Tschyhyryn

Tschyhyryn (ukrainisch Чигирин; russisch Чигирин Tschigirin, polnisch Czehryń) ist eine Kreisstadt in der ukrainischen Oblast Tscherkassy an den Ufern des Flusses Tjasmyn, welcher unterhalb der Stadt in den zum Krementschuker Stausee aufgestauten Dnepr mündet. Auf dem der Stadtverwaltung unterstellten Gebiet befindet sich neben der Stadt noch die Siedlung Tschernetsche (Чернече) mit etwa 200 Einwohnern.

Tschyhyryn
Чигирин
Tschyhyryn (Ukraine)
Tschyhyryn
Basisdaten
Oblast:Oblast Tscherkassy
Rajon:Rajon Tschyhyryn
Höhe:110 m
Fläche:14,0 km²
Einwohner:11.906 (2004)
Bevölkerungsdichte: 850 Einwohner je km²
Postleitzahlen:20900–20906
Vorwahl:+380 4730
Geographische Lage:49° 4′ N, 32° 40′ O
KOATUU: 7125450100
Verwaltungsgliederung: 1 Stadt, 1 Siedlung
Adresse: вул. Б.Хмельницького 33
20900 м. Чигирин
Statistische Informationen
Tschyhyryn (Oblast Tscherkassy)
Tschyhyryn
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Geschichte

Blick auf Tschyhyryn
Blick auf das Bohdan-Chmelnyzki-Museum in Tschyhyryn

Die Stadt Tschyhyryn hat ihre Ursprünge in einer befestigten Überwinterungsstation der Kosaken, die an dieser Stelle ab der ersten Hälfte des 16. Jh. bestand. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Siedlung zu einer kleinen Ortschaft, die 1592 das Magdeburger Stadtrecht erhielt. 1627 wurde in der Nähe der Stadt das Dreifaltigkeitskloster errichtet, welches aber während der Sowjetzeit geschlossen und zerstört wurde.

Zwischen 1648 und 1660 konnte Tschyhyryn für kurze Zeit überregionale Bedeutung erlangen, als es eine Art Regierungssitz des ukrainischen Kosakenstaates unter dem Kosakenführer Bohdan Chmelnyzkyj war. Dieser hatte in der Nähe der Stadt bei der Ortschaft Subotiw sein Landgut. Ab 1648 verfügte Tschyhyryn über ein eigenes Kosakenpulk, das 1649 aus 19 Sotniken bestand. Im Oktober 1653 wurde der bei der Belagerung von Suceava gefallene, älteste Sohn von Bohdan Chmelnyzkyj Tymofij Chmelnyzkyj in Tschyhyryn bestattet.

Zu dieser Zeit entstanden einige bedeutende Bauten, so etwa Chmelnyzkis Regierungsgebäude (1659–57), ein Rathaus und eine Christus-Erlöser-Kirche. Diese überdauerten aber alle nicht bis in die heutige Zeit. Unter den Gesandten, welche in dieser Zeit nach Tschyhyryn kamen, war auch ein Botschafter des Brandenburgischen Kurfürsten Friedrich-Wilhelm, welcher 1657 Bohdan Chmelnyzki aufsuchte, um ihm einen Freundschaftsvertrag anzubieten. Nach dem Tode des Kosakenführers im Jahr 1657 verlor die Stadt rasch wieder an Bedeutung. 1669 wurde der Regierungssitz nach Baturyn verlegt und 1677 wurde die Stadt von türkischen Truppen geplündert. 1711 wurde das Kosakenpolk aufgelöst und das Territorium wieder der polnischen Jurisdiktion unterstellt. Der überwiegende Teil der Kosaken und Bewohner siedelte in den nahegelegenen halbautonomen Kosakenstaat am linken Ufer des Dneprs über.

Mit der zweiten polnischen Teilung kam Tschyhyryn 1793 zum Russischen Kaiserreich und war ab 1797 eine Kreisstadt im Gouvernement Kiew. 1843 und 1845 besuchte der ukrainische Schriftsteller Taras Schewtschenko die Ortschaft. Er schrieb über die Regierungszeit Chmelnyzkis und den Ort einige Gedichte.

1897 lebten in Tschyhyryn 9872 Personen, wobei Ukrainer mit 66,6 % die größte Bevölkerungsgruppe stellten, gefolgt von Juden (29,6 %) und Russen (3,5 %). Nachdem Tschyhyryn im 20. Jahrhundert zwischenzeitlich seinen Status als Stadt verloren hatte, wurde es 1954 wieder zur Stadt erhoben.

Im nahegelegenen Subotiw befindet sich ein Museum und eine der wenigen erhaltenen Dorfkirchen in diesem Gebiet, welche im ukrainischen Barockstil errichtet wurde.

Wirtschaft und Verkehr

Da Tschyhyryn keinen Anschluss an das Eisenbahnnetz erhielt, konnte sich keine größere Industrie entwickeln. Der Schwerpunkt liegt auf der Nahrungs-, Bekleidungs- und Möbelproduktion. Die Stadt liegt an der Regionalstraße P-15, die Tscherkassy mit Krementschuk verbindet.

In den 1980er Jahren sollte bei Tschyhyryn ein Kohlekraftwerk entstehen, das jedoch storniert und der Standort für ein 4000 MW starkes Kernkraftwerk präpariert wurde. Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl wurde der Protest gegen das Kernkraftwerk seitens der ortsansässigen Einwohner so groß, dass das Projekt 1989 aufgegeben wurde,[1] jedoch gilt Tschyhyryn weiterhin als möglicher Standort für neue Kernkraftwerke in der Ukraine.[2]

Persönlichkeiten

Einzelnachweise

  1. Charles K. Dodd: Industrial decision-making and high-risk technology: siting nuclear power facilities in the USSR. In: G - Reference, Information and Interdisciplinary Subjects Series. Rowman & Littlefield, 1994. ISBN 0847678474. Seite 159.
  2. World Nuclear Association: Nuclear Power in Ukraine. August 2011. Abgerufen am 27. September 2011.
Commons: Tschyhyryn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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