Bet Sche’an
(hebräisch בֵּית שְׁאָן; arabisch بيسان Biessan) ist eine Stadt in Israel. Weitere Schreibungen des hebräischen Namens in lateinischer Schrift: Bet-Schean, Beit Sche'an und Bet She'an.
Bet Sche’an | |||
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Basisdaten | |||
hebräisch: | בית שאן | ||
arabisch: | بيسان | ||
Staat: | Israel | ||
Bezirk: | Nord | ||
Koordinaten: | 32° 30′ N, 35° 30′ O | ||
Höhe: | 134 m unter dem Meeresspiegel | ||
Fläche: | 7,33 km² | ||
Einwohner: | 18.227 (Stand: 2018)[1] | ||
Bevölkerungsdichte: | 2.487 Einwohner je km² | ||
Gemeindecode: | 9200 | ||
Zeitzone: | UTC+2 | ||
Postleitzahl: | 19150 | ||
Gemeindeart: | Stadtverwaltung | ||
Bürgermeister: | Jackie Levy | ||
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Geographie
Lage
Die Stadt liegt in der Ebene von Bet Sche’an im Nordbezirk Israels, ca. 25 km südlich des Sees Genezareth am Ende der neu errichteten Zugstrecke (Atlit)-Haifa-Bet-Sche'an nahe der jordanischen Grenze.
Einwohner
Die britische Mandatsmacht und das israelische Zentralbüro für Statistik geben bei den Volkszählungen im Jahr 1922 und 1931, sowie am 8. November 1948, 22. Mai 1961, 19. Mai 1972, 4. Juni 1983, 4. November 1995 und vom 28. Dezember 2008; sowie einer Fortschreibung des Israelischen Zentralbüros für Statistik zum 31. Dezember 1955 folgende Einwohnerzahlen an:[2]
Jahr der Volkszählung | 1922 | 1931 | 1948 | 1955 | 1961 | 1972 | 1983 | 1995 | 2008 | 2011 | 2015 | 2016 |
Anzahl der Einwohner | 1.941 | 3.101 | 6.009 | 6.400 | 9.700 | 11.300 | 12.900 | 14.900 | 16.800 | 16.900 | 17.332 | 17.587 |
Geschichte
Name
Die Etymologie des hebräischen Namens Bet Sche’an ist ungesichert. Möglicherweise ist er zu interpretieren als „Haus der Gottheit Sche’an“. Seit in der Zeit Ptolemaios’ II. skythische Reitereinheiten[3] in der Stadt stationiert wurden, trug sie den Namen Skythopolis (Σκυθόπολις aus Σκύϑων + πόλις). Erst unter Antiochos IV. erhielt sie den Beinamen Nysa nach Nysa, der Amme des Stadtgottes Dionysos, die nach einer Legende aus dem 1. oder 2. Jahrhundert n. Chr. in Skythopolis begraben liegt. Der Name Skythopolis erscheint im biblischen Buch Richter 1,27 in einer Glosse der Septuaginta, sowie in Judit 3,10 . In der talmudischen Überlieferung hieß der Ort durchgängig Bet Sche'an. Der alte semitische Name lebte im arabischen Dorf Baisan weiter.
Der sich über die antike Stadt erhebende Tell trägt den arabischen Namen Tell el-Hösn, d. h. „Hügel der Stärke“.
Antike
Der in der Jordansenke gelegene Tell el-Hösn war bereits in der Bronzezeit von Kanaanitern besiedelt. Es war ein bedeutendes Zentrum ägyptischen Einflusses in der Region. Von Thutmosis III. bis Ramses III. ist eine ägyptische Garnison nachweisbar. Möglicherweise seit dem 10. Jahrhundert gehörte Bet Sche'an zum Königreich Israel, dessen Schicksal es als eher unbedeutendes Dorf seit seiner Zerstörung 926 durch Pharao Scheschonq I. teilte.
In hellenistischer Zeit kam es wohl unter Ptolemaios II. in der Mitte des 3. Jahrhunderts zur Neugründung als Skythopolis. Infolge des Vierten Syrischen Krieges ging dieses 218/217 v. Chr. in den seleukidischen Machtbereich über. Die Stadtrechte gewährte jedoch erst Antiochos IV. Die Expansion Judäas unter Johannes Hyrkanos I. brachte die Stadt unter die Kontrolle Jerusalems. Nach der römischen Eroberung wurde Bet Sche’an eine freie Stadt und Mitglied der Dekapolis, des Bundes der zehn Städte in der Levante.
In der Spätantike war Skythopolis bekannt als Zentrum der Leinenweberei. Im Höchstpreisedikt des Kaisers Diokletian werden Produkte aus der Stadt jeweils in der höchsten Qualitätsstufe erwähnt. Der damit verbundene Aufstieg der Stadt wird auch dokumentiert durch die Erhebung zur Provinzhauptstadt von Palaestina secunda bei der Neueinteilung der Provinz Palaestina im 4. Jahrhundert. In der Folgezeit ist Skythopolis auch als Bischofssitz bezeugt. Im 5. Jahrhundert war Bischof Severianos ein Vertreter der Entscheidungen des Konzils von Chalkedon (451), was ihm das Martyrium einbrachte. Einer seiner Nachfolger war zu Beginn des 6. Jahrhunderts Bischof Johannes, ein Vertreter des Neuchalkedonismus. Während der origenistischen Wirren wirkte Theodor von Skythopolis als Bischof. Aus der Stadt stammt u. a. der Mönch und Verfasser von zahlreicher Heiligenviten Kyrillos von Skythopolis. Ein Titularbistum der römisch-katholischen Kirche besteht bis heute. Nach der arabischen Eroberung 636 ging die Bedeutung der Stadt allmählich zurück, wenngleich eine Stadtflucht offenbar schon zuvor einsetzte. Ende des 7. Jahrhunderts muss auch ein 1998 entdeckter Hort von Goldmünzen angelegt worden sein. Das für die ganze Region verheerende Erdbeben von 749 zerstörte auch Bet Sche’an. Die Ruinen weisen noch heute die für eine Zerstörung durch Erdbeben typische Lage auf.
Mittelalter
1099 wurde die Siedlung im Zuge des Ersten Kreuzzugs von Tankred von Tarent erobert. Die Kreuzfahrer befestigten die damals kaum noch bewohnte Siedlung wieder und machten sie zum Zentrum der Herrschaft Bethsan im Königreich Jerusalem. 1183 wurde Bet Sche'an von Sultan Saladin erobert. In der Folgezeit gelang es den Kreuzfahrern nicht, die Herrschaft zurückzuerobern, auch wenn sie die Stadt 1264 plünderten. Seit dem Mittelalter bestand lediglich ein größeres Dorf.
Moderne Stadt
Seit 1904 besaß der Ort einen Bahnhof an der neu eröffneten Bahnstrecke Haifa–Darʿā, die zum Netz der Hedschasbahn gehörte.
In der Zeit des Britischen Mandates über Palästina bewohnten einige tausend Menschen Bet Sche'an, darunter auch einige Dutzend Juden, die jedoch während des Arabischen Aufstandes 1936–1939 flohen.
Im UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 wurde Bet Sche’an dem jüdischen Teil zugeschlagen. Im Februar und März 1948 kam es zu ersten Kämpfen, bei denen der Tell als Stellung arabischer Einheiten diente. Die meisten Bewohner flohen zu Beginn der Kampfhandlungen. Bet Sche'an wurde am 12. Mai 1948 von israelischen Einheiten eingenommen. Nach der israelischen Unabhängigkeit am 14. Mai 1948 wurde Bet Sche'an von der syrischen Armee mit Artillerie beschossen. Die arabischen Einheiten, die Bet Sche’an zurückerobern wollten, mussten sich aber über den Jordan zurückziehen. In dieser Zeit wurde auch der Betrieb der Eisenbahn eingestellt.
Bet Sche'an wurde im Juni 1949 als Flüchtlingslager für Juden aus Nordafrika neugegründet und erhielt den Status einer Entwicklungsstadt. In den 1950er und 1960er Jahren kamen weitere Einwanderer aus Nordafrika, Iran und Irak.
Am 19. November 1974 drangen drei arabische Attentäter der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas, von Jordanien kommend, als Arbeiter verkleidet in ein vierstöckiges Wohnhaus ein. Bei dem Anschlag wurden die vier israelische Zivilisten Mazal Edry, Jean Pierre Alimi, Zohar Bibas und Yehuda Bibas getötet. Mehr als 20 Personen wurden verletzt, die meisten davon Kinder, die sich durch einen Sprung aus dem Fenster in Sicherheit bringen wollten. Die Attentäter wurden bei einer Befreiungsaktion getötet.
Im Jahr 1999 bekam Bet Sche’an den Status einer Stadt.
Am 28. November 2002 fuhren zwei Attentäter der al-Aqsa-Märtyrerbrigaden in einem gestohlenen Fahrzeug vor ein Wahllokal des Likud und feuerten mit Granaten und automatischen Waffen auf die wartenden Menschen. Die sechs Israelis David Peretz, Haim Amar, Shaul Zilberstein, Ehud Avitan, Mordechai Avraham und Ya’acov Lary wurden bei dem Angriff getötet. 34 Menschen wurden verletzt, darunter drei Söhne des ehemaligen Außenministers Israels, David Levy. Die beiden Terroristen wurden von Grenzpolizisten, die zufällig in der Nähe waren, getötet.[4][5][6]
Seit 2003 ist Jackie Levy, ein Sohn David Levys, Bürgermeister von Bet Sche'an.
Seit 2016 hat die Stadt mit der Bahnstrecke Haifa–Bet Sche’an wieder Anschluss an das Eisenbahnnetz. Eine Verlängerung der Strecke nach Jordanien wird erwogen.
Bet Sche’an in der Bibel
Bet Sche’an wird in der Bibel, ausschließlich im Tanach, 11 Mal erwähnt. Bet Sche’an wurde demnach bei der Landnahme der Israeliten dem Stamm Issachar zugeteilt. Beherrscht wurde die Stadt jedoch vom Stamm Manasse (Jos 17,11 ). Zur Regierungszeit des ersten israelischen Königs Saul war Bet Sche’an in den Händen der Philister. Sauls Heer verlor den Kampf gegen die Philister in den nahe gelegenen Bergen Gilboa. Anschließend wurden die Leichname von Saul und seinen drei Söhnen „von den Philistern an die Mauern von Bet-Schean genagelt“ (1 Sam 31,10 ). Später, um 1.000 v. Chr. eroberten die Israeliten unter König David den Ort. Er gehörte dann im Königreich unter Salomo zum Verwaltungsbezirk unter dem Statthalter Baana (1 Kön 4,12 ).
Kultur
Die antiken Stätten sind Bestandteil eines Nationalparkes.
Sport
Aus Bet Sche’an stammt der Fußballklub haPoʿel Bet Sche’an, der einige Jahre in der ersten israelischen Liga spielte.
Söhne und Töchter der Stadt
- David Levy (geboren 1937), ehemaliger Außenminister Israels
- Jackie Levy (geboren 1960), Politiker
- Orly Levy (geboren 1973), Politikerin
- Mohamed Darwish (geboren 1997), palästinensischer Fußballspieler
Bilder
- Im Vordergrund das hellenistisch-römische Scythopolis, hinten der Tell el-Hösn mit der bronzezeitlichen Besiedlung
- Das Theater von Beit Sche’an
- Ägyptischer Gouverneurspalast auf den Tell el-Hösn
- Hypocaustenanlage im Badekomplex
- Reste der Kreuzfahrerfestung in Bet Sche’an
- Moderner Wohnblock in Bet Sche’an
- Ausgrabungsstätte in südlicher Richtung, rechts: Palladius-Straße, links: Silvanus-Straße, mitte/vorn: Nymphäum, mitte/hinten: Theater
- Modell des antiken Bet Sche'an
- Mosaik der Göttin Tyche aus byzantinischer Zeit an der Palladius-Straße des antiken Bet Sche'an
- Antike Toiletten für die Nutzer der angrenzenden Bäder und die Besucher des Theaters in Bet Sche'an
- Silvanus-Straße im antiken Bet Sche'an
Literatur
- Rachel Barkay: The coinage of Nysa-Scythopolis (Beth-Shean). (Corpus Nummorum Palaestinensium 5). Jerusalem 2003, ISBN 965-90558-0-3.
- Eliot Braun: Early Beth Shan (strata XIX-XIII): G. M. Fitzgerald’s deep cut on the tell. Philadelphia 2004, ISBN 1-931707-62-6.
- Frances W. James, Patrick W. McGovern: The late Bronze Egyptian garrison at Beth Shan: a study of levels VII and VIII. ISBN 0-924171-27-8
- Amihai Mazar, Gideon Foerster: Beth-Shean. In: The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land, Bd. 1: Abila – Elusa. Israel Exploration Society & Carta, Jerusalem 1993, ISBN 0-13-276296-X, S. 214–235.
- Amihai Mazar: Excavations at Tel Beth-Shean 1989–1996. Bd. 1: From the Late Bronze Age IIB to the Medieval Period. Jerusalem 2006.
- G. Mazor, A. Najjar: Bet She’an I. Nysa-Scythopolis. The Caesareum and the Odeum (IAA Reports 33). Jerusalem 2007.
- Yoram Tsafrir und Gideon Foerster: Urbanism at Scythopolis Bet Shean in the Fourth to Seventh Centuries. In: Dumbarton Oaks Papers, 51, 1997, S. 85–146.
- Yoram Tsafrir und Gideon Foerster: Bet Shean Excavation Project – 1988/1989. In: Excavations and Surveys in Israel 1989/1990. Vol. 9, Numbers 94–95. Israel Antiquities Authority. Jerusalem 1989/1990, S. 120–128.
- Yoram Tsafrir, Gideon Foerster: The Dating of the Earthquake of the Sabbatical Year of 749 C. E. in Palestine. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies of London, 55, 1992, S. 231–235.
- Yoram Tsafrir, Gideon Foerster: From Byzantine Scythopolis to Arab Baysan: Changing Urban Concepts. (Memento vom 4. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF; 2,9 MB) In: Cathedra, 64, 1992, S. 3–30. (Hebräisch)
- Gideon Foerster, Yoram Tsafrir: Nysa-Scythopolis – A New Inscription and the Titles of the City on its Coins. In: The Israel Numismatic Journal, 9, 1986/87, S. 53–58.
Weblinks
- Karte des antiken Skythopolis
- Nationalparkverwaltung, Infos zu Bet Shean (englisch)
- Einträge über Bet Sche’an und Skythopolis in der Catholic Encyclopedia
- Klaus Koenen: Bet-Schean. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Grabungsergebnisse der Hebrew University, Jerusalem (englisch)
- Kreuzfahrerfestung Bethsan unter maxime.goepp.free.fr (französisch)
Einzelnachweise
- אוכלוסייה ביישובים 2018 (Bevölkerung der Siedlungen 2018). (XLSX; 0,13 MB) Israel Central Bureau of Statistics, 25. August 2019, abgerufen am 11. Mai 2020.
- Israelisches Zentralbüro für Statistik
- Michael Avi-Yonah: Scythopolis. In: Israel Exploration Journal, 12, 1962, S. 123–134.
- Six Killed in Shootings in Northern Israel. In: FOX News. Abgerufen am 2. Mai 2016.
- Three of MK David Levy’s sons among the wounded in Beit She'an. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 2. Mai 2016; abgerufen am 2. Mai 2016.
- Six Israelis dead in poll shooting. In: The Telegraph. Abgerufen am 2. Mai 2016.