Niederscheld
Niederscheld ist ein Stadtteil von Dillenburg im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis mit rund 2000 Einwohnern.
Niederscheld Stadt Dillenburg | |
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![]() Wappen von Niederscheld | |
Höhe: | 217 m ü. NHN |
Fläche: | 9,29 km²[1] |
Einwohner: | 1962 (31. Dez. 2018)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 211 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1977 |
Postleitzahl: | 35687 |
Vorwahl: | 02771 |
Geografische Lage
Die Ortschaft liegt im Dilltal, das zum Westerwald gehört. Es befindet sich südlich der Dillenburger Kernstadt Niederscheld und ist von den Erhebungen Hohes Rad, Horst und Gleichen am Westrand des Schelder Waldes umgeben. Durch das Dorf fließen die namensgebende Schelde und die Dill, sowie zahlreiche kleine Bäche, wie Lützelbach und Hustenbach.
Geschichte
Die Ortschaft wird erstmals am 22. Oktober 1274 als Schelt erwähnt. Dabei verkaufte Heydenreich von Dernbach Besitzungen im Ort an das Kloster Keppel.[3] Zwischen 1470 und 1490 beherrschte die Pest das Dorfleben. Im Jahre 1472 wurde ein Siechenhaus errichtet. Um 1530 erreichte die Reformation den Ort.
1604 erbaute man den Schelder Hammer, das der Eisenverhüttung diente. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Niederscheld mehrfach durch Truppen überfallen und ausgeplündert, die das Dillenburger Schloss belagerten. Niederscheld war 1629–1630 von Hexenverfolgung betroffen. Drei Frauen gerieten in Hexenprozesse und wurden hingerichtet.[4]
Nachdem sich 1756 ein großer Dorfbrand ereignet hatte, kam Niederscheld 1806 zum Großherzogtum Berg und gehörte dem Département Sieg an, womit der Ort zwischenzeitlich französisch wurde. Die Gebrüder Frank kauften 1839 den Schelder Hammer und benannten ihn in Adolfshütte um. Mit der Errichtung der Dillstrecke (1862) und der Scheldetalbahn (1882) stieg die Eisenverhüttung in der Adolfshütte an.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Niederscheld mit seinen umfangreichen Bahn- und Industrieanlagen mehrfach bombardiert. Bei einem Fliegerangriff am 25. Februar 1945 wurde das Dorf größtenteils zerstört. Zu Kriegsende lebten nur noch 80 Einwohner in Niederscheld.
Bundesweit in den Medien bekannt wurde Niederscheld durch das Scheldehochwasser 2006, welches den Ort stark getroffen hatte.
Am 28. Juni 2019 wurde eine 250-kg-Fliegerbombe oberhalb des Industrieparks Adolfshütte gefunden. Hierfür mussten etwa 5700 Menschen evakuiert werden. Diese teilt sich wie folgt auf: Niederscheld mit rund 2000 Einwohnern sowie etwa 3700 Bürger im Süden der Kernstadt.[5]
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Niederscheld zugleich mit anderen Gemeinden am 1. Januar 1977 durch das Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen in die Stadt Dillenburg eingemeindet.[6] Für den Stadtteil Niederscheld wurde, wie für die anderen eingemeindeten ehemals eigenständigen Gemeinden, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher gebildet.[7]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Niederscheld lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8]
- vor 1739: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft/ Fürstentum Nassau-Dillenburg, Amt Dillenburg
- ab 1739: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Nassau-Diez, Amt Dillenburg
- 1806–1813: Großherzogtum Berg, Departement der Sieg, Kanton Dillenburg
- 1813–1815: Fürstentum Nassau-Oranien, Amt Dillenburg
- ab 1816: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Amt Dillenburg
- ab 1849: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Kreisamt Herborn
- ab 1854: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Amt Dillenburg
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Dillkreis
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Dillkreis
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Dillkreis
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Dillenburg
- ab 1933: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Dillkreis
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Dillkreis
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Dillkreis
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Dillkreis
- ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Dillkreis
- am 1. Januar 1977 wurde Niederscheld der neu gebildeten Stadtgemeinde Dillenburg eingegliedert.
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Lahn-Dill-Kreis
Einwohnerentwicklung
Niederscheld: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 622 | |||
1840 | 663 | |||
1846 | 708 | |||
1852 | 796 | |||
1858 | 837 | |||
1864 | 955 | |||
1871 | 1.031 | |||
1875 | 1.036 | |||
1885 | 1.110 | |||
1895 | 1.190 | |||
1905 | 1.507 | |||
1910 | 1.640 | |||
1925 | 1.595 | |||
1939 | 1.726 | |||
1946 | 1.676 | |||
1950 | 2.067 | |||
1956 | 2.096 | |||
1961 | 2.195 | |||
1967 | 2.356 | |||
1970 | 2.559 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
1999 | 2.237 | |||
2005 | 2.149 | |||
2009 | 2.036 | |||
2014 | 1.989 | |||
2018 | 1.962 | |||
2019 | 1.945 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; nach 1970 Stadt Dillenburg[2] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1885: | 1027 evangelische (= 92,52 %), 79 katholische (= 7,12 %) und 4 andere (= 0,36 %) Christen |
• 1961: | 1814 evangelische (= 82,64 %) und 329 (= 14,99 %) katholische Einwohner |
• 2018: | 1031 evangelische (= 52,55 %), 208 katholische (= 10,60 %) und 723 andere Einwohner[2] |
Politik
Ortsbeirat
Der Ortsbeirat von Niederscheld besteht aus fünf Mitgliedern. Nach den Kommunalwahlen in Hessen 2016 besteht er aus drei Mitgliedern der CDU und zwei Mitgliedern der SPD. Ortsvorsteher ist Frank Müller (CDU).[9]
Wappen
Am 6. Juli 1967 genehmigte der Hessische Minister des Innern das Wappen mit folgender Beschreibung:
![]() Wappen von Niederscheld |
Blasonierung: „In Blau drei goldene Rauten schräg, darüber ein schräggestellter goldener Hammer.“[11] |
Wappenbegründung: Zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts taucht zum ersten Male der Name der Familie „von Schelt“ auf, die wie viele andere nassauische Geschlechter drei in Balkenform schräg gestellte Rauten im Wappen führten. Mit der Führung des Wappens derer von Schelt wird die Erinnerung an diese Sippe wachgehalten. Für das bis jetzt unerklärliche Beizeichen wurde für Niederscheld ein Hammer eingesetzt, der auf das einmal hier blühende Gewerbe der Nagelschmiede hinweist. |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Regelmäßige Veranstaltungen
Alle zwei Jahre findet in Niederscheld traditionsgemäß die Schelder Kirmes statt. Sie umfasst drei Festumzüge und ist eines der wichtigsten Ereignisse im Kalender eines jeden Niederschelders. Die Kirmes wird erstmals 1488 erwähnt.
Vereine
LSG 1959 Niederscheld
- Schon in den 20er und 30er Jahren stand das Laienspiel in Niederscheld auf einem hohen Niveau. Es existierten drei Gesangvereine, in denen mehrere Mitglieder nicht nur den Gesang, sondern auch das Laienspiel liebten. So plätscherte das Wässerchen des Laienspiels dahin, bis sich einige Niederschelder am 27. Mai 1959 ein Herz nahmen und die "Laienspielgruppe 1959 Niederscheld" gründeten.
Bauwerke


Bekannte Gebäude in Niederscheld sind u. a. das Gleichenhäuschen und das Neuhaus, ein im Juli 1640 fertiggestelltes Jagdhaus des Grafen Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg.
Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr
Am westlichen Ortsrand verläuft die vierspurige Bundesstraße 277 mit einer Anschlussstelle. Dort mündet die L 3042, die im Ort als Hauptstraße geführt wird und nach Oberscheld führt. Im Osten zweigt die K 52 in Richtung Eibach ab.
Niederscheld besitzt einen Haltepunkt an der Dillstrecke und wird vom Mittelhessen-Express bedient. Nahe dem Ort zweigte früher die Scheldetalbahn nach Wallau ab. Im Ort existierte der Bahnhof Adolfshütte sowie der Haltepunkt Niederscheld (Dillkr) Nord. Der Personenverkehr wurde am 30. Mai 1987 eingestellt.
Einrichtungen
Im Ort gibt es einen Kindergarten, eine Grundschule (Scheldetalschule) sowie ein Dorfgemeinschaftshaus und eine Gemeinschaftshalle. Die Freiwillige Feuerwehr verfügt über ein Löschgruppenfahrzeug 10/6, einen Gerätewagen Logistik und ein Mannschaftstransportfahrzeug.
Einzelnachweise
- Niederscheld, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Einwohnerzahlen der Stadt Dillenburg aus dem Webarchiv: 1999, 2005, 2009, 2014, 2018, 2020
- Siegener Urkundenbuch Band I, Siegen, 1887, S. 28–29, Nr. 43.
- Opfer des Hexenwahns aus Niederscheld auf www.niederscheld.de
- mittelhessen.de abgerufen am 29. Juni 2019
- Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13. Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 17, S. 237 ff., § 24 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
- Hauptsatzung. (PDF; 21; kB) §; 5. In: Webauftritt. Stadt Dillenburg, abgerufen im Februar 2019.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Ortsbeirat Niederscheld im Internetauftritt der Stadt Dillenburg, abgerufen im April 2019.
- Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Niederscheld, Dillkreis, Regierungsbezirk Wiesbaden vom 6. Juli 1967. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1967 Nr. 30, S. 896, Punkt 744 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,6 MB]).
- [10]
Weblinks
- Stadtteil Niederscheld im Internetauftritt der Stadt Dillenburg.
- Niederscheld. Ortsgeschichte, Info. In: www.niederscheld.de. Private Website
- Niederscheld, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Niederscheld In: Hessische Bibliographie[1]
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!