Herchenrode

Herchenrode ist der kleinste Ortsteil der Gemeinde Modautal im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg. Herchenrode liegt im vorderen Odenwald. Nordwestlich des Ortes verläuft die Landesstraße 3099.

Herchenrode
Gemeinde Modautal
Höhe: 273 (267–281) m ü. NHN
Fläche: 1,94 km²[1]
Einwohner: 63 (30. Jun. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 32 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Eingemeindet nach: Ernsthofen
Postleitzahl: 64397
Vorwahl: 06167
Herchenrode, Ortskern (2022)
Herchenrode, Ortskern (2022)
Herchenrode von Norden (2022)

Geschichte

Das Dorf wird im Jahre 1383 erstmals urkundlich genannt. Im 14. Jahrhundert gehört das Dorf zum Herrschaftsbereich der Grafschaft Katzenelnbogen und nach dem Aussterben des Adelsgeschlechts im 15. Jahrhundert zur Landgrafschaft Hessen. Ende des 16. Jahrhunderts steht das Dorf den Junkern von Maysenbug, Kalb, Mospach und Walbronn zu, der Landgraf von Hessen hat die hohe Obrigkeit mit Gebot und Verbot inne.[1] Herchenrode lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte „Reiswagen“ eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtiere und Knechten für Feldzüge bereitzustellen. Herchenrode gehörte zum „Brandauer Reiswagen“, dem auch noch die Orte Brandau, Neunkirchen, Allertshofen, Hoxhohl, Lützelbach, Ernsthofen, Neutsch, Klein-Bieberau und Webern angehörten. Die gesamte Zent Oberramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[3]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Herchenrode:

»Herchenrode (L. Bez. Reinheim) luth. Filialdorf; liegt am Fuße der Neunkircher Höhe, 212 St. von Reinheim, und hat 9 Häuser und 67 luth. Einw., worunter sich 8 Bauern befinden. An diesem Dorfe waren die Grafen von Katzenellenbogen, die von Aulnbach, Werner Kalb von Reinheim und Hennebach betheligt. Namentlich mit dem erstern Theil waren die Herrn von Conberg von Katzenellenbogen belehnt. Nachdem aber Johann von Cronberg dem Grafen Eberhard V. von Katzenellenbogen in einer Fehde seine Lehenspflicht aufgekündigt hatte, wurde zu Anfang des 15. Jahrhunderts dieses Leben eingezogen, und 1422 verzichteten die von Cronberg auch darauf. Die übrigen Theile wurden auch nach und nach erworben.«[4]

Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde am 31. Dezember 1971 die bis dahin selbstständige Gemeinde Herchenrode auf freiwilliger Basis nach Ernsthofen eingemeindet und kam am 1. Januar 1977 durch den Zusammenschluss der Gemeinde Ernsthofen kraft Landesgesetz mit mehreren anderen Gemeinden zur Gemeinde Modautal.[5][6] Für Herchenrode wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]

Historische Namensformen

In historischen Dokumenten ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Hergeroden (1383); Hergeroden (1392); Hirchenrode (1403); Herchenrode (1405): Hirtzenrode (1424); Hirchinrode (1430); Herchenroden (1457); Herchenrade (1514); Hurchenröder Gemarkung (1711).

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Herchenrode lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8][9]

Gerichte

Herchenrode gehörte zum Zentgericht Oberramstadt. Im 16. Jahrhundert lag die Niedere Gerichtsbarkeit bei der Adelsfamilie von Meisenbug. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Damit war für Herchenrode das Amt Lichtenberg zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.

Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[1]

Einwohnerentwicklung

 1629:08 Hausgesesse[1]
 1791:61 Einwohner[11]
 1800:63 Einwohner[12]
 1806:64 Einwohner, 9 Häuser[10]
 1829:67 Einwohner, 9 Häuser[4]
 1867:76 Einwohner, 10 Häuser[13]
Herchenrode: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2018
Jahr  Einwohner
1791
 
61
1800
 
63
1806
 
64
1829
 
67
1834
 
63
1840
 
68
1846
 
74
1852
 
57
1858
 
75
1864
 
82
1871
 
63
1875
 
66
1885
 
81
1895
 
84
1905
 
78
1910
 
77
1925
 
83
1939
 
64
1946
 
144
1950
 
131
1956
 
88
1961
 
80
1967
 
73
1970
 
58
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2007
 
62
2010
 
65
2011
 
63
2015
 
65
2018
 
63
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Gemeinde Modautal:[14]; Zensus 2011[15]

Religionszugehörigkeit

 1829:67 lutheranische (= 100,00 %) Einwohner[4]
 1961:61 evangelische (= 76,25 %), 17 katholische (= 21,25 %) Einwohner[1]

Politik

Für Herchenrode besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Herchenrode) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus drei Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen 2016 ist Klaus Roth Ortsvorsteher.[16]

Baudenkmal

Denkmalgeschütztes Fachwerkhaus in Herchenrode

Im Jahre 2010 wurde das Fachwerk in den Obergeschossen des Hauses Herchenrode 15 wieder freigelegt. Im Giebeldreieck des Wohnhauses aus der Zeit um 1700 fanden sich Figurationen aus Mannfiguren und Kopfwinkelhölzern. Die Renovierung der Hofreite wurde mit dem Denkmalschutzpreis des Landkreises ausgezeichnet.[17]

Einzelnachweise

  1. Herchenrode, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 12. Juni 2018.
  2. Zahlen und Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2019.
  3. Ferdinand Dieffenbach: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. Literarische Anstalt, Darmstadt 1877, S. 254 (online bei Google Books).
  4. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 407 (Online bei google books).
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II Nr. 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318 ff., §9 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
  6. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 234.
  7. Hauptsatzung. (PDF; 36 kB) §; 6. Gemeinde Modautal, abgerufen im Februar 2019.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
  10. Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
  11. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 122 (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 124 (Online in der HathiTrust digital library).
  13. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 38 (Online bei google books).
  14. Haushaltspläne 2017 bis 2019 (Vorbericht: Einwohner – Statistik). (PDF) In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, S. 30 ff., abgerufen im Juli 2019.
  15. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt;}
  16. Ortsvorsteher. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2019.
  17. FAZ vom 13. Dezember 2010, Seite 37: Auszeichnung für eine ortsbildprägende Hofreite in Herchenrode
  18.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.