Gewürznelkenbaum
Der Gewürznelkenbaum (Syzygium aromaticum) ist eine Pflanzenart in der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae).
Gewürznelkenbaum | ||||||||||||
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Gewürznelkenbaum (Syzygium aromaticum), Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Syzygium aromaticum | ||||||||||||
(L.) Merr. & L.M.Perry |
Die Gewürznelken, auch Nelken genannt, sind die stark duftenden und brennend scharf schmeckenden, getrockneten Blütenknospen dieser ursprünglich auf den Molukken (Gewürzinseln) beheimateten Pflanzenart. Die Bezeichnung (von mittelniederdeutsch negelkīn bzw. mittelhochdeutsch negelein/negelīn für Nägelchen) kommt von der an Nägel erinnernden Form der Knospen (französisch clou de girofle: clou = Nagel). Im alemannischen Sprachraum ist Nägeli (früher auch nägelli) geläufig.[1][2] Die als Nelken bekannten Blumen wurden wegen ihrer nagelförmigen und aromatischen Blüten nach den Gewürznelken benannt.
Beschreibung
Der Gewürznelkenbaum wächst als immergrüner Baum, der Wuchshöhen von über 10 Meter erreichen kann, in Kultur ist er meist kleiner.
Die einfachen und gestielten, ledrigen Laubblätter sind gegenständig. Sie sind kahl, ganzrandig, rundspitzig bis bespitzt, spitz oder zugespitzt und eiförmig bis elliptisch oder verkehrt-eiförmig sowie bis 10–13 Zentimeter lang und bis 5–6 Zentimeter breit. Sie sind unterseits mit Öldrüsen besetzt und die Nervatur ist fein gefiedert mit undeutlichen Seitenadern.
Es werden vielblütige und end- oder achselständige, kurze Rispen mit zymösen Dreiergruppen gebildet. Die aromatischen und dickgestielten, vierzähligen, kleinen Blüten sind zwittrig und mit doppelter Blütenhülle, sie sitzen auf/an einem „Gelenk“. Die anfänglich gelblich-grünen Blüten werden später dann rot. Der Blütenbecher ist röhrig und fleischig mit oben einem kleinen Auswuchs um den Fruchtknoten herum. Die kleinen, fleischigen Kelchzipfeln sind dreieckig. Die weißlich-rötlichen, (pseudo)kalyptraten und rundlichen Petalen sind früh abfallend. Der zweikammerige Fruchtknoten ist (halb)unterständig mit einem konischen, relativ kurzen Griffel und es sind viele Staubblätter vorhanden.
Es werden meist einsamige, dunkel-violette bis -rote und rundliche bis eiförmige oder ellipsoide, dünnfleischige, etwa 2–2,5 Zentimeter lange, glatte Beeren (Scheinfrucht) mit den beständigen, fleischigen Kelchzipfeln gebildet.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22.[3]
Die 1–2 Zentimeter langen Knospen müssen vor dem Erblühen von Hand gepflückt werden, wenn sie sich von grün nach rosa färben und noch bevor die kugelig zusammenstehenden Blütenblätter abfallen.[4] Nach dem Trocknen werden sie braun und hart, ähneln Nägeln und haben drei Viertel ihres Gewichts verloren. Gute, frische Nelken erkennt man daran, dass sie sich fettig anfühlen und etwas Öl absondern, wenn man mit dem Fingernagel gegen ihren Stiel drückt. Auch der Schwimmtest gibt Aufschluss über die Qualität: Hochwertige Nelken sinken in Wasser oder stellen sich zumindest senkrecht mit dem Köpfchen nach oben. Schlechte, das heißt mehr oder weniger entölte Nelken, schwimmen waagerecht auf der Wasseroberfläche.
Geschichte
In Europa sind Gewürznelken seit dem frühen Mittelalter bekannt, wurden aber auch schon in der Antike als in Indien vorkommend[5] beschrieben.[6] Auf den Handel hatten lange Zeit die Niederländer ein Monopol, die die Pflanze hauptsächlich aus Ambon verschifften, und auch heute noch werden Gewürznelken von den Molukken (unter anderem Ternate) zum großen Teil in Amsterdam und Rotterdam umgeschlagen.
Mittlerweile werden Gewürznelken weltweit angebaut. Als die der besten Qualität gelten die der Molukken, Sansibars (dessen Insel Pemba zugleich Hauptanbaugebiet ist) und Madagaskars.
Galerie
Taxonomie
Synonyme zum wissenschaftlichen Namen Syzygium aromaticum (L.) Merr. & L.M.Perry sind Caryophyllus aromaticus L., Eugenia aromatica (L.) Baill., Eugenia caryophyllus (Spreng.) Bullock & S.G.Harrison und Eugenia caryophyllata Thunberg.
Verwendung und Inhaltsstoffe
Bestimmend für Geruch, Geschmack und Wirkung von Gewürznelken sind die in ihnen enthaltenen ätherischen Öle, deren Anteil bis zu 15 % ausmacht. Sie bestehen im Wesentlichen aus 70 bis 85 % Eugenol (das auch in Zimt vorkommt), etwa 15 % Eugenolacetat und 5 bis 12 % β-Caryophyllen. Ein weiterer Bestandteil ist Oleanolsäure mit 2 %. Eugenol besitzt eine betäubende Wirkung, weshalb das Kauen von Gewürznelken als Hausmittel gegen Zahnschmerzen bekannt ist. Es soll auch gegen Mundgeruch wirksam sein. In einer Untersuchung haben spanische Wissenschaftler den Gehalt an ätherischen Ölen aus fünf mediterranen Gewürzen (Oregano, Rosmarin, Thymian, Salbei und Gewürznelken) untersucht und kamen zu dem Ergebnis, dass Gewürznelken den höchsten Gehalt an Antioxidantien (Polyphenolen) aufwiesen. Als Zusatz zu Fleischprodukten und anderen Nahrungsmitteln können diese die Fettoxidation aufhalten und einen gesundheitlichen Mehrwert bieten.[7]
Die kleinen braunen Knospen schmecken sehr intensiv. In der Küche werden Gewürznelken – vorsichtig dosiert – zum Würzen von Marinaden, Saucen, Wurst, Fleisch- und Fischgerichten, Rotkohl, Lebkuchen und anderem verwendet. Sie sind auch Bestandteil von Currypulver. Essen sollte man nur den Nelkenkopf. Er schmeckt rund und edel, der Stängel ist dagegen fast penetrant bitter. In Fonds, Suppen und Punsch kocht man Nelken im Ganzen mit und entfernt sie am Ende der Garzeit. Im Mörser zermahlen würzen sie Weihnachtsgebäck und Currys.
Im Mittelalter wurden die Gewürznelken als leber-, magen- und hirnstärkend angesehen.[8] Die Wirksamkeit der Blütenknospen und der Blätter wurde als ähnlich angesehen. Als pharmazeutische Substitutionsmöglichkeit galt Echter Galgant.[9]
Die indonesischen Kretek (Nelkenzigaretten, im deutschsprachigen Raum vor allem bekannt unter dem Namen des Marktführers Gudang Garam) enthalten neben Tabak einen erheblichen Anteil geschroteter Gewürznelken. Mehr als die Hälfte der Jahresernte wird für die Herstellung der indonesischen Nelkenzigaretten verbraucht.
Symbolik
Im Mittelalter war die Nelke ein Symbol der Passion Christi, da die Form von Blatt und Frucht bildhaft als „Nagel“ interpretiert wurde.
In dem Lied Guten Abend, gut’ Nacht erscheinen Nelken unter der Bezeichnung „Näglein“.
Trivialnamen
Für die Blütenknospen des Gewürznelkenbaums, welche in lateinischen Texten als caryophilli, caryophylli, gariofili (Singular gariofilus)[10] und ähnlich bezeichnet wurden[11] bestanden bzw. bestehen, zum Teil auch nur regional, die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Kramernageln, Kramernegelen, Kreidenelken, Kreidnelken. Sowie Muskatnogel, Muskatnogelken, Nägel, Nägelin, Nagelkin, Nagelbaum (Mittelhochdeutsch). Nagelbom, Nagelein, Nagelin, Nagellin, Nalen (Mittelniederdeutsch). Necheleche (Althochdeutsch) oder Negelken, Neghelken, Neilikin, Nelchen, Nelchin, Nelgin, Nelekin, Nelikin, Neylicken (Mittelhochdeutsch) und Würznelken. Weitere Bezeichnungen sind: grot Necel, grote Negelken, Neghelken, groß Nelken, Mutternägelen und Mutternelken.[12]
Literatur
- Elisabeth Vaupel: Gewürze. Acht kulturhistorische Kostbarkeiten. Deutsches Museum, München 2002, ISBN 3-924183-85-6.
- E. A. Weiss: Spice Crops. CABI, Wallingford / Oxon / New York, NY, 2002, ISBN 0-85199-605-1.
- Hermann Hager, Rudolf Hänsel, Konstantin Keller, Horst Rimpler: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Band 6: Drogen P–Z, Springer, Berlin 1996, ISBN 3-540-52639-0.
- Ingrid Schönfelder, Peter Schönfelder: Das Neue Handbuch der Heilpflanzen, Botanik Arzneidrogen, Wirkstoffe Anwendungen. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-440-12932-6.
- T. K. Lim: Edible Medicinal and Non Medicinal Plants. Band 8: Flowers, Springer, 2014, ISBN 978-94-017-8747-5, S. 460–482.
- K. N. Nair: The Genus Syzygium. CRC Press, 2017, ISBN 978-1-4822-4972-9.
Weblinks
- Syzygium aromaticum bei PROTA.
- Gernot Katzers Gewürzseiten – Sprachen und Etymologie zur Gewürznelke – letzte Änderung am 8. Mai 2008.
- Manuel Viuda-Martos, Yolanda Ruiz Navajas u. a.: Antioxidant activity of essential oils of five spice plants widely used in a Mediterranean diet. In: Flavour and Fragrance Journal. 25, 2010, S. 13, doi:10.1002/ffj.1951.
Einzelnachweise
- Schweizerisches Idiotikon, Band IV, Spalte 692 f., Artikel Nägeli (Digitalisat)
- Ernesto Pauli's Kochlexikon – Nelken – Gewürznelken (Memento vom 2. Juli 2017 im Internet Archive).
- Syzygium aromaticum bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
- Waldemar Ternes, Alfred Täufel, Lieselotte Tunger, Martin Zobel (Hrsg.): Lebensmittel-Lexikon. 4., umfassend überarbeitete Auflage. Behr, Hamburg 2005, ISBN 3-89947-165-2.
- C. Plinii Secundi Naturalis historia. Hrsg. von D. Detlefsen, Berlin, 1866–1882, Buch II, S. 218 f. (Kap. 12).
- Ursula Günther: Zur Geschichte der Gewürznelke bis zum Ende des Mittelalters (Eugenia cariophyllata Thunb. oder Caryophyllus aromaticus L.). Medizinische Dissertation Leipzig, 1937.
- Viuda-Martos et al.: Antioxidant activity of essential oils of five spice plants widely used in a Mediterranean diet. In: Flavour and Fragrance Journal. Band 25, Nr. (1), 2010, S. 13–19, doi:10.1002/ffj.1951 (englisch).
- Barbara Fehringer: Das „Speyerer Kräuterbuch“ mit den Heilpflanzen Hildegards von Bingen. Eine Studie zur mittelhochdeutschen „Physica“-Rezeption mit kritischer Ausgabe des Textes. Würzburg, 1994, (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, Beiheft 2), S. 92 („Cariofoli [lies: cariophylli] heißt negelin: die sint heiß und trucken in dem andern grate und hant ettwaz füchtniße […]. Negelin benützt stercket die leber und den magen. Und […] das hirn“), ISBN 978-3-88479-771-6.
- Konrad Goehl: Beobachtungen und Ergänzungen zum ‘Circa instans’. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2016, S. 2015, S. 69–77, hier: S. 71.
- Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 34 (Gariofilus negelein).
- Vgl. etwa Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 222.
- Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover, 1882, S. 84, archive.org.