Frankenloch bei Heldra
Das Frankenloch bei Heldra ist ein natürlich entstandener Altwasserarm der Werra in der Gemarkung von Heldra im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis. Wegen der hier vorkommenden seltenen Tier- und Pflanzenarten, die im Frankenloch ein Rückzugsgebiet in der sonst recht intensiv genutzten Werraaue gefunden haben, wurde der Bereich 1995 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Seit 2008 gehört das Frankenloch auch als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet zu dem europäisch vernetzten Schutzgebietssystem Natura 2000.[1]
Frankenloch bei Heldra
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Der Holzsteg über die Flutmulde des revitalisierten Altarms. | ||
Lage | Heldra im Werra-Meißner-Kreis in Hessen. | |
Fläche | 8,9 Hektar | |
Kennung | 1636029 | |
WDPA-ID | 163136 | |
Natura-2000-ID | 4827-302 | |
Geographische Lage | 51° 8′ N, 10° 12′ O | |
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Meereshöhe | von 160 m bis 180 m | |
Einrichtungsdatum | Dezember 1995 | |
Besonderheiten | Besonderer Schutz als Naturschutzgebiet, Natura 2000-Gebiet und Teil des Landschaftsschutzgebiets „Auenverbund Werra“. |
Geografische Lage
Das Frankenloch liegt östlich des Wanfrieder Stadtteils Heldra. Als schmaler Streifen mit einer Breite von etwa 10 m bis 160 m erstreckt es sich entlang der Landesgrenze zu Thüringen. Im Südosten wird es auf einer Länge von rund 270 m von der Werra begrenzt. Naturräumlich wird es dem Treffurt-Wanfrieder Werratal im unteren Werraland zugeordnet, das zu der Haupteinheitengruppe Osthessisches Bergland gehört.[2]
Unterschutzstellung
Mit der Ausweisung als Naturschutzgebiet im Dezember 1995 sollte der Bereich des Altarmes der Werra mit seinen angrenzenden Grünlandflächen geschützt werden, um der besonderen Tier- und Pflanzenwelt den Lebensraum zu sichern und diesen durch extensive Bewirtschaftung weiterzuentwickeln.[3] Das Schutzgebiet mit der nationalen Kennungsnummer 1636029 und dem WDPA-Code 163136 besitzt eine Größe von 8,9 Hektar.[4] Mit den gleichen Gebietsgrenzen und Erhaltungszielen wurde das Frankenloch als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet in 2008 Teil des Schutzgebietsnetzwerkes Natura 2000.[5] Außerdem gehört es zu dem 1992 ausgewiesenem Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Werra“,[6] das mit mehreren Teilbereichen und einer Gesamtfläche von rund 4000 Hektar entlang der Werra in den Landkreisen Hersfeld-Rotenburg und Werra-Meißner liegt. Naturnahe Gewässerabschnitte der Werra, als eine für Hessen typische Flusslandschaft, sollen in dem Landschaftsschutzgebiet erhalten und wiederhergestellt werden.[7][8]
Auf der thüringischen Seite grenzen zwei Schutzgebiete direkt an das Frankenloch: das 68,5 Hektar große Naturschutzgebiet „Werra-Aue bei Treffurt“[9] und das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet 5328-305 „Werra bis Treffurt mit Zuflüssen“. Das FFH-Gebiet ist 2.260 Hektar groß und erstreckt sich mit vielen Teilflächen im Werratal von dem Quellbereich bis zur Landesgrenze bei Treffurt.[10] Beide Gebiete dienen ebenfalls dem Gewässer- und Auenschutz und bilden im Verbund mit dem Frankenloch eine räumliche und funktionale Einheit. Die unmittelbare Nachbarschaft zu den zwei Schutzgebieten in Thüringen ermöglicht erst die Vielfalt des Frankenlochs, da deren große Flächen dafür sorgen, dass den in den Flussniederungen lebenden Arten ein ausreichend großes Areal zur Verfügung steht.
Natur
Das Frankenloch ist ein älteres, naturnahes Altwasser in einem fortgeschrittenen Verlandungsstadium und wird nur noch bei außergewöhnlichem Hochwasser von der Werra durchströmt. Die Fläche lag Jahrzehnte lang direkt an der DDR-Grenze und war dadurch weitgehend geschützt. Das gilt auch für die auf Thüringer Seite angrenzenden Gebiete, die sich zu einem weitgehend ungestörten Landschaftsteil entwickelten, da der ehemalige Grenzstreifen erst in einiger Entfernung verlief. Ohne die Lage am Rande des ausgedehnten Auenschutzgebiets, mit seinen Gewässern und Röhrichten, wäre die Bedeutung des Frankenlochs als Schutzgebiet viel geringer.
Wissenschaftler untersuchten in den 2000er Jahren im Auftrag der Oberen Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Kassel das Schutzgebiet. Im Rahmen der Berichtspflicht gegenüber der EU-Kommission mussten für die als Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiete gemeldeten Bereiche Maßnahmenpläne erstellt werden. Nach dem Fachgutachten repräsentiert das Frankenloch, wenn auch nur mit Resten, eine naturnahe Flussauenlandschaft. Das nährstoffreiche Stillgewässer des Altarms gehört zu dem Lebensraumtyp 3150 „eutrophe Seen“.[11] Als bemerkenswert angesehen wird das Vorkommen der Karausche. Die in Hessen vom Aussterben bedrohte Fischart aus der Familie der Karpfenfische ist eine Charakterart der Altgewässer in Auen. Sie sind an fortgeschrittene Verlandungsstadien gebunden und wertgebend für den Lebensraumtyp.
In den Schilfröhrichten, Großseggenrieden, Feuchtbrachen und Hochstaudenfluren finden viele Vogelarten geeignete Habitat- und Reproduktionsbedingungen, durchziehende Vögel nutzen es als Rastbiotop. Besonders seltene Durchzügler sind Drosselrohrsänger, Trauerseeschwalbe, Bekassine, Braunkehlchen, Kiebitz und Kornweihe. Teilweise verweilen diese Vogelarten auch als Nahrungsgäste länger in dem Auengebiet.
Die in der offenen Landschaft liegenden, zu dem Schutzgebiet gehörenden Grünlandflächen werden als Mähwiesen oder Pferdeweiden extensiv bewirtschaftet. Die Böden bestehen aus ein bis zwei Metern mächtigen Auelehmen über Flussschottern.[12]
Gewässerökologie, Naturschutz und Landwirtschaft
Unter dem von ihr geprägten Begriff „Gewässerdynamik Werra“ versucht die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) Verbesserungen am Fluss und in seiner Aue zu erreichen. Durch Strukturaufwertungen auf geschützten Flächen soll möglichst vielen der gefährdeten Pflanzen und Tierarten ein Lebensraum geboten werden, der ausreichend Nahrung, Deckung und Schutz bietet. Mit Hilfe der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, die sich neben ihren außereuropäischen Projekten auch um die Natur in Deutschland kümmert, konnten Bereiche des Frankenloches gekauft werden. Mit einem Flurbereinigungsverfahren kamen nahezu alle Flächen des Naturschutzgebietes in das Eigentum der Zoologischen Gesellschaft. Einige Restflächen sind noch im Besitz von Hessen-Forst und der Bundeswasserstraßenverwaltung.
Die im März 2003 eingeleitete Flurneuordnung hatte das Ziel den Interessenkonflikt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zu entflechten. Mit dem Leitbild einer naturnahen, teilweise extensiv genutzten Flussauenlandschaft konnten durch Ankauf und Tausch die landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen aus dem Naturschutzgebiet herausgelöst werden.[13]
Um die Flussdynamik wieder zuzulassen, wurde eine verlandete Flutmulde durch Ausbaggerung wieder geöffnet. Bei Hochwasser kann das Wasser der Werra einströmen und die Bereiche der Rinne unter Wasser setzen. In dieser Flutmulde sollen speziell an solche Bedingungen angepasste Arten geeignete Lebensbedingungen und Rückzugsräume finden.
Neben der Flutmulde wurden zwei Infotafeln aufgestellt um Akzeptanz für die Veränderungen im Schutzgebiet zu erreichen. Sie erteilen Auskunft über die ökologische Bedeutung des Frankenlochs und sollen den Besuchern ermöglichen den Sinn und Zweck der Maßnahmen nachzuvollziehen.
Touristische Erschließung
Von Heldra führt ein Feldweg durch das Frankenloch zu der Werra. Die Flutmulde des revitalisierten Altarms wird mit einem Holzsteg überquert. Von einer einstigen Flusssperre der DDR-Grenzanlagen, die die Flucht über die Werra verhindern sollte, wurden nach der Grenzöffnung die Sperrgitter und die Roste entfernt. Den Aktiven der Interessengemeinschaft Heldrastein gelang es, die abgebauten Gehroste wieder zurückzubekommen und neu zu verlegen. Dadurch wurde eine zweite Wanderstrecke zum Heldrastein geschaffen und das thüringische Naturschutzgebiet „Werra-Aue bei Treffurt“ ist nun über Rundwanderwege von der hessischen Seite erreichbar.
Literatur
- Lothar und Sieglinde Nitsche, Marcus Schmidt: Naturschutzgebiete in Hessen, Band 3, cognitio Verlag, Niedenstein 2005, ISBN 3-932583-13-2.
- Hjalmar Thiel: Grunddatenerfassung zu Monitoring und Management des FFH-Gebiets Nr. 4827-302 „Frankenloch bei Heldra“. Erstellt im Auftrag des Regierungspräsidiums Kassel. Rosdorf, November 2004, geändert März 2005.
Weblinks
Einzelnachweise
- Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie auf der Website des Bundesamtes für Naturschutz (BfN); abgerufen am 4. November 2018.
- Naturräumliche Gliederung nach Otto Klausing im Umweltatlas Hessen auf atlas.umwelt.hessen.de; abgerufen am 28. September 2018.
- Verordnung über das Naturschutzgebiet „Frankenloch bei Heldra“ vom 28. November 1995 im Staatsanzeiger für das Land Hessen, 51/1995 vom 18. Dezember 1995, S. 4112 f.
- „Frankenloch bei Heldra“ in der Weltdatenbank für Schutzgebiete; abgerufen am 4. November 2018.
- Verordnung über die Natura 2000 Gebiete in Hessen im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 16. Januar 2008.
- „Auenverbund Werra“ in der Weltdatenbank für Schutzgebiete; abgerufen am 4. November 2018.
- Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Werra“ vom 13. August 1992 im Staatsanzeiger für das Land Hessen, 36/1992 vom 7. September 1992, S. 2202 f.
- Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Werra“ auf der Webseite des Regierungspräsidiums Kassel; abgerufen am 1. November 2018.
- „Werra-Aue Treffurt“ in der Weltdatenbank für Schutzgebiete; abgerufen am 4. November 2018.
- Steckbrief des FFH-Gebiets 5328-305 „Werra bis Treffurt mit Zuflüssen“ auf der Website des Bundesamtes für Naturschutz (BfN); abgerufen am 4. November 2018.
- Liste der in Deutschland vorkommenden Lebensräume des Anhangs I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie; abgerufen am 1. November 2018.
- Grunddatenerfassung zu Monitoring und Management des FFH-Gebiets 4827-302 „Frankenloch bei Heldra“; abgerufen am 4. November 2018.
- Infotafel des Regierungspräsidiums Kassel und des Amtes für Bodenmanagement Homberg (Eschwege) im Schutzgebiet.