Lavaur (Tarn)
Lavaur (lateinisch Pulchravallis; okzitanisch La Vaur) ist eine südfranzösische Gemeinde mit 10.879 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019) im Département Tarn in der Region Okzitanien. Sie gehört zum Arrondissement Castres und zum Kanton Lavaur Cocagne (bis 2015: Hauptort des Kantons Lavaur).
Lavaur La Vaur | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Okzitanien | |
Département (Nr.) | Tarnn (81) | |
Arrondissement | Castres | |
Kanton | Lavaur Cocagne (Hauptort) | |
Gemeindeverband | Tarn-Agout | |
Koordinaten | 43° 42′ N, 1° 49′ O | |
Höhe | 105–274 m | |
Fläche | 63,09 km² | |
Einwohner | 10.879 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 172 Einw./km² | |
Postleitzahl | 81500 | |
INSEE-Code | 81140 | |
Website | www.ville-lavaur.fr | |
Luftaufnahme von Lavaur |
Lage
Die Stadt liegt auf der orografischen linken, d. h. westlichen, Flussseite des Agout etwa auf halber Strecke zwischen Toulouse (42 Kilometer südwestlich) und Castres (41 Kilometer östlich). Etwa 21 Kilometer nördlich liegt die mittelalterliche Bastide Lisle-sur-Tarn, weitere 10 Kilometer nordöstlich befindet sich der Weinort Gaillac.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2006 | 2017 |
Einwohner | 7665 | 7897 | 7972 | 8148 | 8537 | 9860 | 10.811 |
Bei der ersten Zählung der französischen Bevölkerung im Jahre 1793 hatte Lavaur 5.500 Einwohner. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Kleinstadt ständig, doch infolge der Reblauskrise und der Mechanisierung der Landwirtschaft sank die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 1921 unter den Wert von 1793 ab. Seit 1936 ist wieder ein kontinuierliches Wachstum zu verzeichnen.
Wirtschaft
Lavaur gehört noch zur Landschaft des Lauragais und bezeichnet sich selbst als Hauptstadt des Pays de la Cocagne ('Schlaraffenland'), welches im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit durch den Anbau von Färberwaid (pastel) sowie dessen Weiterverarbeitung und Export große Bedeutung und enormen Wohlstand erlangt hat. Im 17. und. 18. Jahrhundert ging der Anbau von pastel gegenüber dem billigeren und farbintensiveren Farbstoff Indigo, der aus den amerikanischen Kolonien importiert wurde, mehr und mehr zurück. Im 18. Jahrhundert wurde in der Stadt eine königliche Seidenmanufaktur eingerichtet, die jedoch während der Französischen Revolution wieder aufgelöst wurde.
Inzwischen haben sich in den Zones industrielles um Lavaur kleinere Industriebetriebe (Textilherstellung, Druckereibetriebe etc.) angesiedelt. Daneben spielt die Stadt als Handwerks- und Dienstleistungszentrum für die umgebenden kleineren Dörfer, die hauptsächlich von der Landwirtschaft leben, eine wichtige Rolle.
Geschichte
Die 1025 zum ersten Mal urkundlich erwähnte befestigte Siedlung (castrum) erhielt überregionale Bedeutung, als im Jahr 1181 ein katholisches Heer die Stadt belagerte, um die katharische Häresie zu bekämpfen. Nach der Herausgabe zweier vermeintlicher katharischer 'Volkommener' (parfaits) kam der Ort glimpflich davon. Im Rahmen des Albigenserkreuzzugs (1209–1229) wurde die Stadt im Jahre 1211 erneut belagert – dieses Mal jedoch mit schrecklichen Konsequenzen: Nach der Einnahme der Stadt durch Simon de Montfort wurde die Herrin Guiraude in einen Brunnen geworfen und durch einen Steinhagel getötet; 80 katharische Ritter, darunter auch Aimery de Montréal, wurden erhängt oder – nach dem Einsturz des Galgens – durch das Schwert getötet; weitere 300 bis 400 Personen wurden auf einem Scheiterhaufen (bûcher) verbrannt.
Nach dem Tod Simon de Montforts im Jahre 1218 wurde Lavaur im Jahr 1220 vom zukünftigen Grafen von Toulouse Raimund VII. eingenommen. Ludwig VIII. machte hier auf seiner Reise durch den Süden Frankreichs (Okzitanien) im Jahre 1226 einen Zwischenstopp. Drei Jahre später, nachdem im Vertrag von Paris (1229) die Angliederung des Midi an die französische Krone (Domaine royal) beschlossen worden war, wurden die Befestigungen (remparts) der Stadt geschleift.
Im Jahr 1317 wurde Lavaur von Papst Johannes XXII. zum Bischofssitz erhoben und blieb es bis zur Französischen Revolution. Im Verlauf des Hundertjährigen Krieges (1337–1453) zwangen die Bewohner der Stadt die englischen Truppen unter John Chandos zum Rückzug (1369/70). Im Jahre 1468 wurde Lavaur zur Grafschaft erhoben, doch nur 15 Jahre später fiel es wieder an die französische Krone zurück.
Im Jahr 1540 fand in Lavaur eine Zusammenkunft statt, bei der über ein Kanalprojekt vom Mittelmeer bis zur Garonne – den späteren Canal du Midi – debattiert wurde. Gleich zu Beginn der Hugenottenkriege (1562–1598) wurden einige Franziskaner von einem protestantischen Mob massakriert und die Klostergebäude mit Ausnahme der Kirche wurden zerstört.
Sehenswürdigkeiten
Ehemalige Kathedrale Saint-Alain
Die ehemalige Kathedrale ist seit 1911 als Monument historique anerkannt.[1]
Pont de Lavaur
Die Brücke ist seit 1960 als Monument historique anerkannt.[2]
Viaduc de Lavaur
Sonstige
- Auf Luftbildern kann man sehr gut die ehemals kreisrunde – mit einem zentralen Platz versehene – Anlage der bastidenähnlichen Ansiedlung erkennen.
- Die ganz aus Mauerziegeln errichtete Kirche der Franziskaner (Église des Cordeliers) aus dem 14. sowie dem 15./16. Jahrhundert orientiert sich in manchen Details an ihrem großen Vorbild – der Franziskanerkirche in Toulouse. Das rippengewölbte gotische Kirchenschiff wird von seitlichen Kapellen begleitet, die auch zur statischen Stabilisierung des Bauwerks beitragen. Der Bau beherbergt viele Ausstattungsgegenstände aus dem 19. Jahrhundert, darunter eine große Orgel (1866) aus der Werkstatt der in Frankreich bekannten Orgelbauer-Familie Puget. Die Kirche ist seit 1996 als Monument historique anerkannt.[3]
- Auf ihrer Südseite steht ein Taubenhaus (Pigeonnier).
- Der im unteren Bereich in wechselnden Schichten aus Ziegel- und Natursteinen errichtete runde Turm (Tour des rondes) ist das letzte Überbleibsel der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Er wurde im Jahre 1627 nach Zerstörungen während der Religionskriege weitgehend neu aufgebaut und ist seit dem Jahr 1971 als Monument historique anerkannt.[4]
- Vom ehemaligen, im 17. Jahrhundert gegründeten, Konvent der Klarissen ist – nach den Zerstörungen in der Zeit der Französischen Revolution – nichts übriggeblieben. Die heutige Kapelle stammt aus dem Jahr 1837.
- Das Gebäude des um 1700 erbauten ehemaligen Hôpital de Lavaur wurde bereits vor der Revolutionszeit zu einer Seidenmanufaktur umfunktioniert.
- Das heutige Rathaus (mairie) mit seiner augenfälligen Außentreppe war ursprünglich (1860) als Sitz einer Unterpräfektur (sous-préfecture) für das Département Tarn erbaut worden. Es diente auch jahrelang als Gerichtsgebäude (Palais de justice).
- Die bischöflichen Gärten (Jardins de l’Évêché), eine Parkanlage im englischen Stil, befinden sich an der Stelle des in der Französischen Revolution zerstörten Bischofspalastes.
- Ein Museum (Musée municipal du Pays Vaurais) zeigt Exponate zur Geschichte der Stadt und ihres Umlandes.
- Zwei im Privatbesitz befindliche Schlösser aus dem 17./18. Jahrhundert in der Umgebung von Lavaur (Château de Mirabel-Laval und Château de Reyniès) sind seit 1990 bzw. 1993 ebenfalls als Monuments historiques anerkannt.[5][6]
- Kathedrale St-Alain
- Église Saint-François
- Pont de Lavaur
- Tour des rondes
Persönlichkeiten
- Jacques Féréol Mazas (1782–1849), Violinist
- Georges Pontier (* 1943), Erzbischof von Marseille
- Jean-Pierre Bel (* 1951), Politiker
- Lilas Traïkia (* 1985), Fußballnationalspielerin
- Benjamin Thomas (* 1995), Radsportler
Städtepartnerschaften
- El Vendrell, Katalonien, Spanien
- Xigazê, Tibet
Weblinks
Einzelnachweise
- Église Saint-Alain, Lavaur in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Pont sur l’Agout, Lavaur in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Eglise Saint-François, Lavaur in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Tour des Rondes, Lavaur in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Château de Mirabel-Laval, Lavaur in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Château de Reyniès, Lavaur in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)