Fokker
Die Fokker Flugzeugwerke wurden 1912 in Berlin gegründet, ein Jahr später nach Schwerin verlegt, nach dem Ersten Weltkrieg in die Niederlande überführt und waren bis zur Insolvenz 1996 zeitweilig der einzige niederländische Hersteller ziviler Verkehrsflugzeuge. Der Name bzw. die Marke Fokker gehört seit Dezember 2015 zu Guest, Keen and Nettlefolds.
Fokker | |
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Rechtsform | N. V. (Aktiengesellschaft) |
Gründung | 22. Februar 1912 in Berlin-Johannisthal, Deutsches Reich |
Auflösung | 1996 |
Auflösungsgrund | Insolvenz |
Sitz | Amsterdam, Niederlande |
Branche | Luft- und Raumfahrttechnik |
Website | www.gknaerospace.com |
Geschichte
Gründung und Pionierfunktion im Ersten Weltkrieg
Anton Herman Gerard Fokker produzierte ab 1912 mit seiner AHG Fokker Aeroplanbau Flugzeuge in Berlin-Johannisthal. 1913 erfolgte die Verlegung des Unternehmens nach Schwerin-Görries und eine Umfirmierung in Fokker Aeroplanbau GmbH,[1] im April 1916 umbenannt in Fokker Flugzeugwerke mbH.[2] Aus diesem unmittelbar am Schweriner See in der Bornhövedstraße gelegenen Werk, von dem noch heute zwei Produktionshallen existieren, stammten die berühmten Fokker-Eindecker (E.I bis E.IV), der Dreidecker Fokker Dr.I (oftmals mit Manfred von Richthofen in Verbindung gebracht) und die Fokker D.VII, Flugzeugtypen mit für ihre Zeit außerordentlichen Leistungsparametern. Fokker war einer der ersten im Flugzeugbau, der eine Rohrrumpfkonstruktion aus verschweißten, nahtlosen Rohren fertigte.
- Anthony Fokker in Gonsenheim auf seiner „Spinne“ (um 1911)
- Anton Herman Gerard Fokker (1916)
- Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin verleiht Fokker auf dem Flugplatz in Görries das Mecklenburgische Verdienstkreuz
1915 entwickelten die Fokkerwerke ein Flugzeug mit einem Unterbrechergetriebe, das es ermöglichte, mit einem Maschinengewehr durch den Propellerkreis zu feuern, ohne die Propellerblätter zu beschädigen.[3] Mit den mit Unterbrechergetriebe ausgestatteten Fokker-Flugzeugen begann eine Phase der deutschen Luftüberlegenheit, die im In- und Ausland teilweise als „Fokker-Syndrom“ bezeichnet wird.[3][4][5] 1917 wurde Fokker von der deutschen Regierung gezwungen, sein Unternehmen mit dem Flugzeugwerk von Hugo Junkers zur Junkers-Fokkerwerke AG zu fusionieren.
Entwicklungen
Vor und während des Ersten Weltkrieges baute Fokker die folgenden Typen:
- Fokker M.I „Spinne“ – Militärisches Mehrzweckflugzeug
- Fokker M.II bis M.IV – Militärisches Mehrzweckflugzeug
- B.I – Schulflugzeug
- B.II – Schulflugzeug
- B.III – Schulflugzeug
- B.IV – Schulflugzeug
- D.I – Jagdflugzeug, Doppeldecker
- D.II – Jagdflugzeug, Doppeldecker
- D.III – Jagdflugzeug, Doppeldecker
- D.IV – Jagdflugzeug, Doppeldecker
- D.V – Jagdtrainer
- D.VI – Jagdflugzeug, Doppeldecker
- D.VII – Jagdflugzeug, Doppeldecker
- E.V/D.VIII – Jagdflugzeug, Eindecker
- Dr.I – Jagdflugzeug, Dreidecker
- E.I – Jagdflugzeug, Eindecker
- E.II – Jagdflugzeug, Eindecker
- E.III – Jagdflugzeug, Eindecker
- E.IV – Jagdflugzeug, Eindecker
Zwischen den Weltkriegen
1919 trennte sich Anthony Fokker wieder von Junkers und verlegte mit einem ausgeklügelten Plan innerhalb von ein paar Wochen seine Fabrik per Eisenbahn in die Niederlande, da in Deutschland nach Kriegsende der Bau von Flugzeugen und Flugmotoren durch die Alliierten verboten worden war. Dort gründete Fokker zusammen mit der Familie van Beuningen und Fentener van Vlissingen die Steinkohlen Handels Vereinigung (SHV) und am 21. Juli 1919 mit anderen Unternehmern die Flugzeugfabrik N.V. Nederlandsche Vliegtuigenfabriek Fokker.[6]
Als Produktionsort nutzte Fokker die Hallen der ersten niederländischen Luftfahrtausstellung in Amsterdam (ELTA), welche im Sommer 1919 eröffnet wurde. Neben der Weiterentwicklung von Militärflugzeugen verlegte Fokker sich auf die Entwicklung von Verkehrsflugzeugen. 1921 wurde die Netherlands Aircraft Manufacturing Company of Amsterdam als Tochtergesellschaft für den Vertrieb in Nordamerika gegründet.[7] Um die Nordamerikageschäfte des Konzerns zu bündeln, gründete Fokker 1927 die Fokker Aircraft Corporation of America, in der auch das 1921 entstandene Unternehmen aufging. Für die Produktion standen mehrere Fabriken in den USA zur Verfügung, unter anderem in Passaic (seit 1927) und Glen Dale (bei Wheeling; ab 1928).[8] Diese Tochtergesellschaft wurde 1931 vollständig durch General Motors übernommen.[9] 1936 hatte der Fokkers-Konzern in Amerika einen Marktanteil von 40 Prozent.
Weltweit flogen Anfang der 1930er Jahre 54 Luftfahrtgesellschaften mit dem populären F.VIIa-3m. Am 30. Dezember 1933 legte eine vierköpfige Besatzung mit einer dreimotorigen Fokker „Pelikan“ den Hin- und Rückflug auf der Postflugstrecke Amsterdam–Batavia in Rekordzeit zurück.
Auch der Bau von Militärflugzeugen wie der D.VIII und die Entwicklung neuer Modelle wurde fortgesetzt. Erfolgreich auch im Export waren die Typen C.V und D.XXI. Auf der Pariser Luftfahrtschau (Salon d’Aviation) 1936 wurde der zweimotorige Zerstörer Fokker G.I mit Doppelrumpf und vier Maschinengewehren in der Rumpfnase präsentiert. Es war überwiegend der einmotorige Jagdeinsitzer Fokker D.XXI, der zu Beginn des Zweiten Weltkrieges im Luftkampf gegen die Messerschmitt Bf 109 eingesetzt wurde. Die Fokker G.I kam kaum zum Einsatz, einige Maschinen wurden später von der deutschen Luftwaffe als Schulflugzeuge übernommen.
Entwicklungen
Zwischen den Kriegen baute Fokker die folgenden Typen:
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach 1945 verkürzte das Unternehmen den Firmennamen auf Fokker. Es war wirtschaftlich intakt, insbesondere durch den Erfolg der Fokker S-11, von der unmittelbar nach dem Krieg über einhundert Exemplare verkauft werden konnten. Im Jahr 1956 begann die Produktion der Fokker F-27 Friendship – „Freundschaft“, ein Flaggschiff in der Geschichte von Fokker, zu dessen Entwicklung die niederländische Regierung 27 Millionen Gulden beigesteuert hatte. Die F-27 gehörte bis zum Ende der Produktion 1986 mit 786 abgesetzten Stück weltweit zu den meistverkauften Turboprop-Flugzeugen. Die niederländischen Luftstreitkräfte verwenden Flugzeuge dieses Modells bis heute.
Mit der Fokker F28 „Fellowship“ gelang ab 1967 der Einstieg in den Bau von Strahlverkehrsflugzeugen.
Fokker war mit den Werken Dordrecht und Schiphol in der ARGE Nord am Bau der Lockheed F-104G Starfighter beteiligt.
Im Jahre 1969 suchte Fokker die Zusammenarbeit mit der Deutschen Vereinigte Flugtechnische Werke GmbH (VFW) in Bremen. Das einzige Produkt war das Flugzeug VFW 614, von dem lediglich 19 Exemplare produziert wurden. Anfang 1980 endete die erfolglose Zusammenarbeit.
Weg in die Insolvenz
1987 war Fokker wirtschaftlich stark angeschlagen. Die Entwicklungskosten für die neuen Modelle Fokker 50 und Fokker 100 nahmen ungeahnte Ausmaße an. Die Regierung stieg mit 212 Millionen Gulden ein, mit der Auflage, Fokker solle sich einen strategischen Partner suchen. British Aerospace und DASA kamen dafür in Betracht.
Fokker erhielt 1990 den König-Willem-I-Preis für gute Unternehmensführung und Erneuerung. Prinz Claus von Amsberg händigte den Preis an M. Kuilman, den Vorsitzenden der Geschäftsführung von Fokker aus. Ein Jahr später wurde bekannt gegeben, dass ein neuer Flugzeugtyp mit der Bezeichnung Fokker 70 entwickelt wird.
Nach jahrelangen und schwierigen Verhandlungen wurde am 30. Oktober 1992 ein Vorvertrag zwischen Fokker und der DASA unterzeichnet. Die Probleme bei Fokker konnten jedoch dadurch nicht behoben werden. 1994 feierte das Unternehmen das 75-jährige Jubiläum. Stolz wurde hierbei das neue Modell Fokker 70, eine verkürzte Weiterentwicklung der Fokker 100, präsentiert. Dessen Absatz erfüllte jedoch nicht die Erwartungen (insgesamt wurden bis zur Auflösung von Fokker im Jahr 1996 47 Exemplare produziert), so dass die wirtschaftlichen Probleme zunahmen.
Der deutsche Mutterkonzern Daimler-Benz AG beendete am 22. Januar 1996 die Verhandlungen und trennte sich von Fokker.[10] Am 23. Januar 1996 wurde in Amsterdam die vorläufige gerichtliche Aufsicht mit Zahlungsaufschub eingeleitet. Am 15. März 1996 meldete Fokker Insolvenz an.
Weiterentwicklung
Teile des Betriebes blieben bestehen. So operierte die Raumfahrtabteilung als selbstständiger Betrieb bis 2002 unter dem Namen Fokker Space, danach als Dutch Space. Die Einrichtungen für Flugzeugzubehör, Service, Reparatur, Wartung und Ersatzteilversorgung für noch in Betrieb befindliche Fokkerflugzeuge waren seit 1996 unter dem Namen Fokker Services Teil des Stork-Konzerns. Ende August 2009 bündelte Stork seine Luftfahrtaktivitäten unter dem Namen Fokker.[11] 2010 wurde dieser Konzernteil in Fokker Technologies umbenannt.[12] Seit Dezember 2015 gehört Fokker Technologies zu GKN Aerospace.[13]
Anfang 1998 gab das niederländische Unternehmen Rekkof bekannt, die Produktion der Fokker 70 und 100 wieder aufzunehmen.[14] Seit 2014 heißt das Unternehmen Netherlands Aircraft Company und projektierte die Fokker 130, von der bislang aber noch kein Stück produziert wurde.
Siehe auch
Literatur
- Peter M. Grosz, Volker Koos: Die Fokker-Flugzeugwerke in Deutschland 1912–1921. Heel, Königswinter 2004, ISBN 3-89880-355-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- Fokker, A living history – Anthony Herman Gerard
- Flugsport, VIII. Jahrg., Nr. 8/1916, S. 226
- Erster Weltkrieg: Das tödliche Geheimnis des Roten Barons – WELT. Abgerufen am 18. Februar 2017.
- Fokker E III – Jagdflugzeug – 1915. COSIREX, abgerufen am 18. Februar 2017.
- Barrie Pitt, Peter Young: History of the First World War. Purnell, 1. Januar 1970 (google.de [abgerufen am 18. Februar 2017]): „… whose nearest British equivalent would be a GCB (not a VC as is often imagined), that it is tempting to see the whole period in terms of a Fokker syndrome.“
- Vor 100 Jahren: NV Fokker gegründet. In: AERO International Nr. 7/2019, S. 80
- „Fokker Aircraft Builders To The World“, Thijs Postma, Jane’s Incorporated, NY, ISBN 0-7106-0059-3, 1980, page 49.
- „Fokkers 'Roaring Twenties'“, Peter F.A. van de Noort, Rebo Produkties, ISBN 90-366-0353-6, page 30.
- „The Smithsonian National Air and Space Museum Directory of Airplanes their Designers and Manufacturers“ ed. Dana Bell, Greenhill Books Ltd. London ISBN 1-85367-490-7, 2002, page 88.
- Hans-Otto Eglau: „Zurück zu den Wurzeln“ In: Die Zeit Nr. 5 vom 26. Januar 1996, S. 25.
- De Telegraaf am 25. August 2009: Luchtvaarttak Stork vliegt verder onder naam Fokker
- History of Fokker Technologies, Fokker.com, abgerufen am 8. September 2011.
- GKN completes acquisition of Fokker Technologies. Fokker, 28. Oktober 2015, archiviert vom Original am 31. Dezember 2015; abgerufen am 28. Januar 2021 (Originalwebseite nicht mehr verfügbar).
- Rekkof seeks way back for Fokker production, Flightglobal.com am 28. Januar 1998.