktuellen Wirkung der Theorie Carl Schmitts. 2., um ein neues Vorwort erweiterte Auflage. Fink, München 1980, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040752-7, S. 117 f., Fn. 157 (Digitalisat).
  162. Wolfgang Schuller: Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel. In: Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur. Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 117–133, hier S. 127: „Hinsichtlich des Rechtsstaats, der nun nicht mehr bürgerlich sein sollte, war das [die angestrebte „Substanz“] bei den einen der soziale oder materielle, bei Carl Schmitt aber dessen Variante, der nationalsozialistische Rechtsstaat.“ (Hervorhebung hinzugefügt).
  163. Der Deutsche Rechtsstaat: Nationale „Gemeinschaft“ statt Gesetzesbindung der Staatsgewalt – Das Beispiel ‚Steuer-CD‘.
  164. Ulrich Schellenberg: Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat. In: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.): Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (= Recht – Justiz – Zeitgeschichte, Bd. 41). Müller, Heidelberg 1985, S. 71–88, hier S. 79.
  165. Vgl. dazu aus der Quellenliteratur neben den bereits in Fn. 103 genannten: einerseits Carl Schmitt: Staatsgefüge und Zusammenbruch des zweiten Reiches. Der Sieg des Bürgers über den Soldaten. Hanseatischer Verlagsanstalt, Hamburg 1934 und andererseits Arnold Köttgen: Betrachtungen zum Neubau der deutschen Verwaltung. In: Reichsverwaltungsblatt 1935, S. 65–72, hier S. 67, linke Spalte.
  166. Aufgrund der postulierten Einheit von Volk und Führer wurde der sog. Staats- oder Herrscherabsolutismus vielmehr gerade als „ungermanisch“ verworfen (siehe dazu Andrea Nunweiler: Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung im „Dritten Reich“. Nomos, Baden-Baden 1996, S. 163 oben, 190 (nach Fn. 335), 286 f.)
  167. Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat. In: Juristische Wochenschrift, 1934, S. 713–718, hier S. 713 (= Deutsche Verwaltung 1934, S. 35–42, hier S. 35).
  168. Heinrich Lange: Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934, S. 21, 22, 37 (Hervorhebung hinzugefügt).
  169. Carl Schmitt: Der Führer schützt das Recht. In: Deutsche Juristen-Zeitung 1934, S. 945–950. Siehe dazu auch Heinrich Lange: Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934, S. 38 und 42, Fn. 29: „Der Führer schuf nicht neues Recht, er verwirklichte altes, geltendes Recht.“
  170. Günther Krauß, Otto von Schweinichen: Disputation über den Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935, S. 33–32, 64 (Hervorhebung hinzugefügt).
  171. Vgl. zu diesem Problemkreis Detlef Georgia Schulze: Eine Zwischenbilanz in sieben Thesen. In: ders., Sabine Berghahn, Frieder Otto Wolf (Hrsg.): Rechtsstaat statt Revolution, Verrechtlichung statt Demokratie? Transdisziplinäre Analysen zum deutschen und spanischen Weg in die Moderne (= StaR P. Neue Analysen zu Staat, Recht und Politik. Serie A, Band 2). Westfälisches Dampfboot, Münster 2010, S. 877–884, bes. S. 878–880 mit einer – nicht weiter ausgeführten – Unterscheidung zwischen „monarchischer, präsidialer, führerstaatlicher und verfassungsgerichtlicher materieller Rechtsstaatlichkeit“ (880).
  172. Ingeborg Maus: Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats. In: dies.: Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus. Fink, München 1986, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9, S. 11–82, bes. S. 40–44, S. 180, 195–197 (Digitalisat). Dies.: Gesellschaftliche und rechtliche Aspekte der „Konservativen Revolution“. In: ebenda, S. 141–171 (speziell zu Carl Schmitt: S. 154–161).
  173. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts Bd. 39). Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 5.
  174. Carl Hermann Ule: Carl Schmitt, der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit. In: Verwaltungs-Archiv 1990, S. 1–17, hier: S. 14.
  175. Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse. Mohr Siebeck, Tübingen 2003, S. 10.
  176. Dirk van Laak: Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der frühen Geistesgeschichte der Bundesrepublik. 2. Auflage, Akademie Verlag, Berlin 2002, S. 94, Fn. 119 (Digitalisat). (Ules Dissertation wurde in Jena angenommen, wo Koellreutter lehrte.)
  177. Andreas Koenen: Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zum „Kronjuristen des Dritten Reichs“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, S. 528. Dirk van Laak: Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der frühen Geistesgeschichte der Bundesrepublik. 2. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 2002, S. 94, Fn. 119.
  178. Auf S. 130 in Fn. 58 seines hier zitierten Rechtsstaats-Aufsatzes verweist Schuller auf seinen Aufsatz: Aufgesetzte Blindheit. Carl Schmitt als zeitgenössische Erscheinung. In: Mut, Nr. 337, Mai 1997, S. 62–67.
  179. Wolfgang Schuller: Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel. In: Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur. Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 117–133, hier S. 130: „Natürlich ist hier nicht der Ort, abermals darüber zu spekulieren, warum Carl Schmitt sich in dieser extremen Weise engagiert hatte; jedenfalls aber greifen Opportunismus- und Karrieregesichtspunkte bei weitem zu kurz, wenn man bedenkt, daß er nur einer von vielen bedeutenden Intellektuellen Europas und der Welt war, die sich den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts verschrieben hatten. Der Ton liegt auf ‚bedeutend‘, denn gerade das macht die Tragödie aus. […]. Nur Verachtung für sie zu hegen, ist nicht angebracht, […].“
  180. Die Ausgabe Gollancz: London 1942 scheint sich von der Oxford-University-Press-Ausgabe nur durch eine kleinere Schrift zu unterscheiden. Die Abschnitte „National Socialist Law and Terror“ und „Is Germany a State?“ befinden sich in der Gollancz-Ausgabe auf S. 359–374 und 382–384.
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