Burg Neu-Dernbach
Die Burg Neu-Dernbach auch Burg Dernbach genannt, ist die Ruine einer Höhenburg auf einer Anhöhe bei etwa 480 m über NN in Dernbach, einem Ortsteil der Gemeinde Bad Endbach im hessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Burg Neu-Dernbach | ||
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Rest der südöstlichen Burgmauer | ||
Alternativname(n) | Burg Dernbach | |
Staat | Deutschland (DE) | |
Ort | Bad Endbach-Dernbach | |
Entstehungszeit | vor 1350 | |
Burgentyp | Höhenburg, Ortslage | |
Erhaltungszustand | Mauerreste | |
Ständische Stellung | Adlige/Ritter | |
Geographische Lage | 50° 47′ N, 8° 30′ O | |
Höhenlage | 480 m ü. NN | |
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Strategische Aufgabe der Burg Neu-Dernbach
Die Burg war gedacht als Vorburg zur Burg Blankenstein (Gladenbach) und sollte das nach Ende der Dernbacher Fehde (1333/36) neu gewonnene Gebiet, das sogenannte Obergericht des Amtes Blankenstein, am Oberlauf der Salzböde gegen die Grafschaft Nassau absichern. Die Besatzung der Burg hatte außerdem den Auftrag zusammen mit der von Burg Blankenstein die nördlich vorbeiführende wichtige Fernhandelsstraße, die Brabanter Straße im Auftrag der Landgrafen zu sichern und zu überwachen. Die Besatzung der Burg Wallenfels hatte den gleichen Auftrag, sie sollte aber besonders den wichtigen Kreuzungspunkt der alten Fernstraßen im Schelderwald (Brabanter Straße, Westfalenweg und Herborner Hohe Straße) in Nähe der Angelburg (Berg) schützen.
Infolge der zahlreiche Fehden und der damit einhergehenden Unsicherheit für den Handel während der 100-jährigen Dernbacher Fehde verlagerte sich der Fernhandelslverkehr gegen Ende des 14. Anfang des 15. Jh. immer mehr von der Brabanter Straße auf eine neue südliche Trasse. Sie verlief von Herborn aus im Aartal über Niederweidbach und weiter im Tal der Vers (rechter Nebenfluss der Salzböde) nach Marburg. Damit verloren die Burgen Wallenfels, Neu-Dernbach und Blankenstein zunehmend ihre zugedachte strategische Bedeutung, wurden nicht mehr ausreichend unterhalten und verfielen, mit Ausnahme von Burg Blankenstein, die als Amtssitz des Amtes Blankestein eine neue Bedeutung erhielt.
Burg Alt-Dernbach
Nach dem Ende der mehr als 100-jährigen Dernbacher Fehde (etwa 1230 bis 1336) verließen die Dernbacher unter dem Druck der Ereignisse ihren ehemaligen Stammsitz in Alt-Dernbach, eine Hofsiedlung mit kleiner Wasserburg, vermutlich nur eine Motte, an der Aar (Dill) westlich von Herbornseelbach. Alt-Dernbach, das erstmals 1263 erwähnt wurde, lag an der Furt der vom Schelderwald kommenden und nach Herborn führenden „Hohen-Straße“ durch die Aar. Auch ihre umfangreichen Besitzungen und Rechte in der Herborner Mark mussten die Ganerben von Dernbach nach dem Ende der Fehden 1333 an die Grafen von Nassau verkaufen und erhielten dafür einen für die damalige Zeit recht stolzen Preis.[1]
Dernbacher Ganerben
Zu den Dernbacher Ganerben zählten auch die Dernbacher Geschlechterzweige, die auf der Burg Vetzberg wohnten. Sie nannten sich mal „von Dernbach“, „von Vetzberg“ ohne und mit Namenszusatz wie zum Beispiel: Rode, Graul, Krig, Holzappel, Ruchschade oder Mul.
Burg Neu-Dernbach und ihre Besitzer
Die Burg wurde vor 1350 von den Herren von Dernbach mit Unterstützung der Haincher Linie der Herren von Bicken erbaut und dem Landgrafen von Hessen zu Lehen aufgetragen, der sie 1350 gleich wieder an die „von Dernbach“ zurück verlehnte.
Kuno von Dernbach heiratete 1354 die Gräfin Margaretha von Solms und erhielt als Mitgift, mit Zustimmung des Landgrafen, die Dörfer Günterod und Krumbach, sowie vom Landgrafen die neue Ortschaft Dernbach. Ferner erhielten die Dernbacher, nachdem das Gebiet des „Obergerichts“ Blankenstein (deckungsgleich mit der heutigen Gemeinde Bad Enbach) endgültig an Hessen gekommen war, Güter in den umliegenden Ortschaften (allein elf in Wommelshausen), die zuvor Gegnern des Landgrafen gehört hatten.
Ganerbenburg Neu-Dernbach
Die Burg war eine Ganerbenburg und gehörte zwei Familienzweigen, und zwar denen „von Dernbach“, die sich päter von und zu Dernbach nannten und denen „von Dernbach genannt Graul“ (Grauel/Graul ist dabei ein Genanntname).
1540 verkaufte Peter von Dernbach gen. Graul seinen Anteil an der Burg an den hessischen Landgrafen und zog nach Wiesenfeld zu seinem Verwandten, dem hessischen Stiftsvogt Philipp von Dernbach, der dort die ehemalige Johanniterkommende Wiesenfeld übernommen hatte. Der in Dernbach verbliebene Familienzweig, die „von und zu Dernbach“, wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits außerhalb im Burggut. Die Burg, schon 1570 als „alt und verfallen“ bezeichnet, verfiel weiter.
Peter Philipp Friederich von und zu Dernbach
Der letzte Vertreter seines Stammes, der auf dem Stammsitz in Dernbach wohnte, war Peter Philipp Friederich von und zu Dernbach (1678–1729) (Taufpate war Peter Philipp von Dernbach gen. Graul, Fürstbischof von Bamberg und Würzburg, Ehrentitel Herzog zu Franken). Er starb nach einem Reitunfall am 2. Januar 1729 und hinterließ nur einen unehelichen Sohn, Johannes Schneider (1706–1791), genannt „Junker Hans“, der als herrschaftlicher Förster in Dernbach lebte. Seine Linie hat sich über seine Tochter Elisabetha Margaretha bis heute fortgepflanzt.
Aussterben des lehensberechtigten evangelischen Familienzweiges
Mit dem erst 40-jährigen landgräflich-hessen-kasselschen Hauptmann der Garde Friedrich Ludwig Christian von Dernbach starb 1748 der lehensberechtigte evangelische Familienzweig aus. Der Offizier war verheiratet mit Amalie von Breidenstein. Das Paar hatte keine Kinder.
Burg und zugehörigen Ländereien als erledigtes Lehen eingezogen, neues Gutshaus erbaut
Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt zog danach die Burg und die zugehörigen Ländereien (die gesamte Gemarkung Dernbach umfassend) als erledigtes Lehen ein, wandelte es in eine Staatsdomäne um, ließ 1750 ein neues Gutshaus erbauen und verpachtete die Ländereien. Die katholische Fuldaer Nebenlinie der Herren von Dernbach erhob dagegen Einspruch, wurde aber abgewiesen.
Das Gutshaus existiert nicht mehr. Es wurde wie die letzten Hofgebäude, die nordwestlich des Burgberges standen, Mitte des 19. Jahrhunderts abgebrochen, nur ein Kellergewölbe blieb erhalten.
Von der ehemaligen Burganlage sind noch kümmerliche Reste der Außenmauer und Rudimente von zwei Schalentürmen (Ecktürmen) in der Burgmauer erhalten.
- Neuer Gutshof der Staatsdomäne Dernbach 1764, im Hintergrund die Burgruine
- Blick auf den bewaldeten Burgberg aus Nord-Ost
- Schutthügel des Burgberges mit Glockentürmchen
- Rest eines Rundturmes an der NW-Ecke der Außenmauer
- Rest des Schalen-turmes an der SW-Ecke der Außenmauer
Bedeutende Familienmitglieder
Die Herren von Dernbach standen in engen Beziehungen zu den hessischen Landgrafen. So war Volpert (Volprecht) von Dernbach von 1335 bis 1347 Ober-Schultheiß in Marburg, das bedeutete er war der Vertreter des Landgrafen in der Nebenresidenz Marburg, im „Land an der Lahn“. Er wird in Urkunden 1336 und 1340 auch Graf Volprecht von Dernbach genannt. Als Oberschultheiß in Marburg wird 1367/68 auch Johann von Dernbach bezeugt.
Landgraf Ludwig I. von Hessen verleiht 1452 seinen Marburger Burgmannen Johann und Heidenreich von Dernbach einen Burgmannshof in Marburg, „Dernbacher Hof“ genannt. Der stolze Bau steht heute noch in der Barfüßer Str. 4.
Philipp von Dernbach, aus der Linie der Dernbacher in Marburg, erwarb 1529 vom Landgrafen die ehemalige "Johanniter Kommende Wiesenfeld". Er war Obervorsteher/Stiftsvogt aller hessischen adligen Stifte (gest. am 6. Februar 1564). Seine detaillierte Grabplatte steht in der Stiftskirche in Wetter.
Balthasar von Dernbach
Balthasar von Dernbach gen. Graul (* 1548; † 1605) war ein Sohn des 1540 nach Wiesenfeld zu seinem Verwandten (Philipp von Dernbach) verzogenen Peter von Dernbach gen. Graul. Peter v. D. war Gefolgsmann von Philipp I, dem Großmütigen, Landgraf von Hessen. Nach dem Tod seines Vaters kam er, evangelisch-lutherisch getauft, mit 12 Jahren zu seinem Onkel, dem Abt Wilhelm Hartmann von Klauer zu Wohra (1568–1570), nach Fulda. Dort wurde er katholisch erzogen und mit 22 Jahren 1570 zum Fürstabt von Fulda gewählt.
Unrühmlich bekannt wurde er durch seine Hexenprozesse zwischen 1602 und 1605, denen etwa 270 Menschen (meist Frauen) zum Opfer fielen.
Peter Philipp von Dernbach
Sein Neffe Peter Philipp von Dernbach gen. Graul (* 1619; † 1683) studierte in Rom, wurde 1672 zum Fürstbischof von Bamberg gewählt und zusätzlich 1675 zum Fürstbischof von Würzburg mit dem Zusatztitel „Herzog zu Franken“. Er erlangte bei Kaiser Leopold I., den er aus gemeinsamen Zeiten als Vizedom des Bistums Bamberg in Kärnten persönlich kannte, für seine Familie am 13. Juli 1675 die Standeserhöhung in den Reichsfreiherrenstand und für sich und seine Neffen Johann Otto und Philipp Wilhelm v. Dernbach am 24. März 1678 die Erhebung in den Reichsgrafenstand, mit Sitz Wiesentheid.
Seine Neffen starben aber alle ohne überlebende Nachkommen. Erbin der Reichsgrafschaft Wiesentheid mit dem umfangreichen Besitz war die erst 17-jährige Maria Eleonore, geb. Gräfin von Hatzfeld-Gleichen, Witwe des Johann Otto Graf von Dernbach gen. Graul zu Wiesentheid. Sie heiratete 1701 den Grafen Franz von Schönborn und brachte ihr reiches Erbe in die Ehe ein. Die Grafen von Schönborn wurden damit die Erben der Grafen von Dernbach.
Der Bischof war Taufpate eines evangelisch-lutherischen Täuflings
Als Kuriosum ist zu vermerken, dass der „hochehrwürdigste Bischof von Würzburg und Bamberg“, Peter Philipp von Dernbach, als Taufpate des am 14. April 1678 evangelisch-lutherisch getauften Peter Philipp Friederich von und zu Dernbach (* 1678, † 1729) im Taufregister des Hartenroder Kirchenbuches eingetragen ist.
Wappen
Wappenbeschreibung beim Abschnitt Wappen im
- Wappen: von und zu Dernbach nach Siebmachers Wappenbuch von 1605
- Wappen: von Dernbach gen.Graul nach Siebmachers Wappenbuch von 1605
- Wappen der Grafen von Dernbach nach Siebmachers Wappenbuch von 1701
Die letzte Dernbacherin
Die letzte Nachfahrin der Herren von Dernbach war Therese Freiin von Dernbach, aus der katholischen Fuldaer Linie, geboren 1885 in Frankfurt a. M., Tochter von Wilhelm August Ludwig Freiherr von Dernbach. Sie starb als verheiratete Freifrau von Schorlemer am 1. November 1965 in einem Altersheim in Weilburg. Ihr einziger Sohn Hubert starb 1946 bei einem Unfall in französischer Kriegsgefangenschaft.
Von ihr stammt das letzte noch erhaltene handgestickte Familienwappen der Herren von Dernbach. Dieses Wappen mit dem gleichen Wappenbild wie das der Stammlinie „von und zu Dernbach“ führte nach deren Aussterben die Linie der „Freiherren von Dernbach“ weiter.
Beschreibung
Von der Nord-Süd ausgerichteten nahezu rechteckigen oder trapezförmigen Höhenburg, die schon in der Mitte der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als verfallen bezeichnet wurde, sind nur die Außenmauern im südlichen Bereich in größeren Teilen erhalten. Dabei sind die Reste der beiden Schalentürme in der südwestlichen und südöstlichen Ecke noch sichtbar. Burgmauerreste finden sich vom Westen aus gegen den Uhrzeigersinn umlaufend bis in den östlichen Bereich. An den größeren Schalenturm schloss sich auslaufend nach Süden ein Mauerstück an, so dass südlich der Anlage ein Zwinger oder eine kleine Vorburg gestanden haben könnte.[2]
Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts muss noch ein größerer Hauptbau bestanden haben, der aber dann verfiel, so dass später jeder der beiden Ganerben einen kleineren Nachfolgebau auf seiner Hälfte baute.[3]
Aus Urkunden ist bekannt, dass ein Junker Albert von Dernbach zu Grauel einen kleinen Bau, den Graulen-Hof im sogenannten Samt-Hof auf der Burg bessen hatte, wie auch die von Dernbach selbst. Der Hof selbst soll im Erdgeschoss die Küche und eine Stallung und im ersten Stock eine gute Stube und eine Kammer, das Schlafgemach, enthalten haben. Der Hof soll aber Ende des 18. Jahrhunderts schon verfallen gewesen sein. Urkundlich ist belegt, das jeder der zwei Ganerben eine eigene Stallung hatte und es auch zwei getrennte Zugangspforten in der Burg gab.[4] Scheune und Kuhstall müssen die Gebäude auf der Greuel'schen Seite ergänzt haben.[5]
Auf dem Burgplateau selbst waren 1850 noch an fünf Stellen Ruinenreste entsprechend der Grundrisszeichnung verzeichnet, deren Häufung von vier Mauerresten im Süden ein West-Ost ausgerichtetes Palasartiges Gebäude vermuten lässt, vermutlich der ältere Hauptbau. Die Burgruine selbst wurde bisher nicht archäologisch oder bauhistorisch untersucht, so dass sich keine weiterführenden Angaben machen lassen.[2] Die Überreste der Burg wurden 1796 in verschiedene Hofstellen geteilt, die um 1850 schon mit sieben Häusern bebaut waren oder sich direkt an die Burgmauer anlehnten. Teiche, Wiesen, Äcker und eine Mahlmühle östlich der Burg am Dernbach gelegen, waren teils Lehen, teils Allod der Dernbacher Ganerben.
Literatur
- C. F. Günther: V. Dernbach (inklusive Stammtafel und Grundriss), in: Bilder aus der hessischen Vorzeit, Verlag der Hofbuchhandlung von G. Jonghans, Darmstadt 1853, S. 323–331 und Tafel XXII
- Friedrich Uhlhorn, Grenzbildungen in Hessen, Die Entwicklung der Westgrenze des Kreises Biedenkopf, Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Band 48, S. 51–65, Gebr. Jänecke Verlag Hannover 1969
- Dieter Blume, Jürgen Runzheimer: Gladenbach und Schloß Blankenstein; hrsg. von der Kur- und Verkehrsgesellschaft mbH anlässlich der 750-Jahrfeier; W. Hitzeroth Verlag, Marburg 1987, ISBN 3-925944-15-X.
- Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 277.
- Horst W. Müller: Dernbach und die „von Dernbach“. Hinterländer Geschichtsblätter, Nr. 3 und Nr. 4, 2005 sowie Nr. 1 und Nr. 2, 2006, Mitteilungsblatt des Hinterländer Geschichtsvereins e.V., Biedenkopf.
- Georg Wilhelm Sante (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 4: Hessen (= Kröners Taschenausgabe. Band 274). Unveränderter Neudruck der 3. Auflage. Kröner, Stuttgart 1993, ISBN 3-520-27403-5 (Neudruck d. 3. Auflage 1976).
Quellen
- Karl Nebe: Burgfahrten an der alten Grenze von Hessen und Nassau. Die Burgen: Dernbach, Bicken, Wallenfels, Hessenwald, Murstein-Tringenstein. Nickel, Straßebersbach 1914
- Vgl. Tafel XXII in: C. F. Günther: V. Dernbach in: Bilder aus der hessischen Vorzeit
- C. F. Günther: V. Dernbach in: Bilder aus der hessischen Vorzeit, S. 328 f.
- C. F. Günther: V. Dernbach in: Bilder aus der hessischen Vorzeit, S. 327 f.
- C. F. Günther: V. Dernbach in: Bilder aus der hessischen Vorzeit, S. 329
Weblinks
- Burg Neu-Dernbach auf der Seite Burgenwelt.org