Deutsche Botschaft Tokio
Die Deutsche Botschaft Tokio ist die diplomatische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Staat Japan. Seit August 2021 leitet Clemens von Goetze die Vertretung als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter.
Deutsche Botschaft Tokio | |
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Staatliche Ebene | Bund |
Stellung | Botschaft |
Geschäftsbereich | Auswärtiges Amt[1] |
Gründung | 1952 |
Hauptsitz | Tokio |
Botschafter | Clemens von Goetze |
Netzauftritt | www.japan.diplo.de |
Geschichte
1862–1870
Am 1. Januar 1863 nahm Max von Brandt seine Arbeit in Yokohama als Konsul Preußens auf. Für seine Aufenthalte in Edo wurde ihm 1865–1866 der Tempel Kogaku-in Takanawa und von 1866 bis 1872 der Tempel Shunto-in in Moto-Azabu zur Verfügung gestellt. 1868 wurde v. Brandt zum Generalkonsul ernannt.
1871–1914
Mit der Reichsgründung 1871 wurde v. Brandt am 23. Juli 1871 Leiter des nun Kaiserlich Deutschen Generalkonsulats und mit der diplomatischen Vertretung beauftragt. Am 30. Dezember 1871 zum Ministerresidenten ernannt, bemühte er sich sogleich um ein angemessenes Grundstück und fand dies in Kōjimachi Hirakawa-chō, nahe dem politischen Zentrum Japans. Es handelte sich dabei um ein Daimyō-Grundstück, das auf der Stadtteilkarte „Soto-sakurada ezu mit Kōjimachi und Nagatachō“ von 1850 von einem Hosokawa Yamashiro-no-kami als Residenz in Edo genutzt wurde.[Anm 1]
Das Grundstück wurde nicht erworben, sondern gepachtet. Der Pachtvertrag enthielt eine Rückforderungsklausel im Falle eines begründeten Eigenbedarfs.
- Es wurden die vorhandenen Gebäude, leichte Holzbauten, genutzt, so wie sie auf der Karte von 1883 zu sehen sind. V. Brandts Nachfolger Karl von Eisendecher, im April 1880 nun Gesandter, bemühte sich um einen Neubau, was wegen der Kosten zu Kontroversen im Reichstag führte.
- 1883 Erster Neubau der Botschaft. Er wurde 1894 durch das „Meiji-Tokyo-Erdbeben“ (Stärke 7.0) vom 20. Juli zerstört.
- 1897 Zweiter Neubau, entworfen vom bekannten britischen, in Japan arbeitenden Architekten Josiah Conder.
- 1906 Kaiserlich Deutsche Botschaft.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges stellte die Botschaft am 23. August 1914 ihre Tätigkeit ein.
1920–1945
Erst nach Unterzeichnung des Friedensabkommens 1920 konnten die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen werden, wobei das Deutsche Reich das Botschaftsgelände zurück erhielt. Der erste Botschafter nach dem Kriege, Wilhelm Solf, konnte das alte Vertrauensverhältnis zu Japan wiederherstellen und auch Ansehen im Diplomatischen Corps erwerben.
- 1923 Das große Kantō-Erdbeben zerstört den Conder-Bau.
- 1924 Dritter Neubau.
Als im Zweiten Weltkrieg die Luftangriffe auf Tokio immer stärker wurden, wurde ab August 1944 eine Ausweichstelle im Fuji-View-Hotel am Kawaguchi-See eingerichtet. Nach der deutschen Kapitulation wurde mit der Abwicklung der Botschaft begonnen.
- Alle Gebäude der Botschaft gingen in der Nacht vom 26. Mai 1945 bei einem Luftangriff verloren.
1952–heute
Nach Kriegsende wurde das Grundstück von den Amerikanern als Feindvermögen zunächst beschlagnahmt, dann aber 1949 an Japan zurückgegeben. Als 1952 die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen wurden, wurde die Kanzlei am Toriizaka im Ortsteil Roppongi eingerichtet, die Residenz aus Platzgründen jedoch an anderer Stelle. Die deutsche Seite bemühte sich um die Wiedernutzung des alten Botschaftsgrundstücks, aber Japan, das dabei war, das Regierungsviertel neu zu ordnen, berief sich auf die oben erwähnten Rückforderungsklausel und bot dafür andere Grundstücke an. Man entschied sich für das Grundstück in Azabu. Dieses Grundstück hatte schon eine längere Geschichte hinter sich:
- Kern des Botschaftsgeländes ist das Grundstück, das auf der Stadtteilkarte „Azabu“ von 1857 als Nebenresidenz von Sakai Kuranosuke eingetragen ist. Sakai bekleidete eine höhere Funktion bei der Berufsfeuerwehr.
- 1883 nutzt das Marineamt für Straffällige das Sakai-Grundstück.
- In der Taishō-Zeit wurde das Grundstück vom kunstsinnigen Journalisten und Politiker Koizumi Sakutarō (1872–1937) erworben. Auf ihn geht die Gestaltung des Gartens zurück.
Nach Koizumis Tod ging das Grundstück durch verschiedene Hände, bis es von der japanischen Regierung der Bundesrepublik für einen symbolischer Preis von 1 Yen überlassen wurde. Dazu kamen allerdings für die Bundesrepublik 900.000 DM für eine Enklave.[2]
- 1956 wurde auf dem Grundstück die Residenz des Botschafters gebaut,
- 1960 wurde die Kanzlei als 5. Bau am 1. Juni 1960 fertiggestellt.
- 2005 wurde u. a. zur Anpassung an die neuen Vorschriften zur Erdbeben-Sicherheit, die Kanzlei zum (insgesamt) 6. Mal durch einen Neubau vom Stuttgarter Architekturbüro Mahler Günster Fuchs ersetzt.[3]
Residenz und Kanzlei der Botschaft Tokio wurden 1956 bis 1960 mit Kunst am Bau ausgestattet:[4]
- Hedja Freese‐Luckhardt: Wandmosaik
- Franz Hartmann: »Deutsche Trachten«, Emaille‐Wandplatten
- Waldemar Otto: Embleme, Bronzeguss
- Karl Gries: »Mitteldeutsche Landschaft«, Gobelin
Bei dem Neubau der Kanzlei der Botschaft kam im Jahr 2005 hinzu:[4]
- Anna Werkmeister: o.T. (Schilfhalme), Tableau
Auftrag und Gliederung
Die Deutsche Botschaft Tokio hat den Auftrag, die deutsch-japanischen Beziehungen zu pflegen, die deutschen Interessen gegenüber der Regierung von Japan zu vertreten und die Bundesregierung über Entwicklungen in Japan zu unterrichten. Der Bedeutung des Gastlands entsprechend ist die Leiterstelle in der Besoldungsgruppe B 9 der Bundesbesoldungsordnung eingestuft.[5]
Die Arbeit der deutschen Botschaft gliedert sich in die Abteilungen Politik, Kultur und Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaft. Weiter gibt es die Referate Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Umwelt, Finanzen, Wissenschaft und Technologie, Industriepolitik, Arbeit und Gesundheit. An der Botschaft besteht ferner ein Militärattachéstab[6]
Das Referat für Rechts- und Konsularangelegenheiten der Botschaft betreut als konsularischen Amtsbezirk die Präfekturen Akita, Aomori, Chiba, Fukushima, Gumma, Hokkaido, Ibaraki, Iwate, Kanagawa, Miyagi, Nagano, Niigata, Saitama, Shizuoka, Tochigi, Tokyo mit Ogasawara-Inseln, Yamagata und Yamanashi. Es bietet konsularische Dienstleistungen für im Land ansässige deutsche Staatsangehörige an. In Osaka-Kobe besteht ein deutsches Generalkonsulat. Dieses betreut als konsularischen Amtsbezirk die Präfekturen Aichi, Ehime, Fukuoka, Fukui, Gifu, Hiroshima, Hyogo, Ishikawa, Kagawa, Kagoshima, Kochi, Kumamoto, Kyoto, Mie, Miyazaki, Nagasaki, Nara, Oita, Okayama, Okinawa, Osaka, Saga, Shiga, Shimane, Tokushima, Tottori, Toyama, Yamaguchi und Wakayama. In Fukuoka, Okinawa, Sapporo und Toyohashi sind Honorarkonsuln der Bundesrepublik Deutschland bestellt und ansässig.[7]
Der Garten der Botschaft
Der Garten der Botschaft fällt leicht nach Südwesten ab und enthält Vieles, was von den Vorbesitzern mit der Übernahme des Grundstücks an die Botschaft kam:[8]
- Residenz des Botschafters (35° 39′ 1,4″ N, 139° 43′ 32,3″ O )
- Tor im japanischen Stil, „Bukemon“ (35° 39′ 0″ N, 139° 43′ 33,5″ O )
- Teehaus aus der Taishō-Zeit
- Fujimi-Inari-Schrein. Auf der Karte von 1857 ist der Schrein neben dem Sakai-Grundstück eingezeichnet. Zu Koizumis Zeiten muss er bereits dessen Grundstück gehört haben.[2][9]
- Glockenturm. Die Glocke im Glockenturm wurde von Yamaoka Magokichi[Anm 2], für die japanisch-deutsche Freundschaft gestiftet. Sie trägt das Datum Juli 1959 und auf Japanisch die Inschrift „Glocke des Japanisch-Deutschen Freundschaft“ sowie die Widmung Yamaokas "Eine Schöne Welt: mit Dank von ganzem Herzen". Auf Deutsch trägt die Glocke das Goethe-Wort: "Die Töne verhallen, aber die Harmonie bleibt."[10]
- 13-stöckige Steinstupa
- Verschiedene Steinfiguren und Steinlaternen
Bilder zum Garten
- Japanisches Tor von außen
- Das Tor innen
- Glocke
- Glocke, Detail
- Steinfigur
- Inari-Schrein
Übersicht über den Sitz der Botschaft
1872–1945 | Kanzlei und Residenz: Kōjimachi, Nagata-chō 2-14 (Heute steht dort die Bibliothek des Reichstags) |
14.4.1952–31.5.1960 | Kanzlei: Minato-ku: Roppongi 5-chome, Higashi Toriizaka No 5 |
1952–1955 | Residenz: Minato-ku, Iigura, Katamachi 26 |
Seit 25.1.1957 | Residenz: Minato-ku, Minami-Azabu 4-5-10 |
Seit 1.6.1960 | Kanzlei: Minato-ku, Minami-Azabu 4-5-10 |
Die Botschaft liegt in naher Nachbarschaft der Vertretungen von Frankreich und Finnland im Stadtbezirk Minato im südlichen Zentrum der Hauptstadt.
Liste der deutschen diplomatischen Vertreter in Japan
Diplomatische Beziehungen zwischen der DDR und Japan bestanden seit 15. Mai 1973. Die Botschaft wurde 1990 nach Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland geschlossen.
Siehe auch
Anmerkungen
- Es handelt sich dabei um eine der drei Zweigfamilien der Hosokawa. Die Residenz des Hauptzweiges der Hosokawa (Kumamoto-han) lag in der Nähe des Bahnhofs Tokio.
- Yamaoka (山岡孫吉; 1888–1962) war Gründer der Firma Yanmar, die den kleinsten Dieselmotors der Welt entwickelte.
Einzelnachweise
- Gemäß § 2 GAD bilden die Zentrale des Auswärtigen Amts und die Auslandsvertretungen eine einheitliche Oberste Bundesbehörde.
- Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Tokyo. (PDF) Deutsche Botschaft Tokyo, März 2013, abgerufen am 2. Mai 2020.
- Deutsche Botschaft Tokio – Kanzlei Neubau. In: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Abgerufen am 22. Januar 2022.
- Martin Seidel: Kunst am Bau bei Deutschen Botschaften und anderen Auslandsbauten. Kanzlei und Residenz der Deutschen Botschaft Neu Delhi, Indien, 1956‐1962. In: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.): BMVBS-Online-Publikation. Nr. 11, September 2011, ISSN 1869-9324, S. 208 ff. (d-nb.info [PDF; abgerufen am 14. Januar 2022]).
- Haushaltsgesetz 2021. Drucksache 19/22600. Einzelplan 05. Berlin 2020, S. 121 ff. (bundestag.de [PDF; abgerufen am 14. Januar 2022]).
- Der Botschafter und die einzelnen Abteilungen. Deutsche Vertretungen in Japan, archiviert vom Original am 24. Februar 2014; abgerufen am 15. März 2014 (Stand Ende 2013; aktuelle Struktur wird nicht veröffentlicht).
- Quelle: Verzeichnis der Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland
- Der Residenzgarten. Deutsche Vertretungen in Japan, abgerufen am 2. Mai 2020.
- Auswärtiges Amt: Der Fuchsschrein. Abgerufen am 2. Mai 2020.
- Auswärtiges Amt: Der Glockenturm. Abgerufen am 2. Mai 2020.
Literatur
- Deutsche Botschaft Tokio (Hrsg.): Der Garten der Deutschen Botschaft in Tokyo. Erste Auflage. September 1978.
- H. Schwalbe, H. Seemann (Hrsg.): Deutsche Botschafter in Japan 1860–1973. Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Tokyo 1974.