Miłomłyn
Miłomłyn [mʲi'wɔmwɨn] (deutsch Liebemühl) ist eine Stadt in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 4886 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020).
Miłomłyn | |||
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Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Ermland-Masuren | ||
Powiat: | Ostródzki | ||
Gmina: | Miłomłyn | ||
Fläche: | 12,40 km² | ||
Geographische Lage: | 53° 45′ N, 19° 51′ O | ||
Einwohner: | 2421 (31. Dezember 2020) | ||
Postleitzahl: | 14-140 | ||
Telefonvorwahl: | (+48) 89 | ||
Kfz-Kennzeichen: | NOS | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Straße: | E 77 Warschau–Danzig | ||
Nächster int. Flughafen: | Danzig | ||
Geographische Lage
Die Kleinstadt liegt im Oberland der historischen Region Ostpreußen, im Osten der Eylauer Seenplatte, etwa 65 km südöstlich von Elbląg (Elbing) und 50 km westlich von Olsztyn (Allenstein).
Die Stadt wird von der Europastraße 77 Danzig – Warschau durchquert. Der früher vorhandene Anschluss an die Bahnlinie Mohrungen-Osterode (Morąg–Ostróda) ist stillgelegt und abgebaut. Mit dem Berting-, Röthloff- und Drewenzsee befinden sich weitere größere Seen in der Nähe, und der Oberländische Kanal verzweigt sich hier nach Norden Richtung Elbing und nach Westen zum Geserichsee (Jeziorak). Hier endet auch das Flüsschen Liebe, das dem Ort seinen deutschen Namen Liebemühl gab. Östlich erstrecken sich ausgedehnte Waldgebiete, zu denen auch der unmittelbar an der Ortsgrenze beginnende früher so genannte Prinzwald gehört.
Geschichte
Die Ritter des Deutschen Ordens nutzten vermutlich schon Ende des 13. Jahrhunderts die geschützte Halbinsel zwischen dem Fluss Liebe und dem Eylingsee zur Errichtung einer Wassermühle, die sie durch Befestigungen sicherten. Zur Förderung der Besiedlung des Sassen genannten Umlandes wurden im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts nahe der Mühle eine Ordensburg errichtet und eine Siedlung angelegt. Deren rasche Entwicklung veranlasste den Christburger Komtur Walter Kerskoff, dem zu dieser Zeit „Lyebemole“ genannten Ort 1334 nach Kulmer Recht das Stadtrecht zu verleihen. Die Stadt wurde mit einer wehrhaften Befestigung versehen, in die 1431 die Pfarrkirche mit einbezogen wurde. Während des Dreizehnjährigen Krieges (1454–1466) zwischen dem sich gegen finanzielle Unterdrückung wehrenden Preußischen Bund und dem Orden verharrte die Burgbesatzung auf Seiten des Ordens, während die Stadtbewohner sich dem Bund anschlossen. Bei der letzten militärischen Auseinandersetzung des Ordens gegen Polen, im Reiterkrieg von 1519 bis 1525, wurde Liebemühl während einer kurzzeitigen Besetzung durch polnische Truppen zerstört.
Nach der Säkularisation des Ordensstaates und seiner Umwandlung in das Herzogtum Preußen im Jahre 1525 wurde die Stadt dem Oberländischen Kreis unterstellt und erhielt den Sitz eines Hauptamtes. 1567 überließ der preußische Herzog Albrecht das Schloss und die Einkünfte aus der Stadt für zwanzig Jahre den evangelischen Bischöfen von Pomesanien. In dieser Zeitspanne residierten die Bischöfe George Venediger und Wigand auf dem Liebemühler Schloss. Beide Bischöfe wurden in der Liebemühler Kirche beigesetzt. Im Oktober 1628 wurde Liebemühl durch schwedische Truppen, die während des 1. polnisch-schwedischen Krieges durch das Land zogen, so stark zerstört, dass die Stadt über längere Zeit wüst lag.
Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts normalisierte sich das Leben wieder. Als im Zuge der preußischen Kreisreform von 1752 der Oberländische Kreis aufgeteilt wurde, kam Liebemühl in den Kreis Mohrungen, behielt aber den Sitz des Hauptamtes. 1782 hatte die Stadt 1100 Einwohner, die hauptsächlich von der Land- und Forstwirtschaft lebten. Nach einer erneuten Verwaltungsreform wurde Liebemühl 1815 dem Kreis Osterode zugeordnet. Am 1. November 1835 war die die Stadt durchquerende spätere Reichsstraße 130 von Elbing nach Osterode fertiggestellt. Mit dem Oberländischen Kanal erhielt Liebemühl ab 1860 Anschluss an einen weiteren wirtschaftlich wichtigen Verkehrsweg.
Mit den Eisenbahnstrecken Elbing – Osterode (ab 1893) und Wormditt – Osterode (ab 1902) wurde das die Stadt berührende Verkehrswegenetz komplettiert. Dies veranlasste mehrere Industriebetriebe zur Ansiedlung, und so waren zur Jahrhundertwende Schiffbaubetriebe, Ziegeleien und Holzverarbeitung ansässig. Innerhalb von 100 Jahren hatte sich die Einwohnerzahl verdoppelt und betrug 1880 2234. Davon waren 97 Prozent evangelischer Konfession.
Am 11. Juli 1920 wurden die Einwohner Liebemühls gezwungen, sich im Rahmen der durch den Versailler Vertrag angeordneten Volksabstimmung zwischen der Zugehörigkeit zu Ostpreußen oder Polen zu entscheiden. In Liebemühl stimmten 1460 Einwohner für den Verbleib bei Ostpreußen, auf Polen entfielen keine Stimmen.[1] Die Stadt rückte dadurch an die Grenze zum Polnischen Korridor und verlor damit ihr westliches Hinterland. Durch den Zuzug ehemaliger Bewohner der für die Einrichtung des Polnischen Korridors verlorengegangenen westpreußischen Gebiete erhöhte sich die Einwohnerzahl bis 1939 noch einmal auf 2439. Von ihnen arbeiteten 1036 in der Industrie und im Handel, 446 waren in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt, und in Handel und Verkehr waren 427 Einwohner tätig.
Bis 1945 gehörte Liebemühl zum Landkreis Osterode im Regierungsbezirk Allenstein der Provinz Ostpreußen des Deutschen Reichs.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Liebemühl im Januar 1945 von der Roten Armee eingenommen und besetzt. Nach Kriegsende wurde Liebemühl zusammen mit der südlichen Hälfte Ostpreußens unter polnische Verwaltung gestellt. Anschließend setzte der Zuzug polnischer Zivilisten ein. Die Stadt erhielt den polnischen Namen Miłomłyn. Soweit die deutschen Bewohner nicht geflohen waren, wurden sie vertrieben.
Die Stadt verlor ihre Stadtrechte und konnte sie erst zum 1. Januar 1998 wiedererlangen.
Demographie
Jahr | Einwohnerzahl | Anmerkungen |
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1782 | ≈ 1100 | [2] |
1802 | 1033 | [3] |
1810 | 933 | [3] |
1816 | 1105 | davon 1067 Evangelische und 38 Katholiken (zwei Schullehrer oder -lehrerinnen)[3] |
1818 | 1107 | [4] |
1821 | 1147 | in 134 Privatwohnhäusern[3] |
1831 | 1222 | Deutsche[5] |
1837 | 1216 | [6] |
1852 | 1915 | davon 1777 in der Stadt und 138 Einwohner in der Amtsfreiheit[7] |
1867 | 2210 | am 3. Dezember[8] |
1871 | 2201 | am 1. Dezember, davon 2104 Evangelische, 23 Katholiken, elf sonstige Christen und 63 Juden[8] |
1875 | 2254 | [9] |
1890 | 2150 | darunter 35 Katholiken und 24 Juden[9] |
1900 | 2400 | [10] |
1910 | 2374 | am 1. Dezember[11][12] |
1933 | 2300 | [9] |
1939 | 2439 | [9] |
Partnerschaften
Partnerschaften bestehen seit August 2005 mit Klötze in der Altmark und seit Oktober 2006 mit Bezdonys in Litauen.
Gemeinde
Zur Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Miłomłyn gehören die Stadt selbst und 13 Dörfer mit Schulzenämtern.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Fritz Mende (1843–1879), sozialdemokratischer Politiker
- Brigitte Lebaan (1926–1988), Schauspielerin und Diseuse
Ehrenbürger
- Georg Steenke (1801–1884), Erbauer des Oberländischen Kanals.
Literatur
- Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 24, Nr. 6).
- August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 435, S. Nr. 40.
- Liebemühl, Kreis Osterode, Ostpreußen, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Osterode).
- Chronik der Stadt Liebemühl 1800–1922. Rautenberg, Leer 1979.
- Der Kreis Osterode in Bildern I+II. Rautenberg, Leer 1984–1887.
Weblinks
- GenWiki: Liebemühl
- Website der Stadt und Gemeinde (polnisch)
Einzelnachweise
- Herbert Marzian, Csaba Kenez: „Selbstbestimmung für Ostdeutschland – Eine Dokumentation zum 50 Jahrestag der ost- und westpreussischen Volksabstimmung am 11. Juli 1920“; Herausgeber: Göttinger Arbeitskreis, 1970, S. 103
- Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 24, Nr. 6).
- Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 320–327, Ziffer 386.
- Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 3: Kr–O, Halle 1822, S. 100, Ziffer 1802.
- August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 435, S. Nr. 40.
- Karl Friedrich Merleker: Jahrbuch der historisch-comparativen Geographie. Band 4, Teil 2, Darmstadt 1843, S. 403.
- Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.). Berlin 1856, S. 349.
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 152–153, Ziffer 3.
- Michael Rademacher: Landkreis Osterode, Ostpreußen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Lexikoneintrag zu Liebemühl, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 12, Leipzig/Wien 1908, S. 527.
- Liebemühl, Kreis Osterode, Ostpreußen, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Osterode)
- Landkreis Osterode in Ostpreußen - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)