Deutsche Fußballmeisterschaft 1905/06

Die vierte Deutsche Fußballmeisterschaft wurde vom 22. April bis zum 27. Mai 1906 ausgetragen. Seine zweite Meisterschaft sicherte sich der neue „Rekordmeister“ VfB Leipzig im Finale in Nürnberg mit einem 2:1 gegen den 1. FC Pforzheim.

Deutsche Fußballmeisterschaft 1905/06
MeisterVfB Leipzig
Mannschaften8
Spiele7
Tore39   5,57 pro Spiel)
TorschützenkönigDeutscher Edgar Blüher (7)
Deutsche Meisterschaft 1904/05

Ab diesem Jahr mussten die Spiele nur noch dann auf neutralem Boden angesetzt werden, wenn einer der beteiligten Vereine dies verlangte. Dabei wurde teilweise auf eine formal neutrale Spielstätte eines anderen Vereins aus derselben Stadt gesetzt. Der neue Meister bekam nun ein Diplom und einen Wimpel vom Deutschen Fußball-Bund überreicht.

Ein Problem stellte die Verbandssituation in Berlin dar. Hier rivalisierten sich seit Jahren mit dem schon mehrmals teilgenommenen Verband Berliner Ballspielvereine und dem Märkischen Fußball-Bund zwei Verbände um die berlin-brandenburgische Vertretung. Da die beiden Verbände untereinander keine Einigung erzielten, durften zunächst beide Meister an der Endrunde teilnehmen.

Es war zugleich die erste Deutsche Meisterschaft ohne ausgefallene Spiele oder Mannschaften, die sich während des Turniers zurückzogen.

Teilnehmer

An der Meisterschaft nahmen nur noch die Vertreter von Regionalverbänden teil. Auf Druck des DFB waren nun auch im Norden (heute Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen ohne Südniedersachsen und den Raum Osnabrück) und Südosten (Breslau und Niederlausitz) Regionalverbände entstanden. Zusammen mit den bereits bestehenden Regionen Mitte, West und Süd gab es nun fünf Verbände in denen Regionalmeisterschaften ausgetragen wurden. In der Region Südost wurde ein Entscheidungsspiel der lokalen Fußballverbände durchgeführt, aus Berlin-Brandenburg nahmen zwei Vereine teil. Noch keinen Teilnehmer gab es aus dem Bereich Nordosten (Pommern, Ost- und Westpreußen); hier sollte es noch zwei Jahre dauern, bis ein nordostdeutscher Vertreter an einer Meisterschaftsendrunde teilnahm.

Da auch wieder der Titelverteidiger spielberechtigt war, führte dies dazu, dass drei Berliner Vereine an der Endrunde teilnahmen.

VereinQualifiziert als
SC Schlesien BreslauMeister des Verbandes Breslauer Ballspiel-Vereine1
Berliner FC Hertha 92Meister des Verbandes Berliner Ballspielvereine
Berliner FC Norden-NordwestMeister des Märkischen Fußball-Bundes
Berliner TuFC Union 92Titelverteidiger
VfB LeipzigMeister des Verbandes Mitteldeutscher Ballspiel-Vereine
FC Victoria HamburgMeister des Norddeutschen Fußball-Verbandes
Kölner FC 1899Meister des Rheinisch-Westfälischen Spielverbandes
1. FC PforzheimMeister des Verbandes Süddeutscher Fußball-Vereine
1 Im Gegensatz zum Vorjahr fand ein Entscheidungsspiel um die Teilnahme an der deutschen Meisterschaftsendrunde 1905/06 zwischen dem Sieger des Verbandes Breslauer Ballspiel-Vereine, SC Schlesien Breslau, und dem Sieger des Verbandes Niederlausitzer Ballspiel-Vereine, FV Brandenburg 1899 Cottbus, statt. Es wurde am 1. April 1906 in Dresden ausgetragen; der SC Schlesien Breslau konnte sich mit 3:1 durchsetzen.[1]

Viertelfinale

Datum Ergebnis

!Stadion

22. April 1906 VfB Leipzig 9:1 (4:0) Berliner FC Norden-Nordwest

|Leipzig, Wackerstadion Debrahof

29. April 1906 FC Victoria Hamburg 1:3 (0:1) Berliner TuFC Union 92

|Altona, Exerzierweide

29. April 1906 SC Schlesien Breslau 0:7 Berliner FC Hertha 92

|Dresden

6. Mai 1906 1. FC Pforzheim 4:2 n. V. (2:2, 1:2) Cölner FC 1899

|Mannheim, Platz an den Brauereien

Der Berliner FC Norden-Nordwest hatte keine Chance gegen den VfB Leipzig, der zwar nicht im eigenen Stadion aber im Stadion von Wacker Leipzig antrat. Schon nach zehn Minuten lagen die Leipziger durch Edgar Blüher, der nach zwei Jahren beim Dresdner SC nach Leipzig zurückgekehrt war, in Führung. Im weiteren Verlauf der Partie schoss der spätere Torschützenkönig noch weitere drei Treffer zu einem Viererpack. Auch die Stürmer Heinrich Riso, Adalbert Friedrich und Martin Laessig waren für ihren Verein erfolgreich, wobei Riso und Friedrich einen Doppelpack erzielten. Bei den Berlinern traf ein nicht bekannter Spieler zum 1:7.

Der FC Victoria Hamburg verlor im heimischen Stadion gegen den Titelverteidiger aus Berlin. Trotz der Angriffe ihrer starken Flügelstürmer Adolf Gehrts und Carl Weymar wurden die Hamburger vom Berliner Torhüter Paul Eichelmann, der bei einigen Ur-Länderspielen teilgenommen hatte, am Torerfolg gehindert. So ging die Union in der ersten Hälfte in Führung. Nach dem Seitenwechsel kamen die Hamburger schließlich durch Dietze zum Ausgleich. Darauf folgten jedoch zwei Treffer der Brüder W. Jurga und Felix Jurga zum Berliner Sieg. Der Hamburger Spielführer Otto Eikhof leitete vier Wochen später das Finale.

Die Breslauer aus dem fußballerisch nur mäßig entwickelten Südosten Deutschlands verloren am selben Tag eindeutig gegen den Berliner FC Hertha 92 und kassierten letztlich sieben Gegentreffer aus der Fußballhochburg Berlin, ohne selbst wenigstens zum Ehrentreffer zu kommen. Das Halbzeitergebnis sowie die Hertha-Torschützen sind nicht überliefert.

Im letzten Viertelfinale gingen die Kölner mit Peco Bauwens, der später zahlreiche Länderspiele als Schiedsrichter leitete und DFB-Präsident wurde, mit Toren von Willi Raffenberg und Arthur Francken schon in der ersten Halbzeit 2:0 in Führung. Drei Minuten nach dem 2:0 schoss Gustav Stöhr jedoch in der 43. Minute den Anschlusstreffer für den 1. FC Pforzheim. Eine Minute nach dem Seitenwechsel erzielte Stöhr dann einen weiteren Treffer zum Ausgleich. Danach ging die Partie in die Verlängerung, in der Hermann Schweickert in der 100. Minute die Pforzheimer erstmals in Führung brachte. Vier Minuten später entschied Stöhr durch seinen dritten Treffer zum 4:2 endgültig die Partie.

Halbfinale

Datum Ergebnis

!Stadion

6. Mai 1906 Berliner FC Hertha 92 2:3 (2:3) VfB Leipzig

|Berlin-Mariendorf, Viktoria-Platz

20. Mai 1906 Berliner TuFC Union 92 0:4 (0:0) 1. FC Pforzheim

|Braunschweig, Eintracht-Platz an der Helmstedter Straße

Der Berliner FC Hertha 92 trat auf dem Spielfeld der Berliner TuFC Viktoria 89 in einem eng umkämpften Spiel gegen den VfB Leipzig an. Unmittelbar vor dem Spiel war der Leipziger Außenläufer Wilhelm Schomburgk von den Olympischen Zwischenspielen in Athen zurückgekehrt. In der 25. Minute brachte Georg Steinbeck die Leipziger in Führung, doch schon zwei Minuten später glichen die Berliner durch einen Elfmeter von Alfred Lorenz aus. Edgar Blüher erzielte in der 31. Minute die erneute Führung für den VfB Leipzig, die jedoch nur eine Minute lang hielt, da Richard Haupt auf Seiten der Hertha wieder ausglich. Schon sechs Minuten später verwandelte Edgar Blüher seinerseits einen Strafstoß und schoss einen Doppelpack und damit sein sechstes Endrundentor. An diesem Ergebnis änderte sich in den nächsten 50 Minuten nichts mehr.

Auch der zweite Berliner Vertreter und Titelverteidiger der deutschen Meisterschaft schied erst zwei Wochen später im Halbfinale aus, dies jedoch deutlicher. Zunächst konnte der amtierende Meister eine Halbzeit lang das Unentschieden halten. Doch in der zweiten Hälfte fielen vier Tore für die Pforzheimer. Jeweils eins davon schossen Gustav Maier und Gustav Stöhr, der nun vier Endrundentreffer hatte. Die anderen beiden Torschützen sind nicht bekannt.

Finale

Paarung VfB Leipzig 1. FC Pforzheim
Ergebnis 2:1 (1:1)
Datum So., 27. Mai 1906
Stadion Platz an der Ziegelgasse, Nürnberg
Zuschauer 1.100
Schiedsrichter Otto Eikhof (Hamburg)
Tore 1:0 Blüher (15.)
1:1 Stöhr (26.)
2:1 Riso (85.)
VfB Leipzig Johannes SchneiderErhard Schmidt, Arthur WernerGeorg Steinbeck, Paul Oppermann, Camillo UgiKarl Uhle, Heinrich Riso (C), Edgar Blüher, Martin Laessig, Adelbert Friedrich
1. FC Pforzheim Emil FaasHermann Steudle, Wilhelm HillerKarl Jäger, Arthur Hiller (C), Hermann HoferHermann Schweickert, Julius Fink, Gustav Maier, Gustav Stöhr, Emil Rühl

Spielbericht

Der VfB Leipzig hatte zum dritten Mal in vier Jahren das Finale der deutschen Meisterschaft erreicht. Lediglich 1905 hatte man freiwillig im Viertelfinale aufgegeben. Die Mannschaft aus Leipzig reiste am Vortag an, Pforzheim erst in der Nacht zum Spieltag. Im Endspiel waren dann die Akteure des VfB Leipzig erwartungsgemäß eindeutig überlegen.

Die Verteidiger Hermann Steudle, Wilhelm Hiller und Mittelläufer Arthur Hiller waren auf Seiten der Pforzheimer ständig damit beschäftigt, die Vorstöße der Leipziger zu unterbinden. Somit führte der VfB Leipzig in der 15. Minute durch den siebten Treffer des Torschützenkönigs Edgar Blüher. Dennoch glich der 1. FC Pforzheim durch Stöhrs fünftes Tor zehn Minuten später aus. Die Leipziger vergaben zahlreiche Chancen, unter anderem bei zwei Elfmetern hatten Blüher und Heinrich Riso die Gelegenheit, weitere Tore zu erzielen. Letztlich traf Riso fünf Minuten vor Schluss zum Sieg für den VfB Leipzig, der zum zweiten Mal Deutscher Meister wurde. Für den 1. FC Pforzheim ist die Vizemeisterschaft aus diesem Jahr dennoch als größter Erfolg eingegangen.

Die Meistermannschaft des VfB Leipzig

Die Spieler des VfB Leipzig
und Schiedsrichter Otto Eikhof (rechts)
vor dem Finale.
v. l. n. r.: Schneider, Uhle, Riso, Schmidt, Werner, Steinbeck, Blüher, Oppermann, Ugi, Laessig, Friedrich, Burkhardt, Raydt

Nachfolgend ist die Meistermannschaft mit Einsätzen und Toren der Spieler angegeben.

VfB Leipzig

Torschützenliste

Insgesamt sind 11 Torschützen von Hertha Berlin (7), Norden-Nordwest Berlin (1), Union Berlin (1) und 1. FC Pforzheim (2) unbekannt.

SpielerVereinSpieleTore
1.Deutsches Reich Edgar BlüherVfB Leipzig37
2.Deutsches Reich Gustav Stöhr1. FC Pforzheim35
3.Deutsches Reich Heinrich RisoVfB Leipzig23
4.Deutsches Reich Adelbert FriedrichVfB Leipzig32
5.Deutsches Reich DietzeFC Victoria Hamburg11
Deutsches Reich Arthur FranckenCölner FC 189911
Deutsches Reich Willi RaffenbergCölner FC 189911
8.Deutsches Reich Richard HauptBerliner FC Hertha 9221
Deutsches Reich Felix JurgaBerliner TuFC Union 9221
Deutsches Reich W. JurgaBerliner TuFC Union 9221
Deutsches Reich Alfred LorenzBerliner FC Hertha 9221
12.Deutsches Reich Martin LaessigVfB Leipzig31
Deutsches Reich Gustav Maier1. FC Pforzheim31
Deutsches Reich Hermann Schweickert1. FC Pforzheim31
Deutsches Reich Georg SteinbeckVfB Leipzig31

Literatur

  • Geschichte des deutschen Fußballsports. Band III der Schriftenreihe des Deutschen Fußball-Bundes. Carl Koppehel, Verlag Wilhelm Limpert, Frankfurt 1954, 4. erweiterte Auflage ohne Jahresangabe.
  • Deutsche Meisterschaft (1903-1923), IFFHS-Magazin Libero Nr. 36. International Federation of Football History & Statistics, Wiesbaden, II. Quartal 2002.
  • Das Goldene Buch des Deutschen Fußballs. Hardy Grüne, Dietrich Schulze-Marmeling, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2015.

Einzelnachweise

  1. Germany Final Tables 1905/06. Abgerufen am 4. März 2015.
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