Haithabu
Wikingersiedlung Haithabu | ||
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Rekonstruierte Häuser im Bereich der alten Siedlung | ||
Lage | Schleswig-Holstein, Deutschland | |
Fundort | Busdorf | |
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Wann | Wikingerzeit, 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts bis Anfang des 11. Jahrhunderts | |
Wo | Busdorf, Schleswig-Holstein | |
ausgestellt | Wikinger-Museum Haithabu (Freilichtmuseum) |
Haithabu (altnordisch Heiðabýr, aus heiðr ‚Heide‘, und býr ‚Hof‘; dänisch/schwedisch Hedeby, lateinisch Heidiba; auch Haiðaby, Haidaby) war eine bedeutende Siedlung dänischer Wikinger bzw. schwedischer Waräger. Der Ort gilt als frühe mittelalterliche Stadt in Nordeuropa und war ein wichtiger Handelsort und Hauptumschlagsplatz für den Fernhandel zwischen Skandinavien, Westeuropa, dem Nordseeraum und dem Baltikum. Er wurde um 770 gegründet und spätestens 1066 endgültig zerstört.
Haithabu lag auf der Kimbrischen Halbinsel am Ende der Schlei in der Schleswigschen Enge (Isthmus) zwischen Nordsee und Ostsee in der Nähe des historischen Ochsenwegs (oder Heerweg). Der Ort gehörte wohl zur damaligen Verwaltungseinheit Arensharde. Heute gehört das Gebiet zu Deutschland, das Gelände ist ein Teil der Gemeinde Busdorf bei Schleswig im Kreis Schleswig-Flensburg.
Der seit seiner Zerstörung im 11. Jahrhundert verlassene Ort Haithabu ist gemeinsam mit dem Danewerk das bedeutendste archäologische Bodendenkmal in Schleswig-Holstein und zählt seit 2018 als Archäologischer Grenzkomplex Haithabu und Danewerk zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Wallanlagen um die frühere Siedlung sind Bestandteil des Naturschutzgebietes „Haithabu-Dannewerk“.
Geschichte
Nach der Völkerwanderung, in deren Verlauf viele Angeln und Sachsen nach England auswanderten, drangen Dänen und Jüten in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts von Norden bis zur Schlei und zur Eckernförder Bucht vor. Das Gebiet scheint zu diesem Zeitpunkt nur noch dünn besiedelt gewesen zu sein. Spätestens um 770 wurde dann Haithabu gegründet und sehr bald der bedeutendste Handelsplatz der Dänen. Im 9. Jahrhundert entstand eine zweite Siedlung weiter nördlich und eine weitere Siedlung am Haithabu-Bach dazwischen. Ende des 9. Jahrhunderts wurden der nördliche und südliche Teil der Siedlung aufgegeben. Der mittlere Teil am Haithabu-Bach wurde weiter benutzt und durch Wälle in die dänischen Grenzanlagen des Danewerks eingebunden.
Durch die Zerstörung des konkurrierenden slawischen Handelsortes Reric in der Nähe von Wismar durch den dänischen König Gudfred im Jahr 808 und die anschließende Zwangsumsiedlung zumindest der dänischen Kaufleute nach Haithabu entwickelte sich die Stadt schnell zur Handelsstadt, noch bevor Dänemark Einheit erlangte. Seit 811 markierte die einige Kilometer südlich fließende Eider die Grenze zum Frankenreich, was die Bedeutung Haithabus noch vergrößerte. Die Lage des Ortes war sehr günstig, denn die Schlei, ein langer Arm der Ostsee, war schiffbar, und zugleich verlief hier die uralte Nord-Süd-Route, der Ochsenweg. Wahrscheinlich wurden hier zudem Handelsgüter verladen, die über Land nur wenige Kilometer weit bis zur Eider gebracht und von dort weiter zur Nordsee verschifft wurden – und umgekehrt.
Haithabu lag im äußersten Süden des von Wikingern besiedelten Gebietes. Vom 9. bis ins 10. Jahrhundert war Haithabu mit seinen mindestens eintausend ständigen Einwohnern ein wichtiger, überregional bekannter Handelsplatz. Dort wurden auch eigene Münzen geprägt. Andere Handelszentren in Nord- und Westeuropa, ohne die Haithabu keine solche Bedeutung hätte erlangen können, waren zu dieser Zeit u. a. Västergarn (zuvor Paviken) und Vallhagar auf Gotland, Avaldsnes, Kaupang, Spangereid und Steinkjer (Norwegen), Birka, Löddeköpinge und Sigtuna (Schweden), Domburg, Dorestad und Witla (Niederlande), Quentovic (Frankreich), Nowgorod (Russland), Ribe und Tissø (Dänemark) und an der südlichen Ostseeküste Jomsburg (Vineta), Menzlin, Ralswiek, Truso (bei Elbing) und Wiskiauten (bei Cranz), beide Orte im Preußenland, sowie Seeburg im Baltikum. Um 890 unternahm Wulfstan von Haithabu im Auftrag Alfred des Großen eine Reise nach Truso.
Um 800 beherrschten von Dänemark unabhängige schwedische Wikinger (Waräger) die Region. Sie wurden aber nur wenige Jahre später vom dänischen König Gudfred unterworfen, der Haithabu zum Zentrum seines Reiches machte. Um 900 übernahmen schwedische Wikinger erneut die Macht in Haithabu. Im Jahr 934 besiegte der ostfränkisch-sächsische König Heinrich I. die Dänen unter König Knut I. in der „Schlacht von Haithabu“ und eroberte die Stadt anschließend. Damit fiel das Gebiet zwischen der Eider und der Schlei zunächst an das Ostfränkische bzw. Römisch-Deutsche Reich, bis 945 der dänische König Gorm den wichtigen Handelsplatz eroberte.[1][2] Gorms Sohn Harald verlor Haithabu 974 zunächst wieder an Heinrichs Sohn Otto I.
Haithabu war auch wegen seiner Lage an den Handelswegen zwischen dem Fränkischen Reich und Skandinavien sowie zwischen Ostsee und Nordsee ein Haupthandelsplatz. Adam von Bremen nennt als Bezeichnung Sliaswich und Heidiba.[3] Daher wurde der Ort manchmal mit Schleswig verwechselt. Es sei ein Hafen (portus maritimus) gewesen, von dem aus Schiffe bis nach Schweden und in das Byzantinische Reich geschickt wurden. Besonders die Herstellung und Bearbeitung von Tonwaren (Geschirr), Glas und Werkzeug wurde wichtig für die Bedeutung Haithabus, das auch vom arabisch-jüdischen Reisenden Ibrahim ibn Jaqub um 965 besucht und beschrieben wurde.
Nach einem Besuch Kaiser Ottos I. wurde Haithabu Bischofssitz. Schon um 850, wahrscheinlich durch Erzbischof Ansgar von Hamburg, war die erste christliche Kirche errichtet worden. Die Existenz dieses Baus ist zwar in den Schriftquellen sicher belegt, konnte aber noch nicht archäologisch nachgewiesen werden. Allerdings wurde eine aus dem frühen 10. Jahrhundert stammende Kirchenglocke geborgen. Adam von Bremen bezeichnete den Ort später als „Ansiedelung der Sachsen“, die in einer Auseinandersetzung mit König Otto II. zerstört worden sei, wobei er nicht zwischen Otto I. und Otto II. unterschied.[4]
Im 10. Jahrhundert erreichte Haithabu seine Blütezeit und war mit mindestens 1500 Einwohnern der bedeutendste Handelsplatz für den westlichen Ostseeraum. Im Jahre 983 eroberte der dänische König Harald Blauzahn (auch: Harald I. Gormson; dänisch Harald Blåtand), der seit 948 die Hoheit des Kaiserreiches anerkannte, Haithabu, und in den Jahrzehnten um 1000 gehörte die Siedlung wieder zum Machtbereich des römisch-deutschen Kaisers Otto III., der allerdings aufgrund seines jungen Alters und anderer Auseinandersetzungen (Slawenaufstand von 983) keinen Einfluss nahm. Unter Kaiser Konrad II. wurde die Grenze vermutlich durch eine von Sven Gabelbart unternommene Kriegshandlung von der Schlei wieder an die Eider zurückverlegt (→ Mark Schleswig).
Obwohl ein neun Meter hoher Wall mit Palisade die Handelsstadt umgab, wurde sie wahrscheinlich im Jahr 1050 in einer Schlacht zwischen Harald Hardrada von Norwegen und Sweyn II. zerstört. Sie wurde danach nur teilweise wiederaufgebaut und 1066 von den Westslawen geplündert und gebrandschatzt, die damals in den Gebieten östlich der Kieler Förde lebten. Die Einwohner verlegten die Siedlung daraufhin nach Schleswig – auf das andere Ufer der Schlei – und bauten Haithabu nicht wieder auf. Gemeinsam mit der Schlacht von Stamford Bridge im selben Jahr markiert die Zerstörung und Aufgabe von Haithabu das Ende der Wikingerzeit.
Ausführliche Erwähnung findet Haithabu (Heidiba) in der Chronik des Erzbistums Hamburg, die Adam von Bremen in lateinischer Sprache verfasste.[5] Die Sachsen und Franken nannten eine neuere Siedlung nahe Haithabu Sliaswig und Sliaswich (Siedlung oder Bucht an der Schlei), wovon der Name der Stadt Schleswig und des Herzogtums Schleswig abgeleitet ist.
- Nördliches Wallprofil und Geländesituation
- Blick vom begehbaren Wall aufs Haddebyer Noor
- Nördlicher Anfang des Halbkreiswalls
Siedlung
Die Hallenhäuser aus Holz- und/oder Flechtwerkwänden waren wahrscheinlich mit Reet oder Stroh gedeckt. Die überbauten Grundflächen variierten zwischen 3,5 × 17 m und 7 × 17,5 m.
In der Siedlung wurden unterschiedliche Gräbertypen analysiert: dänische Brandgruben, schwedische Kammergräber, sächsische Urnengräber, christliche Erdgräber und slawische Urnengräber. Daraus lässt sich das Völkergemisch Haithabus erkennen, aber auch der Einfluss der Christianisierung (ab 826). Außerdem wurden unterschiedliche Werkstätten, Befestigungsanlagen, Landestege, Schiffbrücken und Speichergebäude gefunden.
Handel
Haithabu lag an der Kreuzung zweier wichtiger Handelsrouten: Wenige Kilometer westlich führte der Ochsenweg (dänisch Hærvejen, dt. Heerweg) vorbei, jahrhundertelang die entscheidende Süd-Nord-Verbindung von Hamburg bis Viborg in Jütland. In West-Ost-Richtung gab es eine Seehandelsroute zwischen Nord- und Ostsee: Über die Eider und Treene konnten Schiffe bis nach Hollingstedt kommen. Eine Nutzung der Rheider Au mit kleineren Schiffen war danach möglich. Dann mussten die Schiffe von der Rheider Au zum Selker Noor (südliche Fortsetzung des Haddebyer Noors) über Land gezogen werden, um in die Schlei zu gelangen. Nach anderen Theorien kann der Kograben knapp südlich des Danewerks als Schifffahrtskanal gedient haben.
Waren aus der gesamten damals bekannten Welt wurden in Haithabu gehandelt: aus Norwegen, Schweden, Irland, Baltikum, Konstantinopel, Bagdad und dem fränkischen Reich. Aus dem Rheinland wurden Weine (Raum Koblenz) importiert (5.–7. Jhd.). Gehandelt wurden aus dem skandinavischen Raum vorwiegend Rohstoffe, aus den entfernteren Gebieten eher Luxusgüter. Durch archäologische Funde von eisernen Fuß- und Handfesseln ist ein Handel mit Sklaven belegt.
Für das Entstehen einer gewachsenen Stadt ist das Beispiel Haithabu, das ein Warenumschlagsplatz auf grüner Wiese ohne städtische Infrastruktur war, untypisch. Durch die erzwungene Ansiedlung der Kaufleute von Reric und den Zustrom von Handwerkern kam es zu einer Siedlungsverdichtung. Weil die Landbevölkerung ihre Getreideüberschüsse in die Stadt verkaufte und die Stadtbewohner deshalb nicht auf Selbstversorgung angewiesen waren, konnten sich dort differenzierte Tätigkeiten entwickeln.
Untergang
Die größte Wikingerstadt des Nordens fand mit dem Ausgang der Wikingerzeit ihr Ende im Feuer: Während der dänische König Sven Estridsson (König von 1047 bis 1074) an anderer Stelle gebunden war, unternahm sein Gegner, König Harald der Harte von Norwegen (König von 1047 bis 1066), einen Angriff auf Haithabu. Darüber verfasste ein norwegischer Skalde König Haralds den folgenden Gesang:
- Verbrannt wurde von einem Ende zum anderen ganz Haithabu im Zorn,
- eine vortreffliche Tat, meine ich, die Sven schmerzen wird.
- Hoch schlug die Lohe aus den Häusern,
- als ich in der Nacht vor Tagesgrauen auf dem Arm der Burg stand.
Haithabu konnte sich von dieser Zerstörung nicht mehr erholen. Bereits Ende des Jahres 1066 wurde der Ort erneut geplündert und gebrandschatzt, diesmal von Westslawen, die damals in den Gebieten östlich der Kieler Förde lebten. Die Einwohner verlegten die Siedlung daraufhin nach Schleswig – auf das andere Ufer der Schlei – und bauten Haithabu nicht wieder auf.
Die aufgegebene Siedlung Haithabu verfiel am Ende des 11. Jahrhunderts auf Grund des Wasseranstiegs von Ostsee und Schlei. Die Anlagen und Bauten im Siedlungs- und Hafengelände, mit Ausnahme des Walls, vergingen oberirdisch vollständig. Schließlich geriet sogar in Vergessenheit, wo sich der Ort am Haddebyer Noor befunden hatte.
Ausgrabungen
Für die Arbeit der Archäologen gab es in Haithabu von Anfang an günstige Voraussetzungen: Der Platz war nie überbaut worden, und infolge der Nässe waren die ufernahen Partien teilweise noch sehr gut erhalten, sodass das Grabungsfeld noch viele Details erkennen ließ. 1897 gelangte der dänische Archäologe Sophus Müller zu der Annahme, das Gelände innerhalb des Halbkreiswalles sei der Siedlungsplatz des alten Haithabu gewesen. 1900 wurde dies von Johanna Mestorf bestätigt. Sie ließ erste Ausgrabungen innerhalb des Walles durchführen, und die ersten Funde bestätigten die Annahme. Von 1900 bis 1915 fanden alljährlich Ausgrabungen mit dem Ziel statt, die Bedeutung Haithabus für die nordische Geschichte und seine Rolle in der Welt der Wikingerzüge zu klären. In den Jahren von 1930 bis 1939 wurde unter der Leitung von Herbert Jankuhn intensiv gegraben.
In der Zeit des Nationalsozialismus standen die Grabungen seit 1934 unter Schirmherrschaft von Heinrich Himmler[6] und wurden anfangs finanziert durch die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe.[7] 1938 übernahm diese Haithabu.[8] Für die Nationalsozialisten hatten die Grabungen eine hohe ideologische Bedeutung bei ihrer Suche nach einer vermeintlich „germanischen“ Identität.[6][9] In Haithabu investierte das SS-Ahnenerbe über die Hälfte seines Ausgrabungsetats.[6] Nach dem Krieg wurden die Arbeiten unter Kurt Schietzel fortgesetzt.
Im Sommer 1949 entdeckte der Schleswiger Rechtsanwalt Otto von Wahl bei Tauchgängen die Palisaden der Hafenbefestigung von Haithabu, die Schiffsnieten im Hafengrund liegender Wracks von Wikingerschiffen und diverse Kleinfunde wie z. B. Glasperlen und ein Bronzearmband. Otto von Wahl drängte daher die Archäologen, die Unterwassersuche wieder aufzunehmen. Umfangreiche Untersuchungen des Haddebyer Noores im Hafengebiet vor Haithabu erfolgten dann ab 1953 unter der Leitung von Karl Kersten und Hans Hingst vom Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte in Schleswig.
Seit 1959 hat man die gesamte Südsiedlung vor dem Halbkreiswall sowie einen großen Teil des alten Siedlungskerns im Halbkreiswall ausgegraben. Auch die Untersuchung des 11 ha großen Hafenbeckens wurde vorangetrieben. Erfolgreiche Tauchfahrten fanden 1953 statt. Dabei wurden weitere Reste der Hafenpalisade und das Wrack des Wikingerschiffes Haithabu 1 entdeckt. 1979 konnte es nach der Errichtung eines Bergebauwerkes (Spundkasten) geborgen werden.
Die Bergung des Wracks, seine Konservierung und die danach erfolgte Rekonstruierung des Wikingerschiffes wurden von der Film-AG im Studentenwerk Schleswig-Holstein unter Leitung von Kurt Denzer auf 16-mm-Film festgehalten. Als Ergebnis dieser filmischen Dokumentation erschien 1985 der 30-minütige Dokumentarfilm Das Haithabu-Schiff.
Haithabu ist der besterforschte frühmittelalterliche Hafen in Deutschland. Mit Schiffsbergungen und Hafenuntersuchungen bis 1980 fanden die Ausgrabungen ein vorläufiges Ende. Bis dato waren jedoch nur fünf Prozent des Siedlungsareals und ein Prozent des Hafens intensiv untersucht worden. Mit Hilfe der Dendrochronologie hat man festgestellt, dass die einzelnen Gebäude auf dem feuchten Boden nur eine kurze Lebenszeit hatten und mehrmals überbaut wurden. Die erstmalige jahrgenaue dendrochronologische Datierung von Funden gelang Dieter Eckstein im Rahmen seiner Dissertation 1969[10].
Seit 2002 wurde mit Hilfe magnetischer, geophysikalischer Prospektion eine Art Stadtplan von Haithabu erstellt. Dabei macht man sich zunutze, dass die Überreste menschlichen Tuns andere magnetische Strukturen aufweisen als das umgebende Erdreich. Zur Überprüfung und Bestätigung der Ergebnisse wurde ab 2005 bis 2010 erneut in Haithabu gegraben. Dabei wurde u. a. ein auf den Überresten eines abgebrannten Grubenhauses errichteter Kuppelofen gefunden, der zur Herstellung von Glasperlen gedient haben könnte. Im Rahmen einer dreijährigen Förderung durch die Volkswagenstiftung werden die Funde und Befunde aus der Grabung ausgewertet.[11] Im Sommer 2017 wurde ein Gräberfeld erneut untersucht, in dem 1939 wenige Tage vor Kriegsausbruch bereits Grabbeigaben gefunden worden waren.[12] Bei der Freilegung mehrerer Gräber kamen neben Knochenfunden auch etliche Schmuckstücke aus Gold und Edelsteinen zum Vorschein.[13]
Die wichtigsten Funde, darunter die Runensteine von Haithabu, sind seit 1985 im Wikinger-Museum Haithabu ausgestellt. Direkt am Danewerk liegt das Danewerkmuseum. Ein Wikingerhaus von Haithabu ist im Museum von Moesgård in Dänemark rekonstruiert worden.
Heutige Situation
Heute befindet sich in der Nähe des Halbkreiswalles das Wikinger-Museum Haithabu. Auf dem Gelände Haithabus wurden von 2005 bis 2008 sieben aus Befunden rekonstruierte Wikingerhäuser errichtet. Am 7. Juni 2008 wurden alle sieben Häuser in einem Festakt der Öffentlichkeit präsentiert. Im gleichen Jahr wurde auf der Museumswerft in Flensburg ein rund 6,50 m langes Wikinger-Boot gebaut.[14] Seit Mitte Mai 2009 liegt es in Haithabu an der Landebrücke.[15]
Museum
- Archäologisch rekonstruierte Wikingerbauten im Freilichtmuseum
- Die teilrekonstruierte Wikingersiedlung von der Seeseite
- Das Langschiff Haithabu 1 im Museum
- Das Wikinger-Museum Haithabu, moderner Teil
- Wikinger-Ruderboot „Nökkvi“, 2009
Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste
Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein unter der Leitung von Claus von Carnap-Bornheim begann das Welterbevorhaben „Danewerk und Haithabu“ am 1. November 2004.[16] Zusammen mit dem Danewerk und weiteren wikingerzeitlichen Stätten in Nordeuropa wurde Haithabu zunächst im Rahmen des transnationalen Projektes „Wikingerzeitliche Stätten in Nordeuropa“ für das Weltkulturerbe der UNESCO nominiert.[17] Der internationale Antrag mit Island, Dänemark, Lettland und Norwegen wurde jedoch 2015 vom Welterbekomitee zur weiteren Überarbeitung an die Antragsteller zurückverwiesen und ist daraufhin nicht mehr weiterverfolgt worden.
2017 brachte das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein zur Nominierung als Welterbestätte daher einen neuen, eigenen Antrag zu Haithabu als wikingerzeitlichem Handelsknotenpunkt und zum Grenzbauwerk Danewerk unter dem Titel „Die archäologische Grenzlandschaft von Haithabu und dem Danewerk“ ein.[18][19] Nach Abschluss des Prüfungsverfahrens durch ICOMOS in Abstimmung mit der für Kulturlandschaften zuständigen IUCN[20] wurde der Weltkulturerbetitel im Juni 2018 verliehen.[21] In Rahmen einer Feier wurde am 30. Juni 2019 von Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, in Haithabu die UNESCO-Urkunde zur Auszeichnung des Archäologischen Grenzkomplexes Haithabu und Danewerk als UNESCO-Welterbe an Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther überreicht.[22]
Siehe auch
Literatur
- Hellmuth H. Andersen: Die Haltung Dänemarks im Jahre 983. Zeitschrift für Archäologie 18. 1984.
- Archäologisches Landesmuseum der Christian-Albrechts-Universität Schleswig (Hrsg.): Berichte über die Ausgrabungen in Haithabu. 34 Bde. Wachholtz, Neumünster 1963ff., ISSN 0525-5791.
- Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins. Verlag C.H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-50891-X.
- Klaus Brandt, Michael Müller-Wille, Christian Radke (Hrsg.): Haithabu und die frühe Stadtentwicklung im nördlichen Europa. Wachholtz, Neumünster 2002, ISBN 3-529-01812-0, (Schriften des Archäologischen Landesmuseums 8).
- Ole Crumlin-Pedersen: Viking-Age Ships and Shipbuilding in Hedeby/Haithabu and Schleswig. Archäologisches Landesmuseum Schleswig 1997, ISBN 87-85180-30-0.
- Ute Drews, Joachim Schultze, Bernd Zich: Schaufenster einer frühen Stadt. Museum Haithabu. In: Archäologie in Deutschland (AiD) 2005, 6, ISSN 0176-8522, S. 72 ff.
- Andres Dobat: Zwischen Mission und Markt – Ansgars Kirchen im Norden. Eine interdisziplinäre Betrachtung der kontinentalen Mission im Skandinavien des 9. Jahrhunderts. In: Germania 88 (2010), S. 403–439.
- Hildegard Elsner: Wikinger Museum Haithabu. Schaufenster einer frühen Stadt. Wachholtz, Neumünster 1989, ISBN 3-529-01836-8.
- Herbert Jankuhn: Haithabu. Ein Handelsplatz der Wikingerzeit. 8. neubearbeitete und stark erweiterte Auflage. Wachholtz, Neumünster 1986, ISBN 3-529-01813-9.
- Herbert Jankuhn: Haithabu und Danewerk. 56. – 65. Tsd. Wachholtz, Neumünster 1988, ISBN 3-529-01602-0, (Wegweiser durch die Sammlung – Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte in Schleswig. 2).
- Wolfgang Laur, Christian Radtke, Marie Stoklund, Ralf Wiechmann: Haiðaby. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 13, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1999, ISBN 3-11-016315-2, S. 361–387.
- Wolfgang Laur: Sprachen, Schriften, „Nationalitäten“ in Haithabu und Schleswig. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Ergänzungsband 25. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-016978-9.
- Marlies Leier, Katja Leier: Es war einmal ein Mensch wie DU vor 1000 Jahren in HAITHABU. agimos verlag, Kiel 2000, ISBN 3-931903-24-9.
- Jan Richter: Haithabu. Eine Drehscheibe des frühmittelalterlichen Welthandels. In: Stephan Conermann, Jan Kusber (Hrsg.): Studia Eurasiatica. EB-Verlag, Schenefeld/Hamburg 2003, ISBN 3-930826-99-2, S. 383–391.
- Kurt Schietzel: Spurensuche Haithabu. Archäologische Spurensuche in der frühmittelalterlichen Ansiedlung Haithabu. Dokumentation und Chronik 1963–2013. Wachholtz, Neumünster und Hamburg 2014, ISBN 978-3-529-01797-1 (4. Auflage 2018).
- Reinhart Staats, Günter Weitling: Ansgar in Haithabu, Anfänge des Christentums in Nordeuropa, Ludwig, Kiel 2016, ISBN 978-3-86935-286-2.
Weblinks
- Projektbüro Haithabu und Danewerk. Abgerufen am 20. September 2015.
- Website des Wikinger Museums Haithabu. Abgerufen am 20. September 2015.
- NDR-Bericht zu den Wikingern in Norddeutschland und Haithabu vom 24. November 2007. Abgerufen am 20. September 2015.
- Video: Haithabu – Untersuchungen im Hafen und Bergung eines Wikingerschiffes. Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) 1982, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.3203/IWF/G-208.
- Video: Wikingerhafen – Wikingerschiff. Archäologische Untersuchungen in Haithabu. Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) 1985, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.3203/IWF/G-215.
Einzelnachweise
- Karl Ploetz: Auszug aus der Geschichte, Seite 163. Ploetz, Würzburg 1962.
- Walter Markov, Alfred Anderle, Ernst Werner, Herbert Wurche: Kleine Enzyklopädie Weltgeschichte, Band 1, Seite 236. Leipzig 1979.
- Gesta Hammaburgensis, Liber I. und die Anmerkung in der Übersetzung dazu
- Gesta Hammaburgensis, Zweites Buch, Kapitel III und die Anmerkung in der Übersetzung dazu
- siehe Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum
- Henning Bleyl: Streit um Archäologie im Dritten Reich. Wikinger jetzt nazifrei, taz.de vom 1. März 2013, abgerufen am 20. September 2015.
- Michael H. Kater: Das "Ahnenerbe" der SS 1935-1945: ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches (= Studien zur Zeitgeschichte. Band 6). 4. Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2006, ISBN 3-486-57950-9, S. 90 (Volltext verfügbar unter https://link.bsb-muenchen.de/BV003185279).
- Hartmut Lehmann, Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte. Band 1: Fächer, Milieus, Karrieren). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-35198-4, S. 474 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Henning Bleyl: Streit um NS-Archäologie. Die Wikinger schlagen zurück. taz.de vom 8. März 2013, abgerufen am 20. September 2015.
- Eckstein, Dieter (1969): Entwicklung und Anwendung der Dendrochronologie zur Altersbestimmung der Siedlung Haithabu. Dissertation. Universität Hamburg.
- "Zwei Schleswiger Grabungen im Fokus" (Memento vom 22. März 2013 im Internet Archive) Internetseite von Schloss Gottorf. Abgerufen am 20. September 2015.
- Start der Ausgrabung in Haithabu, www.schleswig-holstein.de 4. April 2017
- Spuren einer superreichen Wikingerin, shz.de vom 1. Juni 2017 (abgerufen am 30. September 2021)
- Joachim Pohl: Haithabu: Wikingerboot aus dem 21. Jahrhundert. In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 9. Dezember 2008, abgerufen am 1. Juli 2018.
- Haithabu: Das erste Boot an der Landebrücke. In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 28. Mai 2009, abgerufen am 1. Juli 2018.
- Zu dieser Zeit stand auf Initiative der SSW-Abgeordneten Anke Spoorendonk vom 24. August 2004 (Weltkulturerbe Danewerk. Abgerufen am 20. Januar 2016.) im parlamentarischen Verfahren des schleswig-holsteinischen Landtags ein Antrag aller Fraktionen, „hinsichtlich der Anmeldung Schleswig-Holsteinischer Kulturdenkmale, besonders des Danewerks, für die Liste des Weltkulturerbes zu einer Empfehlung zu gelangen“. In der 132. Sitzung des Landtages vom 17. Dezember 2004 wurde diese Empfehlung angenommen: Drucksache 15/3793. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Der Weg zum Welterbe. Projektbüro Welterbe Haithabu und Danewerk, abgerufen am 9. Januar 2022.
- Gero Trittmaack: Danewerk und Haithabu: Bessere Chancen im Alleingang? In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 14. Dezember 2016, abgerufen am 1. Juli 2018.
- Schleswig-Holstein auf dem Weg zum dritten Welterbe: Haithabu und Danewerk für die Eintragung auf die Welterbliste empfohlen. In: Landesportal Schleswig-Holstein. 15. Mai 2018, abgerufen am 1. Juli 2018.
- ICOMOS empfiehlt Eintragung von Haithabu und Danewerk in die UNESCO-Welterbeliste bei schleswig-holstein.de
- Haithabu und Danewerk sind Weltkulturerbe bei ndr.de vom 30. Juni 2018
- Welterbe Haithabu und Danewerk erhält UNESCO-Urkunde. Abgerufen am 3. August 2019.