Domaine royal
In Frankreich war die Entwicklung der Krondomäne, der Domaine royal, aus kleinen Anfängen bis zu der Zeit, in der fast das ganze Königreich dazu gehörte, das entscheidende Mittel der politischen Einigung des Landes bis hin zur Durchsetzung des Absolutismus und des Zentralismus im 17. Jahrhundert.
König Heinrich IV. gliederte 1607 fast alle seiner südwestfranzösischen Besitzungen der Domaine royal an (u. a. das Herzogtum Albret, die Grafschaften Armagnac, Bigorre und Foix). Ausnahmen bildeten das Béarn und das Königreich Navarra (eigentlich Niedernavarra), welche weiterbestanden. Erst durch seinen Sohn Ludwig XIII. von Frankreich (und II. von Navarra) wurden die beiden Fürstentümer 1620 vereint und zum Teil der Krondomäne. Seitdem war Domaine royal identisch mit dem Königreich Frankreich.
Erst mit der Französischen Revolution und dem Dekret vom 21. November 1790 wurde die Krondomäne aufgelöst und in die republikanische Domaine national überführt.
Entwicklung der Domaine royal
Die Domaine royal bestand bei der Thronbesteigung Hugo Capets 987 fast ausschließlich aus königlichen Rechten und darüber hinaus aus einem Gebiet, das in mehrere Teile zersplittert war und zudem auch einen Vergleich mit dem Machtbereich zum Beispiel der Grafen von Blois und Champagne ab 1022 nicht standhalten konnte.
In der Île-de-France waren lediglich die Grafschaft Senlis und die Burgvogtei (Châtellenie) Poissy Teil der domaine royal, da Hugo Capet die Grafschaften Paris, Melun und Dreux an den Grafen Burchard I. der Ehrwürdige von Vendôme für dessen im Gegenzug gewährte Unterstützung gegeben hatte; Paris und Melun erhielt Hugos Sohn Robert II. 1016 zurück, Dreux sein Enkel Heinrich I. 1023.
Darüber hinaus gehörten weiter im Süden die Grafschaften Orléans und Étampes zur Domaine royal und machten den größten Teil des Besitzes aus. Im Norden gehörten die Herrschaften Attigny in der Grafschaft Rethel sowie die wichtige Festung Montreuil im Ponthieu dazu.
In der Zeit bis zum Regierungsantritt König Philipps II. 1180 gelang es lediglich, den verteilten Besitz miteinander zu verbinden: Heinrich I erwarb 1055 die Grafschaft Sens, Philipp I. 1068 die Grafschaft Gâtinais, 1074 das Vexin français und 1108 die Septaine de Bourges, Ludwig VI. 1112 die Grafschaft Corbeil und 1118 die Grafschaft Montlhéry.
Erst Philipp II. gelang die entscheidende Erweiterung der Krondomäne nach Westen (Normandie) und Süden (Loire), vor allem durch Siege gegen die dort herrschenden Engländer; seinen Nachfolgern Ludwig VIII. und Ludwig IX. fielen der Poitou und der Languedoc zu. Demgegenüber stand die Einführung der Apanagen, mit denen jüngere Mitglieder der königlichen Familie versorgt wurden, und durch die der Umfang des direkten Zugriffs des Königs zeitweise erheblich reduziert wurde.
Im 14. Jahrhundert stand etwa ein Drittel Frankreichs unter königlicher Verwaltung, im 16. Jahrhundert war es der Erwerb Bourbons und der Bretagne, zu Beginn des 17. Jahrhunderts schließlich der Besitz, den Heinrich IV. mit in sein Amt brachte.
Chronologie des Wachstums der französischen Krondomäne
Regierungszeit Roberts II. (996–1031)
- 1016: die Grafschaft Paris und die Grafschaft Melun kehren in die Domaine royal zurück
Regierungszeit Heinrichs I. (1031–1060)
- 1023: die Grafschaft Dreux kehrt in die Domaine royal zurück
- 1055: Annexion der Grafschaft Sens.
Regierungszeit Philipps I. (1060–1108)
- 1068: das Gâtinais
- 1074: das französische (im Gegensatz zum normannischen) Vexin
- 1081: Moret-sur-Loing
- 1108: Vizegrafschaft oder Septaine de Bourges
Regierungszeit Philipps II. (1180–1223)
- 1185: die Grafschaft Amiens
- 1191: die Grafschaft Vermandois wird erworben
- 1204: Konfiszierung des Herzogtums Normandie
- 1208: die Herrschaft La Ferté-Macé wird von Wilhelm VI. von La Ferté-Macé beschlagnahmt
- 1220: Die Grafschaft Alençon fällt mangels Erben für den Grafen Robert IV. an die Domaine royal
Regierungszeit Ludwigs IX. (1226–1270)
- 1239: Kauf der Grafschaft Mâcon
- 1255: Kauf der Grafschaft Beaumont-le-Roger von Raoul de Meulan
- 1259: Herrschaften Domfront und Tinchebray
Regierungszeit Philipps III. (1270–1285)
- 1271: die Grafschaft Toulouse, das Poitou und die Auvergne, Apanagen von Alfons von Poitiers kehren in die Domaine royal zurück
- 1274: Kauf der Grafschaft Nemours
- 1283: die Grafschaft Le Perche und die Grafschaft Alençon als Nachlass seines Bruders Peter.
- 1284: Kauf der Grafschaft Chartres
Regierungszeit Philipps IV. (1285–1314)
- 1284: Hochzeit von Philipp, dem zukünftigen König, mit Johanna, Tochter des Königs Heinrich I. von Navarra, Graf von Champagne; die Champagne wird mit der Domaine royal vereint.
- 1285–1295: Kauf der Grafschaft Guînes vom Grafen Arnold III., der ein Lösegeld aufbringen musste.
- 1292: Ostrevant
- 1308: Kauf der Grafschaft Angoulême, von Fougères und Lusignan von Jolanda I. von Lusignan
- 1313: Konfiszierung der Burgvogtei Tournai – obwohl Gebiet des Heiligen Römischen Reichs – von Marie de Mortagne.
- 1322: die Grafschaft Bigorre wird in die Domaine royal eingegliedert.
Regierungszeit Philipps VI. (1328–1350)
- 1336: Eroberung der Grafschaft Ponthieu, die 1360 dem englischen König zurückgegeben wird.
- 1349: Kauf der Herrschaft Montpellier von Jakob III., abgesetztem König von Mallorca.
- 1350–1360: nach der Hinrichtung von Raoul II. de Brienne, Graf von Guînes, Connétable von Frankreich, wegen Verrats wird die Grafschaft Guînes beschlagnahmt. Sie wird im Frieden von Brétigny an England abgetreten.
Regierungszeit Karls V. (1364–1380)
- 27. Mai 1364: die Stadt Montivilliers wird aus der Grafschaft Longueville herausgelöst und unmittelbar in die Domaine royal integriert.
- 1371: Kauf der Grafschaft Auxerre
Regierungszeit Karls VII. (1422–1461)
- 1434: Die Herrschaft Amboise wird beschlagnahmt: Louis d’Amboise hatte sich gegen Georges de La Trémoille, den Favoriten des Königs, verschworen.
- 1453: Eroberung der Guyenne (Aquitanien)
- 1454: Die Grafschaft Comminges wird in die Domaine royal eingegliedert
Regierungszeit Ludwigs XI. (1461–1483)
- 1477: die Grafschaft Ponthieu wird endgültig in die Domaine royal eingegliedert.
- 1478: die Grafschaft Boulogne wird durch Tausch erworben.
- 1482: durch den Vertrag von Arras werden das Burgund und die Picardie in die Domaine royal integriert.
- 1482: Vizegrafschaft Châtellerault wird ebenfalls eingegliedert.
Regierungszeit Karls VIII. (1483–1498)
- 1483: die Herrschaften Chastel-sur-Moselle und Bainville werden dem Herzogtum Bar abgenommen.
Regierungszeit Ludwigs XII. (1498–1515)
- Juni 1498: die Grafschaft Provence und die Grafschaft Forcalquier
- 25. August 1498: die Grafschaft Comminges wird erneut in die Domaine royal integriert.
Regierungszeit Franz’ I. (1515–1547)
- Eingliederung des Herzogtums Valois, das bereits seit dem 12. Jahrhundert von den Kapetinger als Apanage vergeben wurde
- 1532: Angliederung des Herzogtums Bretagne
Ab der Regierungszeit Franz’ I. werden die Begriffe Domaine royal und Frankreich miteinander vermischt. Mit dem Verrat des Connétable von Bourbon und der Regierungsübernahme Heinrichs IV. werden die letzten Lehen innerhalb der Grenzen des Königreichs eingegliedert.
Regierungszeit Ludwigs XIV. (1643–1715)
- 1663: Neufrankreich wird in die Domaine royal einbezogen
- 1678: Die Franche-Comté (Freigrafschaft Burgund) fällt durch den Vertrag von Nimwegen an die Domaine royal.
Regierungszeit Ludwigs XV. (1715–1774)
- 1766: Lothringen, fällt nach dem Tod Stanislaus Leszczinskis an die Domaine royal.
Siehe auch
Wikisource
Französischsprachige Wikisource:
Literatur
- William Mendel Newman: Le domaine royal sous les premiers Capétiens 987–1180. Recueil Sirey, Paris 1937.
- L. Mirot: Manuel de géographie historique de la France. Band 1: L’unité française. Neuausgabe der 2. Ausgabe 1947. Picard, Paris 1979, ISBN 2-7084-0033-9.