Jules Dumont d’Urville
Jules-Sébastien-César Dumont d’Urville, auch Jules Sébastien César, (* 23. Mai 1790 in Condé-sur-Noireau; † 8. Mai 1842 in Meudon) war ein französischer Seefahrer und Polarforscher. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „d’Urv.“
Leben und Forschungsreisen
Frühe Jahre
Dumont entschied sich im Alter von 17 Jahren für eine höhere Offizierslaufbahn bei der Marine. Er beendete die Offiziersakademie mit Auszeichnung. Dumont war ein begabter Botaniker und sprach sieben Sprachen fließend – darunter Deutsch, Griechisch und Hebräisch.
1820, während einer kartografischen Expedition in der Ägäis, gelang es ihm, die Venus von Milo, die im selben Jahr auf der Insel Milos ausgegraben worden war, für Frankreich zu erwerben. Von August 1822 bis März 1824 nahm Dumont auf dem Schiff Coquille unter der Leitung von Louis Isidore Duperrey (1786–1865) an einer botanischen und hydrografischen Expedition durch die Südsee teil. Mit an Bord war auch René Primevère Lesson (1794–1849), Prosper Garnot (1794–1838), Victor Charles Lottin (1795–1858), Charles Hector Jacquinot (1796–1879), Charles Félix Victor Lesage (1785–1839), Théodore Julien de Blois de la Calande (1799–1836), Auguste Bérard (1796–1852) und Jules Alphonse René Poret de Blosseville (1802–1833).[1]
Eigene Expeditionen in die Südsee
Ein Jahr später wurde ihm von der Marine eine eigene Expedition durch die Südsee bewilligt. Dumont stach am 22. April 1826 auf der in Astrolabe umbenannten Coquille von Toulon aus in See. Diese Expedition führte ihn in den südpazifischen Raum, auf der Suche nach Spuren des dort 1788 verschollenen Entdeckers Jean-François de La Pérouse. Im Februar 1828 fand man in Vanikoro ein Wrack, das vermutlich de la Pérouses Schiff Astrolabe gewesen war. Auf dieser Reise, die von 1826 bis 1829 dauerte, wurden Teile Neuseelands neu kartiert. Außerdem besuchte Dumont unter anderem die Fidschi-Inseln, Neukaledonien, Neuguinea, Tasmanien (das damals noch Van-Diemens-Land hieß), die Karolinen und Celebes. Er brachte über 1600 Pflanzenproben, rund 900 Gesteinsproben sowie Aufzeichnungen über die Sprachen auf den besuchten Inseln mit. Die Einteilung Ozeaniens in Melanesien, Mikronesien und Polynesien geht auf einen Aufsatz Dumonts aus dem Jahr 1832 zurück. Er stützte sich dabei auf die Sprachen (nahe verwandte Sprachen in Polynesien, eine Vielzahl nicht miteinander verbundener Sprachen in Melanesien) und auf Aussehen und Verhalten der Bewohner (hellhäutige Polynesier mit komplexer Gesellschaftsstruktur, dunkle Melanesier in „fragilen“ Stammesgesellschaften). Am 25. März 1829 kehrte die Expedition nach Frankreich zurück. Unter dem Titel Voyage de la corvette ‹l'Astrolabe›, 1826–1829 veröffentlichte er einen Bericht über diese Expedition.
Nach seiner Rückkehr fiel er trotz der hervorragenden Forschungsergebnisse in Ungnade. Er wurde der Arroganz und Selbstsucht bezichtigt, ferner warf man ihm vor, er habe die Mannschaft grausam behandelt und Forschungsergebnisse übertrieben dargestellt.
Expedition zum Südpol
Sieben Jahre lang musste er Schreibtischtätigkeiten verrichten, bevor ihm ein neues Kommando übertragen wurde. König Louis-Philippe gab ihm neben der verlangten Astrolabe sogar ein zweites Schiff mit, die Zèlée. Diesmal sollte die Fahrt zuerst zum Südpol gehen, „soweit wie das Eis es erlaubt“ – so der Auftrag des Königs. Für jeden Grad über dem 75. Breitengrad – dem damaligen Rekord von James Weddell – sollte die Mannschaft eine zusätzliche Prämie bekommen.
Am 7. September 1837 stachen die beiden Schiffe in See. Die Fahrt zum Südpol verlief nicht sehr glücklich. Nachdem das Schiff die Magellanstraße durchquert hatte, erreichte die Expedition das Packeis bei 63°29'S und 44°47'W. Die schlechte Ausrüstung ließ allerdings ein Segeln im Packeis nicht zu, die Schiffe blieben im Eis stecken und mussten mühsam wieder flott gemacht werden. Während die Schiffe über 300 Meilen entlang der Packeisgrenze segelten und die Joinville-Inseln, Louis-Philippe-Land und Astrolabe Island entdeckten, erkrankte die halbe Besatzung an Skorbut, und nachdem es die beiden Schiffe mit letzter Kraft zurück nach Chile geschafft hatten, desertierten viele Besatzungsmitglieder.
Im Sommer 1838 ging die Fahrt durch die Südsee zu den Salomonen und zur Nordküste Neuguineas. Hier benannte d’Urville eine Bucht nach seinem Schiff, die noch heute den Namen Astrolabe Bay trägt.
Im nächsten Winter startete d’Urville von Hobart in Tasmanien aus den zweiten Versuch, zur Antarktis vorzudringen, unter anderem in der Hoffnung, den magnetischen Südpol, der im unentdeckten Bereich zwischen dem 120. und dem 160. Längengrad vermutet wurde, zu finden. Diesmal verlief die Fahrt glücklicher und d’Urville entdeckte das auf dem antarktischen Kontinent liegende und seither von Frankreich beanspruchte Adélieland, wo heute noch eine Station seinen Namen trägt. Er benannte das Gebiet nach seiner Frau Adèle Dorothée geb. Pépin (1798–1842).
Die Rückkehr führte ihn über Neuguinea und St. Helena im Atlantik das dritte Mal um die ganze Welt. Am 6. November 1840 erreichten die beiden Schiffe nach drei Jahren und zwei Monaten wieder den Heimathafen Toulon. D’Urville wurde zum Konteradmiral befördert, und die Geografische Gesellschaft verlieh ihm ihre höchste Auszeichnung. Der Bericht über diese Reise trug den Titel: Voyage au Pole Sud et dans l’Océanie, 1837–1840. Die Regierung überreichte den 130 Überlebenden eine Sonderprämie von 150.000 Goldfranc.
Jules Sébastien César Dumont d’Urville starb keine zwei Jahre später am 8. Mai 1842 als Passagier beim Eisenbahnunfall von Versailles gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn. Er wurde in Paris auf dem Friedhof Montparnasse beigesetzt.
Ehrungen
Eine Insel nördlich der Südinsel Neuseelands, eine Insel der Joinville-Inselgruppe in der Antarktis, eine Felswand an der Ostküste des antarktischen Viktorialands, ein Fluss in Neuseeland, das Kap d’Urville, Westneuguinea, Indonesien, der Mount d’Urville, Auckland Island, die Dumont-d’Urville-Station in der Antarktis, ein Schiff der Ponant-Explorer-Klasse, die Rue Dumont d’Urville, eine Straße nahe der Champs-Élysées und das Lycée Dumont D’Urville in Caen sind nach ihm benannt. Auch ist die Pflanzengattung Urvillea Kunth aus der Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae) nach ihm benannt.[2]
1844 errichtete man ihm in seiner Heimatstadt ein Denkmal.
Veröffentlichungen
- Voyage de la corvette ‹l’Astrolabe›, 1826–1829. 12 Bde. Text und 6 Abt. Atlas. Paris (1830–39)
- Notice sur les îles du Grand Ocean et sur l’origine des peuples qui les habitent. Bulletin de Société de Géographie de Paris. 17/1, 1832, 1–21.
- Voyage au Pole Sud et dans l’Océanie, 1837–1840. 23 Bde. Text und 6 Abt. Atlas. Paris (1841–54)
Einzelnachweise
- Andreas W. Daum: German Naturalists in the Pacific around 1800. Entanglement, Autonomy, and a Transnational Culture of Expertise. In: Hartmut Berghoff, Frank Biess, Ulrike Strasser (Hrsg.): Explorations and Entanglements: Germans in Pacific Worlds from the Early Modern Period to World War I. Berghahn, New York 2019, S. 93.
- Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin Berlin 2018.
Weblinks
- Literatur von und über Jules Dumont d’Urville im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Autoreintrag und Liste der beschriebenen Pflanzennamen für Jules Dumont d’Urville beim IPNI
- http://www.south-pole.com/p0000077.htm
- http://history-nz.org/discovery5.html
- Onlineausgaben von Voyage de la corvette l’Astrolabe