Yesterday
Yesterday (englisch für „Gestern“, hier Übersetzung für „In der Vergangenheit“ bzw. „früher“) ist eine von Paul McCartney geschriebene Pop-Ballade, die 1965 von den Beatles auf dem Album Help! veröffentlicht wurde. Das Stück, das außerhalb Großbritanniens zunächst als Single ausgekoppelt worden war, ist der am häufigsten gecoverte Popsong.
Yesterday | |
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The Beatles | |
Veröffentlichung | 13. September 1965 |
Länge | 2 min 6 s |
Genre(s) | Pop |
Autor(en) | Lennon/McCartney |
Album | Help! |
Entstehungsgeschichte
Paul McCartney fiel die Grundmelodie während der Übernachtung im Hause seiner damaligen Freundin Jane Asher in London ein.[2][3] Da er glaubte, die Melodie zu kennen und eine Kryptomnesie vermeiden wollte, fragte er einen Monat lang Personen aus der Musikindustrie und seine Bandmitglieder, ob sie die Melodie kennen würden. Da keinem die Melodie bekannt war, trieb McCartney die Komposition weiter voran.
Musikproduzent George Martin hörte das Lied erstmals während der Frankreich-Tournee der Beatles zwischen dem 14. Januar 1964 und 4. Februar 1964, gespielt von Paul McCartney am Klavier noch unter dem Arbeitstitel Scrambled Eggs (‚Rühreier‘) im Pariser Hotel George V.[4] Der grobe Text entstand noch während der Frankreich-Tournee 1964, der textliche Durchbruch gelang erst während einer Portugal-Reise ab dem 27. Mai 1965.
George Martin schlug die Streicherbegleitung vor, allerdings lehnte Paul McCartney ein Vibrato der Streicher ab. Die für einen Popsong ungewöhnliche instrumentale Besetzung bestand aus Francisco Gabarro (Cello), Tony Gilbert/Sidney Sax (Violine) und Kenneth Essex (Viola); Paul McCartney singt und begleitet sich auf einer akustischen Gitarre (Epiphone FT-79, „Texan“), wobei er lediglich Daumen und Zeigefinger benutzt. Das Cello begleitete Paul McCartneys Solostimme und gab dem Stück den Eindruck von Kammermusik.
Damit war es die erste Aufnahme ohne die komplette Band. Am 14. Juni 1965 entstand in den Abbey Road Studios (Studio 2) in zwei Takes Paul McCartneys Gesang mit seiner Gitarrenbegleitung, wobei Take 2 als Grundlage für die Aufnahmen am 17. Juni 1965 diente. An jenem Tag erfolgte das Overdubbing des String-Quartetts und die Endabmischung. Die streicherbegleitete Ballade sollte einen Trend setzen.
Musik und Text
Formal handelt es sich um ein Reprisenformat, gebildet aus einem siebentaktigen Stollen (a), einem achttaktigen Abgesang (b) und einer zweitaktigen Coda (c) als Echowiederholung des Stollen-Endes: aabac. Der Stollen besteht aus einem kurzen eintaktigen Anfangsmotiv, aus dem sich ein zweitaktiger Melodiebogen entwickelt, der in den folgenden beiden Takten umgekehrt wird und in ein neues Motiv einmündet. Die Töne von Takt 2/3 des Stollens (d e f e d) und Takt 3/3 des Abgesangs stimmen überein.[5]
Das Streicher-Arrangement stammt vom damaligen Beatles-Produzenten George Martin. Yesterday ist im 2⁄4-Takt geschrieben. Die Tonart ist F-Dur, auch wenn McCartney seine Gitarre um zwei Halbtöne nach unten stimmte, sodass er die Akkordgriffe für G-Dur verwenden konnte.
Die melancholische Ballade handelt textlich von einer beendeten Beziehung. Der Protagonist hat falsche Worte gewählt (“said something wrong”), worauf die Partnerin ihn verlässt und er sich nach der Vergangenheit sehnt (“long for yesterday”). Der Titel Yesterday steht hier also weniger für das „Gestern“, sondern als Synonym für die Vergangenheit.
Veröffentlichung und Erfolg
Die übrigen Beatles waren gegen eine Veröffentlichung als Single in Großbritannien, sodass Yesterday dort am 6. August 1965 lediglich als Bestandteil des Albums Help! erschien. Obwohl Paul McCartney Yesterday alleine geschrieben hatte, wurden wie üblich Lennon/McCartney als Autoren genannt. Am 8. August 1965 wurde Yesterday in der britischen Fernsehshow Blackpool Night Out (ABC Theatre, Blackpool) live präsentiert.
Außerhalb Großbritanniens erschien die Single Yesterday / Act Naturally, so auch in den USA am 13. September 1965, wo sie in den Billboard-Charts vier Wochen lang Platz 1 belegte. Drei Wochen nach der Veröffentlichung wurde am 2. Oktober 1965 eine Goldene Schallplatte in den USA verliehen, denn von Yesterday verkauften sich dort im ersten Jahr nach der Veröffentlichung 1,8 Millionen Exemplare, weltweit 2,5 Millionen.[6] In Deutschland wurde Yesterday während der BRAVO-Beatles-Blitztournee dreimal live aufgeführt, und zwar am 24. Juni (Kronebau, München), 25. Juni (Grugahalle, Essen) und am 26. Juni 1966 in der Ernst-Merck-Halle, Hamburg. In Deutschland kletterte die Single im November 1965 bis auf Platz 6.
Ein Nummer-eins-Hit wurde sie auch in Belgien, Spanien, Norwegen, Finnland und Hongkong. Am 4. März 1966 erschien Yesterday auf der gleichnamigen EP in Großbritannien, die zwei Monate lang auf Platz 1 blieb. Erst im März 1976 erschien die Single auch in Großbritannien und erreichte dort Platz 8 der Singlecharts (mit der B-Seite I Should Have Known Better). Yesterday wurde vom Musiksender MTV und der Zeitschrift Rolling Stone zum besten Popsong seit 1963 erklärt. Auf der Rolling-Stone-Liste der 500 besten Songs aller Zeiten belegt Yesterday Platz 13. Die BMI geht davon aus, dass das Stück mit über sieben Millionen Aufführungen weltweit der am meisten aufgeführte Popsong ist.
Coverversionen
Bis zum 1. Januar 1986 gab es bereits rund 1600 Coverversionen,[7] deren Zahl sich inzwischen auf über 3000 erhöht hat.[8] Damit ist Yesterday der meistgecoverte Popsong. Aus der Vielzahl der Fassungen seien genannt die von Matt Monro (Oktober 1965; Platz 8), Marianne Faithfull (Oktober 1965), Cilla Black (Januar 1966), Ray Charles mit einer Soulfassung (November 1967; Rhythm & Blues-Hitparade Platz 8, Pop-Hitparade Platz 25), Gladys Knight (Dezember 1968), Frank Sinatra (März 1969), Marvin Gaye (Januar 1970), Elvis Presley (Juni 1970), Dionne Warwick (Dezember 1970), Wings (Dezember 1976), Billie Jo Spears (Oktober 1978), Paul McCartney (Oktober 1984), LeAnn Rimes (Juli 1994), eine A-cappella-Fassung von Boyz II Men (August 1994) oder Neil Diamond (November 2010).
Knut Kiesewetter veröffentlichte 1965 bei Polydor eine deutsche Version des Songs mit dem Titel Gestern noch.[9]
Plagiatsvorwürfe
Ab Juli 2003 kamen Plagiatsvorwürfe von verschiedenen Seiten auf. Zunächst stolperte die Fachpresse über textliche Ähnlichkeiten in der Reimstruktur zu David Whitfields Answer Me (Oktober 1953) und der Hitversion von Nat King Cole (Februar 1954; Platz 6).[10] McCartney bestritt jede Ähnlichkeit der Stücke.[11] Im Juli 2006 behauptete der italienische Komponist Lilli Greco, dass die Melodie vom neapolitanischen Volkslied Piccere’ che vene a dicere (‚Ich schau Dir in die Augen, Kleines‘) aus dem Jahr 1895 stamme;[12] allerdings konnte niemand die Existenz des Liedes als Schallplatte oder in Notenform nachweisen.[13]
Einzelnachweise
- Chartquellen: Deutschland – Österreich – Großbritannien – USA
- Steve Turner: A Hard Day’s Write: The Story Behind Every Beatles-Song. 2005, S. 83
- McCartney 3,2,1 Sechsteilige Dokumentarfilmserie, Erste Staffel, Episode 6: Der lange und kurvenreiche Weg (27 Min.), 2021. Ausführende Produzenten: Paul McCartney und Rick Rubin. Regie: Zachary Heinzerling. Autor: Mark Monroe. Eine Produktion von Tetragrammaton, Film 45, Kennedy/Marshall Company, MPL Communications, Diamond Docs. Vertrieb: Hulu, LLC.
- Mark Lewisohn: The Beatles Recording Sessions. 1988, S. 59
- Werner Faulstich: Rock, Pop, Beat, Folk: Grundlagen d. Textmusik-Analyse. Gunter Narr Verlag, 1978, ISBN 978-3-87808-927-8 (google.de [abgerufen am 8. Juli 2020]).
- Joseph Murrells, Million Selling Records, 1985, S. 203
- Most Recorded Song. (Memento vom 10. September 2006 im Internet Archive) Guinness World Records
- Catalog #696. Heritage Auctions Inc., 2008, S. 242
- Knut Kiesewetter: „Gestern noch“. (Memento vom 1. Juni 2008 im Internet Archive) In: Süddeutsche Zeitung
- Yesterday beginnt mit den Zeilen: „Yesterday, all my troubles seemed so far away, now it looks as though they’re here to stay“.
Answer Me beginnt mit: „Yesterday, I believed that love was here to stay, won’t you tell me where I’ve gone astray“ - King Cole ‘influenced’ Beatles hit. BBC News. 7. Juli 2003. Abgerufen am 30. Dezember 2010.
- Das unbekannte Lied. In: Der Spiegel. Nr. 46, 2006, S. 69 (online).
- Max Cryer: Love Me Tender: The Stories Behind The World’s Favourite Songs. 2010, S. 84 f.