Marg Moll
Marg Moll (* 2. August 1884 in Mülhausen, Deutsches Reich als Margarethe Haeffner; † 15. März 1977 in München) war eine deutsche Bildhauerin, Malerin und Autorin. Ausgehend von der realistischen Darstellung entwickelte sich ihr Stil hin zur Abstraktion.
Ausbildung
Die Tochter eines Offiziers[1] begann ihre künstlerische Ausbildung am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt am Main, wo sie sich bereits früh für die Bildhauerei interessierte. In den 1890er Jahren war sie Schülerin von Hans Völcker. 1905 nahm sie Unterricht bei dem Maler Oskar Moll, den sie ein Jahr später heiratete. Gemeinsam zog das Ehepaar nach Berlin und arbeitete im Atelier von Lovis Corinth, der 1907 ein Ölbild von ihr anfertigte.[2] Darüber hinaus belegte Marg Moll Anatomiekurse an der Lewin-Funcke-Schule.[3]
1907 siedelte das Paar nach Paris über. Dort freundeten sich die beiden mit Henri Matisse an. Das Künstlerpaar gehörte zu den maßgeblichen Leuten, die Matisse davon überzeugten und ihm dabei halfen, eine eigene Akademie zu gründen, die sogenannte Académie Matisse. In ihren „Erinnerungen an Matisse“ beschrieb sie auf lebendige Weise die Arbeitssituation in der „Académie“. In Matisse' Schüleratelier arbeitete Marg Moll schwerpunktmäßig an plastischen Werken.
Nach dem Ersten Weltkrieg zog sie mit ihrem Ehemann nach Breslau, da Oskar Moll einen Ruf an die Staatliche Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau angenommen hatte. Die dortige Wohnung samt großzügigem Atelier wurde von August Endell mit modernen Möbeln ausgestattet.[1]
Künstlerisches Werk
Marg Moll schuf „ein variantenreiches bildhauerisches Werk“.[4] Dabei verarbeitete sie Einflüsse der ihr in Paris bekannt gewordenen Bildhauer Alexander Archipenko, Constantin Brâncuși und Ossip Zadkine. 1928 arbeitete sie wiederum in Paris als Schülerin von Fernand Léger. Dort wurde sie Mitglied der Groupe 1940 und stellte zusammen mit Robert Delaunay und Albert Gleizes aus.
Ihr plastisches und malerisches Œuvre wurde mehr und mehr abstrakt. 1932 wurde die Breslauer Akademie geschlossen und das Künstlerpaar Moll zog zunächst nach Düsseldorf, wo Oskar Moll einen Lehrauftrag erhalten hatte. Nachdem die politische Situation für Künstler ihrer Art sich verschlechtert hatte, notierte Marg 1935 in ihr Notizbuch:„Es wird ungemütlich in Düsseldorf. Oskar überlegt, ob er nach England emigrieren soll, aber wir entschieden uns für Berlin.“[1] In Berlin hatte sich das Paar von dem befreundeten Architekten Hans Scharoun ein Haus am Halensee bauen lassen. Das Gebäude inklusive einer „beeindruckenden“[5] Sammlung eigener und fremder Werke wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört. Molls moderner Stil missfiel den Kulturdiktatoren der Zeit des Nationalsozialismus, und 1937 wurde in der Nazi-Aktion „Entartete Kunst“ aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau fünf ihrer Arbeiten beschlagnahmt.[6]
1943 hatten die Molls wegen der zunehmenden Bombardements Berlin verlassen und zogen nach Brieg in Schlesien, wo Oskars Eltern ein Haus besaßen.[1]
Nach dem Zweiten Weltkrieg und auch nach dem Tod ihres Ehemannes (1947) entwickelte Marg Moll konsequent ihren Stil weiter. 1947 bis 1950 hielt sie sich in Wales auf und traf in London mit Henry Moore zusammen. 1952 kehrte sie zunächst nach Düsseldorf zurück und unternahm Vortragsreisen im In- und Ausland. Ihr Werk zeichnet sich durch reduzierte, lineare Bronzen und gebeizte, expressive Holzskulpturen aus.
Marg Moll ist mit ihrem Mann in Berlin auf dem Städtischen Friedhofs Zehlendorf bestattet worden. Das Grab war von 1987 bis 2011 als Ehrengrab des Landes Berlin ausgewiesen.
Die Tochter des Paares, Brigitte Würtz, kam 1918 in Breslau auf die Welt und wurde später auch Malerin.[1]
Molls Skulptur Tänzerin, die für die Ausstellung Entartete Kunst 1937 beschlagnahmt worden war und als verschollen galt,
Werke (Auswahl)
1937 als "entartet" beschlagnahmte Werke
- Tänzerin (Skulptur, Messing, 1926, 65 cm)[7]
Die "Tänzerin" wurde 1941 als Requisite in dem Propagandafilm Venus vor Gericht verwendet. Sie wurde bei archäologischen Grabungen wiedergefunden, die in Berlin seit 2009 an der Rathausstraße gegenüber dem Roten Rathaus im Vorfeld von U-Bahn-Bauarbeiten durchgeführt wurden[8], und dem Neuen Museum Berlin übergeben. Es gilt als sicher, dass sie mit weiteren Werken im August 1942 in ein Kellerdepot der Königstraße 50 in der Nähe des Rathauses eingelagert wurden. Das Gebäude wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört und bei den nachfolgenden Enttrümmerungsaktionen blieb das Depot unentdeckt.[1]
- Weiblicher Akt (Lithografie; vernichtet)[9]
- Landschaft (Tuschezeichnung, 29 × 23 cm; verschollen)
- Stillleben (Druckgrafik; vernichtet)
- Frauenkopf (Zeichnung, vernichtet)
Ehrungen
- 1969 Verleihung des Großen Bundesverdienstordens
- 1970 Preismedaille auf der XVI. Kunstausstellung Köln
Schriften
- Erinnerungen an Matisse, in: Neue Deutsche Hefte, Heft 23, Gütersloh 1956, S. 853 f. Wieder abgedruckt in: Ausstellungskatalog Matisse und seine deutschen Schüler, Pfalzgalerie Kaiserslautern/Ostdeutsche Galerie Regensburg 1988, S. 41 ff.
Siehe auch
Literatur
- Ausstellungskatalog: Die große Inspiration. Deutsche Künstler in der Académie Matisse, Teil III, Kunst-Museum Ahlen 2004.
- Gora Jain: Marg Moll – 'Konturen' des bildhauerischen Werks, in: Ausstellungskatalog Die große Inspiration, Teil I, Kunst-Museum Ahlen 1997, S. 107–122.
- Werner Filmer: Marg Moll – Eine deutsche Bildhauerin, Dr. Hut, München 2009, ISBN 978-3-89963-952-0; Neuausgabe 2013: ISBN 978-1483937724.
- Geneviève Debien: Marg Moll. Die international vernetzte Bildhauerin und Grafikerin. In: Dagmar Schmengler u. a. (Hgg.): Maler. Mentor. Magier. Otto Mueller und sein Netzwerk in Breslau, Heidelberg u. a.: Kehrer 2018. ISBN 978-3-86828-873-5, S. 188–196.
- Annette Wagner-Wilke: Moll, Marg. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 90, de Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-023256-1, S. 239.
Weblinks
- Literatur von und über Marg Moll im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- www.margmoll.de Homepage von Brigitte Würtz über ihre Mutter Marg Moll
- Video (1:38) Entartete Kunst aus der Baugrube von der Nordwestzeitung (NWZ) Verlagsgesellschaft online
Einzelnachweise
- Petra Ahne: Mama, die haben da was ausgebuddelt., Artikel in der Berliner Zeitung vom 16./17. Juli 2011
- Charlotte Berend-Corinth: Lovis Corinth: Die Gemälde. Neu bearbeitet von Béatrice Hernad. Bruckmann Verlag, München 1958, 1992; BC 340, S. 105. ISBN 3-7654-2566-4
- Benannt nach seinem Gründer Arthur Lewin-Funcke.
- Kat. Ahlen
- Kat., Ahlen, S. 164
- Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin
- Stale Session. Abgerufen am 23. Februar 2022.
- Kostbare Kunstwerke am Roten Rathaus entdeckt., Berliner Morgenpost vom 8. November 2010
- Stale Session. Abgerufen am 23. Februar 2022.
- Website mit Abbildung des Kunstwerkes (Memento des Originals vom 11. November 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Werke Marg Moll (Memento des Originals vom 11. November 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Werke Marg Moll (Memento des Originals vom 11. November 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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