Neunkirchen (Modautal)
Neunkirchen ist der zweitkleinste Ortsteil der Gemeinde Modautal im Odenwald und die höchstgelegene Ortschaft im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg.
Neunkirchen Gemeinde Modautal | |
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Höhe: | 510 (502–527) m ü. NHN |
Fläche: | 1,92 km²[1] |
Einwohner: | 176 (30. Jun. 2020)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 92 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Eingemeindet nach: | Brandau |
Postleitzahl: | 64397 |
Vorwahl: | 06254 |
Geographische Lage
Neunkirchen liegt im Vorderen Odenwald an der Neunkircher Höhe (605 m ü. NHN), der höchsten Erhebung im hessischen Odenwald. Südwestlich des Ortes verläuft die Landesstraße 3399. Angrenzende Ortschaften sind Brandau im Westen, Lützelbach im Nordnordwesten, Steinau im Nordosten, Winterkasten im Süden und Gadernheim im Südwesten. Ein weiterer Nachbarort ist Laudenau im Südosten.
Geschichte
Das Dorf wurde im Jahre 1222 erstmals urkundlich genannt. 1347 verkaufte Erkinger von Rodenstein alles, was er zu Neunkirchen besaß, dem Grafen Wilhelm von Katzenelnbogen. 1433 verkauften auch die Brüder Hermann und Konrad von Rodenstein ihren Anteil an Lützelbach dem Grafen Philipp von Katzenelnbogen. Im 16. Jahrhundert stand das Dorf den Junkern von Rodenstein zu, der Landgraf von Hessen hatte die Cent- und Hohe Obrigkeit mit Gebot und Verbot.[1]
In den historischen Dokumenten ist der Ort im Laufe der Jahrhunderte mit wechselnden Ortsnamen belegt:[1] Nuenkirchen (1222), Nuwenkirchen (Ende 14. Jahrhundert), Nunkirchen (1433), Neunkirchen (1748).
Neunkirchen lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte „Reiswagen“ eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtiere und Knechten für Feldzüge bereitzustellen. Neunkirchen gehörte zum „Brandauer Reiswagen“, dem auch noch die Orte Brandau, Allertshofen, Hoxhohl, Herchenrod, Lützelbach, Ernsthofen, Neutsch, Klein-Bieberau und Webern angehörten. Die gesamte Zent Oberramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[3]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Neunkirchen:
»Neunkirchen (L. Bez. Reinheim) luth. Pfarrdorf; liegt 21⁄2 St, von Reinheim und beinahe auf dem Gipfel der sogenannten Neunkircher Höhe, die 2364 Hess. (1820 Par.) Fuß über der Meeresfläche erhaben ist. Der Ort hat 15 Häuser und 102 luth. Einwohner. Man findet eine schöne 1742 erbaute Kirche, die wegen des hellen Anstrichs weit sichtbar ist, ein ganz massives Pfarrhaus und unter dem Schatten einer schönen alten Linde einen Springbrunnen, der auf einer solchen Höhe eine merkwürdige Erscheinung ist. Auf der Spitze des Bergs, der mit kolossalen Granitblöcken übersäet ist, genießt man eine herrliche, ganz unbeschränkte Aussicht bis zu den Vogesen, dem Donnersberg, dem Taunus; man erblickt den Rhein von Speier bis gegen Mainz, Frankenstein, Lichtenberg, Otzberg, die Ebene gegen Frankfurt hin, das odenwäldische Gebirge und unter diesem den hervorragenden Katzenbuckel. – Der Tradition nach gab zur Erbauung der Kirche ein Gesundbrunnen die Veranlassung. Es siedelten sich nach und nach mehrere Familien an, und die Rodensteiner und Andere pfarrten ihre Unterthanen ein. Der älteste bekannte Geistliche ist Rudolph von Rodenstein, ein Bruder Heinrichs und Erkingers, und erscheint 1360. Erkinger von Rodenstein verpfändete 1347 den Ort an Wilhelm II. von Katzenellenbogen. Diese Pfandschaft muß aber wieder abgelößt worden seyn, indem Neunkirchen 1413 von Herrmann von Rodenstein um 200 fl. an die Pfalz versetzt wurde.«[4]
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden Neunkirchen und Lützelbach auf freiwilliger Basis am 31. Dezember 1971 in die Gemeinde Brandau eingegliedert und am 1. Januar 1977 kraft Landesgesetz mit, der am 1. April 1971 gebildeten Gemeinde Modautal, und weiteren Gemeinden zur neuen Gemeinde Modautal zusammengeschlossen.[5][6] Für Neunkirchen wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Neunkirchen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8][9]
- 1457: Rodensteiner Mark
- vor 1479: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Katzenelnbogen, Obere Grafschaft Katzenelnbogen
- ab 1479: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Obere Grafschaft Katzenelnbogen
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obere Grafschaft Katzenelnbogen, (1783: Amt Lichtenberg, Zent Oberramstadt, Brandauer Reiswagen)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg[10]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Reinheim (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lichtenberg) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Darmstadt (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt
- am 31. Dezember 1971 zur Gemeinde Brandau
- am 1. Januar 1977 zur Gemeinde Modautal
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg (in dem die Landkreise Landkreis Darmstadt und Dieburg im Zuge der Gebietsreform in Hessen aufgingen)
Gerichte
Neunkirchen gehörte zur Zent Oberramstadt und zeitweise Reichelsheim. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Damit war für Neunkirchen das Amt Lichtenberg zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.
Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[1]
- ab 1848: Landgericht Reinheim (Verlegung von Lichtenberg nach Reinheim), zweite Instanz: Hofgericht Darmstadt
- ab 1879: Amtsgericht Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
- ab 1968: Amtsgericht Darmstadt mit der Auflösung des Amtsgerichts Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
Einwohnerentwicklung
• 1629: | Hausgesesse[1] | 8
• 1637: | verwüstet[1] |
• 1791: | [11] | 81 Einwohner
• 1800: | [12] | 88 Einwohner
• 1806: | [10] | 96 Einwohner, 14 Häuser
• 1829: | 102 Einwohner, 15 Häuser[4] |
• 1867: | 101 Einwohner, 13 Häuser[13] |
Neunkirchen: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2020 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1791 | 81 | |||
1800 | 88 | |||
1806 | 96 | |||
1829 | 102 | |||
1834 | 120 | |||
1840 | 113 | |||
1846 | 116 | |||
1852 | 107 | |||
1858 | 103 | |||
1864 | 100 | |||
1871 | 111 | |||
1875 | 104 | |||
1885 | 94 | |||
1895 | 96 | |||
1905 | 99 | |||
1910 | 89 | |||
1925 | 92 | |||
1939 | 87 | |||
1946 | 201 | |||
1950 | 165 | |||
1956 | 121 | |||
1961 | 124 | |||
1967 | 119 | |||
1970 | 111 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2007 | 152 | |||
2010 | 157 | |||
2011 | 156 | |||
2015 | 146 | |||
2020 | 176 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Gemeinde Modautal:[14]; Zensus 2011[15] |
Religionszugehörigkeit
• 1829: | 102 lutheranische (= 100,00 %) Einwohner[4] |
• 1961: | 105 evangelische (= 84,68 %), 15 katholische (= 12,10 %) Einwohner[1] |
Politik
Für Neunkirchen besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Neunkirchen) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus drei Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2016 ist Sabrina Bormuth Ortsvorsteherin.[16]
Wappen und Flagge
Wappen
Blasonierung: In goldenem Schild auf einer schwarzen in ein Kreuz auslaufenden Spitze aufgelegt ein silberner Quell, auf den Seiten rechts eine rote Glocke, links eine rote Büchse.[17]
Das Wappen wurde der damaligen Gemeinde Neunkirchen (Odenwald) im Landkreis Darmstadt am 2. September 1963 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.
Flagge
Die Flagge wurde am gemeinsam mit dem Wappen am 2. September 1963 durch das Hessische Innenministerium genehmigt.
Flaggenbeschreibung: „Auf in rot und weiß geständertem Flaggentuch auf den Kreuzpunkt aufgelegt das Gemeindewappe.“
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
- Ehemalige Wallfahrtskirche mit Heil(iger) Quelle
- Ohly-Gedenkstein
- Kaiserturm auf der Neunkircher Höhe
- Radarturm der Luftfahrt
- St. Cosmas und Damian, Innenansicht
- St. Cosmas und Damian, Fresken
- Ohly-Gedenkstein in Neunkirchen
- Kaiserturm bei Neunkirchen
- Radarturm bei Neunkirchen
Regelmäßige Veranstaltungen
- November/Dezember: Weihnachtsmarkt[18]
Weblinks
- Neunkirchen. In: Webauftritt der Gemeinde Modautal.
- Neunkirchen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Neunkirchen In: Hessische Bibliographie[19]
- Suche nach Neunkirchen (Odenwald) In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Einzelnachweise
- Neunkirchen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 23. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 27. Mai 2018.
- Zahlen und Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2020.
- Ferdinand Dieffenbach: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. Literarische Anstalt, Darmstadt 1877, S. 254 (online bei Google Books).
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 167 (Online bei google books).
- Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318, § 9 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
- Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 234.
- Hauptsatzung. (PDF; 36 kB) §; 6. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im Februar 2019.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
- Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 122 (Online in der HathiTrust digital library).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 124 (Online in der HathiTrust digital library).
- Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 62 (Online bei google books).
- Haushaltspläne 2017 bis 2019 (Vorbericht: Einwohner – Statistik). (PDF) In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, S. 30 ff, abgerufen im Juli 2019.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Ortsvorsteher. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2019.
- Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Neunkirchen, Landkreis Darmstadt, Regierungsbezirk Darmstadt vom 2. September 1963. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1963 Nr. 38, S. 1100, Punkt 967 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,6 MB]).
- Darmstädter Echo, Freitag, 4. Dezember 2015, S. 20
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!