Adolf Slaby
Adolf Karl Heinrich Slaby (* 18. April 1849 in Berlin; † 6. April 1913 in Charlottenburg) war ein deutscher Elektrotechniker.
Slaby wurde 1886 der erste Ordinarius für Elektrotechnik an der Königlich Technischen Hochschule Charlottenburg. Elf Jahre später beschäftigte er sich, von den Arbeiten Guglielmo Marconis auf dem Gebiet der Funkentelegrafie angeregt, mit der Entwicklung von neuen Techniken zur drahtlosen Nachrichtenübermittlung, die er verbesserte und populär machte. Durch seinen persönlichen Zugang zu Kaiser Wilhelm II. bewirkte er viel für das gesellschaftliche Ansehen der Ingenieure und der Technik. Sein Sohn war der Ingenieur und Konstrukteur Rudolf Slaby (1887–1953), Mitbegründer der Slaby-Beringer-Automobilwerke in Berlin.
Anfänge
Adolf Slaby war Sohn eines Buchbinders und zeigte bereits in der Realschule ein mathematisch-technisches Interesse. Er immatrikulierte sich an der Berliner Gewerbeakademie, dem Vorläufer der Technischen Hochschule Charlottenburg, um Maschinenbau und Mathematik zu studieren, unter anderem bei Franz Reuleaux. Nebenbei betätigte er sich als Hauslehrer des Maschinenfabrikanten Louis Schwartzkopff, wodurch sich auch ein intensiver Kontakt zum praktischen Maschinenbau ergab. Mangels Promotionsmöglichkeit an den damaligen Gewerbeakademien bzw. -schulen schloss Slaby seine Studien an der Universität Jena ab, wo er mit einer mathematischen Arbeit zum Dr. phil. promoviert wurde.[1]
Erste Lehrtätigkeit
Anschließend nahm er eine Lehrtätigkeit für Mathematik und Mechanik an der Gewerbeschule Potsdam auf, wo er auch mit Heißluft- und Gasmaschinen experimentierte. Dabei verfasste er eine Theorie der Gasmaschinen, die einen wichtigen Platz in der Entwicklung des Ottomotors einnimmt.
Elektrotechnik
Berlin war damals das Zentrum der Elektrotechnik, woran Werner Siemens mit seiner Firma großen Anteil hatte. Dieser unterstützte Slaby persönlich bei privaten Studien dieses Fachgebiets. So konnte sich Slaby an der Berliner Gewerbeakademie 1876 habilitieren und daraufhin Vorlesungen über elektrische Kraftmaschinen, „Elektrische Telegraphie“ und Elektromechanik halten. 1883 wurde er der erste Ordentliche Professor für Elektrotechnik an der inzwischen in Königlich Technischen Hochschule Charlottenburg umbenannten Gewerbeakademie, wobei seine perfekt vorgetragenen Veranstaltungen auf viel Interesse stießen. Slaby befand, dass die theoretischen Vorlesungen unbedingt mit Praktika verbunden werden sollten, die ihm die großzügige Unterstützung der Industrie ermöglichte. 1884 gründete er mit einem Kollegen ein Elektrotechnisches Laboratorium[2], wobei er den Bereich „Elektrische Maschinen“ übernahm und die Einrichtung schließlich als Prädikatsprofessor leitete, während Hermann Wilhelm Vogel die Abteilung „Elektrische Beleuchtung“ führte. So wurde Berlin zur bedeutendsten Ausbildungsstätte für die noch junge Elektrotechnik. Im Jahr 1895 wurde Slaby zum Mitglied der Leopoldina gewählt.
Verbrennungsmotoren
Neben seinen Arbeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik widmedte sich Slaby auch weiter der Forschung an Verbrennungsmotoren. So wurde bei der Gründung des Elektrotechnischen Laboraturims dasselbe auf seinen Wunsch[3] auch mit Prüfstandseinrichtungen für Verbrennungsmotoren eingerichtet. Durch systematische theoretische und experimentelle Untersuchungen leistete er auch einen wichtigen Beitrag bei der Weiterentwicklung des noch jungen Verbrennungsmotors und der Entwicklung des Verbrennungsmotoren-Forschung als wissenschaftliche Disziplin[4]. Bei der Verwertung seiner kalorischen Untersuchungen in der universitären Lehre setzte er sich für die Verbreitung thermodynamischer Übungen und Prüfeinrichtungen ein.
Funkverbindungen
Durch die persönliche Bekanntschaft mit dem Chef der englischen Telegrafenverwaltung William Henry Preece 1897 nahm Slaby an Marconi-Versuchen mit der drahtlosen Telegraphie am englischen Bristolkanal teil. Er erkannte sofort die Bedeutung dieser Erfindung, woraufhin er die Experimente in Berlin sofort wiederholte und ausdehnte sowie die physikalischen und technischen Grundlagen näher untersuchte. Daran zeigten sich auch der Kaiser und die Militärbehörden sehr interessiert. Die drahtlosen Telegraphieversuche fanden zuerst an der TH Berlin und dann zwischen der Heilandskirche am Port von Sacrow und der 1,6 Kilometer entfernten Matrosenstation Kongsnæs am Neuen Garten in Potsdam statt. Am 7. Oktober 1897 gelang eine Funkverbindung von Schöneberg nach Rangsdorf, die mit 21 Kilometer bereits einen Weltrekord darstellte, und im folgenden Sommer über 60 Kilometer von Berlin nach Jüterbog. Dabei führten entscheidende Verbesserungen zum Erfolg: die Funkenstrecke lag nicht in der Sendeantenne (wie es Marconi propagierte), sondern in einem mit dem Antennenkreis induktiv gekoppelten Kreis.[5]
Gründung von Telefunken
An der Entwicklung von Techniken zur drahtlosen Nachrichtenübermittlung, der Funkentelegrafie, forschte man auch andernorts, wobei stets eine große Firma dahinterstand: bei Slaby war es die AEG, bei Marconi war es Wireless Telegraph Co. und bei Ferdinand Braun war es Siemens & Halske (S & H). Dies führte dazu, dass der Funkspruch einer Slaby-Station von einer Marconi-Station aufgrund ihres Konzessionsvertrages abgelehnt wurde. Dieser unhaltbare Zustand verlangte nach Vereinbarungen: 1903 gründeten S & H und die AEG als Gemeinschaftsunternehmen zu gleichen Teilen die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H., System Telefunken[6]. Deren Leitung übernahm Slabys ehemaliger Assistent Georg Graf von Arco.
Engagement für die Hochschule
Nachdem er sowohl Vorsitzender des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und 1893 als Gründungsmitglied Erster Vorsitzender des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) geworden war, erhielt er persönlichen Zugang zu Kaiser Wilhelm II. Er hielt Vorträge über Technik im Berliner Schloss, aber auch experimentelle Vorlesungen an der TH Berlin wurden von ihm für den Kaiser veranstaltet. Dort setzte er sich auf Initiative von Alois Riedler für die soziale Anerkennung der Ingenieure und die völlige Gleichberechtigung der Technischen Hochschulen mit den Universitäten ein. Letzteres bedeutete insbesondere das Promotionsrecht für die Technischen Hochschulen, welches sie 1899 dann auch von Kaiser Wilhelm II. erhielten. Von 1894 bis 1895 war er Rektor der TH Berlin. Adolf Slaby wurde 1898 als erster Vertreter einer TH auf Lebenszeit Mitglied im preußischen Herrenhaus.
Slaby war darüber hinaus vom 1. März 1906 bis 18. Januar 1912 Vorstandsvorsitzender des Akademischen Vereins HÜTTE und Mitglied im literarischen Gesellschaftsverein „Tunnel über der Spree“.
Emeritierung
Ab 1906 hielt Slaby eine spezielle Vorlesung über die Funken-Telegrafie, bis er schließlich 1912 emeritierte. Sein Nachfolger wurde Ernst Orlich, ein Vertreter der klassischen mathematischen Behandlung der Probleme der theoretischen Elektrotechnik.
Privatleben
Adolf Slaby war mit Julie Beringer (geb. 6. April 1857, gest. 16. August 1922) verheiratet. Sie war die Tochter des Berliner Unternehmers August Beringer. Beide wurden auf der Familiengrabstelle auf dem Luisenfriedhof II in Berlin-Charlottenburg bestattet.
Erinnerungen
- 1902 wurde er mit der Grashof-Denkmünze des Vereins Deutscher Ingenieure ausgezeichnet.
- Das Familiengrab mit den Grabsteinen Slabys und seiner Frau Julie auf dem Luisenfriedhof II ist erhalten.
- Eine 1928 von Hermann Hosaeus geschaffene Gedenktafel über der Eingangstür des Campanile in Sacrow weist auf den dort durchgeführten Funkversuch hin. Im Zentrum der Tafel, die aus grünem Dolomit gearbeitet ist, befindet sich Atlas mit der Weltkugel, umgeben von Blitzen und der Denkschrift: An dieser Stätte errichteten 1897 Prof. Adolf Slaby und Graf von Arco die erste Deutsche Antennenanlage für drahtlosen Verkehr.
- Eine „Berliner Gedenktafel“ befindet sich auf dem Gelände der Technischen Universität, Straße des 17. Juni 135, Charlottenburg-Wilmersdorf, an der Nordostecke des Flachbaus des Institut für Architektur (Verkehrsanbindung U 2 bis Ernst-Reuter-Platz).
- Zum Gedenken an Slaby wurde eine Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin herausgegeben (Erstausgabetag zum 125. Geburtstag am 14. April 1974).
- In zwei Berliner Bezirken (Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf) und in Köln sind Straßen nach Adolf Slaby benannt.
- In Köln halten die U-Bahn-Linien 13 und 18 an der Haltestelle „Slabystraße“.
Literatur
- Wolfgang Mathis: Slaby, Adolf Carl Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 494 f. (Digitalisat).
- Sieghard Scheffczyk: Adolf Slaby – Pionier der Funktechnik. In: CQ DL DAS AMATEURFUNKMAGAZIN, 4-2013, S. 271.
Weblinks
- Literatur von und über Adolf Slaby im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie in der Festschrift 125 Jahre Technische Universität Berlin
- P. Noll: Historische Persönlichkeiten der Nachrichtentechnik an der TH/TU Berlin
- “The New Telegraphy” von Adolf Slaby erschienen im “The Century Magazine”, April 1898
- Informationen auf der Webseite des Akademischen Vereins HÜTTE e.V.
Einzelnachweise
- Adolf Sander: Prof. Dr. phil. Dr.-Ing. Adolf Slaby. av-huette.de, 2000, abgerufen am 5. März 2014.
- Chronik der Kgl. TH 1799–1899, S. 190ff
- Adolf Karl Heinrich Slaby: Calorimetrische Untersuchungen über den Kreisprozess der Gasmaschine, 1891, S. VI
- Gustave Chauveau, Albrecht von Ihering: Die Gasmaschinen: Theorie und Konstruktion der mit Leuchtgas, Generatorgas, Petroleum- und Benzindämpfen betriebenen Motoren, 1895, S. 352
- Fassbender, ntz 1965
- Kurrer, K.-E.: Die Melancholie des Ingenieurs. In: Der Freitag Nr. 29/2003, 11. Juli 2003, S. 18.