Werden
Werden ist heute ein Stadtteil im Süden der Stadt Essen. Als ehemalige selbständige Abtei-Stadt besitzt Werden bis heute eine historische Altstadt und viele Baudenkmäler. Den Stadtteil prägen lockere Wohnbebauung mit Handel und Gewerbe sowie Gebiete zur Naherholung im Ruhrtal. Historisch befand sich Werden, zusammen mit Kettwig und Mülheim an der Ruhr, an der Nordgrenze des bergischen Landes.
Werden | |
Basisdaten | |
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Fläche | 4,04 km² |
Einwohner | 9667 (31. Dez. 2021) |
Koordinaten | 51° 23′ 11″ N, 6° 59′ 47″ O |
Höhe | 58 m |
Eingemeindung | 1. Aug. 1929 |
Räumliche Zuordnung | |
Postleitzahl | 45239 |
Stadtteilnummer | 29 |
Bezirk | Stadtbezirk IX Werden/Kettwig/Bredeney |
Bild | |
Marktplatz und Rathaus in Werden | |
Quelle: Statistik der Stadt Essen |
Geschichte
Stift Werden
Die Entstehung Werdens geht auf das Wirken des Hl. Liudger zurück, der am Ende des 8. Jahrhunderts (um 799) das Benediktinerkloster Werden gründete. Seitdem siedelten sich Menschen um das Kloster an. Im Jahre 1317 erhielt Werden die Stadtrechte, eigene Mauern und Tore.
In der Kellerei des Stiftes Werden ist im Heberegister Ende des 14. Jahrhunderts von der Flur under der Levendaell die Rede. Nach dieser Flurbezeichnung erhielt schließlich 1934 die alte Bahnhofstraße ihren Namen Im Löwental. Weitere Schreibweisen waren Leyendall, Lyevendaell oder Lewendaill. Ebenfalls ist hier ein Levenkotten und der Familienname Leve bzw. Leven bezeugt.[1]
Im Jahr 1498 brannte fast die gesamte Stadt Werden nieder.
Die Stadtherren waren die Äbte von Werden. Das Kloster hatte ursprünglich eine große Zahl an Besitzungen, zu denen die heutigen Essener Stadtteile Bredeney, Heisingen, Schuir, Kettwig, Fischlaken, Heidhausen, Kupferdreh und Byfang sowie Hetterscheid im heutigen Heiligenhaus, auch als Werdener Land bezeichnet, gehörten. Im Jahre 1803 jedoch war es mit der Herrschaft der Äbte vorbei, die Abtei wurde wie viele andere Klöster, dazu gehörte auch das Stift Essen, im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses säkularisiert.
Bürgermeisterei
In den Jahren 1879 bis 1880 entstand das heute Alte Rathaus der damals noch selbständigen Stadt Werden. Es wurde nach Plänen des Kupferdreher Baumeisters Wilhelm Bovensiepen auf dem Grund des ersten Postwärteramts von Werden errichtet. Durch Umbau und Erweiterung der Essener Architekten Grosskopf und Kunz nahm das Rathaus in den Jahren 1912 und 1913 die heutige Form an. Am 13. November 1881 wurde das Kriegerdenkmal auf dem Rathausvorplatz eingeweiht, geschaffen vom Werdener Künstler Albermann. Nach der Eingemeindung von Werden zur Stadt Essen ist das Alte Rathaus bis heute die Verwaltungsstelle Essen-Werden. Gewohnt hat der Bürgermeister im sogenannten Bürgermeisterhaus in der Heckstraße 105, einer klassizistischen Villa, die 1833 von dem Industriellen F. Vogelsang erbaut und 2004 grundlegend renoviert wurde. Seit 1985 dient das Haus auch als Kulturstätte, beispielsweise für Lesungen und Kammerkonzerte.[2]
Werdener Bürgermeister:
- 1808–1811: Benedict Ludger Hiegemann
- 1811–1819: Alexander Heinrich Freiherr von dem Bottlenberg gen. von Schirp
- 1819–1843: Theodor Märcker
- 1851–1886: Alexander Freiherr von dem Bottlenberg gen. von Schirp
- 1886–1896: Ludwig Soldan
- 1896–1904: Johann Emil Trapp
- 1904–1929: Joseph Breuer
Werden bekam Mitte des 19. Jahrhunderts Öllaternen, 1860 dann Gaslaternen, da eine Gasanstalt errichtet wurde. Ebenfalls in dieser Zeit erschien erstmals eine Zeitung, das Werden-Kettwiger Wochenblatt. 1887 wurde die Stadt kanalisiert, wie schon Kettwig zwei Jahre zuvor.
Ruhraufstand und Ruhrbesetzung
Im Rahmen des Ruhraufstandes entwaffneten Arbeiter am 15. März 1920 Teile der Einwohnerwehr. Das am nächsten Tag von der Wehr zur Unterstützung gerufene Freikorps Schultz schoss vor dem Rathaus in eine friedliche Demonstration. Vier Demonstranten wurden getötet.[3]
Im Jahr 1923 besetzten französische Truppen Werden und der Krupp-Prozess gegen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wurde hier geführt.
Seit der Eingemeindung zu Essen
Werden wurde mit mehreren anderen Orten rund um Essen am 1. August 1929 eingemeindet.
In den Jahren 1931 bis 1933 entstand in Werden ein Ruhrstauwehr und mit diesem auch der Baldeneysee, heute ein Naherholungsgebiet. Vor der Aufstauung des Baldeneysees, Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, diente die alte Schleuse Neukirchen der Ruhrschifffahrt.
In den 1960er Jahren wurde auch die historische Altstadt Werdens von der „Sanierung“ durch die Stadt Essen erfasst. Es wurden aber nur wenige historische Bauwerke zerstört, bevor sich die Einsicht durchsetzte, besser durch Renovierung zu sanieren und nicht durch Abriss.
Wappen
Blasonierung: Auf rotem Grund ein silbernes (weißes) mit vier roten Kugeln besetztes Pallium.
Auf einem Korrespondentensiegel des 17. Jahrhunderts ist das Wappen belegt. Auch vor der Figur des heiligen Ludgerus ist ein Wappen mit dem Pallium zu sehen[4]
- Wappen von Werden
- Werden 1581
- Werden im 17. Jahrhundert
- Werden um 1916
- Altes Werdener Rathaus
- Blick von der Gustav-Heinemann-Brücke
- Grafenstraße
- Altstadt-Häuser in der Brandstorstraße
Bevölkerung
Am 31. Dezember 2021 lebten 9.667 Einwohner in Werden.[5]
Strukturdaten der Bevölkerung in Werden (Stand: 31. Dezember 2021):
Mundart
Waddisch Platt ist der lokale ostbergische Dialekt, der in Werden gesprochen wird. Werdener Platt ist eine typische Übergangsmundart, die Ähnlichkeiten zum Kleverländischen und zu den benachbarten südniederfränkischen und westfälischen Dialekten aufweist. Es existiert ein aktiver Heimatverein, der sich für den Erhalt der Mundart einsetzt.[9][10]
Kirchen
Die ehemalige Abteikirche St. Ludgerus
Die ehemalige Abteikirche St. Ludgerus wurde um 799 zusammen mit dem Kloster Werden erbaut. Nach einigen größeren Bränden konnte sie schließlich im Jahre 1275 wieder eingeweiht werden. Sie gilt als eine der schönsten Kirchen des Rheinlandes und als Paradebeispiel des rheinischen Übergangsstils.[11] Sie besitzt einen barocken Hochaltar und Gemälde des Werdener Malers Theodor Mintrop. Der Bau diente nach der Säkularisation als Pfarrkirche. Am 6. Juli 1993 erhob Papst Johannes Paul II. die Kirche mit dem Apostolische Schreiben Merito quidem zur Basilica minor. In der Krypta liegen die Gebeine des Hl. Liudger, Begründer des Klosters Werden und des Bistums Münster, begraben. In der angeschlossenen Schatzkammer befindet sich mit dem Helmstedter Kreuz ein bedeutendes Kunstwerk des Übergangs von der ottonischen zur romanischen Plastik sowie mit dem Liudgerus-Schrein einer der wenigen barocken Reliquienschreine.
Die St.-Lucius-Kirche
Die St.-Lucius-Kirche geht auf eine Gründung im 10. Jahrhundert zurück: Baubeginn war demnach 995 unter Abt Werinbert. Nach der Säkularisation 1803 wurde die Kirche 150 Jahre als Stall genutzt, anschließend diente sie als Wohnraum für Flüchtlinge. Im Jahr 1965 wurde sie rekonstruiert und wieder geweiht.
Die Evangelische Kirche Essen-Werden
Die Evangelische Kirche Essen-Werden wurde am 24. Juni 1900 geweiht. Sie besitzt wertvolle Jugendstil-Malereien, die vor einiger Zeit wieder freigelegt wurden. Gestiftet wurde sie unter anderem von der Familie Krupp sowie von der in Werden ansässigen Familie Huffmann.
Bildung
Städtische Grundschulen
Die Heckerschule ist nach dem in Werden geborenen Theologen und Begründer der praxisorientierten Realschule Johann Julius Hecker benannt.
Die nach dem heiligen Liudger benannte Ludgerus-Grundschule bietet Ganztagsbetreuung für etwa 100 Schülerinnen und Schüler an.
Gymnasien
Das Gymnasium Essen-Werden ist ein städtisches Gymnasium, dessen Ursprünge in der Lateinschule des Klosters Werden (um 800) liegen. Bekannt ist es für seine Musik- und Tanzabteilungen. Im Jahr 2006 feierte die Schule das hundertjährige Bestehen als städtisches Gymnasium in einer Festwoche.
Das Mariengymnasium war bis zum Schuljahr 2009/2010 ein reines Mädchengymnasium des Bistums Essen. Gegründet im Jahr 1858 von den Töchtern des heiligen Kreuzes, war es für die Töchter der oberen Schicht bestimmt. Heute steht es Mädchen aus allen Schichten offen, und seit dem Schuljahr 2010/2011 werden in getrennten Klassen auch Jungen aufgenommen. Das Gebäude an der Dudenstraße 14 wurde 1912 erbaut, der Neubau an der Brückstraße im Februar 2007 bezogen.
Folkwang-Hochschule
Die Folkwang-Hochschule für Musik, Theater und Tanz hat ihren Hauptsitz in den früheren Abteigebäuden Werdens. Studierende und Lehrende aus aller Welt machen die Kunsthochschule zu einem inspirierenden Ort, an dem der Folkwang-Gedanke – die Einheit der Künste – seit 1927 lebendig ist. Außerdem ist ein Teil in der Weißen Mühle an der Schleuse Neukirchen untergebracht.
Verkehr
Die Bundesstraße 224 führt mitten durch das Zentrum des Stadtteils. In Richtung Bredeney und Zentrum Essens schließt sie an die A 52 Richtung Dreieck Essen-Ost mit Übergang in die A 40 Richtung Bochum und Dortmund an. In Richtung Velbert führt die B 224 direkt zum Autobahndreieck Velbert-Nord mit der A 44 in Richtung Heiligenhaus (und voraussichtlich ab 2018[12] auch weiter in Richtung Landeshauptstadt Düsseldorf, deren Flughafen sowie Krefeld und Mönchengladbach) und der A 535 in Richtung Wuppertal. Die A 52 in Richtung Düsseldorf erreicht man auf dem kürzesten Weg über den Schuirweg, der Essen-Werden direkt mit der in Schuir befindlichen Anschlussstelle Essen-Kettwig verbindet. Da der Schuirweg für Fahrzeuge über 3,5 t gesperrt ist, erreichen diese Essen-Werden über die Anschlussstelle Essen-Haarzopf, von welcher aus die Hatzper Straße direkt zur B 224 in Bredeney führt.
Am Bahnhof Essen-Werden, westlich der Ruhr, hält die Linie S 6.
Die Buslinien 169, 180 und 190 der Ruhrbahn verbinden Essen-Werden mit Essen-Bredeney, Essen-Kettwig, Essen-Burgaltendorf (über Essen-Kupferdreh), Velbert und Heiligenhaus. Der Schnellbus SB19 der Busverkehr Rheinland ist zwischen Werden (Haltestellen Werdener Markt und Am Schwarzen) und Essen Hbf sowie Velbert Zentraler Omnibusbahnhof unterwegs. Im Nachtverkehr fährt der NE8 zwischen Essen und Velbert über Werden.[13]
Persönlichkeiten
- Konrad Gruter (* um 1370 in Werden), Kleriker
- Johannes Cincinnius (* um 1485 in Lippstadt, † 1555 in Essen-Werden), Weltkleriker im Dienste der Abtei Werden, Humanist
- Johann Julius Hecker (* 1707 in Werden; † 1768 in Berlin), Gründer der praxisorientierten Realschule
- Johann Adolf Engels (* 1767 in Kettwig; † 1828 in Werden), Papierfabrikant
- Hermann Joseph Müller (* 1803 in Werden; † 1876 in Aschaffenburg), Beamter, Jurist und Journalist, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Friedrich Bloemer (* 1807 in Werden; † 1872 in Berlin), Politiker, Mitglied des Preußischen Herrenhauses
- Theodor Mintrop (* 1814 in Werden; † 1870 in Düsseldorf), Maler der Romantik und der Düsseldorfer Malerschule
- Paschalis Gratze (* 1819 in Werden; † 1896 in Dingelstädt), Orgelbauer und Kirchenbaumeister
- Heinrich Vogelsang (* 1838 in Werden; † 1919 in Recklinghausen), Fabrikant
- Wilhelm Effmann (* 1847 in Werden; † 1917 in Bonn), Architekt und Bauhistoriker
- Ludwig Traeger (* 1856/1858 in Werden; † 1927 in Frankfurt am Main), Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer
- Heinrich Füth (* 1868 in Werden; 1951 in Köln), Mediziner und Gynäkologe
- Richard Anger (* 1873; † 1938), deutscher Ingenieur und Hochschullehrer
- Ludger Mintrop (* 1880 in Werden; † 1956 in Essen), Geophysiker
- Walter Forstmann (* 1883 in Werden; † 1973 in Essen-Bredeney), U-Bootkommandant im Ersten Weltkrieg
- Robert Feulgen (* 1884 in Werden; † 1955 in Gießen), Mediziner und Universitätsprofessor
- Ludger Bernhard (* 1912 in Werden; † 2010 in Maria Laach), Benediktiner
- Gerhard Fittkau (* 1912 in Tollnigk; † 2004 in Essen-Werden), Theologe, Pfarrer an der Kirche St. Ludgerus
- Richard Schulte Staade (* 1932 in Werden; † 2020 in Kevelaer), römisch-katholischer Priester, Theologe, Pastor der Marienbasilika in Kevelaer und Wallfahrtsdirektor
- Werner Ballhausen (* 1947 in Werden), Verwaltungsjurist, 1994 bis 2002 Bevollmächtigter des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund
Literatur
- Karl-Heinz Günther: Festschrift und Dokumentation 1200 Jahre Werden : 799–1999. Vorbereitungsausschuß 1200 Jahre Werden, 1999.
- Ludger Fischer: Denkmalpfade in Essen-Werden. Nobel, Essen, 2006, ISBN 3-922785-87-5. (vollständig überarbeitete Auflage des ursprünglichen Titels Bau- und Kunstdenkmale in Essen-Werden, Essen 1996)
- Detlef Hopp: Ein Weg durch die Jahrtausende – Der archäologische Pfad in Werden. In: Detlef Hopp (Hrsg.): Angeschnitten. Eine Zeitreise durch 200.000 Jahre Stadtgeschichte. Berichte aus der Stadtarchäologie 2000 bis 2004. Klartext Verlag, Essen 2004, ISBN 978-3-89861-391-0, S. 74–75.
- Detlef Hopp (Hrsg.): Unter unseren Füßen: Ein archäologischer Streifzug durch Werden. Klartext Verlag, Essen 2005, ISBN 978-3-89861-490-0.
- Johann A. Engels: Die Reise nach Werden: mit Kupfern. Bädeker & Kürzel in Comm., Duisburg, 1813.Digitalisat des Exemplars der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Erik Zimmermann: Auf den Spuren des Ruhrbergbaus. Bergbau- und industriegeschichtliche Wanderwege im Werdener Land. Nobel, Essen, 1997, ISBN 3-922785-37-9.
Siehe auch
Weblinks
- Werden auf essen.de
- Dossier über Werden und Werdener Nachrichten
- Eintrag zu Stadtteil Essen-Werden in der Datenbank „KuLaDig“ des Landschaftsverbands Rheinland, abgerufen am 14. Juli 2017.
- Geschichts- und Kulturverein Werden e.V.
- Werdener Bürger- und Heimatverein e.V.
Einzelnachweise
- Westdeutsche Allgemeine Zeitung WAZ, Essener Straßen, vom 5. Juli 2008
- www.essen.de Bürgermeisterhaus Werden; zuletzt gesichtet am 31. Mai 2011
- Lucas, Erhard – Märzrevolution im Ruhrgebiet. März bis April 1920. März Verlag, Frankfurt a. M., 1970, S. 275
- Vgl. dazu Johann Rainer Busch: Kurt Schweders Wappen der Essener Stadtteile, Essen 2009, S. 108 ff.
- Bevölkerungszahlen der Stadtteile
- Anteil der Bevölkerung unter 18 Jahren
- Anteil der Bevölkerung von 65 Jahren und älter
- Ausländeranteil in den Stadtteilen
- Komm Omend: Der Waddisch-Club aus Essen-Werden
- Westdeutsche Allgemeine Zeitung - Gruppe für Waddisch Platt ist neu im Werdener Heimatverein
- Abteikirche St. Ludgerus . Essen-Werden abgerufen am 30. August 2014
- Neubau der A44 zwischen Kreuz Ratingen Ost und Velbert: http://www.strassen.nrw.de/projekte/a44/ratingen-velbert.html
- Ruhrbahn-Fahrplan NE8