Kauft keine russischen Waren!

„Kauft keine russischen Waren!“ (ukrainisch Не купуй російське!) oder „Boykott russischer Waren!“ (ukrainisch Бойкотуй російське!) ist eine gewaltfreie Kampagne zum Boykott russischen Handels in der Ukraine. Der Protest begann am 14. August 2013 als eine Reaktion auf das Handelsembargo der Russischen Föderation gegen die Ukraine. Es wurde von der Bürgerinitiative Widsitsch (ukrainisch Відсіч, deutsch „Widerstand“) über die sozialen Medien im Internet organisiert.[1] Die Kampagne wurde erweitert auf die massenhafte Verteilung von Flyern, Postern und Stickern in 45 großen und kleinen Städten. Mit dem Beginn des Euromaidan war sie etwas abgeklungen, wurde aber am 2. März 2014 wieder gestartet (parallel zur Krimkrise und zur russischen Militärintervention in der Ukraine).

Aktivisten starten am 22. August 2013 einen Boykott als Antwort auf die Blockade ukrainischer Waren in Russland

Ursachen

Laut Aussage der Aktivisten begann die Kampagne als Antwort auf eine Serie kleinerer Wirtschaftskriege durch Russland gegen die Ukraine „Fleischkrieg“, „Käsekrieg“, und der „Schokoladenkrieg“.[1] Am 14. August 2013, führte der Föderale Verbraucherservice Russlands alle ukrainischen Exporteure als „riskante Unternehmen“ auf einer Liste auf, die letztlich zu einer Import-Blockade ukrainischer Produkte nach Russland führte.[2] Hunderte LKW Ladungen mit Gütern wurden an der Grenze zurückgewiesen.[3]

Boykotte

Flashmob in einem Kiewer Supermarkt, 15. März 2014
Aktivisten präsentieren ein Banner mit einem Aufruf zum Boykott russischen Benzins, 29. Mai 2014
Boykott-Sticker für die Aufschrift „ПТН X̆ЛО“ (Abkürzung „Putin chuilo“) in Browary. 22. Juni 2014 in der Ukraine

In der Ukraine

Am 22. August 2013 veranstalteten Aktivisten eine Protestkundgebung nahe dem Präsidialamt der Ukraine.[4][5][6] Die Kampagne wurde fortgesetzt mit der massenhaften Verteilung von Flyern, Postern und Stickern in mehr als 25 größeren und kleineren ukrainischen Städten.[7][8] Karikaturen russischer Matrjoschka Puppen wurden bei der Kampagne verwendet.[9] Mit dem Beginn des Euromaidan nahm die Intensität der Kampagne ab.

Am 2. März 2014 wurde die Kampagne mit Hilfe der sozialen Netzwerke neu gestartet. Alle Güter und Dienstleistungen, von der russische Unternehmen profitieren konnten, waren betroffen. Ziel der Aktion war es, den Geldfluss nach Russland zu hemmen, damit dort nicht das russische Militär unterstützt würde. Der Boykott stand zeitlich und inhaltlich direkt im Zusammenhang mit der Krimkrise und der russischen Militärintervention in der Ukraine.[10][11][12]

Im März 2014 begannen die Aktivisten Flashmobs in Supermärkten zu starten um Kunden dazu zu bewegen, auf den Kauf russischer Produkte zu verzichten[13][14][15], sowie russische Tankstellen[16][17][18][19], Banken[20], und Konzerte[21] zu meiden. Einige Kinos in Kiew, Lwiw und Odessa begannen damit, russische Filme aus dem Programm zu nehmen.[22]

Im Sommer 2014 organisierten die Aktivisten Flashmobs[23] und Aktionen[24] in russischen Restaurants und Cafés.

Ende August 2014 starteten Aktivisten die Kampagne „Boykottiert Russische Filme“, die sich gegen russische Filme und TV-Serien in den ukrainischen Medien richtete.[25][26]

Im April 2014 änderten einige russische Herstellen ihre Strichcodes von „Russland“ auf „Ukraine“.[27] Unter der Bezeichnung „Boykott-Eindringling“, wurde eine Android-App entwickelt, mit der es möglich war, russische Produkte zu identifizieren, einschließlich derer, deren Herkunft versteckt bzw. verwischt worden war.[9][10][28]

Internationale Verbreitung

Ab März 2014 weitete sich der Boykott auch auf andere Länder aus, insbesondere auf Belarus[29], Lettland und Litauen[30], Estland, Polen, Republik Moldau, Georgien[31], die USA[32][33] und die Tschechische Republik.[34]

Ergebnisse

Der Absatz russischer Produkte in der Ukraine brach im Frühjahr 2014 um 35–50 % ein.[35][36] Im Mai 2014 beendeten ukrainische Supermärkte die Bestellung russischer Waren. Ab diesem Zeitpunkt ging die Lieferung russischer Güter um 1/3 zurück.[37]

Im April 2014 wurde gemeldet, russische Produzenten würden die russischen Strichcodes in Strichcodes anderer Länder umändern.[38] Darüber hinaus wurde bekannt, dass russische Produkte in ukrainischen Supermärkten illegal umdeklariert wurden.[39][40][41]

Zwischen Januar und Mai 2014 verloren laut der Ratingagentur Standard & Poor’s Banken mit russischem Kapital in der Ukraine 50 % der Einlagen.[42]

Ein Rating-Vergleichstest russischer Fernsehserien in der Ukraine für 2013 (Test von GfK) und für 2014 (Test von Nielsen) kam zu einem Ergebnis von etwa 30 % Verlusten an Zuschauern.[43]

Öffentliche Meinung

Laut „Taylor Nelson Sofres“ (TNS) (Internet Forschung in der Ukraine), standen im März/April 2014 52 % der Ukrainer dem Boykott russischer Produkte „positiv“ bzw. „ziemlich positiv“ gegenüber. Laut einer Umfrage, beteiligten sich 39 % der Bevölkerung am Boykott.[44] Weitere Umfragen fanden heraus, dass sich die Unterstützung des Boykotts von Juli bis August 2014 von 52 % auf 57 % erhöhte. Die prozentuale Anzahl der Menschen, die sich daran beteiligten, stieg von 40 % auf 46 %.[45] Daten, die von der Agentur TSN veröffentlicht wurden, gaben an, dass sich im September 2014, 50 % der Ukrainer am Boykott russischer Waren beteiligt haben.[46]

Kritik

Der Ökonom Andriy Novak berechnete, dass der Boykott der russischen Produkte im März 2014 der Wirtschaft der Russischen Föderation nicht viel mehr als ein paar Dutzend Millionen Dollar Verluste eingetragen habe. Seiner Meinung nach hätte die russische Wirtschaft an einer viel schmerzlicheren Stelle getroffen werden können, nämlich bei „Gazprom“.[47]

Die Idee des Boykotts wurde von der Fozzy Group, einer ukrainischen Vereinigung von Zwischenlieferanten, unterstützt. Keine Unterstützung hingegen kam von „Auchan Ukraine“ und der „Metro Cash & Carry“-Gruppe. Grund dafür sei deren unpolitisches Firmenkonzept.[48]

Andriy Dlihach, CEO der „Advanter-Gruppe“, setzte sich dafür ein, russische Produkte nicht zu boykottieren, aber stattdessen ukrainische Produkte zu kaufen.[49]

Der ukrainische, russischsprachige Blogger Danilo Vachowski sagte, er benutze bewusst russische Internetdienste, weil das seiner Meinung nach eine Möglichkeit wäre, günstige Bedingungen für Unternehmertum in Russland zu schaffen. Auch wenn es nicht patriotisch sei, würden damit Unternehmer „mit Rubel“ unterstützt, was die Möglichkeit schaffe, neue Projekte und Entwicklungen anzustoßen, die helfen, die Welt insgesamt besser zu machen. Er präsentierte auch einige dieser Entwicklungen wie z. B. QIWI, Ostrovok.ru und Kaspersky Anti-Virus.[50]

Siehe auch

Commons: Boycotts of Russia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. У соцмережах українців закликають бойкотувати російські товари (ukrainisch). Український тиждень. 15. August 2013
  2. Russia accused of trade war against Ukraine (englisch). Associated Press. 15. August 2013
  3. Росія оголосила Україні торговельну війну (Memento vom 21. August 2013 im Internet Archive) (ukrainisch). grom.tv. 15. August 2013
  4. Януковича закликали не вважати Росію дружньою державою (ukrainisch). Radio Liberty. 22. August 2013
  5. |title= Активісти оголосили бойкот товарам з РФ (video; ukrainisch) 5 Kanal. 22. August 2013
  6. На Банковій "відкривали очі на "братство" Росії (video; ukrainisch). Ukrajinska Prawda. 22. August 2013
  7. Украинцев призывают отказаться от российских товаров (russisch). Podrobnosti. Inter. 12. September 2013
  8. В Україні триває вулична агітація проти російських валянок і матрьошок (video; ukrainisch). maidanua.org. 26. September 2013
  9. Ukraine in campaign to boycott Russian goods, restaurants, sex (englisch). Alexandra Back. The Sydney Morning Herald. 26. Juli 2014
  10. „Бойкот окупантів“: Як українці ігнорують російські товари (ukrainisch); Украинцы бойкотируют российские товары (russisch); Lilia Hryshko, Deutsche Welle. 4. April 2014
  11. Бойкотуємо товари і бізнес окупантів! Не купуємо нічого російського! (ukrainisch). Дамо відсіч зазіханням Росії на Україну. 2. März 2014
  12. Українці захищаються від росіян бойкотом їх товарів (video; ukrainisch). 1+1. 6. März 2014
  13. Флешмоби "Російське вбиває" набирають обертів (video; ukrainisch). Widsitsch. 24. März 2014
  14. Сьогодні у Чернівцях російські товари "вбивали" активістів – флешмоб у "Сільпо" та на заправці "Лукойл" (photo; ukrainisch). chv.tv. 10. April 2014
  15. У Сумах також оголосили бойкот російським товарам (photo; ukrainisch). Львівська газета. 23. März 2014
  16. Как в Днепропетровске прошло бойкотирование российских заправок (russisch). 34 kanal. 1. Mai 2014
  17. Активісти закликали не купувати російський бензин (ukrainisch). Radio Liberty. 17. April 2014
  18. Українці починають бойкотувати російські АЗС (ukrainisch). Український тиждень. 25. April 2014
  19. Место убийства - российская АЗС (russisch). ПІК. 16. Mai 2014
  20. {У Києві біля офісів російських банків українців закликають "не платити окупантам" (ukrainisch). Український тиждень. 24. April 2014
  21. Українці оголосили російським артистам бойкот (ukrainisch). 1+1. 3. Juni 2014
  22. Некоторые кинотеатры Киева, Львова и Одессы объявили бойкот российской кинопродукции (russisch). ЦензорНЕТ. 11. April 2014
  23. «Российское убивает»: в Киеве в российских кафе и ресторанах люди падают «замертво». ФОТОрепортаж (russisch). ЦензорНЕТ. 25. Juli 2014
  24. У Києві пікетували «російські» ресторани (ukrainisch). Radio Liberty. 24. Juni 2014
  25. «Не пустимо в хату російську вату» — театралізована акція під Держкіно (ukrainisch). Radio Liberty. 4. September 2014
  26. У Києві відбулася акція протесту проти російського кіно (ukrainisch). УНН. 4. September 2014
  27. Російська окупація українських товарів: як кокошник відрізнити від дівочого вінка (відео) (ukrainisch). ICTV. 9. April 2014
  28. Ukraine-Russie : le boycott 2.0 (französisch). L'informaticien. 3. April 2014
  29. Оппозиция в Беларуси призывает бойкотировать российские товары (russisch). naviny.by. 3. März 2014
  30. В Европе российские продукты маркируют колорадским жуком (ФОТО) (russisch). Review News. 6. Januar 2015
  31. As leaders dither, citizens impose own sanctions on Russia (englisch). Reuters. 4. März 2014
  32. No Russian vodka (ukrainisch). INTV. 19. März 2014
  33. Do not Buy Russian Gas, Boykott LukOil (video). Terrible Information. 16. März 2014
  34. Поляки, литовці та чехи починають бойкот російських товарів (ukrainisch). zik.ua. 5. März 2014
  35. Російські виробники маскують штрих-коди на своїх товарах, щоб надурити українців (ukrainisch). 1+1. 26. März 2014
  36. середньому, продаж товарів з РФ впав на 35-50% (Memento vom 20. Mai 2014 im Internet Archive) (ukrainisch). Ukraine Online. 18. Mai 2014
  37. Бойкот российских товаров дал результат: поставки РФ упали на треть (russisch). facenews.ua. 14. März 2014
  38. Російська окупація українських товарів: як кокошник відрізнити від дівочого вінка (відео) (ukrainisch). ICTV. 9. April 2014
  39. В тернопільському «Новусі» дурять людей — російські товари маскують (фото) (ukrainisch). Доба. 9. April 2014
  40. Хто допомагає росіянам залазити в українські кишені? (ukrainisch). 1+1. Season 2014. Serie 15. 5. Mai 2014.
  41. Економічний бойкот змушує калушан переглядати свої смаки (ukrainisch). Вікна. 19. Mai 2014
  42. Російські банки втратили більше 50 % вкладів в Україні (ukrainisch). Ukrajinska Prawda. 14. Juli 2014
  43. Російські серіали: економічна зброя уповільненої дії (ukrainisch). Forbes. 13. Mai 2014
  44. Понад третина українців бойкотують російські товари (ukrainisch). Ukrajinska Prawda. 15. Mai 2014
  45. Опитування: серед українців зростає підтримка АТО і бойкоту російських товарів (ukrainisch). Ukrajinska Prawda. 18. August 2014
  46. Вже пів року українці бойкотують російські товари (ukrainisch). 1+1. 20. September 2014
  47. Бойкот російських товарів не є ефективною мірою, удар треба наносити по «Газпрому» — експерт (Memento vom 6. September 2014 im Internet Archive) (ukrainisch). 112 Ukraine. 28. März 2014
  48. «Ашан» та «Метро» не підтримали бойкот російських товарів (ukrainisch). zaxid.net. 24. April 2014
  49. Бойкот російських товарів: за і проти (ukrainisch). Forbes. 1. April 2014
  50. Почему я не поддерживаю бойкот российских товаров и сервисов (russisch). ain. 12. März 2014
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