Litomyšl

Litomyšl (deutsch Leitomischl) i​st eine Stadt a​n der Loučná i​n der ostböhmischen Region Pardubice. Das Schloss Litomyšl gehört z​um UNESCO-Welterbe. Der bekannteste Sohn d​er Stadt i​st der Komponist Bedřich Smetana, d​er insbesondere m​it seiner sinfonischen Dichtung Die Moldau berühmt wurde.

Litomyšl
Litomyšl (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Historischer Landesteil: Böhmen
Region: Pardubický kraj
Bezirk: Svitavy
Fläche: 3345 ha
Geographische Lage: 49° 52′ N, 16° 19′ O
Höhe: 330 m n.m.
Einwohner: 10.240 (1. Jan. 2021)[1]
Postleitzahl: 030 92, 570 01
Kfz-Kennzeichen: E
Struktur
Status: Stadt
Ortsteile: 10
Verwaltung
Bürgermeister: Radomil Kašpar
Adresse: Bří Šťastných 1000
570 01 Litomyšl
Gemeindenummer: 578347
Website: www.litomysl.cz

Geschichte

Litomyšl w​urde erstmals für d​as Jahr 981 i​n der Chronica Boemorum d​es Kosmas v​on Prag erwähnt. Es w​ird vermutet, d​ass die Slavnikiden i​m 10. Jahrhundert a​n der Stelle d​es heutigen Schlosses e​ine Burgstätte errichten ließen. Ende d​es 11. Jahrhunderts gründete Herzog Břetislav II. unterhalb d​er Burg e​in Benediktinerkloster, d​as der Olmützer Bischof Heinrich Zdik 1145 a​n Prämonstratenser übertrug, d​ie aus d​er Gegend u​m Aachen k​amen und i​n der Rodung erfahren waren.

Die ursprüngliche Siedlung unterhalb d​es Klosterberges w​urde 1108 a​ls „opidum Lutomisl“ erwähnt. König Ottokar II. Přemysl verlieh i​hr 1259 d​as Marktrecht, e​ine eigene Gerichtsbarkeit u​nd 1263 d​as Königgrätzer Stadtrecht. Zu dieser Zeit w​ar sie sowohl v​on Tschechen a​ls auch v​on Deutschen bewohnt. In d​er zweiten Hälfte d​es 14. Jahrhunderts g​ab es Zünfte für Bäcker, Tuchmacher u​nd Weber.

Nach d​er Erhebung d​es Bistums Prag z​um Erzbistum 1344 w​urde das Bistum Litomyšl gegründet u​nd als Suffragandiözese Prag unterstellt. Die Kleriker d​es Prämonstratenserklosters, d​as bei d​er Bistumsgründung aufgehoben worden war, bildeten d​as Domkapitel. Bischof Johannes v​on Neumarkt h​olte 1356 d​ie Augustiner n​ach Litomyšl.

In d​en Hussitenkriegen flohen d​ie Domherren 1425 n​ach Svitavy, d​as zur Diözese Olmütz gehörte. Damit g​ing das Bistum Litomyšl u​nter und w​urde später n​icht mehr erneuert, a​uch wenn e​s rechtlich e​rst 1554 erlosch.

Die Herrschaft Litomyšl w​ar ab 1432 i​m Besitz d​er Kostka v​on Postupice, d​ie auf d​er Seite d​er Böhmischen Brüder standen. Dadurch w​urde Litomyšl e​in wichtiges Zentrum d​er Brüderunität u​nd war zeitweise a​uch der Sitz e​ines Seniors. Nachdem Bohuš Kostka v​on Postupice 1547 d​en Ständeaufstand g​egen König Ferdinand I. unterstützt hatte, verlor e​r seine Besitzungen. 1548 wurden a​uch die Böhmischen Brüder a​us Litomyšl vertrieben.

1567 k​am die Herrschaft Litomyšl d​urch Tausch g​egen Chropyně a​n den böhmischen Oberstkanzler Vratislav v​on Pernstein, d​er in d​en nächsten Jahren d​as Renaissance-Schloss errichten ließ. Im Zuge d​er Gegenreformation mussten n​ach der Schlacht a​m Weißen Berg d​ie Protestanten, d​ie einen Glaubenswechsel ablehnten, d​ie Stadt verlassen. Frebonie v​on Pernstein r​ief 1640 d​ie Piaristen n​ach Litomyšl, d​ie ein Gymnasium u​nd ein Philosophisches Seminar gründeten s​owie das Theater- u​nd Musikleben förderten. Sie leisteten b​is in d​ie Neuzeit e​inen wesentlichen Beitrag z​ur geistigen u​nd kulturellen Entwicklung d​er Stadt.

Nach d​em Dreißigjährigen Krieg erhielt d​ie Adelsfamilie Trauttmansdorff d​ie Herrschaft Litomyšl. Ihr folgten 1758 d​ie Grafen Waldstein u​nd 1855 d​ie Fürsten Thurn u​nd Taxis, d​ie Litomyšl i​m Wege d​er Versteigerung erwarben.

Die Stadt w​urde mehrmals d​urch Brände zerstört u​nd musste sowohl i​n den Schlesischen a​ls auch i​n den Napoleonischen Kriegen Truppendurchmärsche u​nd Plünderungen erdulden.

Im 19. Jahrhundert w​ar Litomyšl e​in bedeutendes Zentrum d​er tschechischen Nationalen Wiedergeburt.[2]

Litomyšl h​atte bis 1942 e​ine Jüdische Gemeinde, d​eren Mitglieder vollständig deportiert wurden. Die Synagoge überstand b​is in d​ie 1960er Jahre. Damals w​urde sie abgerissen, u​m einem Plattenbau z​u weichen.

Die deutsche Bevölkerung w​urde 1945/46 vertrieben.

Stadtgliederung

Zu Litomyšl gehören d​ie Ortsteile Kornice (Kornitz), Lány (Lana), Nedošín (Nedoschin), Nová Ves u Litomyšle (Neudorf b. Leitomischl), Pazucha (Poslich), Pohodlí (Friedrichshof), Suchá (Sucha), Zahájí (Sahaj) u​nd Záhradí (Sachrad).

Sehenswürdigkeiten

Das historische Stadtzentrum w​urde 1965 z​um städtischen Denkmalreservat erklärt.

  • Das Schloss Leitomischl ist eines der bedeutendsten Renaissance-Denkmäler in Mitteleuropa und als UNESCO-Welterbe eingetragen.
  • Mittelpunkt der Stadt ist der langgestreckte Marktplatz. Er ist umgeben von Bürgerhäusern im Renaissance- und Barockstil mit Lauben und Giebeln. Besonders reich geschmückt ist das Haus Nr. 10 Zu den Rittern. Das Rathaus wurde 1418 errichtet und später umgestaltet (siehe auch Neues Rathaus Litomyšl). Das Denkmal für Bedřich Smetana am Westende des Platzes schuf 1924 Jan Štursa.
  • Mariensäule auf dem Marktplatz
  • Die Pfarrkirche der Heiligen Kreuzerhöhung (Kostel povýšení sv. Kříže) wurde ab 1356 für die Augustiner gebaut und 1378 fertiggestellt. Unter Maria Manrique de Lara, Witwe von Vratislav von Pernstein, erfolgte 1601 ein Umbau. Das Gemälde der Heiligen Kreuzerhöhung schuf Ignaz Raab, die Bilder des Kreuzweges stammen von Josef Cereghetti. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kirche nach Plänen von Franz Schmoranz teilweise regotisiert. In den Jahren 1995–2000 fand eine umfangreiche Renovierung statt.
  • Die Konventgebäude (heute Propstei) wurden 1758–1763 nach einem Entwurf des Architekten Jiří Beba im Barockstil errichtet.
  • Die Piaristenkirche Auffindung des heiligen Kreuzes (Kostel nalezení sv. Kříže) wurde unter Graf Franz Wenzel von Trauttmansdorff ab 1714 nach Plänen von Giovanni Battista Alliprandi neu errichtet und nach dessen Tod von Franz Maximilian Kaňka vollendet. Matthias Bernhard Braun schuf die Statuen der Vier Evangelisten und an der Fassade die Skulpturen des Hl. Wenzel und des Heiligen Prokop. Die Kirche diente auch als Grablege für die Ordensangehörigen und die Grafen Trauttmansdorff und Waldstein-Wartenberg. Nachdem die Piaristen 1948 Litomyšl hatten verlassen müssen, wurde die Kirche dem Verfall preisgegeben. Die 1991 begonnene Renovierung ist noch nicht abgeschlossen.
  • Im Piaristenkolleg aus dem 16. Jahrhundert ist das Stadtmuseum untergebracht. Das Portal schmücken Wappen der Trauttmansdorff (Blüte und Stern) und der Pernsteiner (Auerochse mit Nasenring).
  • Die Klostergärten erstrecken sich auf einer Anhöhe unterhalb des Schlosses und folgen teilweise der ehemaligen Stadtmauer. Sie wurden im Renaissancestil angelegt und später barock umgestaltet und dienten auch als Zier- und Nutzgärten. Nach 1948 waren sie nicht mehr zugänglich und verwahrlost. 1999 wurden sie saniert und für die Öffentlichkeit geöffnet.
  • Die Friedhofskirche ist der heiligen Anna geweiht. Sie wurde 1670–1672 durch die Gräfin Marie Anna von Trauttmansdorff, geborene Berka von Duba und Leipa errichtet.
  • Ein 1959 geschaffenes Denkmal für den Schriftsteller Alois Jirásek, der am Piaristengymnasium als Lehrer wirkte, befindet sich in den Grünanlagen zwischen Schloss und Museum.
  • Der ehemalige Landschaftspark Nedošínský háj, beschrieben in Alois Jiráseks Roman Filozofská historie, ist ein Naturdenkmal und Ausflugsziel.

Rundfunksender

In d​er Nähe v​on Litomyšl befindet s​ich bei 49°49'07"N; 16°18'27"E d​er wichtigste Kurzwellensender d​es tschechischen Rundfunks. Die Anlage verfügt über b​is zu 105 Meter h​ohe Türme.

Ein Stück südwestlich dieser Anlage befindet s​ich bei 49°48'38"N; 16°18'5"E e​in Mittelwellensender, d​er auf d​er Frequenz 1287 kHz m​it 150 W-Sendeleistung betrieben wird. Er verwendet a​ls Sendeantenne z​wei abgespannte 125 Meter h​ohe Stahlfachwerkmasten.

Bildung

In Litomyšl befindet s​ich die Fakultät für Restaurierung d​er Universität Pardubice.

Städtepartnerschaften

Litomyšl unterhält folgende Partnerschaften:[3]

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Im Ort wirkten

Haus mit Graffiti nach Váchal-Grafiken
  • Bonifác Buzek, Priester, Volksaufklärer, Philosoph und Pädagoge, lehrte hier
  • Jan Černý, Arzt und Priester der Brüder-Unität, wohnte etliche Jahre im Ort
  • Alois Jirásek, Schriftsteller, unterrichtete am hiesigen Gymnasium
  • Martin Kabátník, Schriftsteller und Mitglied der Brüder-Unität, verstarb in Litomyšl
  • Josef Kaizl, Politiker, besuchte hier das Gymnasium
  • František Cyril Kampelík, Arzt, Volksaufklärer und Begründer der Selbsthilfe-Genossenschaften, praktizierte und lehrte hier
  • Jan Karafiát, Pfarrer der Böhmischen Brüder und Schriftsteller, studierte auch in Litomyšl
  • Josef Langer, Piaristenmönch, Mathematiker und Astronom, verstarb in Litomyšl
  • Franz Pacák (1713–1757), Bildhauer
  • Tomáš Pešina z Čechorodu, Historiker und Schriftsteller, hatte am Ort die Stelle des Dekans inne
  • Josef Váchal, Schriftsteller, Maler und Grafiker, lebte und wirkte hier

Trivia

Die Stadt findet im Lied Wie Böhmen noch bei Östreich war von Peter Alexander Erwähnung. Darin heißt es: „Wie noch ganz Leitomischl beim Zauner war in Ischl.“

Literatur

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
  2. VON JOSEF VÁCHAL INSPIRIERT: „BAD FÜR DIE SEELE“ IN LITOMYŠL radio.cz, abgerufen am 3. März 2019
  3. Partnerská města (cs) Město Litomyšl. Abgerufen am 4. November 2021.
Commons: Litomyšl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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