Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V. (ZGF) ist eine international tätige Naturschutzorganisation mit Sitz in Frankfurt am Main. Das Ziel der Gesellschaft ist der Erhalt der biologischen Vielfalt. Hierzu unterstützt sie rund 30 Projekte in ca. 18 Ländern, wobei der Schwerpunkt des finanziellen und personellen Engagements traditionell in Ostafrika liegt: Über die Hälfte der Projektmittel fließen eigenen Angaben zufolge dorthin. Die Gesellschaft selbst besitzt jedoch nur in geringem Maße eigene Mittel; sie verwaltet und vergibt stattdessen Mittel der 2001 nach dem Tod des langjährigen geschäftsführendem Präsidenten Richard Faust gegründeten Stiftung „Hilfe für die bedrohte Tierwelt“. Der Fokus aller von der ZGF getragenen Projekte liegt auf dem Erhalt von Wildnis und biologischer Vielfalt.
Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 (ZGF) | |
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Rechtsform | gemeinnütziger eingetragener Verein |
Gründung | 1858, Neugründung 1958[1] |
Sitz | Frankfurt am Main (⊙ ) |
Zweck | Naturschutz, Erhaltung von Wildnis und Biodiversität |
Vorsitz | Klaus Becker |
Geschäftsführung | Christof Schenck |
Umsatz | 16.320.000 Euro (2017) |
Beschäftigte | 323 (2017) |
Mitglieder | 3493 (2017) |
Website | fzs.org |
Der eingetragene gemeinnützige Verein hat ungefähr 3500 Mitglieder im In- und Ausland. Mitglied kann jede Privatperson oder Organisation werden.
Geschichte
Der Verein steht in der Tradition einer am 7. März 1858 rechtskräftig gegründeten Aktiengesellschaft, deren Ziel es war, in Frankfurt am Main einen Zoologischen Garten zu errichten. Im Jahr zuvor hatte der Senat der damaligen Freien Stadt Frankfurt nach eingehender Prüfung die Haltung von Bären, Wölfen und Wildschweinen in ausbruchsicheren Käfigen für unbedenklich erklärt. Die Initiatoren der Idee, vor dem Hintergrund steigenden naturkundlichen Interesses einen Zoo zu gründen, waren wohlhabende Frankfurter Bürger, und sie begannen daher im Oktober 1857 mit der Ausgabe von Aktien der Gesellschaft. Bis zur 1. Generalversammlung im März 1858 wurden von 246 Aktionären Aktien im Wert von insgesamt 80.000 Gulden gezeichnet. Nur fünf Monate später wurde der Frankfurter Zoo – der zweite Zoo Deutschlands – an der Bockenheimer Landstraße eröffnet.
Als der Pachtvertrag für das Zoogelände auslief, wurde ein Gelände östlich der Frankfurter Innenstadt – die so genannte Pfingstweide – ab Februar 1874 zum neuen und bis heute aktuellen Standort des Zoos. Als künftige Trägerin des Tierparks musste aus rechtlichen Gründen eine Neue Zoologische Gesellschaft gegründet werden, die sich auf ihrer ersten Generalversammlung am 31. Oktober 1872 konstituierte. Die alte Gesellschaft wurde aufgelöst und zum 2. Januar 1873 wurde der Zoologische Garten förmlich an die "Neue Zoologische Gesellschaft" übergeben. Am 29. März 1874 wurde der Zoo am neuen Standort eröffnet[2]. Diese Gesellschaft blieb bis zum Ersten Weltkrieg Betreiberin des Zoos; sie ging jedoch bankrott, als der Krieg zu einem drastischen Rückgang an Eintrittsgeldern und sonstigen Einnahmen führte. Daher ging der Frankfurter Zoo im Sommer 1915 vollständig in die Trägerschaft der Stadt über, die Zoologische Gesellschaft wurde aufgelöst. Viele ihrer Aktionäre blieben dem Zoo jedoch weiterhin als Förderer und großzügige Spender verbunden.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, in dessen Endphase der Frankfurter Zoo und mit ihm auch alle Unterlagen des Vereins während der Luftangriffe auf Frankfurt am Main durch Fliegerbomben vernichtet wurden, lebte der Gedanke einer Fördergesellschaft für den Zoo wieder auf. Bernhard Grzimek hatte ab Mai 1945 den Wiederaufbau der Zooanlagen organisiert und hierfür auch private Spenden gesammelt. Hieraus erwuchs am 15. Februar 1950 die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Zoologischen Gartens e.V., die Spenden sammelte und auch mit einer Lotterie Geld für den Zoo beschaffte. 1958, hundert Jahre nach Gründung der untergegangenen ersten Zoologischen Gesellschaft, beschlossen die Freunde und Förderer, ihren Verein umzubenennen und an den Namen der ursprünglichen Gesellschaft anzuknüpfen. Ab 1958 hieß die Vereinigung daher zunächst wieder Zoologische Gesellschaft Frankfurt, wenig später erhielt sie den noch heute gültigen Namen.
Im Verlauf der 1950er-Jahre wandelte sich das Selbstverständnis aller Zoologischen Gärten immer stärker von der reinen Tierschau zum Erhalt und der Erhaltungszucht bedrohter Tierarten. Vorreiter in Deutschland war hier der Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek, der zunächst nur aus Afrika Tiere für seinen Zoo beschaffen wollte, durch seine Afrikaaufenthalte aber immer stärker die Bedrohung der dortigen Wildtierbestände wahrnahm. Diese Erfahrungen führten dazu, dass die Zoologische Gesellschaft Frankfurt einen neuen Arbeitsschwerpunkt im Naturschutz sah. Nach dem Unfalltod von Michael Grzimek in Ostafrika richtete die Zoologische Gesellschaft 1960 einen Gedächtnis-Fond für Grzimeks Sohn Michael ein, der zum Vorläufer für das seit 1961 beworbene Sonderkonto „Hilfe für die bedrohte Tierwelt“ wurde. In seiner Fernsehsendereihe Ein Platz für Tiere bat Prof. Bernhard Grzimek am Ende jeder Folge um Spenden auf dieses Konto und errichtete damit den Grundstock für die weltweite Naturschutzarbeit der Gesellschaft. Spenden und Vermächtnisse ließen den Kapitalstock über die Jahrzehnte hinweg kontinuierlich anwachsen.
2001 wurde dieses Kapital – rund 33 Millionen Euro – in eine der größten Naturschutzstiftungen Europas eingebracht: in die Stiftung Hilfe für die bedrohte Tierwelt. Mit der Überführung des Vermögens der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt in die Stiftung wollte die Gesellschaft ihre Arten- und Naturschutzprojekte auf eine dauerhafte finanzielle Basis stellen, denn dessen Erträge fließen weiterhin den Projekten der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt zu.
Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt ist Mitglied von BioFrankfurt, dem Frankfurter Netzwerk für Biodiversität.
Projekte
Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt engagiert sich in insgesamt 18 Ländern und rund 30 Projekten. Dabei konzentriert sich die Gesellschaft auf die Erhaltung von Wildnis und biologischer Vielfalt in den letzten großen Wildnisgebieten unserer Erde. Zu den Wildnisgebieten zählen u. a. große Graslandschaften, Wälder, Feuchtgebiete und Gebirge.
Die Projekte des Vereins sind langfristig angelegt und werden in enger Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und Behörden durchgeführt. Auch die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung ist ein wichtiger Bestandteil der Projektarbeit. Dabei agiert die Zoologische Gesellschaft Frankfurt sowohl koordinierend in der Hauptgeschäftsstelle in Frankfurt als auch aktiv mit eigenen Mitarbeiterteams in den einzelnen Projektländern.
Afrika
Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt betreibt verschiedene Projekte in Afrika. Ein Fokus liegt auf Tansania. Hier setzt die ZGF momentan Projekte zum Schutz der Serengeti,[3] des Selous-[4] sowie des Mahale-Ökosystems[5] um und führt Forschung zum Erhalt der bedrohten Ökosysteme Ostafrikas durch. Es werden Daten zu Tierbeständen und Wanderungen gesammelt sowie Ranger, Wissenschaftler und Veterinäre aus- und weitergebildet und die Umweltbildung unterstützt. Weitere Projekte liegen in Simbabwe (Gonarezhou-Schutzprojekt),[6] Sambia (North Luangwa)[7] sowie in der Demokratischen Republik Kongo (Virunga[8] und Maiko-Nationalpark[9]).
Die Projekte der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt leben von der Zusammenarbeit mit lokalen Partnern. Dazu gehören zum Beispiel die Tanzania National Parks Authority (TANAPA) und das Tanzania Wildlife Research Institute (TAWIRI).
Asien
Ein weiteres Projekt ist das in Zentralsumatra stationierte Bukit Tigapuluh Schutzprogramm zur Erhaltung von Regenwald und Tierwelt.[10] Ziel des Projektes ist die Wiederansiedlung und Auswilderung von Orang-Utans, die in einer Dschungel-Schule auf das Leben in freier Wildbahn vorbereitet werden. Weitere Aspekte der Arbeit vor Ort sind die Mensch-Elefanten-Konfliktvermeidung, Umweltbildung sowie Initiativen, die Volksgruppen um den Nationalpark herum darin unterstützen, wirtschaftliche Entwicklung und traditionelle Lebensweise in Einklang zu bringen. Wichtige Projektpartner sind unter anderem der Bukit Tigapuluh National Park sowie das Orang Utan Projekt (TOP), die Jambi Province Conservation Authority und der WWF.
Südamerika
In Südamerika setzt sich die ZGF für den Schutz der artenreichen Wälder am Ostabhang der Anden und im angrenzenden Tiefland ein.[11] Konkret werden hier unter anderem Patrouillen, Luftbildauswertungen, die Ausbildung von Rangern sowie Umweltbildung unterstützt. Auch die ökologisch verträgliche Nutzung der natürlichen Ressourcen im Schutzgebiet wird gefördert.
Die Zusammenarbeit vor Ort erfolgt unter anderem mit der Crees Foundation sowie dem Fondo de las Américas (FONDAM).
Kasachstan
In Kasachstan engagiert sich die Zoologische Gesellschaft Frankfurt in der Altyn Dala Conservation Initiative. Das internationale Gemeinschaftsprojekt setzt sich für den Schutz der einzigartigen Grasländer Kasachstans und ihrer Schlüsselarten ein. Ziel der Initiative ist es, ein Netzwerk geschützter Graslandschaften in Zentralkasachstan aufzubauen. Besonders die Saiga-Antilopen der Betpak-Dala-Population stehen im Fokus, da sie eine zentrale Rolle im Ökosystem der Steppen und Halbwüsten spielen. Projektpartner in Kasachstan sind unter anderem die Association for the Conservation of Biodiversity of Kazakhstan (ACBK) und die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB).[12]
Wildnis in Deutschland
In Deutschland sichert die Zoologische Gesellschaft Frankfurt Wildnisgebiete durch Flächenkauf und unterstützt ihre Unterschutzstellung in geeigneten Schutzgebietskategorien (beispielsweise Nationalpark). Zudem wird die öffentliche und fachliche Wildnisdebatte gefördert und durch Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Projektpartner sind beispielsweise die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg sowie die Naturstiftung David.[13]
Mit Mitteln des BMU und BfN koordiniert die Zoologische Gesellschaft das Projekt Wildniskommunikation in Deutschland als Initiative der DNR-Strategiegruppe Naturschutzflächen. Ziel ist es, eine höhere Akzeptanz für Wildnisgebiete in der dicht besiedelten Bundesrepublik zu schaffen. Mehrere große Naturschutzakteure in Deutschland sind Projektpartner.[14]
Polesien
Polesien ist mit 180.000 Quadratkilometern Europas größtes Wildnisgebiet. Das Herzstück der Polesie ist der gut 650 Kilometer lange Fluss Prypiat. Durch den Ausbau als Teil der Wasserstraße E40 mit Vertiefung des Flussbetts, Flussbegradigungen und die Errichtung von Deichen und Dämmen würde sich das Überschwemmungsregime extrem verändern und mehrere Altwasserarme zerstört werden. Seit 2015 ist die ZGF in der Region Mittlerer Prypiat mit Partnern vor Ort aktiv. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Artenbestand liefern die Grundlage dafür, ein Schutzkonzept für diesen Lebensraum zu entwickeln.
Vernetzung
Der Verein ist weltweit vernetzt und unterhält neben den Kontakten zu seinen Projektpartnern auch viele Verbindungen zu wissenschaftlichen Netzwerken, so zum Beispiel zur Naturschutzstiftung EFA und zum Netzwerk Diversitas Deutschland. Er ist Mitglied von BioFrankfurt, dem Netzwerk für Biodiversität, arbeitet mit Institutionen der Senckenberg Gesellschaft in Frankfurt zusammen und ist Unterzeichner der Initiative Transparente Zivilgesellschaft.[15]
Weblinks
Einzelnachweise
- Transparenter Umgang mit Spenden. In: fzs.org. Abgerufen am 21. Dezember 2019.
- Armin Schmitz, Arno Metzger: Zoologische Gärten als Kapitalgesellschaften. Geschichtliche Entwicklung und Finanzierung. Verlag der Antik Effekten GmbH, 2000, ISBN 3-9806401-2-4, S. 83 ff.
- Unser Herzstück: Der Schutz der Serengeti.
- Selous-Schutzprojekt.
- Naturschutz im Mahale-Ökosystem.
- Gonarezhou Schutzprojekt.
- Schutzprojekt North Luangwa.
- Virunga – Naturschutz am Hang der Vulkane.
- Naturschutz in den Wäldern von Maiko.
- Das Bukit Tigapuluh Landschaftsschutzprogramm.
- Von den Anden bis zum Amazonas.
- Schutz von Steppen und Saiga Antilopen in Kasachstan.
- Sicherung der letzten wilden Flecken Deutschlands.
- Wildniskommunikation in Deutschland. Auf: bfn.de
- Unterzeichner des ITZ. transparency.de