Gewinnquote (Ökonomie)
Die Gewinnquote ist eine volkswirtschaftliche oder betriebswirtschaftliche Kennzahl, welche die Gewinne der Unternehmer dem Volkseinkommen oder den Umsatzerlösen gegenüberstellt.
Allgemeines
Bei der Gewinnquote unterscheiden sich Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre durch die Verwendung unterschiedlicher Aggregate. Volkswirtschaftlich ist der Gewinn das gesamte Einkommen aus Unternehmertätigkeit in einem Staat, betriebswirtschaftlich der Jahresüberschuss eines einzelnen Unternehmens innerhalb eines Geschäftsjahres. Als Nenner dient volkswirtschaftlich das Volkseinkommen oder die Bruttowertschöpfung, betriebswirtschaftlich der Umsatzerlös eines Unternehmens.
Volkswirtschaftslehre
Die Gewinnquote ist das Einkommen aus Unternehmertätigkeit (Unternehmerlohn) und Vermögen (Kapitalertrag wie Zinserträge, Dividenden, Miet- und Pachteinnahmen), dividiert durch die Bruttowertschöpfung oder durch das Volkseinkommen.[1] Da Kapital- und Mieterträge auch Privathaushalten zufließen, ist der Kapitalertrag um diesen Bestandteil zu bereinigen. Die Gewinnquote ergibt sich dann durch Gegenüberstellung der bereinigten Kapitalerträge mit dem Volkseinkommen oder der Bruttowertschöpfung :
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Sie zeigt an, welcher Anteil der im Produktionsprozess entstandenen Wertschöpfung auf die Vergütung des Produktionsfaktors Kapital entfällt.
Die funktionale Einkommensverteilung wird durch die Gewinnquote und die Lohnquote gemessen. Da die Lohnquote die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfasst, bildet sie die Restgröße des Volkseinkommens, so dass das Arbeitseinkommen mit dem – auf Privathaushalte entfallenden – Gewinneinkommen das Volkseinkommen ergibt:
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Mithin ist
- .[2]
Steigen die Arbeitskosten, ist damit eine Verringerung der Gewinnquote verbunden und umgekehrt. Wollen die Unternehmer dies verhindern, müssen sie eine Überwälzung der Lohnsteigerung auf die Preise versuchen.[3]
Bei gegebener Sparquote ist die Gewinnquote eine Funktion der Investitionsquote.[4] Nicholas Kaldor zufolge[5] ist die Gewinnquote positiv korreliert mit der Investitionsquote, denn die Unternehmer können durch ihre Investitionen die Höhe ihrer Gewinnquoten bestimmen.[6] Bei gleichbleibenden Sparquoten ist eine höhere Investitionsquote stets mit einer größeren Gewinnquote verbunden. Einer höheren Investitionsquote kann jedoch auch eine niedrigere Gewinnquote gegenüberstehen, allerdings nur, wenn die Sparneigungen der Privathaushalte entsprechend gestiegen sind.[7] Eine steigende Kapitalproduktivität erfordert eine sinkende Gewinn- und Investitionsquote und eine wachsende Konsumquote.
Die Höhe der Gewinnquote ist auch von der Entwicklung der Kapitalerträge, von deren Besteuerung durch Ertragsteuern und von der Veränderung des Volkseinkommens abhängig. Aber auch bereits strukturelle Veränderungen der Erwerbspersonen, etwa durch Zunahme der Arbeitnehmer und Abnahme der Selbständigen, vermindert die Gewinnquote und erhöht entsprechend die Lohnquote.[8]
- Statistik
Gewinnquote der Bruttowertschöpfung nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften:[9]
Land | Gewinnquote 2007 in % | Gewinnquote 2017 in % |
---|---|---|
Eurozone | 42,25 | 40,82 |
Belgien | 42,42 | 43,06 |
Tschechische Republik | 52,05 | 49,30 |
Dänemark | 39,63 | 41,58 |
Deutschland | 46,63 | 41,54 |
Irland | 52,29 | 72,55 |
Spanien | 37,71 | 43,61 |
Frankreich | 33,35 | 31,88 |
Italien | 45,16 | 42,59 |
Luxemburg | 38,17 | 31,00 |
Malta | 53,17 | 61,19 |
Niederlande | 43,39 | 39,83 |
Österreich | 47,68 | 42,89 |
Schweden | 40,38 | 37,29 |
Vereinigtes Königreich | 35,30 | 36,26 |
Schweiz | 35,22 | 32,41[10] |
Die höchsten Gewinnquoten gab es 2017 in Irland und Malta, gleichzeitig auch Niedrigsteuerländer, die niedrigsten verzeichneten Luxemburg und Frankreich, die zu den Hochsteuerländern gehören. Der Zusammenhang zwischen Gewinnquote und Steuerniveau ergibt sich aus den gewinnabhängigen Ertragsteuern, welche die Höhe der Gewinnquoten beeinflussen.
Betriebswirtschaftslehre
Die Gewinnquote der Unternehmen ist definiert als der Bruttobetriebsüberschuss[11] dividiert durch die Bruttowertschöpfung. Bilanziell kann die betriebswirtschaftliche Gewinnquote als Gegenüberstellung des Betriebsergebnisses mit den Umsatzerlösen dargestellt werden:
- .
Alternativ ist auch die EBIT-Marge als Gewinnquote anzusehen:
- .
Als Umsatzgewinnrate stellt sie den Jahresüberschuss oder Gewinn vor Steuern den Umsatzerlösen gegenüber und gibt Einblick in die Ertragslage eines Unternehmens. Ähnliche Kennzahlen sind die Bruttomarge und die Umsatzrendite.
Eine Erhöhung der Gewinnquote ist einerseits durch Erhöhung der Verkaufspreise sowie des Absatzvolumens (bei konstanten Verkaufspreisen) und andererseits durch Kostensenkung möglich.[12]
- Statistiken
Umsatzrenditen im deutschen Mittelstand:[13]
Branche | Umsatzrendite 2016 in % |
---|---|
Durchschnitt im Mittelstand | 7,3 |
wissensintensive Dienstleistungen | 14,7 |
forschungsintensives verarbeitendes Gewerbe | 5,4 |
Bauwirtschaft | 7,2 |
sonstige Dienstleistungen | 4,9 |
sonstiges verarbeitende Gewerbe | 5,2 |
Handel | 3,7 |
Ausgewählte DAX-Unternehmen wiesen 2017 folgende Netto-Umsatzrenditen aus:[14]
Unternehmen | Umsatzrendite 2016 in % | Umsatzrendite 2017 in % |
---|---|---|
Adidas | 5,3 | 5,2 |
Allianz SE | 10,3 | 10,1 |
Bayer AG | 10,3 | 23,1[15] |
Beiersdorf AG | 10,8 | 9,8 |
BMW | 7,3 | 8,8 |
Commerzbank | 4,1 | 2,7 |
Daimler AG | 5,7 | 6,6 |
Deutsche Bank | −4,5 | −2,8 |
E.ON | −41,9 | 11,0 |
Henkel | 11,2 | 12,7 |
Infineon | 11,5 | 11,2 |
Lufthansa | 5,7 | 6,7 |
Merck KGaA | 10,9 | 17,0 |
Post AG | 4,9 | 4,7 |
RWE | −12,0 | 6,9 |
SAP | 16,5 | 21,4 |
Siemens | 7,0 | 7,4 |
Telekom Deutschland | 4,2 | 7,4 |
Volkswagen AG | 2,5 | 5,0 |
Vonovia | 45,3 | 42,9 |
Die höchste Umsatzrendite erzielte Vonovia (42,9 %), gefolgt von Bayer AG (23,1 %) und SAP (21,4 %). Eher renditeschwach präsentierten sich die Commerzbank und die Post, während die Deutsche Bank sogar Verluste verzeichnete.
Sonstiges
Die Gewinnquote darf nicht mit der Gewinnmarge verwechselt werden, letztere ist ein Teil der Preiskalkulation.
Literatur
- Literatur über Gewinnquote im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Weblinks
- Wirtschaftskreislauf, das einfache Modell (abgerufen am 5. Oktober 2015)
Einzelnachweise
- Verlag Dr. Th. Gabler, Gabler Wirtschaftslexikon, Band 3, 1984, Sp. 1832
- Wolfgang Cezanne, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 2005, S. 541
- Wolfgang Cezanne, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 2005, S. 433
- Willi Albers (Hrsg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW), Band 2, 1980, S. 267
- Nicholas Kaldor, Alternative Theories of Distribution, in: Review of Economic Studies vol. 23, 1955, S. 230
- Wolfgang Cezanne, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 2005, S. 543
- Arnold Zerwas/Horst-Manfred Schellhaass, Simulationsexperimente zur Einkommens- und Vermögensverteilung, 1974, S. 50
- Horst Hanusch/Thomas Kuhn/Uwe Cantner, Volkswirtschaftslehre 1: Grundlegende Mikro- und Makroökonomie, 2000, S. 98
- Eurostat, Gewinnquote der Bruttowertschöpfung nicht-finanzieller Kapitalgesellschaften, 2019
- Gewinnquote aus dem Jahr 2016
- Bruttobetriebsüberschuss = Wertschöpfung – Personalkosten
- Horst-Thilo Beyer (Hrsg.), Finanzlexikon, 1971, S. 160
- KfW (Hrsg.), KfW-Mittelstandspanel, Oktober 2017, S. 14
- Benjamin Knöpfler, Finanzkennzahlen 30 DAX-Unternehmen 2010-2017, Juli 2018, S. 1 ff.
- positiv beeinflusst durch den Verkauf von Covestro