Grenze zwischen Estland und Russland
Die Grenze zwischen Estland und Russland ist in ihrer jetzigen Form zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 und 2011 unverändert geblieben. Bis 1990 gehörten beide Länder zur Sowjetunion. Die Länge der Grenze zu Russland, die ein Teil der Grenze des Schengen-Raums ist, beträgt 294 km. Im Norden grenzt Estland an die Oblast Leningrad, im Süden an den Rajon Petschory in der Oblast Pskow.
Ein beträchtlicher Teil der Grenze zwischen beiden Staaten verläuft im Wasser, durch den Kanal, den Fluss Narva und den Peipussee. Im Süden ist es überwiegend Landfläche, über die die Grenze verläuft. Mit dem Beitritt Estlands zur EU und NATO wurden Teile in Frage gestellt.[1] Die neue Grenzziehung zog sich über mehrere Jahre hin, da der Staatsvertrag zwar schon im Mai 2005 unterzeichnet worden war, aber durch immer neue Ausführungsbestimmungen von estnischer Seite im Parlament bis Anfang 2011 nicht verabschiedet werden konnte. Auch Russland ratifizierte in dieser Zeit das Gesetz noch nicht. Insgesamt sind über 10 Jahre verstrichen, bis die Neuteilung des Landes zwischen beiden Staaten wirksam wurde. Ausdrücklich bezog sich die Estnische Regierung auf den Frieden von Dorpat (Tartu-Vertrag) von 1920, der die Grenzziehung geregelt hat. In der Präambel legte die estnische Seite Wert auf die Feststellung, dass sie entgegen dem Tartu-Vertrag mit der Einverleibung ihres Landes 1945 Territorien verloren hatte.[2]
2011 wurde der Grenzvertrag zwischen den beiden Ländern, nach über zehn Jahren der Verhandlung, zunächst von Estland, dann gefolgt von Russland, ratifiziert.
Im Gebiet von Narva wohnen beidseits der Grenze überwiegend Russischsprachige. Mit der Auflösung der Sowjetunion wurde aus der innerstaatlichen Grenze eine Staatsgrenze und die Infrastruktur wurde teilweise unterbrochen. Wo früher ein dichtes Straßen- und Wegenetz existierte, enden heute viele Verbindungen am Grenzzaun. Zurzeit gibt es zwei Grenzübergänge für normalen Straßenverkehr und Fußgänger, nämlich die Brücke der Freundschaft zwischen Narva und Iwangorod (E20) und die von Lettland bis nach Pskow führende E77 sowie den Straßen- und Eisenbahngrenzübergang Koidula. Eine 2004 erwartete privat finanzierte Fährverbindung über den Peipussee, über den auch der Export von Bausand nach Estland durchgeführt werden sollte, war bis 2014 nicht über das Projektstadium hinausgekommen.[3]
Bemerkenswert ist die starke Veränderung in Richtung der Handelsumsätze vor und nach Errichtung der Grenze. Bis in die frühen 1990er Jahre gingen viele Bewohner Russlands zum Einkaufen nach Estland, weil bei etwa gleichen Preisen die Qualität und die Auswahl besser waren, Anfang der 2000er Jahre kauften estnische Verbraucher in Russland wegen der niedrigeren Preise ein. Zu den begehrtesten Produkten zählen Zucker, Alkoholika, Zigaretten, Benzin und alle Arten von Dienstleistungen.[4]
Ein Beamter der estnischen Kaitsepolitsei, Eston Kohver, wurde im September 2014 von Truppen der Russischen Föderation verhaftet und wegen Spionage zu 15 Jahren Haft verurteilt und über ein Jahr lang festgehalten.[5] Am 26. September 2015 kam er im Rahmen eines Agentenaustausches wieder zurück nach Estland.
Radverkehr
Über die estnisch-russische Grenze verlaufen die internationalen Radfernwege Eurovelo 10 („Ostseeküstenradweg“)[6] und Eurovelo 13 („Iron Curtain Trail“).[7]
Weblinks
- Christian Neef: „Nieder mit der Grenze“ über Rußlands unsicheres Verhältnis zu seinen Nachbarn; Spiegel 52/1992
- Johannes Thumfart: „Estland: Reise an den Rand Europas“ Industrieruinen und Laubwälder im Urzustand. Nur ein Fluss trennt die Zwillingsstädte Narva in Estland und Iwangorod in Russland. Hier ist die EU zu Ende; DIE ZEIT 29. September 2011
Einzelnachweise
- Geografia.ru
- Russia 1 (Memento des Originals vom 24. Dezember 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 3. Juli 2005.
- Korabel.ru
- Faina Svedovaya: Kleiner Grenzverkehr an der Russisch-Estnischen Grenze (Memento des Originals vom 22. Februar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Februar 2005.
- Birgit Johannsmeier: "Angst vor dem unberechenbaren Nachbarn" deutschlandfunk.de vom 22. September 2014, gesichtet am 3. Dezember 2014
- translator2: EuroVelo 10 — Eurovélo. Abgerufen am 26. Mai 2019.
- webmaster: EuroVelo 13: die Geschichte der Spaltung Europas erleben — Eurovélo. Abgerufen am 26. Mai 2019.